Protocol of the Session on August 28, 2002

In Verhandlungen an Amtsgerichten müssen Sie lange suchen gehen. Da stehen die Kommentare. In der Zivilverhandlung steht da der „Palandt“ und der ZPOKommentar. In der Strafverhandlung stehen die dazu notwendigen Kommentare. „Schönfelder“ sehe ich herzlich selten an Amtsgerichten.

(Jullien, CDU: Da ist der Minister aber anderer Ansicht!)

Das mag woanders anders sein, aber gerade an den Amtsgerichten, wo der Großteil der Arbeit geleistet wird, wird in der Verhandlung mit „Schönfelder“ so gut wie nicht gearbeitet. Das ist die Praxis. Das ist schlichte Praxis. Das sollte man nicht überhöhen.

Im Übrigen, diesem Klagelaut des Präsidenten des Landgerichts in Frankenthal kann ich ohnehin nicht folgen. Ich käme auf viele Kronzeugen, wenn ich etwas belegen wollte, aber auf diesen Herrn käme ich jetzt nach den Erfahrungen, die ich im Landgerichtsbezirk Bad Kreuznach gemacht habe, beim allerbesten Willen nicht; denn nicht einmal in Zeiten besserer Haushaltslage hat er sich so verhalten, dass ich sagen würde, das ist tragbar, was da an Verantwortung gegenüber dem Geld gezeigt wurde. Ich will da nicht deutlicher werden.

Sie verschweigen bei Ihrer Darstellung Schwachpunkte ihrer eigenen Politik und versuchen, davon abzulenken, und zwar in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Ich will ein Beispiel nennen. Wie ein roter Faden geht das bei Ihnen durch mit den Aussiedlerproblemen. Da haben wir tatsächlich Probleme in den Justizvollzugsanstalten, bei den Bewährungshelfern usw. Das ist alles zugestanden. Dann erwarte ich aber ein klein bisschen Selbstkritik in Bezug auf Ihre Aussiedlerpolitik, die Sie seit Beginn der 90er-Jahre gemacht haben. Die kann ich nicht erkennen. Gerade Sprachprobleme und solche Dinge, die

Sie jetzt bedauern, haben Sie sich selbst mit Ihrem damaligen Bundeskanzler eingebrockt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Das sind die Fakten.

(Bischel, CDU: Die anderen sind Schuld!)

Das Gleiche gilt für eine längst überfällige Reform des Sanktionssystems. Darüber reden wir schon Jahre, aber von Ihnen kommt immer nur „njet, njet, njet“. Da machen Sie nicht mit bei einer sinnvollen Reform des Sanktionssystems. Gleichzeitig jammern Sie aber über die Überbelegung der Justizvollzugsanstalten.

(Glocke des Präsidenten)

Überlegen Sie einmal, wie man durch eine sinnvolle Reform zu einer Entlastung kommen könnte. Das wäre sinnvoller, als solche Pressekonferenzen durchzuführen.

Danke. (Beifall der SPD und bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Kohnle-Gros.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich zunächst zu den Bemerkungen von Herrn Mertin sage, dass wir das für notwendig und auch vom zeitlichen Ablauf her für unabdingbar gehalten haben, dass Sie sich in der Art und Weise zu der Frage geäußert haben, wie Sie das getan haben. Wir werden das natürlich auch entsprechend beobachten und auch sagen, was wir noch dazu zu sagen haben. Ich bedanke mich zunächst einmal ausdrücklich dafür.

Meine Damen und Herren, es war eine interessante Diskussion. Ich glaube, sie war nötig. Herr Creutzmann, auch wenn es ein Eigentor war, denke ich, dass wir den richtigen Anstoß gegeben haben, heute in dieser Plenarsitzung auch dieses Thema noch einmal aufzugreifen. Deswegen vielen Dank dafür, dass Sie das beantragt haben. Wir sehen uns auch in dem bestätigt, was hier gesagt worden ist.

(Pörksen, SPD: Durch Sie selbst!)

Auch die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen haben zugestanden, dass sich die Arbeitsbelastung in der Justiz auf einem hohen Niveau befindet und wir das in diesem Land ebenso wie in anderen Bundesländern zu einer wichtigen Aufgabe machen.

(Itzek, SPD: Das ist doch überall so! – Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Frau Grützmacher hat angesprochen, dass es auch ein Wirtschaftsfaktor ist, aber auch eine Frage, wie wir in diesem Land miteinander umgehen und wie wir hier leben wollen. Auch dazu gehört natürlich eine funktionierende Justiz.

Meine Damen und Herren, wenn Sie uns nicht glauben, dann schauen Sie doch einfach einmal in die neueste Richterzeitung. Darin finden Sie eine Ausarbeitung zu „PEPS“. Sie werden wissen, um was es sich handelt. Darin steht eben auch noch einmal als Fazit ganz hinten, dass die Justiz in der Bundesrepublik insgesamt – das beziehen wir jetzt als CDU in Rheinland-Pfalz vor allem auch auf unser Bundesland – in hohem Maße belastet ist und die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nicht mit zusätzlichen Aufgaben belastet werden können.

Meine Damen und Herren, was passiert hier? Hier passiert nämlich das Umgekehrte. Es wird Personal umgebaut, um die Belastung dann tatsächlich und sehenden Auges noch zu steigern. Das ist das, was wir mit unserem In-die-Öffentlichkeit-gehen, mit dem, was wir erfahren haben – der Kollege Baldauf hat das angesprochen; im Übrigen hat das nichts mit der Wahrheit zu tun, wir verfolgen dieses Thema sei Jahren und jetzt seit den Haushaltsberatungen und seit den Beschlüssen der Landesregierung natürlich noch einmal verstärkt – tun, dass wir eben versuchen, der Justiz auch zu helfen.

