Deswegen glaube ich, dass die in Teilen wirklich verheerende Situation, die wir in Landwirtschaft und Weinbau im Land Rheinland-Pfalz haben, bei dieser Landesregierung noch nicht ungeschminkt angekommen ist.
Was ich in den letzten Wochen und Monaten erlebt habe, verschlägt einem die Sprache. Wenn wir wollen, dass nicht nur ein Berufsstand gerettet wird – auch das ist ein respektables, wichtiges und lohnendes Ziel –, sondern wenn wir auch wollen, dass das, was mit Landwirtschaft und Weinbau verbunden ist, nämlich Heimat und Vertrautheit, auch in unserer Gesellschaft des schnellen Wandels und der Globalisierung eine Zukunft haben soll, dann werden wir das mit Steillagenzulagen – so wichtig diese sind – allein nicht schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da beißt die Maus keinen Faden ab: Dann brauchen wir ein Kulturlandschaftsprogramm.
Ich bin sehr zuversichtlich und hoffe sehr, dass es vielleicht uns und anderen gelingt, in den nächsten fünf Jahren die Landesregierung davon zu überzeugen, dass wir nur auf diesem Weg diese wichtige Aufgabe schultern können.
Ich komme zu dem zurück, was ich, ausgehend von dieser Broschüre der Arbeitsgemeinschaft der Industrieund Handelskammern, gesagt habe, auf die große, zentrale Aufgabe, nämlich einen Markenartikel Rheinland-Pfalz zu schaffen.
Wenn wir uns diese Aufgabe näher ansehen, dann glaube ich, dass Rheinland-Pfalz keine schlechten Karten hat – im Gegenteil. Aber in den Schoß wird uns das nicht fallen. Ich denke, deswegen ist unsere gemeinsame Aufgabe in den nächsten fünf Jahren, diese Chance zu nutzen, einen Markenartikel Rheinland-Pfalz zu schaffen – dies ist sozusagen ein Synonym für diese Bezeichnung Markenartikel –, Rheinland-Pfalz – ich füge hinzu – erstmals überhaupt in der Geschichte dieses Landes wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen.
Wenn wir ehrlich sind und die Herkunft dieses Landes betrachten, dann ist dies in fünf Jahrzehnten nicht gelungen, konnte das in fünf Jahrzehnten nicht gelingen. Wenn wir diesen Ehrgeiz gemeinsam haben, das Land wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen, dann kann man sicher über viele Projekte reden, die einen Beitrag dazu leisten, dass wir dieses Ziel erreichen.
Aber weil ich eben die Regierung gemahnt habe, unter dem vielen Notwendigen das besonders Notwendige nicht zu verstecken, will ich mich an dieser Stelle am eigenen Maßstab messen lassen und unter diesen vielen Projekten, die notwendig sind, eines besonders nennen. Das, was ich in diesem Zusammenhang unter dieser Vorgabe, das Ziel, das Land Rheinland-Pfalz wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen, besonders nenne, ist der Flughafen Hahn. Was ist an diesem Projekt neu? – Ich glaube, dass dieses Projekt wirklich etwas Neues beinhaltet, etwas, was es in der Wirtschaftspolitik dieses Landes in den vergangenen Jahrzehnten so bisher nicht gegeben hat. Es versetzt uns erstmals in die Lage, nicht nur am Überfluss anderer teilzuhaben. Das erleben wir sozusagen bei den positiven Folgen – mit Blick auf die Arbeitsmarktstatistik – der um uns herumliegenden wirtschaftlich starken Ballungszentren.
