Protocol of the Session on August 28, 2002

Wir waren uns einig – deswegen fordere ich die Regierung auf, dass sie zumindest in die Richtungen, in die wir uns einig waren, handeln soll –, den Druck zu erhöhen, dass es ein Labeling für Handys gibt und klar ist, welche Strahlenwerte die Handys aussenden. Das ist bisher noch nicht geschehen.

Die Bundesregierung und vor allem die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich noch einmal in der letzten Woche zusammen mit den Handybetreibern in einem letzten Gespräch dafür eingesetzt, dass dieses Labeling endlich auch eingeführt wird. Es gibt den „Blauen Engel“ für Handys. Der wird aber nicht angewendet. Die Forschungen und die Messungen sind so weit, dass man den „Blauen Engel“ verteilen kann, aber die Handyhersteller wollen diesen nicht verwenden, und zwar deswegen, weil die Handys nicht so gut verkauft werden können, die keinen blauen Engel haben.

Vorsorgender Verbraucherinnenschutz ist, dass man über die Gesundheitsgefahren aufklärt. Deswegen brauchen wir dringend die Durchsetzung dieser Mindeststandards, die die Bundesregierung gefordert hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat – ich will auch einmal die Arbeit loben – einen kleinen Wegweiser durch den Informationsdschungel zum Thema „Mobilfunk“ herausgegeben.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist aufgrund des Drucks passiert, den wir seit einem Jahr machen, dass die Landesregierung auch einmal aufklären soll. Dies genügt natürlich nicht. In diesem Informationsheft weist die Landesregierung darauf hin, dass die Mobilfunkbetreiber dieses Labeling versprochen haben.

Frau Conrad, man muss es dann, sehr geehrte Kabinettsrunde, auch durchsetzen, wenn man auf solche Dinge verweist.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Dr. Braun, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Herr Präsident, ich habe als Abgeordneter eine Redezeit von zehn Minuten. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir darüber im Ältestenrat abgestimmt haben. Lassen Sie mich noch zwei Sätze sagen.

Sehr geehrter Herr Kollege, im Ältestenrat wurden fünf Minuten festgelegt: Ich war selbst dabei. Das war ohne Ihren Widerspruch. Sie hatten ursprünglich zehn Minuten beantragt. Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, sich entsprechend zu verhalten.

Meine Redezeit kann nicht abgelaufen sein, weil Sie nach der Geschäftsordnung zehn Minuten beträgt.

(Mertes, SPD: Immer Spezialgesetze!)

Nein, das ist die Grundlage. Wir brauchen – – –

Verehrter Herr Kollege Braun, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Wir brauchen handlungsfähige Regierungen und eine Einigkeit im Parlament, damit wir Vorsorge betreiben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Stretz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich könnte man nahtlos an das Thema der vorangegangenen Diskussion anknüpfen und sagen: nicht bagatellisieren, aber bitte auch nicht dramatisieren. – Genau das umschreibt das Ganze.

Herr Kollege Dr. Braun, ich bin froh, dass Sie den Wegweiser am Schluss erwähnt haben. Gestatten Sie mir den Hinweis: Manchmal kann man es ertragen, aber manchmal ist diese dümmliche Arroganz unerträglich, dass man immer wieder meint, sagen zu müssen, nur weil wir seit über einem Jahr Druck gemacht haben, kommt so etwas.

(Beifall bei der SPD)

Sie erinnern sich genauso gut wie wir, dass Frau Ministerin Conrad von Anfang an eine ganz klare Position bezogen und gesagt hat, wir müssen die Menschen in der Angst begleiten, die einfach vorhanden ist. Wir werden uns überlegen, wie wir das machen können. Dann kommt das jetzt heraus, und dann sagen Sie: Gut, das ist jetzt etwas, man hat einmal etwas gemacht, aber das hat man nur gemacht, weil wir Euch einmal wieder getrieben haben. – So kann man mit dem Thema nicht umgehen. Es nutzt nichts, wenn wir die Menschen im Land verunsichern und ihnen vormachen wollen, dass eine lauernde Gefahr irgendwo ist, alle anderen sind böse und Sie sind die einzigen guten Menschen, die ihnen helfen wollen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen doch alle, wenn man sich mit dem Thema befasst, wenn man die Presse dazu liest, dass jeder für seine Position die entsprechenden Berichte herausziehen kann,

(Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ob ich die Überschrift nehme „Handygefahr ist Theorie“, ob ich nehme „Machen Handys wirklich krank?“ oder „Mit der Angst steigt der Widerstand“. Es gibt zentnerweise Material. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fakt ist aber Folgendes: Es gibt bis heute keine nachweisbaren Gesundheitsschädigungen, wenn die Messwerte, wie sie festgelegt sind, eingehalten werden. – Das ist einfach Fakt. Nun kann man darüber streiten, ob diese Werte, die gemacht worden sind, ausreichend sind oder ob man noch ein bisschen darunter gehen kann oder noch etwas herauf gehen kann. Aber sie wissen, dass diese Werte höchstrichterlich entschieden sind. Man hat gesagt: Solange diese Werte eingehalten werden, gibt es überhaupt keinen Bedarf, etwas zu verlangen.

Ich hoffe, Sie haben nicht nur gesehen, dass etwas vorliegt, sondern Sie haben auch hineingeschaut.

