Leider ist jetzt Herr Kuhn nicht anwesend. Ich hätte ihn gern persönlich angesprochen. Es gibt nun wirklich Versäumnisse in der Politik, die nicht mehr aufholbar und nicht mehr korrigierbar sind. Eines davon haben Sie in den letzten fünf Jahren vollbracht. Sie haben es in der vergangenen Legislaturperiode nicht hinbekommen, die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer zu reformieren. Ich wage einmal zu bezweifeln, dass das Ihr erstes Projekt ist, wenn Sie jetzt darangehen, Herr Dr. Schiffmann. Ich wage es zu bezweifeln. Auch diese Koalitionsvereinbarung zeigt wieder, wo Sie sich eigentlich in Ihren Vorstellungen und Zielsetzungen gegenseitig blockieren. Das hat fünf Jahre lang funktioniert.
Ich möchte Ihnen sagen, wo das Dilemma liegen wird. In den nächsten zehn Jahren wird in der Mehrzahl der Schulen die Mehrzahl der unterrichtenden Lehrkräfte in Pension gehen. Das heißt umgekehrt, dass ihnen neu ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer folgen werden. Diese haben alle nicht die modernisierte oder reformierte Lehrerinnen- und Lehrerausbildung genossen, die eigentlich bei den Anforderungen, die heute in den Schulen gestellt werden, notwendig wäre.
Deswegen ist diese gegenseitige Blockade, die Sie seit zehn Jahren praktiziert haben, so dramatisch in ihren Auswirkungen. Sie sorgen dafür, dass in den nächsten fünf oder sechs Jahren wieder niemand mit diesen neuen Ausbildungen an die Schule kommen kann. Damit verschaffen Sie rheinland-pfälzischen Schulen keinen Schub nach vorn, sondern Sie schaffen auf lange Zeit einen hohen zusätzlichen Qualifizierungsbedarf auch für junge Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen. Das ist das Debakel Ihrer gegenseitig sich blockierenden Bildungspolitik, die Sie seit zehn Jahren praktizieren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Schweitzer, SPD: Das hat außer Ihnen selbst noch keiner gemerkt!)
- Auch das stimmt nicht, Herr Schweitzer. Vielleicht gehen Sie einmal an die Schulen und reden einmal mit den Schulleitern darüber, was sie von den Qualifikationen der jungen Kolleginnen und Kollegen erwarten und wie sie es bewerten. Dann werden Sie sehen, dass das nicht nur uns aufgefallen ist, sondern anderen auch.
Ich möchte Ihnen noch einmal abschließend zu diesem Bildungsbereich sagen: Wer Mobilität will, der muss die Hauptinvestition dieses Landes in die Wissensgesellschaft, in die Schule, in die Hochschule und in die Weiterbildungslandschaft stecken. Ginge es nicht um so viel wie um die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen und damit auch unserer Generation sowie der nächsten Generationen, dann würde ich sagen, bleiben Sie weiter die Autoparteien. Wir bleiben dann die Bildungspartei.
- Herr Schwarz, es geht aber tatsächlich um viel. Deshalb werden wir um jeden zusätzlichen Euro und um jede kreative Idee für mehr Qualität in der Bildung kämpfen.
- Nein, das ist nicht ohne Hintergrund. Ich komme jetzt zu dem Hintergrund. Ich komme jetzt zu dem, was Sie zum Beispiel im Verkehrsbereich machen wollen. Sie haben einen sehr begrenzten Begriff von Mobilität. Sie haben eine noch viel begrenztere Sicht von zukunftsfähiger Verkehrspolitik. Wo sehe ich das? Das, was Sie einmal in Ihrer Koalitionsvereinbarung, in Ihren Verlautbarungen festgestellt haben, was bei einer verkehrspolitischen Perspektive für dieses Land notwendig wäre, nämlich Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsmittel, Verkehrslenkung, alles Begriffe aus Ihrem letzten Koalitionsvertrag, ist alles ersatzlos entfallen.
