Protocol of the Session on August 29, 2002

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Baden-Württemberg hatte eine Ausgabensteigerung von 4,3 %. Ich denke, das unterstreicht noch einmal die Relation.

Herr Kollege Baldauf, ich sage auch – darin sind wir uns einig, Herr Kollege Bracht, mit dem Haushalts- und Finanzausschuss –, dass wir natürlich mit dieser restriktiven Ausgabenwirtschaft weitermachen müssen. Die getroffenen Maßnahmen jetzt nicht nur im Rahmen des Doppelhaushalts, sondern auch die Haushaltssperre, die Bewirtschaftungsmaßnahmen sind exakt dafür gedacht, diesen Prozess fortzusetzen.

Sie wissen selbst, dass wir noch einmal unterstreichen, an der jetzigen Vorgabe von 1 % Wachstum festhalten zu wollen.

Trotz dieses geringen Ausgabenwachstums insgesamt ist es uns gelungen, eine sehr hohe Investitionsquote zu fahren. Wir liegen in Rheinland-Pfalz bei 12,6 %.

(Beifall des Abg. Kuhn, FDP)

Herr Kollege Kuhn stimmt zu Recht zu. Damit liegen wir weit über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer, Platz 2 hinter Bayern. Das ist auch keine Selbs tverständlichkeit. Wenn dann natürlich moniert wird, das trägt zu einer höheren Kreditfinanzierungsquote bei, 7,1 %, wir hatten in den guten Jahren oft wesentlich mehr. Der Bundesdurchschnitt betrug bis 2003 7,8 %. Auch in dieser Beziehung halten wir uns noch im Rahmen. Ich denke, wir haben damit auch wirtschaftlichen Erfolg grundgelegt, beispielsweise Erfolge in der Arbeitsmarktpolitik erreicht. Das ist ein wichtiger Punkt für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

Lassen Sie mich noch ganz kurz, weil das auch immer ein Problemfall ist, zur Steigerung der Personalausgaben etwas sagen. Wir haben eine Steigerungsrate von 1,5 %. Das ist sicherlich auf den ersten Blick ein heftiger Anstieg, aber auch in dieser Beziehung, Herr Kollege Baldauf, haben wir restriktiv gewirtschaftet. Sie wissen – das ist jedes Jahr so –, dass wir natürlich nur bei den aktiv Beschäftigten etwas tun können. Wenn wir schon 2 % Steigerung in den Tarifvertragsabschlüssen haben, dann ist es natürlich sehr schwer, wirklich herunterzufahren. Wir haben natürlich auch mehr Einstellungen. Wir haben mehr Lehrer eingestellt, mehr Polizisten, mehr Kräfte im Justizbereich. Sie haben doch gestern noch mehr gefordert. Das hat auch Konsequenzen für die Personalausgaben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich bin froh, dass die Einzahlung des Landes in den Pensionsfonds – bis 2006 sind das immerhin 860 Millionen DM – zukünftig nicht mehr bei den Personalkosten anfällt, sondern als Rücklagenbildung ausgewiesen wird, weil ich glaube, es trägt zur Versachlichung dieser Statistik bei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, RheinlandPfalz hat bei der schwierigen Haushaltslage immer schon innovative Wege gesucht. Ich möchte noch einmal ausdrücklich das Bonus-Malus-System, das gerade im Personalkostenbereich erfolgreich war, als erfolgrei

ches Instrument hervorheben. Es ist das einzige Instrument, das uns mit jährlich minus 1,5 % die Möglichkeit gibt, tatsächlich einzusparen. Natürlich – da gebe ich Ihnen Recht Frau Kollegin Thomas – sind wir mit dieser Haushaltslage und den zukünftigen Entwicklungen nicht zufrieden. Die Lage hat sich weiter verschärft. Sie ist äußerst angespannt, gerade auch wegen der aktuellen Situation bei den Steuereinnahmen.

Der weitere Anstieg der Verschuldung ist natürlich auch im Jahr 2000 belastend gewesen. Trotzdem – das sage ich auch, weil wir bei den Lehren für die Zukunft sind – geht kein Weg an dieser konsequenten Konsolidierung vorbei. Von daher sind wir mit den Schlussfolgerungen, die wir gemeinsam in der Rechnungsprüfungskommission aber auch im Haushalts- und Finanzausschuss getroffen haben, mit dem Rechnungshof völlig überein.

Ich möchte jetzt zwei, drei Punkte in der Kürze der Zeit ansprechen, die auch mich und uns tatsächlich geärgert haben. Ich finde es bei angespannter Haushaltslage besonders ärgerlich, wenn es immer noch zu großzügige Bauplanungen gibt, wenn es immer noch wirtschaftlichere Bauausführungen geben könnte und wenn die vergaberechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das ist so vor Ort. Wenn ich bedenke – das kommt sehr selten vor, Herr Dr. Schneider –, dass man im Voraus verhindern kann – oft kommen wir zu spät –, dass wir zum Beispiel bei der Fachhochschule Mainz/Worms durch die Verhinderung kostspieliger Bauten allein 50 % des Budgets des Rechnungshofs haben einsparen können, dann lohnt sich dieses Bemühen.

