Protocol of the Session on April 25, 2002

Ich begrüße Mitglieder der Pfadfinderschaft St. Georg Müllenbach-Laubach im Landtag. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Ministerpräsidenten Beck das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin natürlich sehr dankbar dafür, dass dieser breite Grundkonsens zu diesem wichtigen Zukunftsthema in diesem Haus heute deutlich geworden ist. Insoweit hat sich diese Aktuelle Stunde sicher in hohem Maß schon jetzt gelohnt.

Ich bin froh darüber, dass wir uns einig sind in der Einschätzung, wenn ein solches Weltereignis des Sports, eine solche internationale Begegnung, in Deutschland stattfindet, dann sollten wir als Rheinland-Pfälzer daran beteiligt sein, und zwar nicht nur indirekt, sondern direkt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das war die Grundmotivation, warum sich die Beteiligten in dieser Sache, in erster Linie der 1. FC Kaiserslautern als Besitzer des Stadions – da haben wir eine unter

schiedliche Situation zu den meisten anderen Stadien, die sich mitbeworben haben –, die Stadt Kaiserslautern und das Land Rheinland-Pfalz, um den Zuschlag als Austragungsort sehr frühzeitig beworben haben. Es war dabei sicherzustellen, dass die finanziellen Aufwendungen und der zu erwartende Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Ich finde, dass die Aufwendungen, die wir jetzt betreiben müssen, mit insgesamt 94,5 Millionen DM in einem sehr guten Verhältnis zu einer auch vorsichtig betrachteten Ertragsrechnung stehen.

Wir wissen bereits heute, dass sich neben den Infrastrukturanstrengungen – ich komme darauf zurück – eine ganze Reihe von privaten Investorinnen und Investoren in Kaiserslautern oder im Raum Kaiserslautern auf ein solches Ereignis einstellt. Mir ist berichtet worden aus der Stadt, auch vom Oberbürgermeister selbst, dass es eine ganze Reihe beispielsweise von Gastronomen gibt, die sagen „Wir wollen unsere Hotelkapazitäten auf dieses Ereignis einstellen“ und damit natürlich auch Anreize schaffen, die weit über dieses Datum hinaus reichen. Ähnliches darum herum wäre sicher in vielfältiger Weise in diese volkswirtschaftliche Rechnung mit einzubeziehen.

Aber es sind nicht nur unmittelbare ökonomische Interessen, die uns bewegen. Es ist natürlich auch das Interesse, die Stadt, die pfälzische Region, unser ganzes Land Rheinland-Pfalz bei dieser Gelegenheit in ein internationales Bewusstsein zu rücken.

(Beifall der SPD und der FDP)

Frau Kollegin Grützmacher, ich finde, dass ist den Franzosen beispielsweise besonders gut gelungen. Ich beneide sie immer etwas darum – die Franzosen, nicht Sie –,

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach so, ich dachte!)

dass sie jedes Jahr mit der Tour de France eine Chance haben und sie auch nutzen, der Weltöffentlichkeit Landschaften, verbunden mit Kultur, mit Wein, mit gastronomischen Angeboten, auf eine Art und Weise zu präsentieren, dass man Lust hätte – mir zumindest geht es so – ins Auto zu steigen und hinzufahren.

(Kuhn, FDP: Aufs Fahrrad! – Mertes, SPD: Mitzuradeln!)

Ja gut. Das wäre etwa so, als wenn ich heute das Versprechen abgäbe, 2006 in der deutschen Fußballnationalmannschaft mitzuspielen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Ich kann es zwar versprechen, aber ob mich jemand aufstellt? Ich täte es an dessen Stelle auch nicht.

Aber ganz ernsthaft, ich glaube, darin liegt eine wirkliche Chance, eine Landschaft, eine Region mit ihrer Ökonomie, mit ihrer Ökologie, mit ihrer Kultur, mit ihrer Gas tlichkeit zu präsentieren. Solche Dinge lassen sich natürlich dann auch in ein Gesamtimagebild einbeziehen. Ich

bin mit Herrn Kollegen Bauckhage völlig einig, dass dies eines unserer Ziele ist, bei dieser Gelegenheit das Image unseres Landes Rheinland-Pfalz erneut zu beleben, erneut aufzumöbeln und sich an dieses Weltereignis, das eine ungeheure mediale Resonanz erfahren wird, dann auch anzugliedern.

Ich bin mir mit dem Sportminister natürlich auch in besonderer Weise einig, dass wir auch den sportpolitischen Aspekt nicht unter den Tisch fallen lassen sollten, lieber Herr Kollege Zuber; denn jede Sportbewegung – Fußball ist nun einmal die breiteste Sportbewegung in unserer Gesellschaft – braucht Spitzenereignisse, damit in der Breite Interesse gerade bei jungen Leuten und gerade bei Kindern immer wieder neu geweckt wird, sich diesbezüglich zu betätigen.

