Protocol of the Session on March 14, 2002

Verehrter Herr Kollege, das kann man Ihnen gar nicht oft genug sagen; denn offenbar haben Sie es gestern auch noch nicht begriffen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, deshalb ist eine Konzentration der Mittel zwingend. Einsparungen vor allem bei unmittelbaren Unternehmenssubventionen sind zwingend erforderlich.

Warum müssen eigentlich die EU-Mittel mehr als verdreifacht werden, anstatt nur verdoppelt, wie das auch entsprechend der Kofinanzierung der Fall sein sollte?

Herr Kuhn hat gestern in der Generaldebatte versucht zu erklären, weshalb das so sein sollte. Wir haben uns der Mühe unterzogen, das nachzuvollziehen. Nach unseren Kürzungsvorschlägen wären selbst die Vorbelastungen des Haushalts im Einzelplan 08 mit den Vorfinanzierungsmitteln im EU-Bereich vollkommen abgedeckt.

Wir wollen eine Konzentration der unmittelbaren Subventionen auf das überschaubare und einfache Modell des Mittelstandsförderungsgesetzes. Auf diese Weise lassen sich nach unseren Änderungsanträgen in beiden Jahren jeweils 16 Millionen Euro bis 17 Millionen Euro einsparen. Ein großer Teil dieser Einsparungen kann dadurch erzielt werden, dass das Kapitel 08 77, das im Wesentlichen die Fördermittel aus den Regionalprogrammen der EU mit Kofinanzierung enthält, in eine neue Titelgruppe des Kapitels 08 02 umgesetzt wird. Weitere Titel aus anderen Kapiteln werden gleichfalls konzentriert.

Die reinen Landesmittel werden dabei auf eine Größenordnung gekürzt, die immer noch über der notwendigen 100 %-Ergänzung der EU-Mittel liegt. In unserem Vorschlag ist alles – auch die Vorbelastungen im Finanzrahmen – enthalten.

Verehrter Herr Wirtschaftsminister, die bisherige Veranschlagung dieser Mittel im Haushalt gleicht einem Irrgarten. Völlig zersplitterte und undurchsichtige Veranschlagungen der Wirtschaftsförderungen im Haushalt in

vier Kapiteln und zahlreichen Titeln, aus denen Gleiches oder sogar Ähnliches deckungsgleich bezahlt wird. Diese Taktik ist durchsichtig und dient nur einem Zweck: Transparenz und Kontrolle über die weitere finanzielle Ausstattung zu vernebeln. Mit einer ehrlichen und kontrollierbaren Haushaltswirtschaft hat das nach unserer Auffassung nichts mehr zu tun.

Deshalb schlagen wir die Konzentration auf ein Haushaltskapitel mit eigener zusätzlicher Titelgruppe für die EU-Programme mit wenigen klar voneinander unterscheidbaren Haushaltstiteln vor.

(Beifall bei der CDU)

Neben dem Kapitel 08 02 mit drei Titelgruppen für die Gemeinschaftsaufgabe, das reine Landesprogramm und die EU-Programme wird lediglich das Konversionskapitel aufrechterhalten, das in allen Einzelplänen eigens ausgewiesen ist.

Ein weiterer Kritikpunkt an dem vorliegenden Haushaltsentwurf ist die Tatsache, dass Preise, Wettbewerbe und Auszeichnungen aller Art mittlerweile eine wahre Inflation darstellen. Das bietet natürlich einen großen Vorteil für den Minister, dem dadurch öffentliche Auftritte verschafft werden. Aber je mehr Preise und Medaillen, umso geringer ist ihr einzelner Wert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Das ist im Übrigen die Parallele zu den großen Aufwendungen für den zweiten Arbeitsmarkt, wovon Herr Dr. Böhr gestern gesprochen hat. Wenn wir statt Programmen für alles und jedes und Rekordsummen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Verkehrsachsen durch Rheinland-Pfalz schneller vorantreiben und wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung weiter voranbringen würden, dann gäbe es mehr Arbeit und mehr Jobs in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ein weiterer Punkt unserer Kritik – das kann man gar nicht deutlich genug sagen – ist die in der Tat unsolide Finanzierung der Mobilitätsmilliarde über dem Landesbetrieb Straßen und Verkehr. Sie ist nämlich zu 100 % kreditfinanziert. Dadurch werden keine zusätzlichen Investitionsmittel aus den laufenden Einnahmen geschaffen. Dabei ist zu bedenken, dass hierbei ein wesentlicher Teil der Substanzerhaltung dient und nicht der Erweiterung und Ergänzung von Infrastruktureinrichtungen.

Der LSV soll darüber hinaus erst in einigen Jahren anfangen, Kredite zu tilgen. Bis dahin werden in der Tat nur Schulden aufgehäuft.

