Herr Kollege Dr. Braun, es ist nun einmal so. Die Fakten sind so. Die können Sie alle nachprüfen. Ich finde, man darf nicht so tun, als wäre ein Beispiel für das Ganze zu setzen. Das ist unredlich. Das nehme ich jemand ab, der nicht die intellektuellen Fähigkeiten von der Kollegin Frau Thomas hat und sagt: Na ja, es ist halt so. Man kann sich einmal irren. – Sie wissen, was Sie sagen. Davon bin ich überzeugt. Deshalb finde ich, dass es zynisch ist, wie Sie das gemacht haben. Ich erlaube mir, das auch so zu nennen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch ein Wort zur Frage sagen, wie wir den Arbeitsmarkt in der Zukunft miteinander organisieren. Dazu gehören sehr viele Ansätze. Dazu gehört eine Kultur der Selbs tständigkeit. Ich bin froh darüber – das kann auch keine Fehlentwicklung sein –, dass wir in den vergangenen Jahren wieder mehr junge Menschen an den Hochschulen und in den Ausbildungsstätten haben, die sagen, mein Ziel ist es, mich selbstständig zu machen. Ich finde, das ist eine gute Entwicklung. Wir sollten sie weiter fördern.
Wir sollten versuchen, über diese Gründung von selbs tständigen Existenzen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aufgrund von Rationalisierung, Automatisierung und entsprechenden Wettbewerbssituationen von Verlagerungen von Arbeitsplätzen in andere Länder mit anderen Lohnstrukturen betroffen waren, neue zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu fördern und zu unterstützen. Es gehört natürlich dazu, dass wir auf das, was sich am Arbeitsmarkt in vielfältiger und vielschichtiger Weise tut, flexibel reagieren. Auf das Wort Flexibilität wie
Wenn ich das sage, geht das in jede Richtung. Das gilt genauso für diejenigen, die mir sagen, das darf alles nicht sein, dass man irgendwo einen Millimeter von Regelungen abweicht, weil man weiß und wir alle im Saal wissen, dass an vielen Stellen exakt dies getan wird. Ohne die Flexibilität der Betriebsräte würde es eine Vielzahl von Unternehmen in Rheinland-Pfalz nicht mehr geben.
Meine Damen und Herren, an vielen Stellen waren die Betriebsräte diejenigen, die am Ende manchmal leider auch nur noch Ansprechpartner für den Konkurs- oder den Insolvenzverwalter gewesen sind. Wir haben auch viele dieser Unternehmen über die Runden gebracht, und zwar natürlich auch mithilfe des Landes RheinlandPfalz und seiner Bürgschaftsprogramme. Sie alle kennen die Beispiele, die es quer durch das Land gibt.
Diese Art der Flexibilität und um die Erhaltung von Arbeitsplätzen zu ringen, lasse ich mir nicht von irgendjemandem als ein Fehlverhalten ankreiden. Das will ich ganz deutlich sagen.
Diejenigen auf der Verbands- und der Arbeitgeberseite, die immer die ausgestreckte Hand ergreifen und den ganzen Arm an sich ziehen wollen und Grundforderungen nach der Aufgabe des Flächentarifvertrags und Ähnliches daranknüpfen, leisten einen Beitrag dazu, dass die notwendige Flexibilität mit so viel Skepsis auf der Arbeitnehmerseite betrachtet wird. Das ist die zweite Seite der gleichen Medaille.
Ich habe nie etwas anderes gesagt, übrigens auch nicht in Frankenthal. Ich sage das, damit alle beruhigt sind, die sich Sorgen machen. Im Übrigen gilt das, was wir miteinander vereinbart haben. Wenn man zu einem Thema eine Enquete-Kommission ins Leben ruft, ist klar, dass dies ein Thema ist, das dort untersucht werden soll. Wir werden am Ende sehen, welche Ergebnisse dabei herauskommen. Ein viel zu kurzer Sprung wäre, die Zukunft der Arbeit in Rheinland-Pfalz im neuen Jahrhundert nur unter dem Gesichtspunkt der Flexibilität zu untersuchen.
In die Überlegungen gehören alle Elemente der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung sowie der Wettbewerbsbedingungen in Deutschland und im Besonderen in Rheinland-Pfalz hinein, und zwar in vollem Respekt vor den Regelungen, die uns unsere Gesetze und beispielsweise auch die Tarifautonomie auferlegen. Hier gibt es für mich überhaupt keine Zweifel. Nicht anders habe ich in Frankenthal bei der IG Metall argumentiert. Alle Interpretationsversuche, die etwas anderes deutlich machen, können allenfalls auf Zeitungsberichte gestützt sein, die manchmal die Dinge – ich sage nicht, dass sie falsch sind – etwas verkürzt darstellen.
Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen. Es ist über die Frage der finanziellen Solidität dieses Landes Rheinland-Pfalz gesprochen worden und sozusagen infrage gestellt worden, dass wir aufgrund dessen, was an Entwicklungen finanzpolitischer Art in den letzten zehn Jahren aufgezeigt worden ist, in der Lage wären, die Dinge in Ordnung zu bringen. Es ist so getan worden, als wären die Verbesserungen hinsichtlich der zukünftigen Haushaltserwartungen nur einnahmeseitig und dort wiederum nur bedingt durch den Länderfinanzausgleich gekommen. Das ist eine unzulässige Verkürzung der Realität.
