Protocol of the Session on June 19, 2002

(Beifall bei FDP und SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Walter Zuber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin im Jahr 1971 zum ersten Mal in den rheinland-pfälzischen Landtag gewählt worden.

(Zuruf der CDU: Das ist lange her!)

Entstehung, Umfang und Abbau von Überstunden bei der Polizei war und ist ein Dauerthema. Die Landesregierung hat bei den Erörterungen im parlamentarischen Raum immer wieder darauf hingewiesen, dass Mehrarbeit bei der Polizei unabhängig von der Polizeistärke überhaupt nicht vermeidbar ist. Das war auch schon im Jahr 1991 so, als wir die Regierung übernahmen, als die Zahl der Überstunden rund 900.000 betrug.

(Bischel, CDU: Das haben Sie immer angeprangert!)

Herr Bischel, in den Jahren 1991 bis 1995 haben wir einiges im personellen Bereich getan.

Mehrarbeit entsteht zwangsläufig, wenn die vorgesehene und geplante Dienstzeit überschritten werden muss, wie beispielsweise bei Anschlussermittlungen nach Straftaten und Verkehrsunfällen, bei Sondereinsätzen außerhalb der regulären Dienstzeit. Die Gründe hierfür muss ich nicht wiederholen; denn sie sind vorhin genannt worden.

Die im Jahr 1997 erfolgte Änderung bei der Erfassung der Mehrarbeit nach landesweit einheitlichen Kriterien und die Katalogisierung der Mehrarbeit, die finanziell vergütbar ist, zeigten positive Wirkungen. Sie führen zu

einem kontinuierlichen Rückgang der registrierten Überstunden. Die Anzahl der registrierten Mehrarbeitsstunden ging von 1,2 Millionen im Jahr 1997 über 857.000 im Jahr 1998 auf 874.000 im Jahr 1999 zurück und erreichte im Jahr 2000 einen Tiefstand von 690.000.

Der neuerliche Anstieg im Jahr 2001 hängt mit der besonderen Sicherheitslage seit dem 11. September zusammen. Dabei stand bei der Gestaltung von planbaren Einsätzen die Vermeidung von Mehrarbeit im Vordergrund. Die Abgeltung nicht vermeidbarer Mehrarbeit orientierte sich an der Maxime „Freizeit vor Geld“. Alles andere wäre nicht im Interesse der Beamtinnen und Beamten und im Übrigen auch nicht finanzierbar.

Mehrarbeit bei der Polizei ist überwiegend nicht das Ergebnis einer ständigen Arbeitsüberlastung. Sie beruht – wie bereits erwähnt – auf der anlassbezogenen Überschreitung der Sollarbeitszeit, die praktisch zeitversetzt erfüllt wird. Ansonsten bestünde nicht die Möglichkeit, die Mehrarbeit weitgehend durch Freizeit abzugelten. Der Anteil der Freizeitabgeltung konnte in den Jahren 1998 bis 2000 auf bis zu 94,5 % erhöht werden. Im Jahr 2001 war dies durch die bekannten Ereignisse nicht möglich. Der Grad der Freizeitabgeltung lag bei 86,5 %.

(Mertes, SPD: Hört! Hört!)

Zum Ausgleich dafür wurde im Herbst des vergangenen Jahres der Haushaltsansatz „Mehrarbeitsvergütungen an Beamte im Rahmen des Sicherheitspakets der Landesregierung“ um 255.600 Euro erhöht. Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Umstand, dass viele Beamtinnen und Beamte Wert darauf legen, den Freizeitausgleich zusammenhängend und zu ihnen genehmen Zeiten zu erhalten.

(Beifall bei SPD und FDP – Mertes, SPD: So ist es!)

Diesem Wunsch wird weitgehend entsprochen. Auch dies führt zu einer Ansammlung von Mehrarbeitsstunden.

Trotz aller Bemühungen muss ich feststellen, dass der hohe Bestand an bereits angesammelter Mehrarbeit, der im Jahr 1991 – ich habe es bereits erwähnt – sehr hoch war und trotz der Personalverstärkung Anfang der 90erJahre kurzfristig auf etwa 1,2 Millionen angewachsen war, nur unwesentlich verringert werden konnte. Er beträgt derzeit noch immer rund 1 Million Stunden.