- Herr Schwarz, das wird von Ihrem Projekt der Mobilitätsmilliarde oder der Straßenbau- und Straßenerhaltungsmilliarde überdeckt. Wenn aber in den letzten fünf Jahren diese Zielsetzungen, die ich eben zitiert habe, aus der Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine Rolle gespielt haben, so sehen wir aber, dass selbst das entfällt. Es entfällt als übergeordnete Leitlinie. Sie scheinen mit der Verteilung der Verkehrsteilnehmer auf den ÖPNV und auf den individuellen Automobilverkehr zufrieden zu sein.
Herr Bauckhage, in der Auseinandersetzung um die Mobilitätsoffensive ist Ihnen völlig entfallen, dass eine Verknüpfung von Verkehrs- und Umweltpolitik sowie Klimapolitik in diesem Land notwendig ist. Das wäre praktizierter Klimaschutz.
Sie füllen mitnichten, nicht mit einem Wort, wie Sie Ihre Versprechungen zum Klimaschutz im Kyoto-Protokoll, an denen Sie sich orientieren wollen, erfüllen wollen.
Herr Kuhn, vielleicht sagen Sie das nachher laut. Es ist mir wirklich zu simpel, das zu wiederholen. Ihre Maßnahmen für schienengebundenen und für straßengebundenen öffentlichen Straßennahverkehr reichen nämlich wahrhaftig nicht aus, Herr Schwarz.
(Schwarz, SPD: Wir haben unser Landes- verkehrsprogramm nicht außer Kraft gesetzt! Das gilt weiterhin!)
Sie müssen es wissen. Aber Sie setzen Schwerpunkte und sagen, wir machen eine Mobilitätsmilliarde für den Straßenbau und für den Straßenerhalt.
Nichts weiter haben Sie an dieser Stelle so pointiert. Dagegen nehmen sich alle Maßnahmen im Schienenbereich und im öffentlichen Personennahverkehr bescheiden aus. In Rheinland-Pfalz müsste eine Offensive gestartet werden für alle, die Alternativen zum motorisierten Individualverkehr suchen, für alle, die eine Alternative zum Auto brauchen, weil sie es gar nicht nutzen können.
Doch, das schließt sich aus, weil es um Investitionen geht. Wenn Sie sich festlegen, auf der einen Seite zu investieren, auf der anderen Seite zu sparen, dann sagen Sie mir einmal, was für den öffentlichen Personennahverkehr übrig bleibt, Herr Schwarz.
Jetzt kommen wir einmal zu dieser Milliarde, die angekündigt ist. Herr Bauckhage, ich glaube nach wie vor, dass das eine Luftnummer ist. So, wie es im Wahlkampf war, so ist es auch im Folgenden, eine Luftnummer: einmal politisch, weil Sie einseitig auf Investitionen ins Straßennetz setzen, aber auch haushalts - und finanzpolitisch ist es für mich immer noch eine Luftnummer. Vielleicht können Sie nachher einmal höchstpersönlich erklären, wo diese eine Milliarde in den fünf Jahren herkommen soll. Ich bin der Überzeugung, diese Mobilitätsmilliarde ist so mobil, dass wir sie gar nicht finden können.
Vielleicht finden Sie sie. Vielleicht erfinden Sie aber auch neue Haushalts- und Buchungstricks aus dem Finanzministerium – da ist man stark dabei –, oder vielleicht planen Sie auch, sich neben dem Landeshaushalt weiter zu verschulden. Ich finde aber, das müssten Sie dazusagen, wo Sie das Geld her nehmen und wo Sie es her nehmen wollen, wenn Sie gleichzeitig 2006 schuldenfrei sein wollen. Stellen Sie es doch dar. Ich würde heute gern ein bisschen klüger nach Hause gehen, als ich hierher gekommen bin. Dazu könnten Sie Ihren Beitrag leisten.
