Protocol of the Session on March 14, 2002

(Beifall bei FDP und SPD)

Selbstverständlich muss es das primäre Ziel aller dieser Maßnahmen sein, keine Arbeitslosigkeit „wegzukaufen“ oder Menschen zu beschäftigen, sondern das primäre Ziel muss die Motivation dieser Menschen sein. Aber auch das ist der Bereich, der in den vergangenen Jahren die rheinland-pfälzische Sozial- und Arbeitsmarktpolitik im aktiven Teil gekennzeichnet hat.

Meine Damen und Herren, wenn der Haushalt ein Finanzvolumen von jährlich rund 52 Millionen Euro für diese Menschen vorsieht, dann sind das unter der Maßgabe dessen, was ich gesagt habe, dass es zielgerichtet und vernünftig sein muss, Zielgruppen, die wirklich die Ärmsten der Armen sind. Da es schwieriger in diesen Bereichen ist, muss mehr unternommen werden. Wir könnten sonst von oben nach unten durchdeklinieren – das wäre in der Tat Manchester-Liberalismus, Frau Thelen – und könnten sagen: Erst nehmen wir die ganz Cleveren, dann nehmen wir die Mittelcleveren, dann nehmen wir die Halbcleveren, und irgendwann kommen wir zu den Unterprivilegierten. Diese kämen in diesem Jahrtausend aber nicht mehr in Arbeit. Das kann nicht das Ziel einer sozial verantwortlichen Politik sein.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, selbstverständlich muss ich auch konstatieren, dass das Problem der Massenarbeitslosigkeit nicht insbesondere ein Problem des Landes Rheinland-Pfalz ist. Die zentralen Einflussmöglichkeiten liegen auf Bundesebene. Ich verhehle nicht, dass mir manche Hand etwas zu ruhig ist. Das ist keine Frage.

Wir als FDP haben das über Jahre vorgetragen und dafür viel Prügel bezogen, auch von der schwarzen Fraktion. Wir wurden als die Partei der sozialen Kälte diffamiert, weil wir die Dinge rechtzeitig beim Namen genannt haben. Jetzt wundern Sie sich, dass Sie hechelnd hinterherlaufen müssen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was heißt hier diffamiert?)

Wir haben für die Flexibilisierung und die Öffnung des Tarifrechts gekämpft. Wir waren die Partei – das misst man uns auch zu –, die sich für Erleichterungen und Entbürokratisierungen eingesetzt hat. Wir haben uns für die Reform des Kündigungsschutzes, für eine effiziente und flexible Mitbestimmung, eine Erleichterung bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen, für Lockerungen des Tarifrechts insgesamt und – last, but not least – für

eine aktive Arbeitsmarktpolitik eingesetzt, die wirklich aktiviert. So sollte man das verstehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Danke schön. Ein Kompliment von dieser Seite freut mich stets.

Aus aktuellem Anlass will ich noch etwas zur Arbeitslosenversicherung sagen. Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion hofft, dass der designierte Leiter dieser Noch-Bundesanstalt, der Noch-Arbeitsminister des Landes Rheinland-Pfalz seine angekündigten Reformen umsetzen kann. Herr Minister Gerster, die Unterstützung der FDP bei diesen Reformen haben Sie. Das kann ich Ihnen für Rheinland-Pfalz zusagen, insbesondere weil es im Wesentlichen Forderungen der Vernunft sind, beispielsweise die Wahlmöglichkeit zwischen privaten und öffentlichen Vermittlern oder das Zusammenlegen von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Das sind Dinge, die uns Liberalen nicht fremd sind.

Herr Gerster, lassen sie sich nicht vom Störfeuer der Traditionssyndikalisten beirren. Machen Sie weiter so.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Uiuiuiuiui!)

Wir Liberalen erwarten von einer besser organisierten Arbeitslosenvermittlung keine Wunder. Das ist nicht der einzige Bereich, der im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit reformbedürftig ist. Selbstverständlich ist es aber ein ganz wesentlicher Bereich, der auch Symbolwirkung für andere Bereiche hat, die uns wichtig sind.

Meine Damen und Herren, ich verzichte auf die Aufzählung der vielen Dinge, die Rheinland-Pfalz zum Abbau der Arbeitslosigkeit initiiert hat und durchhält.

Wir wissen auch, dass diese Einzelmaßnahmen nicht jeweils den Königsweg darstellen können. Wir wissen aber beispielsweise, dass ähnlich, wie „Tempo“ für Papiertaschentücher steht, die Worte „Mainzer Modell“ inzwischen stellvertretend für Kombilohnmodelle stehen. Kombilohnmodelle, und zwar schlechtere als das „Mainzer Modell“, gab es auch aus vielen CDU-regierten Ländern. Ich verweise beispielsweise auf die Bemühungen im Saarland.