Herr Wirtschaftsminister, wir bleiben bei unserer Einschätzung, dass die widerrechtliche Finanzierung des ÖPNV aus dem LSV nicht mit unseren haushaltsrechtlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen ist. Im Jahr 2002 sollen 15,16 Millionen Euro und im Jahr 2003 sogar 21,4 Millionen Euro Fördermittel für den ÖPNV aus dem Wirtschaftsplan des LSV abgezweigt werden.

Der Herr Wirtschaftsminister, der auch auf heftiges Befragen hin bis heute wesentliche Ungereimtheiten dieses Wirtschaftsplans nicht aufklären konnte, erzählte uns im Dezember in diesem hohen Hause, dieses Geld für den ÖPNV stamme aus den so genannten Regionalisierungsmitteln des Bundes. Doch damit lag er falsch. Er musste von seinem eigenen Haus eines Bessern belehrt werden. Es sind Kredite, die der LSV aufnimmt. Diese Schulden werden durch Zuweisungen aus dem Landeshaushalt refinanziert, den sagenhaften Nutzungsgebühren für die Landesstraßen. Diese dürfen nach geltendem Recht nur für den Bau und die Unterhaltung von Straßen verwendet werden.

Deshalb stelle ich an dieser Stelle noch einmal fest, dass die ÖPNV-Finanzierung durch den LSV ein bewusster Verstoß gegen das Haushaltsrecht ist. Der Herr Wirtschaftsminister – auch das ist leider eine Tatsache – gibt mit diesem angeblich so wirtschaftlichen und effizienten Modell LSV ein Negativbeispiel für Wirtschaftlichkeit und vernünftige Unternehmensstrategie.

Meine Damen und Herren, es ließe sich noch viel dazu sagen. Mein Kollege Dr. Georg Gölter wird die weiten Ausführungen übernehmen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Puchtler das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Grundlegende Voraussetzungen für Wirtschafts- und Strukturpolitik sind solide Rahmenbedingungen und Kontinuität. So ist die Wirtschaftspolitik unseres Landes Rheinland-Pfalz darauf ausgerichtet, unsere Position als attraktiver Wirtschaftsstandort in Deutschland und in Europa zu stärken und weiter zu verbessern.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wirtschaft ist dynamisch. Wirtschaftliche Prozesse sind ständig im Fluss. Flexibilität, Mobilität und Vielfalt sind gefordert. Es gibt nicht die Wirtschaftspolitik, sondern viele Bereiche und viele Maßnahmen sind miteinander zu vernetzen und zu verknüpfen.

Wie im Bereich der Energie, in dem wir einen Schwerpunkt auf die regenerativen Energien setzen, kommt es auch in der Wirtschaftspolitik auf einen Mix verschiedener Aktivitäten und die Bündelung von Vorhaben an. Querschnittsdenken ist gefragt.

Wir leben in Rheinland-Pfalz mit unseren Standorten und Regionen im Wettbewerb mit anderen Ländern. Derjenige wird diesen Wettbewerb gewinnen, der verlässliche Rahmenbedingungen schafft und gleichzeitig die notwendigen Freiräume für individuelle nischenorientierte Entwicklungen offen hält; denn jedes Unterneh

men ist anders strukturiert und benötigt seine Perspektiven. Dabei sind wir in Rheinland-Pfalz auf gutem Weg, wie Beispiele vor Ort zeigen.

Werfen wir einen Blick in den grenznahen Bereich zu Hessen. Hessen wird uns oft in diesem Hause als großes Vorbild vorgehalten. Im Ostteil des Rhein-LahnKreises wechseln die Betriebe aus dem hessischen Limburg über die Landesgrenze nach Diez in RheinlandPfalz, aber sicher nicht nur deshalb, weil wir RheinlandPfälzer nette Menschen sind. Das sind die Limburger auch. (Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, der Grund sind die flexiblen Strukturen und Standortbedingungen vor Ort im rheinland-pfälzischen Bereich.

Ein Beispiel: Ein Betrieb musste sich im Zuge des Neubaus der ICE-Strecke von Köln nach Frankfurt einen neuen Standort suchen. Das Genehmigungsverfahren in Hessen hätte nach Aussage des Unternehmers zehn Monate gedauert. In Rheinland-Pfalz hatte der Betrieb in acht Wochen seine Genehmigung in einem seitens der Landesregierung geförderten Gewerbegebiet, dank der guten Zusammenarbeit zwischen Betrieb, Verwaltung, Kreis und Land.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wie dieses Unternehmen gibt es zahlreiche weitere Beispiele. Viele Mittelständler unterschiedlicher Branchen, aber auch Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen, loben das investitionsfreundliche Klima in unserem Bundesland und wechseln über die Grenze.