Gerade der ursprüngliche Antrag, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im vorigen Jahr mit großem Getöse eingebracht hat, war das landesweite Messprogramm. Jetzt sagen Sie: Gut, man kann anderer Meinung sein. Jetzt kommen wir mit etwas anderem, jetzt nehmen wir den blauen Umweltengel. – Wir waren uns alle einig, dass es wichtig ist, auch einen Druck auf die Industrie auszuüben und dafür zu sorgen, dass diese Auszeichnung auf den Geräten erfolgt, aber mit dem Hinweis an die Verbraucher, sich dann entsprechend zu orientieren. Wir können niemandem verbieten, sich ein Gerät zu kaufen, das diese Merkmale nicht vorsieht.

Das Ministerium hat in dieser Broschüre gerade zu der Frage der Messkampagne - ich möchte darauf zurück kommen, weil das die ursprüngliche Stoßrichtung Ihres Antrags war - ausgeführt: Die Ergebnisse der bisherigen Messkampagnen können Sie im Internet abrufen. Für Rheinland-Pfalz zeigen sie, dass die Grenzwerte und die Größenordnungen unterschritten wurden. Dies deckt sich auch mit eigenen Messungen des Landesamts für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht in Rheinland-Pfalz. Deshalb bleiben wir bei unserer Auffassung, dass wir kein landesweites Messprogramm brauchen. Wir werden die Forschungen genau beobachten. Sie wissen auch, dass die WHO ein internationales Forschungsvorhaben begonnen hat, mit dessen Auswertung etwa im Jahr 2004 zu rechnen ist. Dann wird man einfach sehen, ob Material vorliegt, das uns zwingt, zu einer anderen Art des Vorgehens zu kommen. Im Moment sehen wir dazu keine Notwendigkeit und keine Möglichkeit. Deswegen werden wir, wie im Ausschuss, Ihren Antrag ablehnen und unseren Antrag annehmen.

Danke schön. (Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ich darf Besuchergruppen im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar eine ausländische Stipendiatengruppe des Pädagogischen Austauschdienstes in Verbindung mit dem KätheKollwitz-Gymnasium Neustadt/Weinstraße,

(Beifall im Hause)

Mitglieder des Fördervereins des Gymnasiums NiederOlm (Beifall im Hause)

und in der Schülervertretung besonders engagierte Schülerinnen und Schüler und Studierende aus Rheinland-Pfalz. Seien Sie alle herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Herr Stretz, ich weiß nicht, inwieweit Sie die Diskussion verfolgt haben. Sie müssen aber doch wissen, dass es

eine Diskussion über Gesundheitsschädigungen durch Mobilfunk gibt, sonst müssten wir die Diskussion hier nicht führen.

(Zuruf des Abg. Stretz, SPD)

Herr Stretz, wenn Sie sich informieren, dann wissen sie, dass die Grenzwerte natürlich nicht absolut sind, sondern dass der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz jedes Mal betont, es gibt diese Grenzwerte, wir müssen die Forschung weiter betreiben, wir brauchen aber auch Vorsorgepolitik, damit wir weit unter den Grenzwerten bleiben. Mit Grenzwertdiskussionen erreichen wir auch nichts, sondern wir erreichen nur etwas, wenn wir sagen, wir wollen Minimierung. Das Minimierungsgebot ist das Wichtige. Genau das kann man vor Ort erreichen, indem man eine intelligente Planung macht, indem man beispielsweise verschiedene Antennen von verschiedenen Anbietern zusammenschalten würde, indem man die Standorte dadurch minimieren würde, indem man sie auch optimiert, dass der Strahlenschutz insofern gewährleistet ist, dass man nicht so starke Strahlenfelder braucht.

Herr Präsident, ich möchte mit Ihrer Erlaubnis aus einer Pressemitteilung des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz zitieren. Dort heißt es: „Der BfSPräsident kritisierte die Mobilfunkbranche. Die Industrie hätte bei Standortfestlegungen für neue Sendeanlagen viel früher die Kommunen einbinden müssen. In Zukunft müsse bei der Errichtung von Mobilfunkmasten mehr Transparenz für die Menschen herrschen. Die Umgebung von Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern sollte nach dem Präsidenten des Strahlenschutzamtes für Sendeanlagen tabu sein.“

Herr Stretz, ich frage Sie: Ist das der Fall in RheinlandPfalz, ja oder nein? Ich sage Ihnen eindeutig: Das ist nicht der Fall in Rheinland-Pfalz. Es wird weiter genauso neben Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern gebaut. Dann können Sie doch nicht sagen, wir führen eine Unsinndiskussion, und Sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Stretz, das ist „dümmliche Arroganz“, um das zurückzugeben. Ich halte das übrigens nicht für einen parlamentarischen Ausdruck.

Meine Damen und Herren, wir haben doch die Diskussion angestoßen. Sie hätten doch nicht darüber geredet. Schauen Sie sich die Antragslage an. Natürlich haben wir die Diskussion in den Landtag getragen. Es ist wichtig, dass der Landtag darüber diskutiert, dass die Landesregierung die Kommunen - vielleicht nicht die Großstädte, weil sie entsprechende Schulungen absolviert haben - noch mehr unterstützt als bisher, sonst stehen alle Sendemasten, bis alle Kommunen so weit sind, dass sie eine Planung vor Ort betreiben.

(Glocke des Präsidenten)

Mangel herrscht in der Ausbildung der kommunalen Beamten. Dabei ist auch die Landesregierung gefragt.

Herr Stretz, unser Antrag enthält viel mehr Punkte als nur das Messprogramm. Wenn Sie ihn lesen würden, würden Sie das merken.

Vielen Dank.