Protocol of the Session on May 22, 2001

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Machen Sie eine Agrarpolitik, die nach vorn geht, und machen Sie eine Verbraucherpolitik, die diesen Namen verdient und den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zugute kommt.

(Dr. Schmidt, SPD: Jetzt haben Sie doch ein bisschen Geduld!)

- Geduld habe ich in dieser Hinsicht nicht, weil das ein Programm für die nächsten fünf Jahre ist. Oder will er

das morgen in den Papierkorb werfen und ein neues auflegen? Das glaube ich nicht.

Ich komme noch einmal auf die Schwerpunktsetzung zu sprechen. Sie haben diese Mobilitätsmilliarde. Wenn Sie gesagt hätten – das hätte ich noch nachvollziehen können –, dass Sie bei Ihrem eingeschränkten Mobilitätsbegriff bleiben wollen, und er beschränkt sich nur auf Verkehr und nicht auf das Denken oder sonst etwas – – –

(Dr. Schmidt, SPD: Da haben Sie nicht zugehört!)

Nein, das habe ich schon deutlich nachgelesen.

(Ministerpräsident Beck: Sie wollen nicht zuhören!)

Doch, ich höre Ihnen meistens sehr aufmerksam zu.

Wenn Sie sich darauf beschränken wollen, hätten Sie zumindest feststellen müssen, dass es einen erheblichen Nachholbedarf bei etlichen Mobilitätsdienstleistungen im Land gibt. Dafür wäre es ausgesprochen sinnvoll, eine Mobilitätsmillion, mehrere Mobilitätsmillionen oder vielleicht auch eine Mobilitätsmilliarde zur Verfügung zu stellen.

Was Sie machen, ist aber etwas ganz anderes. Sie spezifizieren diese Milliarde, wobei wir auch noch nicht wissen, woher sie kommen soll, auf den Straßenbau. Dann sagen Sie in Ihrer Regierungserklärung: Auch die anderen Verkehrsträger sollen ein paar Impulse erhalten. – Was ist denn bitte der Unterschied zwischen einer Mobilitätsmilliarde und den Impulsen. Das hätten Sie vielleicht etwas konkreter ausführen müssen, ober wir werden das im Ausschuss diskutieren.

(Ministerpräsident Beck: Soll ich noch einmal?)

Für uns ist eine eindeutige Hierarchie erkennbar: Da ist die Mobilitätsoffensive für die Straßen, und da sind am Rande noch ein paar Impulse für die anderen Verkehrsträger. Das ist nicht das, was wir unter Mobilitätsoffensive verstehen. Das geht völlig in die falsche Richtung.

Herr Bauckhage, Sie haben uns vorgeworfen, wir seien ignorant und hätten eine selektive Wahrnehmung. Ich kann Ihnen das von Herzen zurückgeben. Sie haben eine selektive Wahrnehmung – vielleicht hat das etwas mit der Alltagserfahrung zu tun – und sind ignorant. Sie definieren Ihren Schwerpunkt aus der Windschutzscheibenperspektive, und der Rest kommt nicht vor.

Nennen Sie mir doch eine Gemeinde – sei sie noch so klein – in Rheinland-Pfalz, die nicht an die Straße angebunden ist. Es gibt keine.

(Ministerpräsident Beck: Das wäre auch ein Ding!)

Ich kann Ihnen aus dem Stand ganz viele Städte aufzählen, die keine ÖPNV-Anbindung haben, nicht in den Schulferien, nicht an den Wochenenden und an den Werktagen ganz wenige. In diesem Bereich gibt es

Nachholbedarf. Das sollten Sie sich vornehmen, und dann wird Ihre Mobilitätsoffensive den Namen verdienen, den Sie ihr geben. So ist das nichts anderes als eine Beton-Offensive.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu einigen Punkten, die in erster Linie von den Oppositionsfraktionen genannt wurden, noch einmal kurz Stellung nehmen.

Die Diskussionsbeiträge haben sich heute in der Tat quer durch den Garten entwickelt. Aus diesem Grund ändern wir unsere Konzeption. Ich hätte mir gern noch die grundsätzlichen Positionen von Frau Morsblech angehört, die unsere bildungspolitische Sprecherin sein wird. Wir reduzieren das aber auf einige Dinge, die noch ausgeräumt werden müssen.

Herr Dr. Braun, zur Entwicklung der Landwirtschaft: Ich nehme an, dass uns allen klar ist, dass Rheinland-Pfalz ein Land ist, das naturräumlich sehr differenziert zu sehen ist. Wir haben klimatische Kunsträume, wir haben Marktstrukturen in machen Teilen, die völlig unabhängig von Marktordnungen sind. Diesbezüglich haben wir in Rheinland-Pfalz große Erfolge in den vergangenen Jahren erzielt. Dort agiert der Landwirt als Unternehmer, dort ist er erfolgreich. Das zeigt auch der Erfolg dieser Landwirtschaftspolitik.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Darüber hinaus haben wir Naturräume in diesem Land, gerade im Mittelgebirgsraum, die nicht in diesem Ausmaß klimatisch bevorzugt sind. Wenn wir an eine künftige Agrarpolitik denken, sollten wir den Ansatz wählen, dass Landwirte für ihre wichtige Aufgabe, die sie für die Allgemeinheit erfüllen, auch entsprechend bezahlt werden.

