Protocol of the Session on March 13, 2002

Wir haben bei dem so genannten Sicherheitspäckchen der Landesregierung gemerkt, wie schwer sie sich mit den aktuellen Zahlen getan haben. Sie wussten gar nicht, was die Landesregierung in den letzten Monaten beschlossen hat, als sie den Haushalt vorbereitet hat. Die Landesregierung hat auch nicht gewusst, was sie jeden Tag an Zahlen in den Zeitungen präsentieren sollte. Das ging alles drunter und drüber. Jetzt sind Sie auch noch einmal darauf hereingefallen. Das wollte ich noch einmal gesagt haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Ramsauer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kohnle-Gros, vielen Dank, dass Sie noch an einen anderen Ihrer Entschließungsanträge erinnert haben. Wenn Sie 350 zusätzliche Anwärterinnen und Anwärter anstellen wollen, müssen Sie diese auch ausbilden. Das haben Sie logisch erkannt und dazu einen Entschließungsantrag gestellt. Sie haben aber keine Finanzierung auf den Tisch gelegt.

(Zurufe von der CDU)

Was die 350 zusätzlichen Anwärterinnen und Anwärter angeht, so haben wir dies ab 1. Mai gerechnet. Sie sagen, es wäre unser Fehler, dass wir jetzt zu wenig einstellen. Es ist nicht so, als hätten wir die Polizeistärke nicht erheblich angepasst.

(Zurufe von der CDU)

Sie können doch nicht beides wollen. Es ist immer wieder das Gleiche. Hier sagen Sie, wir geben zu viel Geld aus und wir müssten sparen, dann aber wollen Sie das

Land auf Jahrzehnte hin durch zusätzliche Stellen binden.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist es richtig, wenn wir im Landtag heftig darüber streiten, wer Recht hat und wer nicht. Wir haben dies auch getan. Von der CDU wurde heute Morgen zu Recht in der Rede des Fraktionsvorsitzenden Böhr angemerkt, dass dieses Land an der Kante und hoch verschuldet ist und keine Bewegungsfreiheit mehr hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Dass sich aber die SPD und auch die FDP, wenn auch etwas schwächer, stark dafür einsetzen, dass gute Politik gemacht worden ist, ist das Recht der SPD.

(Lelle, CDU: Das bestreitet doch niemand!)

Das bestreitet auch niemand. Ich möchte aber etwas zum Debattenstil sagen. Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie noch einmal direkt ansprechen. Wir müssen ehrlich miteinander umgehen und müssen uns auch auf die Dinge beziehen, die tatsächlich vorgelegen haben.

Sie haben unserer Fraktion unterstellt, wir hätten einen Antrag zur Kindergartenfinanzierung gestellt, der auf den Schultern der Kommunen lasten würde. Es kann sein, dass weder Sie noch die Staatskanzlei diesen Antrag gelesen haben, sondern nur die Überschrift. Dann hätte es zu einem Missverständnis kommen können. In unserem Antrag ist aber klar festgelegt, dass wir die Landesregierung auffordern, eine Perspektive für die nächsten Jahre zu entwickeln, wie in einer gemeinsamen Finanzierung von Kommunen, Bund und Ländern eine Kindergartenfinanzierung möglich ist.

Frau Thomas hat schon gesagt, es ist eine Aufgabe für die Zukunft. Es ist eine entscheidende Aufgabe für dieses Land Rheinland-Pfalz, wie die Kindergartenbetreuung sowie die Schüler- und Jugendbetreuung in Zukunft aussehen wird. Das ist auch eine wichtige Frage für den Standort Rheinland-Pfalz. Darum wollen wir uns kümmern und fordern die Landesregierung auf, dies auch zu machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben zu Recht gesagt, wir haben dazu keinen Finanzierungsvorschlag für den Doppelhaushalt 2002/2003 gemacht. Wir fordern ein Konzept, das auch auf Bundesebene diskutiert wird. Herr Ministerpräsident, die Bereitschaft dazu ist vorhanden. Ich fordere Sie auf, noch einmal richtig zu stellen, dass Sie den Antrag ab

sichtlich oder fahrlässig falsch interpretiert haben. So können wir nicht miteinander umgehen, auch nicht die Landesregierung mit dem Parlament, Herr Ministerpräs ident.

(Ministerpräsident Beck: Es steht die Forderung, aber wer soll das Geld aufbringen?)

Die Frage des Standorts Rheinland-Pfalz zeigt sich natürlich in der wirtschaftlichen Entwicklung ganz extrem. Es ist nicht so, dass wir in der Steuerkraft stark sind. Sie haben die Zahlen vorgetragen. Wir sind im Mittelfeld. Wir haben gemerkt, die Länder im Osten sind alle hinter uns, die im Westen alle vor uns.

(Ministerpräsident Beck: Das stimmt gar nicht!)