Das ist eine breite Motivationsgrundlage. Diese breite Motivationsgrundlage muss in eine Gesamtbetrachtung des Teils Soll und Haben auf der Habenseite dann verbucht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich gern dem Dank anschließen, der hier an diejenigen ausgesprochen worden ist, die an dieser Arbeit bis zum heutigen Zeitpunkt beteiligt sind. Ich möchte all diejenigen einbeziehen, die auch weiterhin an diesem Ziel mitarbeiten; denn jetzt müssen wir es umsetzen. Die Umsetzungsphase wird in wenigen Tagen begonnen, soweit sie nicht ohnehin schon läuft.

Mein Dank gilt der Stadt Kaiserslautern für eine gute, faire und reibungslose Zusammenarbeit und für ein gemeinsames Auftreten sowohl bei der Bewerbung als auch jetzt bei der Entscheidung in Frankfurt seitens der internationalen Fußballgremien und des Deutschen Fußballbunds bzw. seiner zuständigen Organisationen für die Vorbereitung der WM 2006.

Mein Dank gilt aber auch in besonderer Weise dem 1. FC Kaiserslautern für die Bereitschaft, in einer sehr kooperativen und freundschaftlichen Weise mit Stadt und Land zusammenzuarbeiten und aus dieser gemeinschaftlichen Überlegung zu einem ganz frühen Zeitpunkt eine Planung werden zu lassen, die im Übrigen der 1. FC Kaiserslautern bis zum heutigen Zeitpunkt aus seinen Kassen vorfinanziert hat, weil öffentliche Mittel in diesem Zusammenhang bisher noch nicht geflossen sind.

Ich glaube, dass das, was von dem Architekturbüro Fiebiger als Konzept vorgelegt worden ist, was in ein entsprechendes Modell gegossen worden ist, das wir sehr frühzeitig bei ersten Kontakten bereits mit Franz Beckenbauer und all denen, die sich um die WM 2006 besonders bemüht und auch Verdienste erworben haben, vorzeigen konnten, dieses Vorzeigenkönnen dessen, was dort geschieht, und das Vorlegenkönnen zu einem frühen Zeitpunkt – dem frühesten Zeitpunkt aller Bewerber um die WM 2006, das früheste Vorlegen eines Finanzkonzepts, das stand, das beschlossen war, hinter dem Land, Stadt und Verein gestanden haben – ein ganz entscheidender Faktor dafür war, dass wir letztendlich den Zuschlag bekommen haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich bin natürlich sehr froh darüber, dass wir bei diesen Bemühungen auf die große Anziehungskraft und das hervorragende Bild, das die Traditionsmannschaft des 1. FC Kaiserslautern, die große Mannschaft aus den 50er- und 60er-Jahren, geboten hat, aufbauen konnten. Insoweit bin ich glücklich, und ich war auch berührt – ich habe ihn letzte Woche im Krankenhaus besucht –, dass Fritz Walter gemeinsam mit seinem Bruder Otmar und gemeinsam mit Horst Eckel der Botschafter für diese WM-Bewerbung gewesen ist.

(Beifall im Hause)

Es zeigt sich bei einer solchen Gelegenheit, dass so untadelige Sportsleute, die nie ihre Person so in den Vordergrund geschoben haben, wie dies einem manchmal bei dem einen oder anderen heute begegnet, so tief im internationalen und nationalen Bewusstsein sind, dass sie selbst bei Entscheidungen, die jetzt fast 50 Jahre nach dem WM-Titel 1954 zu treffen waren, noch ganz entscheidend prägend mitwirken können. Das ist eine schöne Sache. Dass Fritz Walter sich in dieser Art und Weise über dieses Ergebnis freut, ist ein schöner zusätzlicher Effekt, der uns, wie ich glaube, alle berührt und unsererseits froh macht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich muss man über die Kosten reden. Natürlich musste auch bei Anstellung der von mir erwähnten generellen KostenNutzen-Abwägung geschaut werden, wie es im Vergleich zu anderen WM-Bewerberstädten aussieht.

Ich darf Ihnen sagen, dass neben dem Stadion in Dortmund, das generell völlig neu entstanden ist und in das dennoch unter dem Strich knapp 36 Millionen zusätzlich investiert werden müssen, wir mit einem Umbauvolumen von 48,3 Millionen Euro die zweitgünstigste Kostensituation, den zweitgünstigsten Kostenaufwand haben, gemessen an allen anderen Bewerbern, übrigens auch denjenigen, die nicht zum Zug gekommen sind und keinen Zuschlag erhalten haben. Auch das gilt es, im Auge zu behalten. Das sind immerhin Schwankungsbreiten zwischen 242 Millionen und den von uns aufzuwendenden 48,3 Millionen Euro, die beachtlich sind.