Herr Bauckhage, ich glaube, wenn Sie das heute nicht können, dann ist es meines Erachtens nach wie vor eine Luftnummer und nur eine Möglichkeit, das Gesicht der FDP zu wahren, nachdem Sie im Wahlkampf landauf, landab mit dieser Botschaft gezogen sind, dass Sie eine Mobilitätsmilliarde machen.
Dann kommen wir auch noch einmal kurz zu der neuen Kreation des Landesbetriebs „Straßen und Verkehr“. Herr Bauckhage, ich bin froh, dass Sie sich mit Ihrer Schnapsidee, für den Straßenbau Immobilien des Landes zu verscherbeln oder darüber Geld zu aktivieren, nicht durchsetzen konnten. Darüber bin ich wirklich froh. Aber bisher habe ich in diesem Landesbetrieb zum einen vielleicht einen positiven Trend, was Verwaltungsmodernisierung angeht, entdecken können, aber zum anderen sehe ich nur, dass es eine Möglichkeit ist, sich potenziell – es sei denn, Herr Bauckhage erzählt nachher etwas anderes – zusätzlich zu verschulden und einen Schattenhaushalt anzulegen.
(Dr. Schiffmann, SPD: Das ist eine Rhetorik der Unterstellungen. – Mertes, SPD: Außerdem, wenn Sie Werte schaffen, was soll das Wort mit der Ver- schuldung? Was glauben Sie, wie ver- schuldet ich am Anfang meines Lebens mit meinem Haus war!)
Das ist eins Ihrer Ziele. Wenn Sie weiterhin investieren – Sie werden das nur kreditfinanziert tun können –, dann werden Sie das nicht leisten können.
Dann sagen Sie mir einmal, was anderes von diesem Landesbetrieb übrig bleibt als voraussichtlich mangelnde Transparenz für das Parlament – das hat so ein Landesbetrieb an sich – und noch mehr Ungleichbehandlung von Straße und Schiene.
Es bleibt noch etwas übrig, worauf diese Koalition immer besonders Wert legt. Sie hätten zwei neue hoch dotierte Positionen, die Sie besetzen könnten. Ich habe mir sagen lassen, Sie haben schon ausgemäntelt, einer hier, einer hier – ja? –, und dann haben Sie zwei neue Ge
Herr Mertes, ich sage Ihnen, wir werden gegen zurückgehenden Einfluss des Parlaments in der Verkehrspolitik wie im Straßenbau kämpfen. Sie wissen, das können wir. Wir werden auch gegen weitere Schattenhaushalte angehen. Ich glaube, dass das nicht der Inbegriff einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik ist, der mit Mobilitätsoffensive überschrieben ist, sondern ein „Weiter so“ in Ihrer Verkehrspolitik ist, die keine Zukunft haben wird.
Nach diesen monatelangen Diskussionen um die Themen „BSE“ und „Maul- und Klauenseuche“, und „Medikamentenmissbrauch bei der Tierzucht“ habe ich allerdings auch erwartet, dass es in dieser Koalitionsvereinbarung Neues im Bereich Verbraucher- und Verbraucherinnenpolitik und auch Neues in der Landwirtschaftspolitik gibt. Aber es gibt nichts Neues. Ich sehe, dass Sie eigentlich – ich weiß gar nicht, wie; ich glaube, wirklich mit Akribie – vermeiden wollen, den Begriff „Neue Landwirtschaft“ oder „Wende in der Agrarpolitik“ überhaupt in den Mund zu nehmen, weil Sie es nicht umsetzen wollen, weil Sie Ihre Blockadepolitik in Richtung neue Agrarpolitik und in Richtung neue Verbraucherinnenund Verbraucherpolitik, so wie sie von Renate Künast auf Bundesebene eingeleitet wurde, fortsetzen wollen. Aber ich sage Ihnen, es gilt auch heute noch, Herr Kuhn