Wir haben im Bereich der Förderung des öffentlichen Schienenverkehrs über die Beschaffung von Schienenfahrzeugen gesprochen. Wir als SPD-Fraktion unterstützen nachdrücklich, die Rückforderungsansprüche vonseiten des Landes zu prüfen. Ich hoffe, dass wir in Zukunft auch – das sage ich ganz deutlich – durch eine veränderte Wettbewerbsposition der DB am Markt zu klareren Verträgen kommen, bei denen klar ist, was bestellt ist und was bezahlt werden muss.

Strukturelle Veränderungen stehen auch – das war wiederum ein wichtiger Punkt – im Bereich der Agrarverwaltung an. Ich gehe davon aus, dass die Vorschläge, die wir an mehreren Stellen zu diesem Thema getroffen haben, in die Agrarstrukturverwaltungsreform eingehen werden. Ich denke, es muss gelingen, die Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung Neumühle und die Landesanstalt für Tierzucht und Qualitätsprüfung Neumühle zusammenzulegen. Ich denke, es ist wichtig, die Kundenbefragung abzuwarten, aber dann auch die Schritte zu gehen, die neun Außenstellen in die Hauptstellen zu integrieren, natürlich ohne Verschlechterung des Beratungsangebots. Das ist für uns ein wichtiger Punkt. Aber ich denke, diese Reformen können und müssen angepackt werden.

Vorhin wurde der Prozess der Aufgabenbesprechung oder Überlegung von Ihnen angesprochen, Herr Kollege Bracht. Es gibt ganz klare Positionen der Landesregierung. Die Landesregierung wird diese Aufgabenanalyse

2004 vorlegen. Ich gehe davon aus, dass wir auch als Haushalts- und Finanzausschuss dort die Möglichkeit nutzen werden, uns aktiv in diesen Prozess einzuklinken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Strich bleibt: Wir haben eine schwierige Situation. Wir sollten uns weiter auf den Weg machen, die Instrumente, die uns zur Verfügung stehen – den Finanzhilfebericht haben wir gestern schon diskutiert –, weiter zu verbessern. Wir sollten diesen restriktiven Weg beibehalten. Dann sind wir, glaube ich, trotz dieser schwierigen Situation auf dem richtigen Weg.

Ich möchte zum Abschluss die Gelegenheit nutzen – Herr Kollege Baldauf hat das seinerseits auch getan –, mich für die äußerst konstruktive Diskussion in den Gremien ganz herzlich bei Ihnen, Herr Dr. Schneider, aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs und auch des Wissenschaftlichen Dienstes der Landtagsverwaltung zu bedanken. Das ist schon eine harte Arbeit. Wir sind gut betreut worden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Frau Thomas das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zur späten Stunde – ich finde zur späten Stunde –, es ist zwar noch nicht Nacht, aber für ein solches Entlastungsverfahren schon späte Stunde,

(Mertes, SPD: Es ist nie zu spät!)

weil die Aufmerksamkeit im Parlament, aber auch zum Teil in der Öffentlichkeit – – –

(Mertes, SPD: Ruhig. So ruhig ist es selten!)

Ja, natürlich, so ruhig ist es selten morgens.

Aber die Aufmerksamkeit, und vor allem die Beachtung in der Öffentlichkeit läßt nach.

Entlastungsverfahren und Rechnungsprüfungsprozess sind quasi Pendants zur Haushaltsberatung. Ich finde, dass wir seitens des Parlaments es nicht nur in der Rechnungsprüfungskommission und im Haushalts- und Finanzausschuss, sondern auch im Parlament mit der entsprechenden Aufmerksamkeit, aber auch an entsprechend gutem Placement diskutieren sollten.

Ich will meinen Dank an den Anfang meiner Ausführungen stellen. Ich möchte mich ganz herzlich beim Präsidenten des Rechnungshofs bedanken.

Ich habe zumindest in diesem Forum vermutlich das letze Mal, die Möglichkeit. Ich blicke auf sechs Jahre Arbeit in der Rechnungsprüfungskommission zurück. Es waren sechs gute Jahre, auch sechs gute Jahre der Zusammenarbeit mit Ihnen ganz persönlich. Herr Schneider, aber auch mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das bezog sich nicht nur auf die Phasen der Arbeit der Rechnungsprüfungskommission, sondern es gab zwischendurch immer wieder konstruktive, gute und anregende Kontakte.