Es ist gut so, dass wir am Überfluss und an der wirtschaftlichen Kraft anderer teilhaben. Das ist nicht zu kritisieren. Das Neue bei diesem Projekt Hahn ist, dass uns zum ersten Mal die Chance geboten wird, unser Land Rheinland-Pfalz mit einer der wichtigsten und stärksten Wachstumsregionen in Deutschland und Europa – Rhein-Main ist eine der wichtigsten Wirtschaftsund Wachstumsregionen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa – sozusagen unwiderbringlich und unwiderruflich zu verklammern und davon zu profitieren, und zwar nicht nur dann, wenn es im Überfluss auf uns herabregnet, sondern auf Dauer, indem wir eine Struktur schaffen, bei der ein Teil dieses Landes, das ganze Land Rheinland-Pfalz unwiderruflich mit den Wachstumschancen und den Wachstumspotenzialen einer solchen Region verklammert wird.
Deswegen ist für mich und für uns der Flughafen Hahn nicht nur eine Konversionsmaßnahme unter anderen, nicht nur ein Projekt, das für die Menschen im Hunsrück und in der Eifel vielleicht von einer herausragenden Bedeutung ist, sondern dieser Flughafen Hahn ist eine einzigartige Chance für unser ganzes Land RheinlandPfalz. Deshalb darf man es nicht unter vielen anderen Projekten verstecken,
die auch wichtig sind, die aber vielleicht mit Blick auf das Potenzial, das sie beinhalten, nicht die herausragende Bedeutung haben, wie ich sie diesem Projekt Hahn beimesse.
Markenartikel Rheinland-Pfalz: Meine sehr verehrten Damen und Herren, um diese Chance zu nutzen, muss Politik die Voraussetzungen schaffen. Ich will vier nennen, weil ich glaube, dass im Wesentlichen vier dieser Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit wir diese Chance nützen.
Ich nenne erstens die Infrastruktur: Natürlich die Schiene. Aber es ist uns auch klar, dass der Ministerpräsident auf den Vorschlag der Deutschen Bahn nicht den durchschlagenden Einfluss hat, den wir uns wünschen und den er sich selbst wahrscheinlich gelegentlich wünscht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich nenne für unser Flächenland Rheinland-Pfalz die Straßen, die in den nächsten 10, 20, 30, 50 und 100 Jahren von einer existenziellen Bedeutung sind. Wir sollten nicht so tun, als wenn in einem Flächenland Schiene und Straße in den nächsten 50 Jahren gleich gewichtige Verkehrsträger würden. Die Straße wird auch in den nächsten 50 Jahren in diesem Flächenland einen Vorrang haben und einen Vorrang haben müssen. Deswegen nenne ich die Straße. Ich nenne sie mit Blick auf den Hahn.
Jetzt komme ich zu einem dieser Punkte, wo sozusagen das Notwendige von dem Wünschbaren unterschieden werden muss. Ich nenne die Straße mit Blick auf den Hahn, weil wir uns in einem Punkt keiner Täuschung hingeben dürfen. Ich sage das auch als Ergebnis vieler Gespräche, die wir mit unterschiedlich Beteiligten auf der hessischen Seite geführt haben. Es gibt einen Stichtag, bis zu dem die Infrastruktur, die Zuwegung zum Hahn, fertig gestellt sein muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer jetzt meint, er könne sozusagen auf die übliche Weise des politischen „Mauschelns“ erst einmal Einverständnis signalisieren, dann den Stichtag in aller Gemütsruhe abwarten, und wenn dieser dann gekommen ist und man hat seine Hausaufgaben nicht erledigt, wird man schon weitersehen, dann wird das nicht gelingen. Der Stichtag lautet 2006.
Wenn wir den Hahn als das haben wollen, was jedenfalls die Mehrheit in diesem Hause aus dem Hahn machen will, ihn zu diesem zukunftsweisenden Projekt machen zu wollen, dann muss uns klar sein, dass wir die Infrastruktur bei der Schiene, aber vor allen Dingen bei der Straße nicht bis zum Jahr 2010, nicht bis zum Jahr 2015, sondern auf den Stichtag genau bis zum Jahr 2006 so fit gemacht haben müssen, dass der Hahn wirklich als das genutzt werden kann, als was er ab dem Jahr 2006 genutzt werden soll.