Meine Damen und Herren, es sind nicht wir, die sich zum Motto gemacht haben, die Justiz in Rheinland-Pfalz sturmreif zu schießen, sondern das sind Sie.

(Pörksen, SPD: Wie bitte?)

Deswegen ist es unsere Aufgabe als Opposition, hier einen Pflock einzuschlagen, damit zumindest die Arbeitsbedingungen nicht noch schlechter werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Justizminister, wenn Sie sagen, es geht nicht nach dem Gießkannenprinzip oder nach dem Rasenmäherprinzip hier über die Stellen, dann ist das einfach nicht die Wahrheit.

(Pörksen, SPD: Sie müssen sich entscheiden: Entweder Gießkanne oder Rasenmäher!)

Dann müssen Sie sich einmal ansehen, wie die Oberlandesgerichte jetzt diese Personaleinsparungen umsetzen müssen. (Glocke des Präsidenten)

Es ist eben so, dass dort, wo jemand ausscheidet – warum auch immer –, die Stelle nicht besetzt wird, ohne dass man fragt, ob das sinnvoll ist oder nicht. Ich denke, wir haben durchaus Recht, auch in diesem Land in diesem Bereich den Finger in die Wunde zu legen und uns als CDU-Fraktion um der Justiz besonders anzunehmen.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache zu dem ersten Teil der Aktuellen Stunde.

Wir kommen nun zum zweiten Teil der

AKTUELLEN STUNDE

„Rheinland-Pfalz im Ländervergleich: Weniger Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/1357 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Günter Rösch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage, wie, oder besser gesagt, mit welchen Methoden oder Strategien die Zahl der Sozialhilfeempfänger reduziert werden kann, ist mittlerweile zu einem viel diskutierten Wettbewerb zwischen den Parteien, aber auch zwischen einzelnen Bundesländern geworden. Ich erinnere zum Beispiel an den Vorschlag des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, der vor genau einem Jahr glaubte, mit verstärktem Druck auf die Leistungsbezieher die Zahl der Sozialhilfeempfänger halbieren zu können. Der Erfolg in Hessen war und ist mehr als bescheiden. Unser rheinland-pfälzischer Weg, den diese Landesregierung übrigens im Konsens mit den Kommunen und den Wohlfahrtsverbänden geht, hat eine andere Zielsetzung: Sozialhilfeempfänger zu fördern und zu fordern. – Vorurteile schüren und die Betroffenen pauschal zu Sündenböcken zu machen, ist jedenfalls nicht unsere Politik.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, die vorliegenden Zahlen beweisen, unser Land ist auf dem richtigen Weg. Während im Bundestrend die Zahl der Sozialhilfeempfänger leider steigt, ist sie in Rheinland-Pfalz im Jahr 2001 erfreulicherweise gesunken. Konkret ist die Zahl von 102.000 auf 100.400 Sozialhilfeempfänger gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, immerhin um 1,8 %. Vergleicht man diesen Rückgang mit allen Flächenländern, so belegen wir bundesweit Platz 1.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt Beifall bei der FDP)

Dieser unbestreitbare Erfolg wird auch bei den Ausgaben für Hilfe zum Lebensunterhalt deutlich. Betrugen die Ausgaben dafür im Jahr 2000 noch 360 Millionen Euro, so waren es im Jahr 2001 nur noch 238 Millionen Euro, ein Rückgang von immerhin 6,3 %. Das ist eine Entlastung für die Kommunen, die niemand in diesem Umfang erwarten konnte. Ich denke, diese Entwicklung ist Grund genug, nicht nur der Landesregierung, sondern auch den Kommunen zu danken, weil – da bin ich mir ganz sicher – viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den

Sozialämtern diesen positiven Trend mit herbeigeführt haben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ursachen für die erfreuliche Entwicklung sind auch die verschiedenen Modelle. Dabei denke ich insbesondere an das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“. Ich denke aber auch an das „Mainzer Modell“, das trotz der Unkenrufe aus den Reihen der CDU unbestreitbar an Fahrt gewonnen hat.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

So gab es Ende Juli bereits 2.150 Förderfälle, rund 500 mehr als im Vormonat Juni, Tendenz steigend.

Darüber hinaus hoffe ich auch, dass die Vorschläge der Hartz-Kommission Realität werden, auch mit Blick auf die angestrebte Integration von Arbeits- und Sozialämtern. Ich denke, das ist ein richtiger und guter Weg, weil künftig in so genannten Jobzentren die bisherigen Empfänger von Sozialhilfe Zugang zu den Vermittlungsleistungen erhalten werden.

Auch unser gemeinsamer Antrag der Fraktionen der SPD und FDP „Best practice“ wird weitere Verbesserungen bringen, weil es hie und da noch Unzulänglichkeiten und Schwachstellen im System, aber auch in einzelnen Ämtern gibt. Sie müssen abgebaut werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang an eine Feststellung der Landesregierung bei der Debatte um den Antrag, den ich eben erwähnt habe, erinnern. Die Praxis der Sozialhilfeträger ist nicht so schlecht, wie sie oft gemacht wird. (Beifall bei der SPD)

Sie ist aber auch nicht so gut – dies muss man hinzufügen –, dass sie nicht noch verbessert werden könnte.

Meine Damen und Herren, daran gilt es zu arbeiten.