Meine Damen und Herren, das ist pragmatische Wirtschaftspolitik mit direkt messbaren Erfolgen an Investitionsvolumen für heimische Bauunternehmen, an der Sicherung und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Das ist Evaluierung; das ist Erfolgskontrolle.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das sind konkrete Ergebnisse, die die Menschen vor Ort direkt wahrnehmen können und bei denen sie die Vorteile sehen können. Nicht das Schreiben von unzähligen Berichten und Statistiken bringt uns weiter, sondern pragmatisches Handeln in Kooperation mit Kommunen und Kammern als Partner vor Ort.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, so funktioniert Wirtschaftspolitik made in Rheinland-Pfalz.

Bei diesen Ansiedlungen spielt die in den 90er-Jahren vom Land gegründete Investitions- und Strukturbank – kurz ISB genannt – eine entscheidende Rolle. Mit ihren Fördermaßnahmen im Wege der zinsverbilligten Darlehen, der Zuschüsse und des Beteiligungskapitals werden zahlreiche Ansiedlungen und Existenzgründungen erst ermöglicht.

Mit der ISB hat das Land – wie in vielen anderen Bereichen auch – eine Vorreiterrolle beschritten. Andere Länder sind nachgezogen.

So sind die vorgesehenen Ausgaben im Rahmen des Mittelstandsförderungsprogramms Rheinland-Pfalz in Höhe von rund 10 Millionen Euro eine wichtige Komponente zur Steigerung der Wirtschaftskraft, zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit rheinland-pfälzischer Unternehmen und damit zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, was im Ergebnis auch eine Verbesserung der Lebensqualität für die Menschen bedeutet.

Wer sich mit Investoren unterhält, erfährt, wie wichtig die Transparenz der Fördermöglichkeiten gerade auch für Existenzgründer ist. Daher begrüße ich ausdrücklich die verstärkte Zusammenarbeit der Investitions- und Strukturbank mit der Deutschen Ausgleichsbank. In dem neuen gemeinsamen Programm werden die Existenzgründerprogramme der Ausgleichsbank und das Mittelstandsförderungsprogramm der ISB zusammengefasst. Dadurch werden Antrags- und Bewilligungsverfahren einfacher und schneller; denn gerade Existenzgründer brauchen schnelle und zügige Entscheidungen. Ideen und Innovationen dürfen nicht auf bürokratischem Weg scheitern.

Die im Bundesvergleich hervorragende Zahl von Existenzgründungen zeigt, dass wir in Rheinland-Pfalz auf dem richtigen Weg sind. Gerade auch für die Förderung des Handwerks, das mit 45.200 Betrieben und einem Gesamtumsatz von 27 Milliarden Euro, 357.600 Mitarbeitern und 30.500 Ausbildungsplätzen das Rückgrat unserer rheinland-pfälzischen Wirtschaft bildet, ist die ISB ein wichtiger Partner.

Des Weiteren gilt es, bei Existenzgründungen verstärkt Wagniskapital zu bringen; denn neben der guten Idee braucht es nun einmal Kapital. Hier sollte man vielleicht darüber nachdenken, die marktübliche Verzinsung für Wagniskapital der Beteiligungsgesellschaft im Interesse der potenziellen Gründer zu senken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kennzeichnend für rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik ist die Auffassung, Veränderungen als Chance zu begreifen und im Interesse der Menschen zu nutzen. So ist unser Land wie kein anderes Bundesland vom Truppenabbau und der Aufgabe militärischer Einrichtungen und Anlagen betroffen. Mit einem gewaltigen Kraftakt, dem Landeskonversionsprogramm, ist es gelungen, den negativen Folgen der Truppenreduzierungen zu begegnen und neue Strukturen aufzubauen.

Hier ist die Vielfalt der neuen Strukturen zu beachten. Ich zitiere ein aktuelles Beispiel aus der „Pirmasenser Zeitung“: „Baustelle Husterhöhe kommt dank Mainzer Millionen in Fahrt. Vor wenigen Tagen hat ein Zuwendungsbescheid des Mainzer Wirtschaftsministeriums über rund 6,3 Millionen Euro dafür den Weg endgültig frei gemacht.“ Bürgermeister Mattheis sagt, den jetzt aus Mainz eingetroffenen Zuwendungsbescheid empfinde er als zündenden Funken für die Konversionsmaßnahme. Für jeden Euro öffentlicher Investitionen, so rechne der Bürgermeister, werde die zwei- bis dreifache Summe an Privatinvestitionen auf die Husterhöhe fließen. Genau

das ist der Punkt, nämlich durch einen Anstoß mit öffentlichen Mitteln diesen Effekt zu erreichen.