Diese Mehrarbeitsstunden wurden nicht gleichmäßig von allen Polizeibeamtinnen und -beamten erbracht, sondern werden vielfach nur von bestimmten Polizeikräften vornehmlich in Sondereinheiten geleistet.

Der Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Überstunden unter Weitergewährung der Dienstbezüge dadurch auszugleichen, dass der Ruhestand entsprechend vorgezogen wird, löst das Problem nicht. Er ist beim regulären Ruhestand bereits gängige Praxis, wie ich bereits berichtet habe. Noch zustehender Erholungsurlaub und Überstundenguthaben werden vor dem Beginn des Ruhestands in der Regel ausgeglichen.

Die Landesregierung wird daher an ihrer bisherigen Zielsetzung, Vermeidung von Mehrarbeit bei planbaren Einsätzen, Abbau von Mehrarbeitsstunden überwiegend durch Freizeitgewährung und Bezahlung von Mehrarbeitsstunden in einem vertretbaren Rahmen, festhalten, wohl wissend, dass Mehrarbeit im Polizeidienst von der Aufgabenstellung her unvermeidbar ist. Dabei wird die angestrebte Einführung aufgaben- und belastungsorientierter flexibler Dienstzeitmodelle gerade für den Wechselschichtdienst sowie andere operative Organisationseinheiten auch insoweit von Vorteil sein. Mehr Polizei wird dieses Problem zumindest kurzfristig ebenfalls nicht lösen.

So weit ein kurzer Überblick – ich habe das bereits im Ausschuss getan – meinerseits.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das Wort hat Frau Kollegin Grützmacher.

Meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema nicht nur zum Spaß auf die Agenda gesetzt. Wenn es sich mit den Überstunden so verhält, dass zum Beispiel der Freizeitausgleich für die Polizisten, der im Jahr 2000 oder 2001 gewährt wurde, durch Überstunden abgegolten wird, die sie im Jahr 1998 angespart haben, muss man sich darüber Gedanken machen, wie dieser Zustand verbessert werden kann.

Ich finde es weiterhin nicht sehr befriedigend, wenn man sagt, dass es unvermeidbare Überstunden gibt. In vielen Fällen lassen sich Überstunden nicht vermeiden. Es muss aber auch Möglichkeiten geben, die Überstunden in einem angemessenen Zeitraum auszugleichen. Ich halte es nicht für angemessen, die im Jahr 1998 angefallenen Überstunden im Jahr 2001 auszugleichen.

Wenn es so ist, dass das alles durch einen vorzeitigen Ruhestand unter Fortzahlung der Bezüge geregelt ist, ist es für mich nicht verständlich, warum man diesen Antrag an den Ausschuss überwiesen hat. Sie hätten doch gesagt, dass das alles schon gemacht wird. Ich werde das Thema auch noch mit den Gewerkschaften der Polizei besprechen und deren Sicht der Dinge sehen. Dann kann man schauen, ob es nicht Dinge gibt, die man noch verbessern kann.

Meine Damen und Herren, ich bin nicht mit dem zufrieden was wir gehört haben. Es muss noch weiter darüber nachgedacht werden. Im Ausschuss ist versprochen worden, dass Sie am Ende des Jahres einen ausführlichen Bericht dazu vorlegen wollen. Dann werden wir uns vielleicht noch einmal mit der Problematik beschäftigen können.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Kohnle-Gros. – Sie haben noch eine Redezeit von drei Minuten.

Herr Minister Zuber, Sie haben sicher zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die ca. 1 Million Stunden nicht gleichmäßig auf die Polizeibeamtinnen und -beamten in diesem Land verteilen. Es gibt sicher Polizeibeamtinnen und -beamte, die keine Überstunden leisten, weil sie an bestimmten Stellen eingesetzt sind. Wir haben welche, die bis zu 700 Stunden ansammeln.

