Protocol of the Session on March 14, 2002

Die machen Sie ja nicht mit, ich erwarte dann auch nicht, dass Sie die Brücke von Remagen mitmachen.

Zu einer weiteren Kurzintervention hat nun Frau Abgeordnete Schneider-Forst das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schwarz, Sie haben in Ihrer Grundsatzrede zum Einzelplan 08 die Infrastruktur

erwähnt. So etwas freut uns sehr, gerade im ländlichen Raum. Sie haben auch eine mögliche WesterwaldAutobahn erwähnt.

Unter uns ist Herr Verkehrsminister Bauckhage. Herr Schwarz und Herr Minister Bauckhage, die WesterwaldAutobahn ist nicht finanzierbar, unökologisch und zudem auch unlogisch.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister Bauckhage, Sie ist unlogisch, weil Sie die falschen Anschlusspunkte verbindet. Sie wissen sehr genau um die Beschlusslage der regionalen Gremien. Unter uns ist auch Kreistagsmitglied Harald Schweitzer.

Ich darf doch herzlich darum bitten, die Stellungnahmen der kommunalen Gremien vor Ort zu berücksichtigen.

Danke. (Beifall der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Schneider-Forst, ich bin dankbar dafür, dass ich Ihnen am frühen Morgen eine Freude machen konnte. Wissen Sie, ich habe das deswegen angesprochen, weil ein Teil Ihrer Partei vor Ort erklärt, wie wichtig diese Westerwald-Autobahn ist, und der andere Teil, so, wie Sie es jetzt sagen, sagt, sie ist nicht finanzierbar, es geht nicht. Deswegen müssen wir uns im Parlament darüber verständigen. Wenn wir sie wollen, dann müssen wir auch deutlich machen, dass wir sie wollen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Schwarz, wollen Sie sie?)

Dafür müssen wir den planerischen und finanziellen Rahmen schaffen. Solange dies nicht geschieht, ist alles Palaver – auch von Ihnen – umsonst.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kiltz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das lässt sich heute Morgen sehr vergnüglich an.

Frau Schneider-Forst, ich bin hoch beglückt über Ihre Ausführungen zur Westerwald-Bahn. Ich kann dem in diesem Fall aus vollem Herzen zustimmen.

Herr Jullien, das gilt auch für Sie. Wenn man Herrn Schwarz gut zugehört hat, kann man feststellen, dass er Minister Bauckhage gerade gesagt hat, was er für realistisch und was er für unrealistisch hält.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese drei Visionen hat er in das Reich der Phantasie verwiesen.

Herr Bauckhage, ich würde das Protokoll nachher sehr gut nachlesen. Ich glaube, ihr Koalitionspartner will bei diesen Projekten nicht mitmachen.

Wir kommen zur Mobilitätsmilliarde. Die Landesregierung hat diese vollmundig angekündigt. Es ist ein so schöner Titel für eine so schnöde, langweilige Fortsetzung Ihrer konzeptionslosen Verkehrspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die 500 Millionen Euro – es ist keine Milliarde mehr – sollen nicht etwa als neue Busse, attraktive Schienenfahrzeuge, mehr Zugkilometer oder neu gestaltete Bahnhöfe wieder auftauchen, sondern sie landen alle auf der Straße – wie gehabt.

Meine Damen und Herren, Mobilität ist aber viel mehr als Straßenbau. Herr Creutzmann, Sie müssen umdenken, vor allen Dingen Sie.

Mobilität der Menschen und auch der Güter erfordert einen integrierten Ansatz der Verkehrswegeplanung und der Verkehrspolitik. Sie behaupten zwar immer, dass Sie diesen Ansatz hätten, aber auch da ist Schönreden schlechterdings Realität. Konzeptionell fehlt der Verkehrspolitik dieser Landesregierung die Substanz. Es fehlt Ihnen noch etwas ganz Elementares, nämlich ein Ziel.

(Kuhn, FDP: Na!)

Die Methode des Herrn Bauckhage, über das Land verteilt viel Geld mit der Gießkanne auf die Straße zu schütten – Herr Dr. Gölter hat es eben schon für die Wirtschaftspolitik kritisiert –, ist kein Ziel. Es ist ein untauglicher Verzuch, über diese Konzeptionslosigkeit hinwegzutäuschen. Es ist ganz einfach Flickschusterei.

Herr Bauckhage, Sie haben erstens kein ökologisches Ziel. Die Anmerkungen von Frau Schneider-Forst haben das noch einmal an einem konkreten Beispiel deutlich unterstrichen. Wie wollen Sie Ihre Verkehrspolitik in die allgemein anerkannten CO2-Minderungsziele einpassen? – Weder Koalitionsvereinbarung noch Regierungserklärung noch Haushaltsreden bringen Aufklärung darüber.

Herr Bauckhage, Sie glauben immer noch, die Schadstoffeinträge des motorisierten Individualverkehrs könnten allein durch technische Verbesserungen an den Autos reduziert werden. Was für ein Unsinn. Die Erfahrung zeigt und wird dies weiter zeigen, dass die zweifellos erkennbaren technischen Fortschritte durch die Verkehrszunahme wieder ausgeglichen werden. So sieht es aus. Hier ist die neue Umweltministerin gefordert, endlich auf Nachhaltigkeit zu drängen. Frau Conrad, nur Mut. Wir würden Sie gern in diesem Bemühen unterstützen.