Dadurch wurde unsere Arbeit, auch in der Fraktion, und das Auge für manchen kritischen Blick geschärft. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Einen herzlichen Dank an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Landtagsverwaltung, die uns als Kommission begleitet haben und uns viel in der Materialzusammenstellung und der Begleitung entlastet und unterstützt haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich möchte noch einen Punkt zu Beginn aufgreifen, den Herr Bracht kurz erwähnt hat, nämlich, dass wir innerhalb der Kommission das Anliegen des Rechnungshofs unterstützt und die Landesregierung aufgefordert hatten, die Spielregeln – eigentlich ist das Wort Spielregeln falsch –, die Regeln der Zusammenarbeit und des Austauschs im Rahmen des Rechnungsprüfungsverfahrens zu beachten.

Es gab an einigen Stellen Unstimmigkeiten und wirkliche Missstimmung, nicht nur Missverständnisse, sondern es gab auch sehr konkreten Ärger über die eine oder andere Stellungnahme seitens der Landesregierung. Wir bitten die einzelnen Ressorts mit Nachdruck, das in Zukunft zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse, zwei Tage komplette Beratungen, wird man in diesen wenigen Minuten nicht abhandeln können. Ich will kurz etwas zur Beurteilung der Haushaltslage sagen, zu den kommunalen Finanzen, aber auch zu ganz konkreten Punkten, damit das Parlament, aber auch die Öffentlichkeit vielleicht eine Vorstellung über die Arbeit der Rechnungsprüfung bekommt.

Die Haushaltslage – meine Vorredner und Vorrednerinnen haben es angesprochen – war im Jahr 2000, welches wir zu prüfen hatten, von der Einnahmensituation – ich sage das vielleicht auch Ihnen zur Freude, Herr Finanzminister Mittler – und auch von der Ausgabens ituation her eigentlich erfreulich, weil es deutlich mehr Einnahmen und weniger Ausgaben als in der Vergangenheit gab.

Ich sage aber dazu, es gibt die Notwendigkeit, weniger auszugeben, weil wir nicht im gleichen Verfahren, im gleichen Prozess weiter haushalten oder nicht haushalten und uns weiter in dem Tempo verschulden können, in dem wir das in der Vergangenheit gemacht haben.

Der Landesrechnungshof stellt zu Recht fest, wie auch in den vergangenen Jahren, dass wir in Rheinland-Pfalz eine horrende Gesamtverschuldung haben, sie sich Ende 2000 auf 19 Milliarden Euro beläuft und sich die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes aus Kreditmarktmitteln auf 4.555 Euro beläuft. Das liegt auf jedem Ihrer Köpfe, auf unserem Kopf, auf den Schultern von jedem Einzelnen.

Das ist ein Betrag, der deutlich über dem Durchschnitt aller Flächenländer liegt. Wir sind nicht die Schlechtesten, aber ich sage einmal, wir reihen uns ein hinter dem Saarland, Schleswig-Holstein und zwei der neuen Bundesländer.

Das steht Rheinland-Pfalz sicher nicht gut zu Gesicht. Vor allen Dingen schränkt uns das in der Handlungsmöglichkeit in den künftigen Jahren ein.

Ich sage an der Stelle immer wieder, dass diese Zahlen nicht die Gesamtverschuldung sind, sondern wir über den Sonderweg, den Rheinland-Pfalz gegangen ist, über die private Vorfinanzierung, natürlich daneben noch einmal einen satten Haufen an Schulden aufgehäuft haben.

Der liegt jetzt nicht auf dem Schuldenkonto der Landesregierung, sondern auf den Konten der Unternehmen, die die Straßen gebaut haben. Wir zahlen das ab, und dabei handelt es sich um einen satten Betrag von über 300 Millionen Euro. Das kommt noch zusätzlich hinzu.

Meine Damen und Herren, insofern ist die Haushaltssituation nicht berauschend. Es ist nicht nur die Einnahmen- und Ausgabensituation zu sehen, sondern natürlich im Gesamtzusammenhang mit der Verschuldung zu sehen und zu beurteilen. Die ist dramatisch, und sie wird in den nächsten Jahren dramatischer.

Ich erinnere Sie – ohne das alles im Detail wieder auflisten zu wollen –, mit welchen Einnahmenausfällen Rheinland-Pfalz in diesem und auch im nächsten Jahr zu rechnen hat.

Mit welchen – ich sage einmal – überschießenden Ausgabenvorstellungen diese Landesregierung in die Haushaltsberatungen gegangen ist, mit welchem – ich sage einmal – blinden Blick auf die Haushaltssituation die Mehrheit des Parlaments diesen Haushalt verabschiedet hat und jetzt mit Hin- und Herschieben zwischen Kernhaushalt und Nebenhaushalten und verschiedenen Einsparmöglichkeiten, zum großen Teil am Parlament vorbei, versucht, diesen Haushalt zu bewirtschaften, das ist natürlich keine Haushaltspolitik, die mit dem Blick nach vorn geht, sondern das ist eine Fortführung einer – ich sage es einmal vorsichtig, weil ich mir heute vorgenommen habe, eine eher nachdenkliche Rede zu halten – – – (Mertes, SPD: Hui, hui!)