Darüber hinaus sollte – das ist der neue Ansatz in uns erer Agrarpolitik – sich eine marktwirtschaftlich orientierte Landwirtschaft entwickeln. Das Charmante daran ist, dass sich nach unserer Voraussage in den entsprechenden Naturräumen auch angemessene Nutzungsformen weiterentwickeln werden. Das wird ökologisch sinnvoll sein. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass gerade diese Mittelgebirgsregionen das Rückgrat im Hinblick auf die Sozialstrukturen bilden, die wir – bäuerliche Familienbetriebe, die in unserem Land der entscheidende Faktor sind – in unserer Landwirtschaft haben. Es ist nicht so, dass wir von Agrarfabriken dominiert werden. Wenn wir bäuerliche

Betriebe haben, die in überschaubarer Größe agieren, dann können wir nicht den Popanz einer naturfernen Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz aufbauen. Das ist nicht die Realität in unserem Lande.

(Beifall der FDP – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer tut das eigentlich?)

Zum Thema „Dosenpfand“ nur zwei Bemerkungen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin, da sind wir eben verschiedener Meinung. Lassen wir es dabei.

Zum Dosenpfand: Herr Dr. Braun, was Sie dazu gesagt haben, entspricht nur am Rande der Realität. Sie wissen genauso wie ich, dass das Experiment in Schweden daneben gegangen ist. Sie wissen, dass die Schweden uns das in Bezug auf das Dosenpfand vorgelebt haben. Mancher, der durch Schweden fährt und sagt, wie schön, dass die ihr Döschen irgendwo hineinwerfen, und sagt, wunderbar, so müssen wir das auch machen, muss wissen, dass dieses Experiment in Schweden gerade dabei ist, zu scheitern.

Wenn Sie einmal die gesamten Kosten, die volkswirtschaftliche Belastung nehmen und diese äquivalent in Umweltbelastungen umrechnen, frage ich Sie: Wo sollen die Milliarden, die zusätzlich aufgewendet werden müssen, herkommen? Dabei handelt es sich letztlich auch um Produktionen, die die Umwelt belasten. Ich sehe nicht, dass wir in der Öko-Bilanz davon nur den geringsten Vorteil haben. Ich sage Ihnen voraus, dass die ÖkoBilanz im Zusammenhang mit diesem System negativ sein wird. (Glocke der Präsidentin)

Herr Kuhn, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Von Herrn Dr. Braun immer.

Herr Kuhn, ist Ihnen bekannt, dass es in Schweden keinen Anstieg bei den Einwegverpackungen gab, nachdem das Dosenpfand eingeführt wurde? Wenn Ihnen das bekannt ist, können Sie insofern doch nicht weiter behaupten, dass das schwedische Modell nicht erfolgreich sei. Deshalb frage ich: Weshalb behaupten Sie das dann?

Diese Frage ist relativ einfach zu beantworten. Sie müssen auf der anderen Seite die volkswirtschaftlichen Kos

ten gegenrechnen, die ein solches System beinhaltet. Denken Sie doch nur einmal an die Geräte, die produziert werden müssen. Denken Sie einmal an die CO2Bilanz. Was meinen Sie denn, wo die Milliarden, die ausgegeben werden, herkommen? Das geschieht über Produktionsverfahren, die ökologisch schädlich sind. Also müssen Sie die Gesamt-Öko-Bilanz sehen. Diese ist negativ. Dieses Zwangspfand wird ökologisch nicht die Lösung sein.

Noch ein Wort zur Flexibilisierung unserer Arbeitswelt. Dazu ist schon einiges von den GRÜNEN gesagt worden. Ich habe da eine andere Philosophie. Sie sagen, Flexibilisierung bedeutet letztlich eine Schwächung der Arbeitnehmer. Das verstehe ich nicht, wenn es gelingt, mit Flexibilisierungsmaßnahmen Arbeitsplätze zu erhalten. Eindrucksvoll hat der Ministerpräsident darauf hingewiesen, er könne die Betriebe nennen. Die Menschen dort müssten einmal hören, was Sie dazu zu sagen haben. Ein solches flexibles Verhalten hat letztlich dazu geführt, dass tausende von Arbeitnehmern ihre Arbeitsplätze behalten konnten.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wünschen sich das!)

Das ist also für den Arbeitnehmer und nicht gegen den Arbeitnehmer.

(Beifall der FDP)

Das Ziel, durch Flexibilisierung neue Arbeitsplätze zu schaffen, ist ein Ziel, gegen das Sie wohl nichts einwenden werden.

Es ist gesagt worden, 30 Millionen DM für den Start der Ganztagsschule im Bildungsbereich würden nicht ausreichen.

(Staatsminister Bauckhage: Start!)

Ja, für den Start. Sie würden nicht ausreichen.

Manchmal ist es gut, wenn ein Lehrer im Parlament sitzt, auch wenn es manchmal zu viele sind. Das nächste Schuljahr beginnt erst in der Mitte des Jahres. Wenn Sie also 2002 im neuen Schuljahr starten, können Sie noch nicht einmal davon ausgehen, dass die Summen, die man normalerweise für ein ganzes Schuljahr benötigen würde, anfallen werden. Mit diesen 30 Millionen DM bekommen Sie also schon einen guten Start hin. Dann steigen die Mittel Jahr für Jahr an und berücksichtigen die weitere Entwicklung und die weitere Erhöhung der Zahl der Ganztagssschulen. Das ist so logisch, dass wohl auch Sie das nachvollziehen können.

(Beifall der FDP)