Meine Damen und Herren, die Wirklichkeit lautet: Der Finanzplanungsrat hat uns 1997 vorgegeben – Herr Kollege Jullien, Sie kennen die Zahlen sicherlich –, nicht über eine Wachstumsmarke von 2 % bei den Ausgaben hinauszugehen. Ich möchte dem nun die Ausgabenmargen in Rheinland-Pfalz gegenüber stellen.
Wir haben in den letzten fünf Jahren im Schnitt ein Ausgabenwachstum von 1,3 % gehabt. Wenn Sie die letzten vier Jahre betrachten – das Jahr 1996 ist in diesem Zusammenhang durchaus nicht ganz zu Unrecht gegeißelt worden –, sind wir bei einem Ausgabenwachstum von 0,6 %, meine Damen und Herren. Wenn Sie mir nun sagen, dies sei kein Konsolidierungseffekt und habe nichts mit politischer Verantwortung und politischem Handeln zu tun, dann muss ich sagen, das glauben Sie doch selbst nicht. Das ist die Realität, und das ist die Wahrheit. Diese beiden Komponenten gehören zusammen, nämlich das, was auf der Einnahmen- und auf der Ausgabenseite passiert ist, meine Damen und Herren.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich das, was wir an Prognosen und Erwartungen hinsichtlich der Entscheidung sehen, dieses Land Rheinland-Pfalz ab dem Jahr 2006 mit einem Haushalt zu regieren, der ohne Nettoneuverschuldung auskommt. Wir hatten uns eine mittelfristige Finanzplanung erstellt, die wir um zwei Jahre nachrichtlich verlängert haben. Dies alles wurde debattiert.
Diese mittelfristige Finanzplanung sah ursprünglich für das Jahr 1999 eine Nettokreditaufnahme in der Größenordnung von 1,567 Milliarden DM vor. Durch die soeben geschilderten Maßnahmen haben wir das, was wir an zusätzlichen Krediten aufnehmen mussten, auf 1,289 Milliarden DM reduziert.
Im Jahr 2000 ist es uns gelungen, anstatt der vom Haushaltsgesetzgeber genehmigten 1,549 Milliarden DM Neuverschuldung nur 936,4 Millionen DM Neuverschuldung zu benötigen. Wenn Sie eine solche Linie fahren – ich habe sie mir graphisch herausgestellt –, so ergibt dies bei vertretbaren Größenordnungen der Ausgabenund Einnahmenentwicklung, die zugrunde gelegt werden, eben nicht eine Linie bis 2008, sondern dann hat man die Chance, dies zum Jahr 2006 zu schaffen, ohne dass man Vollbremsungen machen muss und politisch unverantwortlich handelt. Das ist die zugegebenerm aßen ehrgeizige, aber auch seriös erreichbare Zielmarke,
die ich Ihnen gestern in meiner Regierungserklärung vorgetragen habe. Das ist die Realität, meine Damen und Herren. (Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)
Herr Kollege Böhr hat kritisiert – ich will keinem Argument ausweichen; wie käme ich denn dazu -, dass ich sagte, dies gelte unter bestimmten Bedingungen, nämlich dass die mittelfristige Steuerschätzung, die in der letzten Woche vorgelegt worden ist, natürlich nur „Pi mal Daumen“ eintrifft.
Aber, mit Verlaub! Das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit. Wenn wir in der Tat, was wir nicht hoffen und was Gott sei Dank auch nicht real ansteht, einen gravierenden, weltweit verursachten, völligen Zusammenbruch der Konjunktur bekämen, bei dem wir bezüglich der Ursachenbekämpfung nur Marginales tun könnten, natürlich gelten dann solche Planungswerte nicht mehr. Wer etwas anderes vermutet, redet doch wirklich an der Realität vorbei. Natürlich muss man immer diesen Vorbehalt machen.
Wenn der liebe Gott einen von uns vorzeitig abruft, wird er für das, was in den nächsten Jahren passiert, auch nicht mehr gerade stehen können. Natürlich ist es immer nur unter menschlichem Ermessen und nach ordnungsgemäßem Anlegen der heute erkennbaren Parameter möglich, ein solches Ziel zu erreichen. Deshalb habe ich den Vorbehalt sauberer- und ordnungsgemäßerweise aufgenommen. Ich finde, dies gehört zu einer anständigen Debatte mit dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Übrigen möchte ich zu dem eine Anmerkung machen, was mit in diese Diskussion hinein gehört und was heute ebenfalls etwas süffisant angemerkt worden ist. Es wurde festgestellt, dass wir zum Länderfinanzausgleich eine Position vertreten haben, die lautet, dass es dort keine Gewinner und keine Verlierer geben soll. Das ist nicht meine Erfindung. Das ist ein Beschluss aller 16 Ministerpräsidenten und der Ministerpräsidentin.
Das ist die Grundformel, auf die wir uns zunächst einmal geeinigt haben. Sie entspringt nicht in erster Linie der Not des Landes Rheinland-Pfalz, sondern der Grundnot der Haushaltsnotlagenländer Saarland und Bremen, die ansonsten überhaupt nicht mehr hätten weiterreden können, da dies de facto ein Aus für diese Länder sowie ein fiskalisch erzwungenes Handeln hin zur Länderneugliederung bedeutet hätte.
(Jullien, CDU: Gestern war es noch Ihre Formel, dass es keine Gewinner und keine Verlierer geben darf, Herr Ministerpräsident! – Zurufe von SPD und FDP – Itzek, SPD: Das ist doch Mehrzahl, Herr Jullien!)
Lieber Herr Kollege! Der Finanzminister dieses Landes und sein Staatssekretär haben die entscheidenden Grundlagen dafür gelegt, dass wir in Wiesbaden bei einer Ministerpräsidentenkonferenz über ein Wochenende hinweg zum ersten Mal auf Rahmendaten gekommen sind, die eine Chance beinhaltet haben, dass wir uns
einigen können. Von den so genannten Geberländern sind einige Rahmenvoraussetzungen formuliert worden, die am Ende eine Einigung nicht möglich gemacht haben, weil die Parameter so waren, dass man die Quadratur des Kreises hätte erreichen müssen.
Auf dieser Basis haben wir uns zwischenzeitlich weiter bewegt, und – ich hoffe, es bleibt dabei – es besteht die Chance, dass sich der Bund bewegt, und zwar nicht unmaßgeblich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben einen maßgeblichen Beitrag dazu geleistet, dass man sich dort bewegt.
Ich möchte nun keine Fachdebatte über den Länderfinanzausgleich anzetteln. Aber nachdem diese Dinge von Ihnen so konkret infrage gestellt werden, möchte ich sagen, dies bedeutet für uns, dass wir uns in etwa bei einem Korridor von +/- 12 DM, also bei einer Abweichung von 12 DM vom Durchschnitt bei denjenigen, die geben, und bei denjenigen, die nehmen, bewegen und in etwa in dieser Größenordnung bleiben, weil sich zwischenzeitlich auch andere Parameter, wie beispielsweise die Anrechnung der Finanzkraft der Kommunen, verändert haben und man offensichtlich bereit ist, über die 50 %-Marke nach oben zu gehen.
In dieser Frage ist eine Menge in Bewegung gekommen, und ich sage in aller Bescheidenheit – die Vereinbarungen sind noch nicht unterschrieben, und man darf das Fell immer erst dann verteilen, wenn der Bär erlegt ist –, wir haben Bewegung in diese Sache hineinbekommen. Dies ist eine gute Chance für unser Land, aber es ist auch so, dass wir die Ausgangsformel in der Tat durch unsere Vorschläge mit geprägt haben und dass auf dieser Grundlage eine Einigung von – wie ich noch immer hoffe – 16 zu 0, also eine Einigung aller 16 Bundesländer, erreicht werden kann, damit wir nicht erneut beim Bundesverfassungsgericht landen. Ich sage dies, damit nicht solche Legenden zu Fragen gestrickt werden, die allerdings für Rheinland-Pfalz von elementarer Bedeutung sind.
Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber das, was seitens der CDU-Fraktion vor einigen Monaten als Modell zum Länderfinanzausgleich vorgelegt worden ist, hätte den Ruin dieses Landes bedeutet, meine Damen und Herren. 3 Milliarden DM hätten uns gefehlt!
(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU – Dr. Weiland, CDU: Das ist blanker Unsinn! – Dr. Gölter, CDU: Das ist zu einfach, Herr Ministerpräs ident! Das ist jetzt zu einfach!)
(Dr. Weiland, CDU: Nein, das ist blanker Unsinn! – Dr. Gölter, CDU: Nein, das ist jetzt zu einfach!)
Ich sage zum ersten Mal etwas dazu. Es war ein schönes, theoretisch funktionierendes, aber in der Praxis für das Land Rheinland-Pfalz ruinöses Modell, das Sie vorgelegt haben. Das haben Sie sich von einem Wissenschaftler aufreden lassen, der nicht unsere Interessen im Auge gehabt hat.
Wir werden dazu noch Debatten führen und können dies im Detail auseinander pflücken. Ich sage Ihnen, es ist exakt so, wie ich es Ihnen sage. Es war ein gewagtes Spiel, das Sie damals betrieben haben, meine Damen und Herren. Wir haben Ihnen nur leise widersprochen, weil wir kein Interesse daran hatten, die Positionen des Landes Rheinland-Pfalz auseinander zu dividieren.
Aus bayerischer oder aus hessischer Sicht hätte ich das, was Sie damals vorgelegt haben, noch verstanden. Aber aus rheinland-pfälzischer Sicht wäre es verheerend gewesen, wenn Sie so gehandelt hätten oder hätten handeln können. Das muss man einmal sagen dürfen.
- Ich finde es immer schön, wenn wir engagiert miteinander diskutieren. Schauen Sie es sich noch einmal an, Herr Dr. Gölter.