Es täusche sich niemand über die Anstrengung, die hierfür erforderlich ist; übrigens auch angesichts des großen Nachholbedarfs im Landesstraßenbau in den letzten Jahren. Das gehört mit zu den hausgemachten Versäumnissen dieser Landesregierung. Dem Landesstraßenbau ist es in den letzten Jahren ziemlich kläglich ergangen. Jetzt rächen sich diese Versäumnisse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, inzwischen ist es Konsens. Vor einem Jahr haben wir uns im Landtag ein bisschen gestritten. Jetzt lese ich in den Zeitungen als Ergebnis der Koalitionsberatungen, Schulen und Straßen sind die Schwerpunkte. Ich habe zuerst gedacht, es wäre ein verspäteter Bericht über das Landtagswahlprogramm der CDU. Aber es war in Wahrheit ein Bericht über die Koalitionsvereinbarung.
Deswegen habe ich natürlich mit einer ganz besonderen Aufmerksamkeit dieses Kapitel in der Koalitionsvereinbarung gelesen. Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen einen kleinen Absatz vorlese, der mich irgendwie ergriffen hat. Es ist auf Seite 35 der dritte Absatz: „Die Schularten werden entsprechend ihren Bedürfnissen und ihrem jeweiligen Bildungsauftrag unterstützt. Der Ausbau des Fremdsprachenangebots wird an allen Schularten ermöglicht. Auf die frühe Fremdsprachenarbeit in der Grundschule ab der ersten Klasse legen die Koalitionspartner besonderen Wert. Weiterhin treten Sie dafür ein, dass den Naturwissenschaften besonderes Gewicht beigemessen wird.“
In einem Besinnungsaufsatz im 5. Schuljahr kann man das vielleicht noch schreiben, meine Damen und Herren. In einer Koalitionsvereinbarung nach dem Motto „Allen zum Wohl und niemand zu Wehe“ geht das aber nicht.
Ich freue mich, dass der Fremdsprachenunterricht ab der 1. Klasse die Zustimmung der Landesregierung findet. Die zuständigen Minister haben aber noch vor kurzem pädagogische Bedenken dagegen geltend gemacht.
Der geneigte Leser hätte aber gern gewusst, wie es denn gehen soll. Das, was sich in diesen schmächtigen fünf Zeilen an Finanzvolumen versteckt, macht sich jedenfalls in dieser Koalition bisher niemand klar. Ich hätte gern gewusst, in welcher Reihenfolge, wann, mit welchen finanziellen Mitteln und mit welchen Personalstellen wir durch die Vereinbarungen rechnen dürfen, die die Koalition getroffen hat. Darüber bitten wir um Aufklärung. (Beifall der CDU)
Also auch in diesem Fall herrscht die pure Unverbindlichkeit wie in den vergangenen Jahren. Dabei ist die Lage an den Schulen und Hochschulen in RheinlandPfalz sehr schwierig. Wie sich die Versäumnisse im Landesstraßenbau rächen, rächen sich nun die Versäumnisse, die wir im Bereich der Bildung und Ausbildung in den vergangenen Jahren zu beklagen hatten.
Mir ist ein Artikel in die Hände gefallen, den einer der renommiertesten Hochschullehrer der Universität Kaiserslautern kürzlich veröffentlicht hat. Er hat ein Ranking bezüglich Investitionen und Zuwendungen für den Hochschulbau im Ländervergleich durchgeführt. Herr Professor Dr. Müller-Merbach beschreibt in einer Zusammenfassung: „Bedrückend ist die Position von RheinlandPfalz in fast allen Indikatoren. Rheinland-Pfalz steht an vorletzter Stelle bei den laufenden Grundmitteln für Studierende, an letzter Stelle bei den laufenden Grundmitteln je Absolventen und an vorletzter Stelle bei den laufenden Grundmitteln je Professorenstelle.“
Abschließend erfolgt das Resümee: „Unter den alten Bundesländern mit niedriger Wirtschaftskraft hat das Saarland die Hochschulen mit überdurchschnittlichen Grundmitteln ausgestattet. Rheinland-Pfalz mit den niedrigsten Pro-Kopf-Einnahmen der öffentlichen Haushalte und unter den alten Bundesländern mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt liegt bei den Grundmitteln je Absolventen an letzter, bei den Grundmitteln je Studierender an vorletzter und unter den alten Bundesländern bei den Grundmitteln je Professorenstelle an letzter Stelle.“
Dann stellt sich natürlich die Frage nach der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Also so toll, wie wir es in den vergangenen Jahren gelegentlich gehört haben, kann es nicht sein.