Ich meine, das ist ein Zustand – das habe ich schon öfter gesagt –, der auch die familiären Umstände belastet. Ich denke, deswegen ist es sinnvoll, in gewisser Ruhe und Sachlichkeit über dieses Thema zu sprechen. Herr Kollege Hohn hat angedeutet, was nach dem 11. September für die Polizei im Land alles kumuliert ist. Ohne Aspirin und ein schlechtes Gewissen gegenüberdem Zuhause war der Dienst nicht mehr zu absolvieren.

Sie sagen, wenn wir mehr Leute hätten und einstellen würden, würde sich das Problem nicht lösen. Ich gebe Ihnen Recht. Wir haben nämlich in diesem Land so viele Aufgaben, die nicht erfüllt werden können, weil wir nicht genug Polizei haben. Darüber gibt es keinen Streit. Die Polizeigewerkschaften in diesem Land sind sich einig, dass viele Dinge liegen bleiben, weil wir personell nicht so ausgestattet sind, wie das möglich wäre. Sie wissen auch, welche Stimmung zum Teil an der Basis, in der Bevölkerung und in den Kommunen herrscht.

Heute Abend nehme ich an einer Podiumsdiskussion teil. In dieser geht es auch darum, wie die sich in den Kommunen stellenden Fragen, wie zum Beispiel gemeinsame Streifen, gelöst werden können. In der Westpfalz ist das ein interessantes Thema.

Es ist kein Argument zu sagen, wenn wir mehr Polizei hätten, hätten wir trotzdem Überstunden, weil es immer Lagen gibt, die man nicht mit Personal vorhalten kann und wo man mit Mehrarbeit rechnen muss. Das ändert nichts an dem grundsätzlichen Problem, dass wir insgesamt zu wenig Polizei haben, um alle Aufgaben zweckmäßig und im Sinn der Inneren Sicherheit zu lösen.

Dieses eine Problem wollte ich gar nicht in den Vordergrund stellen, sondern in diesem Zusammenhang auf die Belastung der einzelnen Beamtin und des einzelnen Beamten eingehen. Wir müssen uns fragen, wie wir in Zukunft mit der Motivation der Leute umgehen. Wenn die Polizeibeamtinnen und -beamte in diesem Land nicht so motiviert wären – das sind sie überwiegend –, könnten wir mit den Aufgaben überhaupt nicht mehr zurechtkommen. Das muss man im Landtag einmal feststellen. Das gilt über weite Strecken. Das ist ein Dank an diejenigen wert, die das alles leisten.

(Beifall der CDU und der FDP)

Das gilt auch für die Überstunden.

Ich habe noch eine kurze Bemerkung zu Ihrer neuen Verordnung, was die Flexibilisierung anbelangt. Sie haben einen Weg gesucht, um die Leute nach Lage der Dinge einzusetzen und nicht mehr nur die festen Schichtdienstbesetzungen zu haben. Ich will nicht sagen, dass es ein falscher Weg ist. Es ist wieder ein Ausweg, um die Personalnot abzufangen und die Anfragen der Abgeordneten ad absurdum zu führen, weil man dann keine Zahlen mehr abfragen kann. Man wird sich auf die neue Flexibilität berufen können. Damit hat sich das Problem ein Stück weit gelöst.

Es war wichtig, heute noch einmal über dieses Thema zu sprechen.

(Beifall der CDU)

Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Entschließungsantrag – Drucksache 14/867 –, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt. Wer dem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe die Punkte 11 und 12 der Tagesordnung auf:

Chancen abschlussgefährdeter Schülerinnen und Schüler verbessern Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/708 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Jugend – Drucksache 14/1039 –

Chancen von Schülerinnen und Schülern an Hauptschulen bzw. an Schulen mit dem Bildungsgang Hauptschule verbessern Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/1009 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Jugend – Drucksache 14/1040 –

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 25. April 2002 ist der Antrag der CDU, Chancen abschlussgefährdeter Schülerinnen und Schüler verbessern – Drucksache 14/708 –, gemeinsam mit dem Alternativantrag der Fraktionen der SPD und FDP, Chancen von Schülerinnen und Schülern