Zweitens, es fehlt ein integrierter Ansatz. Das würde beispielsweise bedeuten, die Wechselwirkungen von Verkehrswegeausbauten zu überprüfen. Sie müssten

sich die Frage stellen, wie sich die Kanalisierung der Saar auf den Güterverkehr auf der Schiene auswirkt oder was der autobahnähnliche Ausbau der B 10 parallel zur Queichtalbahn bedeutet. Welche Auswirkungen haben weitere Ausbauten der B 41 auf die NaheSchienenstrecke? Ich weiß sehr gut, von was ich rede. Als letztes Beispiel: Welche Chance hätte die zur Reaktivierung anstehende Hunsrückbahn, wenn parallel zur Autobahn und zur B 50 die Trasse für Bauckhages Lieblingskind im Reich der Phantasie, der durchrauschende Gespensterzug Transrapid, gebaut würde?

Herr Kollege Schwarz, ich weiß es nicht so, sind Sie auch von dem Transrapid-Virus befallen und brauchen ein homöopathisches Heilmittel, oder ist es ernst zu nehmen, dass Sie gesagt haben, er soll aufhören, davon zu träumen? – Vielleicht können Sie das nachher noch einmal erläutern.

Sie jedenfalls stellen sich diese Fragen nach Wechselwirkungen von Verkehrswegen, die parallel verlaufen und etwas miteinander zu tun haben, wenn man vor der Landkarte steht oder darauf herumfährt, nicht. Sie lassen sie auch nicht untersuchen. Es fehlt auch ein verkehrsplanerisches Ziel, zum Beispiel überflüssigen Verkehr zu vermeiden und Verkehrszuwächse zu vermindern. Sie machen das Gegenteil. Sie rollen dem Transitverkehr einen roten Teppich nach dem anderen aus, sogar aus Landesmitteln mit der Begründung, das würde den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz stärken.

Gestern haben wir wieder vom Ministerpräsidenten gehört, wir brauchen das Nord-Süd- und das West-OstKoordinatensystem, um mit unseren europäischen Nachbarn zusammenzukommen.

(Kuhn, FDP: Ja und?)

Müssen wir eigentlich zurzeit alle zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad auf unbefestigten Feldwegen fahren? Müssen wir unsere Güter auf Handkarren auf solchen Feldwegen transportieren?

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Ich habe manchmal den Eindruck, Sie beschreiben unser Land als ein Entwicklungsland in Sachen Straßen: Wir sind übersät von Feldwegen und haben nichts anderes. Herr Mertes, das ist unser Land schlechtgeredet. Sie erwecken bisweilen diesen Eindruck.

Meine Damen und Herren, es ist völliger Unsinn. Unser Problem ist nicht, dass wir in Rheinland-Pfalz zu wenig Straßenkilometer hätten, sondern unser Problem ist, dass wir zu viele kaputte Straßen haben, die dringend saniert werden müssten. Ich erinnere an „Brüderle Schlagloch“, der sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht hat.

Ich mache darauf aufmerksam, das sich ein ganzer Berufsstand auf dem Hunsrück zu Recht darüber beschwert, dass er nach Fertigstellung der B 50 neu dort nicht mehr fahren dürfte, weil landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge dann dort nicht mehr fahren dürfen. Das ist wirtschaftliche Erschließung einer Region par excel

lence. Es macht deutlich, Sie haben auch keine integrierten wirtschaftspolitischen Ziele.

Über die Westerwald-Autobahn wurde schon gesprochen. Ich habe Sie gefragt.

Herr Bauckhage ist gerade unterwegs.

(Staatsminister Bauckhage: Es lohnt sich zwar nicht, aber ich höre Ihnen zu!)

Herr Bauckhage, ich habe Sie gefragt, welchen wirtschaftlichen Nutzen dieses Teil haben soll, und Sie haben mir lapidar wie seit Jahren bei jedem Projekt in jeder Region geantwortet: Eine solche Verbindung ist der Schlüssel, um in der gesamten Region die Wirtschaftsstruktur weiter zu verbessern, neue Arbeitsplätze zu schaffen und zusätzliches Wachstum zu erzeugen. – Das ist ein Textbaustein, der bei jeder Region und bei jedem Projekt hervorgezogen wird, keinerlei Begründung hat, nicht belegt ist, also verpufft.

(Staatsminister Bauckhage: Stimmt immer!)

Wie ernsthaft der Minister diese Luftnummer betreibt, haben wir schon erfahren. Es ist mit der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen noch kein Wort darüber gesprochen worden. Also packen Sie dies ein, und wenden Sie sich notwendigen und ernsthaften Dingen zu. Ihnen fehlt ein sozialpolitisches oder auch demokratisches Ziel, nämlich das der Teilhabe.

Meine Damen und Herren, der Maßstab Ihrer Verkehrspolitik ist, allen Genderversprechen des Kabinetts, Frau Ministerin Ahnen, zum Trotz, der männliche Erwerbstätige, von Haus- und Familienarbeiten freigestellte, nicht behinderte Pkw-fahrende Verkehrsteilnehmer.

Sie haben damit eine gesellschaftliche Minderheit im Blick. Es ist sicherlich kein Zufall, dass es Vertreter dieser Minderheit sind, die nicht nur in Rheinland-Pfalz im Wesentlichen die Verkehrspolitik bestimmen.

Wir verlangen, dass Sie Ihre Verkehrspolitik an der Mehrheit der Bevölkerung ausrichten und deren Mobilitätsbedürfnisse zum Maßstab machen. Das heißt zum Beispiel – Herr Mertes, Sie sollten zuhören, Sie haben gestern auch von Nachbarschaftshilfe gesprochen –, sich um den Alltag von Frauen, die viele kombinierte Wege zurücklegen müssen in dem Bemühen, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren, und das oft mit dem Umweltverbund tun, und um den Alltag von Kindern und Jugendlichen zu kümmern, die auch im ländlichen Raum – –

(Mertes, SPD: Wieso glauben Sie, Sie wüssten das ganz allein? So eine Arroganz!)