Meine Damen und Herren, eine ganz wesentliche Stellschraube haben wir alle nicht in der Hand. Das ist die Stellschraube der Tarifpolitik. Dazu nur das eine: Die Tarifpolitik bestimmt den Preis für Arbeit. 6,5 % Kostenzuschlag sind dabei in meinen Augen ein Bärendienst für dieses Problem.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es gibt zwei Kurzinterventionen. Zunächst Frau Abgeordnete Thelen und dann Herr Abgeordneter Dr. Rosenbauer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, dies, damit Herr Kollege Dr. Schmitz nicht ohne Antworten auf seine Fragen bleibt. Ich möchte später gern noch im Protokoll nachlesen, ob ich das eben richtig gehört habe: Sie haben zuerst die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sehr gelobt und sie verteidigt, und nachher haben Sie eingeräumt, man solle sie untersuchen. Deshalb will ich dazu auch noch kurz etwas sagen.

(Beifall bei der CDU)

Was hat das Thema „Abbau von Arbeitslosen, Arbeitsmarktpolitik“ mit der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse und der so genannten Zuwanderung zu tun, Herr Dr. Schmitz?

Sie haben den Dank, den Sie eben für die noch erträglichen Arbeitslosenzahlen und unsere glorreiche Position 4 im Vergleich der Bundesländer einfach an die falsche Adresse gesprochen. Das ist der Punkt. Sie hätten diesen Dank an diejenigen richten müssen, die für die starken Wirtschaftsregionen verantwortlich sind, nämlich Rhein-Main – sprich Hessen –, für den Bereich Karlsruhe – sprich Baden-Württemberg –, für das RheinRuhrgebiet – sprich Nordrhein-Westfalen – und meinetwegen auch noch an Jaques Santer in Luxemburg.

(Dr. Schmitz, FDP: Soll ich mich bei Rotgrün in Nordrhein-Westfalen bedanken in Ihren Augen?)

Hätten die Rheinland-Pfälzer nicht in dieser Zahl die Chance, dort Arbeitsplätze zu bekommen, sähe es bei uns ganz elend mit unserer Arbeitslosenzahl aus. Das ist der Zusammenhang, den ich meine.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: Hätte, hätte, hätte!)

Sie ruhen sich auf diesen Zahlen aus, aber Sie sind nicht bereit, die Situation in Rheinland-Pfalz wirklich zu verändern und da anzusetzen, wo man es wirklich schafft, Arbeitsplätze für unsere Menschen auch in Rheinland-Pfalz anzubieten.

(Mertes, SPD: Hätte man! Das ist eine Logik!)

Jetzt noch ein Punkt mit „hätte, hätte“. Gerade die Menschen, die sich in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen befinden, sind häufig Berufsrückkehrerinnen, die einen Teilzeitarbeitsplatz suchen. Glauben Sie denn, dass es sich für eine Pfälzerin lohnen würde, für einen Teilzeitarbeitsplatz nach Frankfurt zu fahren?

(Mertes, SPD: Eben haben Sie noch von Karlsruhe geredet!)

Meinetwegen auch nach Karlsruhe. Das ist doch der Punkt. Deshalb können diese Projekte nicht finanziert werden.

(Beifall der CDU)

Das ist genau das, was ich sagen will. Die Entschuldigung für die starke Zuwanderung oder die Entschuldigung, dass das hier gar nicht so schlimm sei, ist immer von der Regierung nach dem Motto gekommen – ich sage das noch einmal – es liegt an der Zuwanderung des Frankfurter Bankers. Der hat seinen Arbeitsplatz in Frankfurt und will hier nur gut wohnen.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Ich habe versucht, Ihnen klarzumachen, dass das Unsinn ist.

Herr Dr. Schmitz, ich erlebe jetzt schon seit 1996 immer wieder diese Haushaltsberatungen. Wir geben seither Jahr für Jahr weit über 100 Millionen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus. Das sind allein die Haushaltsstellen, die wir für diese Maßnahmen haben. Das sind die EU-Mittel, bei denen es sich auch um Steuergelder handelt, und viele andere kleine Titel drumherum. Wenn ich dann irgendwann feststellen muss, im Grunde genommen bewege ich nichts und unsere Arbeitslosigkeit entwickelt sich, wie sie sich bundesweit entwickelt und zum Teil sogar schlechter, und wir bleiben im Bezug auf die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse auf dem letzten Platz,

(Schwarz, SPD: Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

muss ich irgendwann daraus Schlüsse ziehen

(Glocke der Präsidentin)

und muss darauf sehen, ob das weiter Sinn macht oder keinen Sinn mehr macht. Nichts anderes erwarten wir von dieser Landesregierung.

(Beifall der CDU)

Zur Erwiderung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

(Kramer, CDU: Neuer Anlauf!)

Jetzt seid Ihr gespannt?

Frau Thelen, Herr Böhr weiß, ich komme aus der Nähe von Cochem, aus einem kleinen Eifeldörfchen, das Gevenich heißt.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Herr Dr. Altherr, das hat ein Nachspiel.

Nun zur Sache. Das Pendeln aus diesem Dorf in den Bereich Bonn/Köln hat Tradition. Das hat nichts mit SPD oder CDU zu tun; denn da hießen die Parteien noch Zentrum usw. Da sind die Leute damals unter dramatischen Umständen schon gependelt. Jetzt pendeln sehr