Protocol of the Session on September 26, 2002

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Problembeschreibung über das Thema „Emissionshandel“ wird sicherlich von allen Fraktionen in diesem Haus getragen. Frau Conrad hat auch deutlich gemacht, wie wichtig es ist, einen konsequenten Weg gegenüber dem Europäischen Parlament, aber auch – dies wird der zweite Schritt sein – gegenüber dem Rat zu verfolgen.

Aber der Beitrag des Kollegen Dr. Gölter hat wieder deutlich gemacht, wie wir in Europa miteinander umgehen. Wir haben in Straßburg mit unseren Kollegen aus dem Europaparlament und mit den Verbänden gesprochen, und irgendwann, zu einem bestimmten Zeitpunkt passiert genau das, was Herr Dr. Gölter getan hat: Man lässt sich über die Inkompetenz oder Kompetenz des Europäischen Parlaments aus und vernachlässigt im

Grunde genommen die Zielrichtung, die wir im Zusammenhang mit dem Emissionshandel betreiben müssen.

(Dr. Gölter, CDU: Du bist nicht in der Lage, etwas vernünftig aufzunehmen, was ich sage! Du bist gestört, was mich betrifft!)

Herr Dr. Gölter, es geht überhaupt nicht darum, was Frau Conrad gesagt hat, dass wir einen anderen Weg haben. Wir stützen diesen Weg.

(Dr. Gölter, CDU: Du bist gestört, was mich betrifft! – Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD – Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Nein, nein, ich halte nichts davon, wenn man aus einer konkreten Debatte ein Palaver macht. Davon halte ich überhaupt nichts.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Gölter hat versucht, den Beitrag des Kollegen Ramsauer so hinzustellen, als gäbe es eine Diskrepanz oder keine klare Linie zwischen der Fraktion und dem, was Frau Conrad gesagt hat. Darin sind wir deckungsgleich.

(Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Die Gespräche in Straßburg haben uns aber zu einem bestimmten Punkt gebracht. Wenn wir etwas erreichen wollen, dann nur dadurch, dass wir die Gutwilligen auch auf unsere Seite bringen. Dies hat Herr Ramsauer auch versucht deutlich zu machen. Wir können es nicht dadurch, dass wir sagen, wir lehnen alles, was gemacht wurde, grundsätzlich ab. Wir müssen das Gespräch suchen. Wir müssen unsere Interessen einbringen.

(Wirz, CDU: Es gibt aber doch gar keinen Konsens!)

Es gibt bereits Erfolge aufgrund dieser Gespräche. Wir unterstützen hundertprozentig den Vorschlag, den Herr Creutzmann gemacht hat, dass das, was an Handel gemacht werden muss, auf Länderebene getan wird. Dies muss eine Forderung sein, die durchgesetzt werden muss.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wer derzeit die Beratungen zu diesem Thema verfolgt, muss feststellen, dass sich unter der Präsidentschaft der Dänen ein wesentlicher Punkt verändert hat. Man ist zwischenzeitlich bereit, die Regelung bis 2007 anzuerkennen. Wir müssen aber versuchen, was Herr Ramsauer auch gesagt hat, dies bis zum Jahr 2012 auszudehnen.

Wir werden versuchen, noch einmal sowohl mit den Verbänden als auch mit den politischen Freunden in Brüssel darauf hinzuwirken, dass wir nach der Abstimmung am 10. Oktober 2002 gemeinsam die Landesregierung auffordern, dass Sie im Rahmen der Möglichkeiten, die die Bundesregierung im Rat hat, unsere Po

sition weiter vertritt. Ich bin nicht ganz ohne Hoffnung. Als es um die Chemiepolitik in Europa ging, waren die Rheinland-Pfälzer der Treiber, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Ich bin sehr hoffnungsvoll, dass uns das in diesem Fall auch gelingen wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist erstaunlich, in welche Tiefen der Diskussion wir kommen. Die europapolitische Debatte soll nachher noch stattfinden. Wenn eine Partei wie die FDP, die ursprünglich einmal zumindest vor der Wahl – ich weiß nicht, ob Sie sich jetzt mit Möllemann wenden –,

(Creutzmann, FDP: Das ist billige Polemik, Herr Dr. Braun!)

Globalisierung als eine positive Entwicklung anerkannt hat, nunmehr so diskutiert wie heute, wundert mich das.

Globalisierung geht in Schritten voran. Sie geht auch in Schritten so voran, dass wir innerhalb der EU gemeinsame Regelungen finden. Dann können Sie doch hier nicht sagen, alles, was passiere, schade dem Land.

Herr Dr. Gölter, Sie würden sich vielleicht heute nicht mehr an die Grenze stellen. Sie sagen, die Franzosen wollen unsere Wettbewerbsfähigkeit niedermachen. Damit eröffnen Sie eine gefährliche Debatte. Wir haben dies auch schon in anderer Richtung gesehen. Wollen wir denn die Agrarsubventionen in Frankreich? Diese wollen wir auch nicht. Also müssen wir auf irgendeine Art und Weise zu einem Ausgleich kommen, Herr Dr. Gölter.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Conrad, wir wissen, die Optionen, die Sie eben angesprochen haben, die ab 50.000 Tonnen pro Jahr wieder die Chemieindustrie und die Aluminiumindustrie laut Beschluss des Umweltausschusses belasten sollen, kamen von der konservativen Partei in Frankreich. Sie wurden aufgenommen und eingearbeitet. Es geht doch nicht darum, die GRÜNEN oder die SPD machten unsere Industrie in Deutschland nieder. Es geht vielmehr um einen knallharten Wettbewerb und Wettbewerbsvor- und -nachteile innerhalb Europas.