An den Schulen ist die Situation vergleichbar schwierig. Nach wie vor fallen 30.000 Unterrichtsstunden aus, aber nicht im Jahr, sondern Woche für Woche. Es fehlen 1.000 Lehrer. Jetzt sollen 100 zusätzliche Lehrer für den zu erwartenden Anstieg der Schülerzahlen im kommenden Jahr eingestellt werden. Es fehlen jedoch 1.000 Lehrer bezogen auf die Schülerzahlen, die unsere Schulen heute zu verkraften haben, und 30.000 Unterrichtsstunden fallen heute aus. Wenn ich das richtig verstehe, hat sich die Landesregierung längst damit abgefunden.
Jedenfalls habe ich bisher kein Tönchen gehört, wie dieses Problem, das wir heute haben, gelöst werden soll. Es wird also auf gut Deutsch auf Zeit gespielt. Es wird auf Zeit gespielt, dass irgendwann die Schülerzahlen zurückgehen. Dann hat man 100 Lehrer mehr und hofft, irgendwann so klarzukommen.
Statt die Probleme von heute zu lösen, beginnt man mit der Kür, ohne dass die Pflicht absolviert wurde.
Damit bin ich bei dem Projekt Ganztagsschulen. Herr Ministerpräsident und meine Damen und Herren von der Koalition, ich will ganz offen sagen, dass wir in der Sache völlig einverstanden damit sind. Wir haben ein zunehmend starkes Bedürfnis an ganztagsschulischer Betreuung. Das ist auch nicht zu ignorieren, und das ist auch nicht erst gestern entstanden. Das ist allen bekannt. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir die Richtigkeit dieses Projekts bestreiten würden. Man muss nur mit einer Mutter oder mit einem Vater reden, damit einem das Bedürfnis sehr eindringlich klargemacht wird. Es reicht aber nicht allein aus, es zu propagieren.
Abgesehen davon, dass wir die Kür vor der Pflicht erleben, stellen sich ein paar Fragen, in die sich die Landesregierung bzw. die neue Ministerin recht bald und nicht erst in einem Jahr eingearbeitet haben und auf die sie dem Parlament Antworten geben müssen. Mir drängen sich beispielsweise Fragen nach der finanziellen Ausge
staltung dieses Projektes auf. Wie es in der Koalitionsvereinbarung nachzulesen ist, werden dafür aber nur relativ bescheidene Mittel zur Verfügung gestellt. Natürlich kann man sagen: Wir starten erst einmal gemächlich im ersten Gang und schalten hoch in den dritten Gang. – Sie lachen, aber im Wahlkampf haben Sie von 100 Millionen DM pro Jahr gesprochen.
- Herr Ministerpräsident, da ich den Zwischenruf geahnt habe, habe ich mich heute Nacht hingesetzt und die Mittel, die in der Koalitionsvereinbarung für die nächsten fünf Jahre vereinbart worden sind, zusammengerechnet. Dabei kommen Sie aber nicht auf den Durchschnitt von 100 Millionen DM pro Jahr.
Das ist eine der Fragen, die sich stellen. In welchem Umfang und mit welcher Geschwindigkeit will man beginnen? Mit 30 Millionen DM für das nächste Jahr wird das Känguru keine großen Sprünge machen können.