Insoweit haben wir eine vernünftige Planung auf dem Tisch, was den Kostenaufwand anbelangt, übrigens auch eine, die bedenken musste, dass am Ende der Weltmeisterschaft 2006 das Stadion seinen Charakter als Heimstätte des 1. FC Kaiserslautern nicht verlieren darf. Das muss heute bedacht werden. Wenn die Atmosphäre kaputtgebaut würde, dann hätten wir uns einen dauerhaften Schaden in sportlicher Hinsicht eingehandelt. Ich glaube, das wird auszuschließen sein.

(Beifall der SPD und der FDP)

Frau Grützmacher, im Übrigen wird das Stadion 48.000 Zuschauer fassen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, meine Sorge ist weniger, ob alle Karten bekommen. Ich hoffe, dass wir das Stadion immer voll bekommen. Das scheint mir die angebrachtere Sorge zu sein. Wir wissen nicht, wie ausgelost, welche Gruppen einander zugelost werden. Wir dürfen nicht erwarten, dass nur internationale Spitzenspiele dort stattfinden.

Ich würde mir natürlich sehr wünschen, dass das, was Kollege Fritz Presl vorhin schon angesprochen hat, was auch Teil unserer Präsentation war, was ich besonders in den Mittelpunkt des Vortrags in Frankfurt gestellt habe, als wir das Konzept vorgelegt haben, nämlich das Stadion Kaiserslautern als eines zu sehen, das die Großregion mit einbezieht, eintrifft, dass unsere Nachbarn im Elsass, in Lothringen, in Luxemburg, in der Wallonie, in der Französisch- und Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien genauso als einbezogen in den „Heimnimbus“ betrachtet werden, wie wir dies für Rheinland-Pfalz insgesamt, aber auch für angrenzende Gebiete sehen.

(Mertes, SPD: Herr Ministerpräsident, Sie haben das Saarland vergessen!)

Ich habe das Saarland vergessen. Ich bitte um Entschuldigung. Es war in diesem Fall keine Absicht. Als Pfälzer nehme ich es auf mein Ehrenwort. Es war nur verschluckt. Es war keine böse und keine sonstige Absicht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich glaube, der Gedanke ist wichtig, dass wir sagen, das sind Spiele, die die Franzosen, Belgier, Luxemburger mit einbeziehen.

Ich habe die heimliche Hoffnung, die ich auch gegenüber den Stellen geäußert habe, die letztendlich Einfluss haben könnten, dass wir Spiele der französischen Nationalmannschaft bekommen. Ich unterstelle, dass diese sich qualifiziert. Die ist derzeit so gut, dass sie es wohl auch 2006 schaffen wird.

(Beifall des Abg. Creutzmann, FDP)

Es wäre eine tolle Sache, wenn wir solche Begegnungen dort hätten. Im Übrigen hat uns bei diesen Entscheidungen sehr geholfen, was den Sicherheitskräften unter der Verantwortung von Herrn Kollegen Zuber gutgeschrieben werden darf, nämlich die Erfahrung aus dem IsraelSpiel. Dort hat Kaiserslautern gezeigt, dass es auch in heikelster Situation in der Lage ist, ein solches internationales Spiel auszutragen, und dies ohne jegliches negative Vorkommnis. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit in der heutigen angespannten Zeit. Es war eine große Hilfe, das aufzeigen zu können.

(Beifall der SPD und der FDP)

Im Übrigen: Herr Kollege Ernst, Sie haben sich geirrt. Die Mittel, die wir aufwenden, kommen zu einem großen Teil nicht aus dem kommunalen Finanzausgleich.

(Schnabel, CDU: Alle!)

Herr Kollege, das ist völlig falsch.

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Man kann nur sagen, was ist. Ihr Vorurteil und Ihr Versuch, alles auf die „armen Kommunen“ abgeladen zu sehen, kann ich sowieso nicht mehr ausräumen.

Richtig ist, dass die Mittel, die wir seitens des Landes aufwenden, aus originären Landesmitteln stammen. Richtig ist, dass der Zuschuss, den wir der Stadt Kaiserslautern zu ihren Aufwendungen geben, die sie teilweise aus Grundstücksveräußerungen etc. aufbringen muss, dieser Teil, der dazu gegeben wird, aus dem kommunalen Finanzausgleich kommt. Ist das vielleicht nicht die richtige Aufteilung?

Das, was das Land gibt, sind originäre Landesmittel. Das, was die Stadt aufwendet, sind kommunale Finanzausgleichsmittel. Das ist die Realität.