(Licht, CDU: Genau das hat Dr. Gölter gesagt!)

Es ist doch nicht so, dass man ohne Kompromisse auskommen könnte. Ich wiederhole noch einmal, wir haben in langen Verhandlungen das erreicht – da sind sich auch Herr Trittin und Herr Schröder einig, natürlich nicht in allen Punkten –, was die BASF und der BDI wollten, nämlich die Vorleistungen anerkannt zu bekommen. Sie

haben die Zahlen genannt. Wir sind nun so weit, diese Vorleistungen seit 1990 werden anerkannt. Was wollen wir denn daran weiter herumkritisieren? Die Opt-outLösung machen wir doch noch weiter. Diese können wir doch noch weiter verhandeln.

Es kann aber doch nicht sein, dass bei jedem Umweltschutzthema immer wieder angeführt wird, wenn einer die C02-Emission mindern muss, wenn einer andere Emissionen mindern muss, dann gefährdet dies die Arbeitsplätze, die dann woanders aufgebaut würden. Herr Creutzmann, nach dem Schema können wir keine ordnungspolitischen Debatten führen.

Wir haben uns jetzt von der Ordnungspolitik ab hin zu einem ökonomischen Instrumentarium gewandt, das Sie immer gefordert haben. Jetzt haben wir das gemacht, und jetzt passt es Ihnen schon wieder nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben eine gute Lösung gefunden. Der Zertifikationshandel auf nationaler Ebene, der nach dem KyotoProtokoll stattfinden soll, könnte ein Ansatz gewesen sein, natürlich. Dann hätten wir aber die Verschmutzer weiter machen lassen wie bisher. Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass für manche gar keine Emissionsbeschränkungen da sind, für andere aber eine umso höhere Emissionsbeschränkung gilt. Das ist das Problem, dass wir dann Trittbrettfahrer haben, die, weil die anderen einsparen, weiter so machen können wie bisher. Das ist nicht der Sinn der Sache.

Dass es Branchen gibt, die besonders betroffen sind und eine Ausnahmeregelung bis 2008 brauchen, habe ich schon gesagt.

Es geht dann um den nächsten Punkt, wie wir in der ganzen Diskussion dastehen. German Watch, eine Umweltorganisation, die am runden Tisch an der Arbeitskreisdiskussion um den Emissionshandel dabei war, hat mit Pressemitteilung vom 11. September 2002 der BASF das Zertifikat „Klimasünder des Monats“ verliehen, weil der Chemieriese – so steht es hier – die Klimaschutzregelungen in Europa weiter blockiert.

Ich sage ganz deutlich, dass sich die Landesregierung von einigen wenigen immer auf das Pferd setzen lässt und durch Europa mit der Argumentation von wenigen gegen die Mehrheit der Unternehmen reitet, ist falsch. Das ist von der Landesregierung eindeutig falsch. Es ist Lobbypolitik, die so nicht sein darf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Conrad, Sie haben eben zu Recht gesagt, die Emissionen beim Verkehr gingen hoch.

(Glocke des Präsidenten)

Diesen Punkt können wir in der dritten Runde gern besprechen. Was kann man dagegen machen? Wir haben das Instrument der ökologischen Steuerreform und weitere Stufen dieser Ökosteuer. Sie müssen innerhalb der SPD klären, ob Sie solche Instrumente mittragen. Dies ist ein sinnvolles Instrument, um die Haushalte und den

Verkehr zu beteiligen. Das ist genau das, was Sie gefordert haben. Das wollen wir auch. Für verschiedene C02Emittenten müssen wir verschiedene Instrumente anwenden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Conrad das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich die große Übereinstimmung in grundsätzlichen Fragen auch von meiner Seite betonen.

Es gibt quer über alle Fraktionen hinweg grundsätzlich eine Position, die sagt: Ein solches Instrumentarium kann – aber mit der Einschränkung: unter bestimmten Voraussetzungen – ein Instrument sein, um Klim aschutzziele tatsächlich auch unter ökonomisch sinnvollen Rahmenbedingungen zu erreichen.

Es kommt aber auf die Bedingungen an, um die es in der Tat zu streiten gilt. Herr Dr. Braun, ich möchte noch einmal sagen, im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht der Meinung, dass wir jetzt schon eine gute Ebene haben, wie Sie das eben formuliert haben. Ich glaube, da fehlt noch einiges.

Ich möchte dies noch einmal an einigen Punkten deutlich machen. Die Frage der Opt-in- oder Opt-outKlauseln ist momentan gerade so geregelt, sollten die Vorschläge des Umweltausschusses durchkommen, dass man es auf Antrag und über ein kompliziertes Verfahren in Brüssel für einzelne Unternehmen erreichen kann, wenn Brüssel will, dass sie in der ersten Phase nicht teilnehmen müssen.

Das war aber nicht das, was wir gewollt haben. Das war im Übrigen auch nicht das, was die Bundesregierung gewollt hat. Die Bundesregierung ging noch viel weiter. Es ging nicht nur um Opt-in- und Opt-out-Lösungen. Wir waren im Übrigen mit der Bundesregierung einer Meinung, dass man gerade wegen der Unabwägbarkeit zunächst einmal eine ergebnisoffene Pilotphase vorschieben sollte.

Das war ursprünglich die Position der Bundesregierung in Brüssel. Ich sage, in der Tat besteht an der Stelle ein Unterschied zu Herrn Trittin, den wir in der Umweltministerkonferenz öfter hierzu befragen. Er hat die Position sehr schnell aufgegeben. Ich habe sie nicht aufgegeben, weil ich für ausgesprochen riskant halte, was man momentan vorhat.

(Beifall der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU)