Rassistisches, fremdenfeindliches und antisemitistisches Gedankengut gilt es uneingeschränkt zu bekämpfen.
Rheinland-Pfalz hat hierzu vielfältige Initiativen ergriffen, deren Erfolg sich in einem, wenn auch nur leichten Rückgang der dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnenden Personen im Berichtszeitraum durchaus positiv niederschlägt.
Meine Damen und Herren, bei der Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten ist das Hauptproblem die Aufklärung der Taten. Insgesamt hat die rechtsextremistische Szene in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Bundesländern keine überragende Bedeutung. Das heißt jedoch nicht, dass man Entwarnung geben kann. Wir müssen die rechtsextremistische Szene ernst nehmen. Wir müssen sie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln im Auge behalten und konsequent bekämpfen.
Ich bin mir jedoch sicher, dass es durch eine intensive Auseinandersetzung auf allen Ebenen gelingen wird, dass diese Randgruppe auch eine solche bleibt und auf Dauer gar ganz verschwinden wird.
Meine Damen und Herren, die Devise muss lauten: Null Toleranz für Extremisten, gleich welcher Gesinnung
das gilt auch für den Extremismus des linken Spektrums. Diesem werden in Rheinland-Pfalz zwar lediglich knapp 750 Personen zugeordnet, zu einer Verharmlosung des Linksextremismus darf es jedoch keinesfalls kommen. Dies zeigt allein die Zahl der gewaltbereiten Linksextremisten. Nachweislich des Verfassungsschutzberichts 2001 sind 130 der insgesamt 750 Linksextremisten als gewaltbereit einzustufen. Aus dem rechtsextremistischen Spektrum, dem rund 1.850 Personen angehören – also wesentlich mehr –, werden 100 Personen als gewaltbereit eingestuft.
Meine Damen und Herren, wir dürfen die Augen nicht verschließen, wenn es um die Bekämpfung von Extremismus geht, egal von welcher Seite dieser kommt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt den Verfassungsschutzbericht 2001 vor. Ist das Routine? Ist das das, was man immer wieder erwartet, oder ist das etwas anderes? Wenn wir das Jahr 2001 betrachten, ist das nicht nur Routine, sondern es bedarf der besonderen Aufmerksamkeit für diesen Bericht.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Grützmacher, als Sie vorhin gesprochen haben, kam bei mir das Gefühl auf, dass Sie den Verfassungsschutz als etwas betrachten, das sich in einer Grauzone abspielt. Die Verfassung ist die Grundlage unseres staatlichen und persönlichen Handels. Der Verfassungsschutz hat die oberste Aufgabe, diese Verfassung zu schützen und zu bewahren. Das macht er in Rheinland-Pfalz vorbildlich. Das möchte ich festgehalten haben.
Natürlich beinhaltet das auch eine Abwägung staatlichen Handelns und eine Kontrolle. Beides haben wir.
Ich will drei Bemerkungen zu dem machen, was Sie darüber hinaus noch gesagt haben. Wir haben sicherlich keinen Grund zur Beruhigung, aber wir haben auch keinen Grund, nicht besonnen und sorgfältig weiterzubeobachten und darauf hinzuweisen, was passiert. Das müssen wir tun. Das sind wir Ihnen auch schuldig.
Ich komme zu meiner zweiten Bemerkung. Sie haben gesagt – ich hoffe, ich habe Sie falsch verstanden –, der Verfassungsschutz habe eine unheilvolle Rolle bei dem NPD-Verbotsverfahren gespielt. Das muss ich wirklich in aller Schärfe zurückweisen. Wenn Sie erwartet haben, dass wir in dem Bericht dazu Stellung nehmen, muss ich Ihnen sagen, dass drei Verfassungsorgane den Prozess angestrengt haben, nämlich der Bundestag, der Bundes
rat und die Bundesregierung. Wir haben mitgewirkt, soweit wir das konnten. Ich kann Ihnen sagen, diese Mitwirkung war einwandfrei, korrekt und hat für Rheinland-Pfalz eigentlich nur beste Noten ergeben.
Dann will ich noch eine weitere Bemerkung machen: Die V-Mann-Problematik, die Sie in diesem Zusammenhang angesprochen haben, ist ein immerwährender Spagat, den die Menschen machen müssen, die im Verfassungsschutz arbeiten, wenn sie V-Leute führen. Würden sie auf die V-Leute und auf den Einsatz von V-Frauen und V-Männern im inneren Bereich verzichten, würden sie auf inneres Wissen verzichten.
Dieses Wissen benötigen sie bei jeder anderen Gelegenheit, weil sie nur über dieses innere Wissen etwas über Absichten und über das, was passieren wird, erfahren können.
Das wird sehr genau kontrolliert. Die Arbeit des Verfassungsschutzes ist genau aufgeteilt in der Frage, wer V-Leute führen darf, wer auswerten darf und wer sie kontrolliert. Ein Verantwortlicher steht vor Ihnen, ein anderer Verantwortlicher liegt leider im Bett – ich wünsche ihm gute Besserung –, das ist nämlich Herr Minister Zuber, und der dritte Verantwortliche ist dieses Parlament. Sie können fragen, wenn es so etwas wie eine Schwierigkeit gibt.
Sie werden aber auch verstehen, dass man die V-MannFührung nicht in einem offenen Kanal oder wo auch immer darlegen kann. Das können Sie nicht. Dann sind nämlich alle Möglichkeiten verbrannt, die Sie haben.
Ich darf dazu noch eine kleine Anmerkung machen: Ich bin in diesen Fragen nicht ganz unbeleckt aus meinem Vorberuf.
Meine Damen und Herren, ich komme zu der Sicherheitslage des Jahres 2001. Das einschneidendste Ereignis – hier sind wir uns sicher einig – war der 11. September. Dieses betraf die Städte Washington und New York. Einschneidend waren aber auch die Ereignisse in Djerba und Bali. Darauf muss man zu sprechen kommen. Diese beispiellosen Taten vom 11. September haben uns auch in den Fragen umgetrieben: Waren wir richtig positioniert? Erfüllen wir unsere Aufgabe, Wissen zu sammeln und weiter zu verwenden?
Wir mussten feststellen, dass wir mit einer neuen Form des globalisierten Terrorismus konfrontiert waren, und zwar einerseits religiös verbrämte Fanatiker und andererseits, wenn man das richtig durchleuchtet, kaltschnäuzig durchrationalisierte Taten, die von hoher Kriminalität und Effizienz zeugen. Die Professionalität war sehr bezeichnend.
Mittlerweile wissen wir auch, dass der 11. September kein singuläres Ereignis für die Amerikaner, für unsere Freunde in den USA, sondern ein Ereignis war, das die ganze Welt, auch Deutschland und Rheinland-Pfalz, umfasst hat. Die weltumspannenden Netzwerke haben vor uns nicht Halt gemacht.
Uns hat besonders die totale Unauffälligkeit überrascht, die später die totale Auffälligkeit war. Diese Ereignisse haben jeden Sicherheitsdienst, jede Polizei und insbesondere jeden Verfassungsschutz vor neue Herausforderungen gestellt. Ich denke, wir werden daraufhin unser staatliches Handeln und die Instrumente überdenken müssen. Das ist zum großen Teil geschehen.
Es gibt zwei wichtige Bausteine, die wir in RheinlandPfalz auch in diesem Haus besprochen haben, nämlich die Rasterfahndung – es ist unbestritten, dass dies rechtlich in Ordnung war – und die Anfragen beim Verfassungsschutz bei Einbürgerungen. Das wird uns ein Stück weiterhelfen, aber nicht alles lösen. Auch das muss man sehen. Ich denke, dass das Anfang Januar in Kraft getretene Terrorismusbekämpfungsgesetz, das wir auch unterstützt haben, einige Möglichkeiten bietet, damit wir dem Terrorismus nicht wehrlos ausgesetzt sind.
Meine Damen und Herren, ich bekomme täglich Meldungen des Verfassungsschutzes. Wenn wir über die Entwicklung reden, sind wir uns einig, dass wir eines besonders brauchen – ich glaube, wir stehen noch ganz am Anfang unserer Bemühungen –, nämlich Wissen. Im Kampf gegen den Terrorismus brauchen wir viel mehr Wissen.
Wir haben uns der Lage angemessen verstärkt. Herr Hohn hat darauf hingewiesen. Das ist richtig. Wir haben einen Islamwissenschaftler eingestellt. Das ist auch wichtig und richtig. Damit konnten wir schon einen Teil Wissen für uns reklamieren.
Herr Schneiders, es ist so, dass wir kein Arabisch können. Ich habe gelernt, dass es in Arabien nicht nur Arabisch, sondern mindestens elf Sprachen und ein Hocharabisch gibt, das teilweise gesprochen wird. Ich denke, wir haben maßvoll, angemessen und nicht überzogen reagiert.
Der Verfassungsschutz und auch Herr Dr. Dostmann haben darauf hingewiesen, dass durch diese Terrorismusentwicklung große Anforderungen an uns gestellt werden und wir beide Augen brauchen. Wir können nicht ein Auge – rechts oder links – oder das, was vor uns liegt, negieren wollen.
Frau Grützmacher, wir haben die Analysefähigkeit verbessert und einiges getan, um die Interessen im Hinblick auf die Vorbeugung und das Verständnis zu wecken. Wir haben eine Broschüre über den Islamismus und politischen Mißbrauch aufgelegt. Staatsminister Zuber hat immer gesagt, nicht jeder Muslim ist ein Islamist, und nicht jeder Islamist ist ein Terrorist. Das sollten wir auch bedenken. Es gilt, ausgewogen zu arbeiten. Ich denke, wir haben ausgewogen gearbeitet.
Meine Damen und Herren, ich habe von den beiden Augen gesprochen. Es ist schon angesprochen worden, dass wir im Rechtsextremismus nach wie vor eine bedeutende Entwicklung sehen, die wir beachten müssen. Wir haben uns dafür personell verstärkt. Wir haben Aussteigerprogramme gemacht. Sie wissen das. Darüber ist schon berichtet worden. Ich muss es nicht wiederholen.
Frau Grützmacher, Sie haben mit Recht auf die jungen Menschen hingewiesen, die durch neue Entwicklungen in der rechtsextremistischen Szene angezogen werden. Es gibt neue Techniken, neue Musik und Dinge, auf die uns besorgte Eltern ansprechen, weil sie merken, dass sich die Szene verändert hat und offensichtlich zum Teil auch anziehend geworden ist. Wir wollen unsere Aufgabe der Aufklärung in diesem Bereich konsequent fortführen.
Wenngleich das rechtsextremistische Potenzial, das wir feststellen können, leicht gesunken ist – Herr Hohn hat darauf hingewiesen –, ist es doch so, dass bundesweit das gewaltbereite rechte Spektrum gestiegen ist. Auch das müssen wir beachten. Nach wie vor ist es nicht hinnehmbar, dass Menschen in Deutschland auch im Jahr 2001 und vielleicht auch 2002 bedroht oder angegriffen werden, weil sie nicht in das Weltbild einiger weniger passen.
Der Überfall im Asylbewerberheim am 31. März 2001 in Böhl-Iggelheim macht uns nach wie vor nicht nur betroffen, sondern auch aufmerksam. Hierauf werden wir einen weiteren Schwerpunkt legen.
Ich denke, beim Rechtsextremismus müssen wir auf die Wandlungsfähigkeit und die Entwicklung schauen, die Sie alle durch die Presse kennen. In Rheinland-Pfalz gibt es auf einmal von seiten der NPD – ich sage es einmal salopp – Niederlassungen. Was können wir tun, um entsprechend Widerstand zu leisten? In diesem Bereich tun wir einiges, auch manches, was man nicht in diesem Gremium oder öffentlich darstellen kann.
Die NPD hat mehr als andere rechtsextremistische Organisationen den öffentlichen Raum genutzt. Sie tut das weiterhin. Sie macht auch weiterhin mit Verbotsverfahren auf sich aufmerksam. Der NPD-Landesverband hat in Ramstein-Miesenbach sein zweites antiimperialistisches Friedensfest durchgeführt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Zu früheren Zeiten haben das die Linken für sich reklamiert. Das macht jetzt die NPD und versucht damit, Menschen an sich zu binden, die möglicherweise unter einem ganz anderen Etikett oder einer anderen Vorstellung dazu gekommen sind. Meine Damen und Herren, es gilt, genauer hinzuschauen.
Aber auch im Linksextremismus – auch darauf ist hingewiesen worden – sind Umbrüche zu verzeichnen. Wir haben ein militantes Spektrum, das verstärkt unter dem Mantel der Globalisierung verkauft werden wird. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht wieder einen neuen Deckmantel finden, unter dem sich gewaltbereite Men
schen zusammenfinden, um die Verfassung anzugreifen oder Menschen anzufassen. Man weiß, wie die Demonstrationen, die im Ausland stattgefunden haben und die zum Teil gesteuert worden sind, abgelaufen sind.
Wir brauchen eine breite Allianz gegen den Terrorismus, und zwar links wie rechts. Wir werden in dieser Frage dem Haus keine Entwarnung geben können. Wissen ist in dem Fall auch Macht. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir Ihnen dann, wenn es Entwicklungen gibt, diese aufzeigen werden.
Ich will noch einen anderen Punkt nennen, weil dieser in der ganzen Situation etwas unterbelichtet wird, aber die Wirtschaft und uns sowie andere Dienste, die daran arbeiten, durchaus umtreibt, nämlich die Frage der Spionage. Es gibt – das habe ich gelernt – einen Begriff. Ich nehme an, Sie kennen ihn alle. Ich kannte ihn nicht. Das ist die Proliferation.
Frau Grützmacher ist erschrocken. Ihr geht es so wie mir. Ich habe gedacht, Herr Dr. Dostmann würde mich auf den Pfad führen. Ich habe dann nachgeschlagen. Es gibt nachrichtendienstlich gesteuerte Kenntnisse und Hinweise über die Weitergabe von Atomwaffen und spaltbares Material. Es gibt gestreute Informationen, Desinformationen und tatsächliche Informationen. Wirtschaftsspionage ist ein Schwerpunkt. Wenn Sie mit der Wirtschaft reden, wissen Sie, dass es auch in Rheinland-Pfalz in diesen Fragen eine sensible Situation gibt. Wir haben deswegen eine Stelle freigeschaltet, die den Kontakt mit der Wirtschaft hält, Gespräche führt und in der Frage berät, wie man diese Spionage unterbinden kann.
Meine Damen und Herren, ich hatte die Ehre, einen Vortrag vor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer vor Menschen aus Europa über die Frage zu halten, wie man in Deutschland und in Rheinland-Pfalz im Terrorismus insgesamt dieser Entwicklung begegnet. Neben dem Wissen, das ich Ihnen genannt habe, und den beiden Augen, die man haben muss, habe ich Ihnen ein Drittes genannt. Das ist mir bei einem Besuch in Brüssel bei der Kommission klar geworden, als wir über die Frage der internationalen und der nationalen Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg diskutiert haben.