Viele, die meisten sind vor uns, zwei waren hinter uns.

(Ministerpräsident Beck: Das stimmt auch nicht!)

Herr Ministerpräsident, man könnte das auch als geographisches Problem bezeichnen. Läge Rheinland-Pfalz im Osten, wären wir Spitze. Wir liegen aber nicht im Osten. Wir haben die Vergleichsländer im Westen und die Ausgangssituation wie die Länder im Westen.

Sie haben auf bestimmte Sonderbelastungen hingewiesen. Das haben Sie zu Recht gemacht, und es ist richtig, dass man sagt, wir haben in der Konversion vermehrte Aufgaben zu leisten. Man muss auch klar sehen, die SPD- und FDP-geführte Regierung hat vor elf Jahren einen gewissen Schwung bei der Konversion gehabt. Das gilt auch für die Entwicklung in bestimmten Bereichen des Wirtschaftens und vor allem der Bildung. Sie haben diesen Schwung nach und nach verloren. Sie sind stecken geblieben. Sie bleiben an alten Forderungen hängen, die Sie noch abarbeiten. Was kommt dann? Was ist dann noch in der Ideenkiste der SPD, der FDP und der Regierung? Nichts mehr. Sie können uns keine neuen Ideen mehr präsentieren. Wir haben in der ersten Haushaltsdebatte Vorschläge gemacht.

Wir haben auf Bundesebene gezeigt, dass es durch Rotgrün Chancen gibt, Arbeitsplätze zu erhalten und neue Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Das sind auch Chancen für den ländlichen Raum. Das wissen alle, die sich damit beschäftigen. Die anderen können darüber lachen. Diejenigen, die sich damit beschäftigen, wissen das sehr wohl. Es sind Chancen bei der erneuerbaren Energie, beim Naturschutz und bei der Erhaltung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum zu nennen.

Zurzeit werden pro Tag vier Erwerbsbetriebe im bäuerlichen Bereich aufgegeben. Diese Tendenz besteht schon lange. In den letzten zehn Jahren sind 40.000 Betriebe aufgegeben worden. Somit sind 40.000 Arbeitsplätze plus x weg. Das sind Dinge, die an der Stelle aufgefangen werden müssen, an der es möglich ist.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Die Struktur ist eher mit einer ökologischen Wende zur kleinbäuerlichen Landwirtschaft als durch die von Minister Bauckhage vertretenen Politik zu erhalten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartloff, SPD: Sie glauben, dass diese bäuerliche Struktur zu erhalten ist?)

Das wissen Sie doch. Wir brauchen nicht nur die bäuerliche Struktur, sondern wir brauchen für den ländlichen Raum neue Entwicklungsmöglichkeiten. Wir brauchen neue Chancen. Sie müssen mitmachen. Von Ihnen hören wir nichts.

Man muss sich nur das Wirtschaftsministerium ansehen. Sie sind leider jetzt alle nicht da. Herr Bauckhage, Herr Glahn und Herr Eymael sind unser Innovationsteam im Wirtschaftsministerium. Wenn das die Problemlösung ist, dann möchte ich das Problem nicht sehen. Wie muss dann erst das Problem aussehen?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich bin der Meinung, diese drei Herren im Wirtschaftsministerium an der Spitze sind ein Teil des Problems und können nicht Teil der Lösung werden, weil sie immer nur Althergebrachtes neu daherbeten. Da muss eine Änderung, eine Erneuerung erfolgen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben heute schon einige Male über das Elend der Kommunen gesprochen. Wenn ich das richtig sehe ist Herr Ramsauer auch nicht mehr im Saal. Er kommt aus der Stadt Ludwigshafen. Dort war er bis vor kurzem Dezernent. Dort ist er Parteivorsitzender. Die Stadt Ludwigshafen hat 200 Millionen DM, 100 Millionen Euro Finanzierungslücke trotz Schuldenaufnahme. Das ist in Deutschland die Stadt, die prozentual die größte Finanzierungslücke hat. Es ist falsch, wenn man sich dann hierhin stellt und sagt, das interessiert uns nicht, wir brauchen kein hektisches Programm, sondern wir wollen das so weitermachen wie bisher.

(Hartloff, SPD: Das hat er doch überhaupt nicht gemacht!)

Sie hatten die Chance, in den Beratungen noch einmal nachzulegen. Es hat niemand getan. Wir haben deswegen einen finanzierbaren Antrag gestellt, nämlich 70 Millionen Kredite jetzt in die Kommunen zu geben, und zwar vom Land und von der ISB.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Herr Kuhn, Sie haben in den Kommunen keine Verantwortung, da können Sie leicht reden. Damit können Schulen renoviert, soziale Arbeit kann gemacht werden. Das sind die Dinge, die am dringendsten und am wichtigsten sind. Dazu hören wir von Ihnen nichts.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Wir hören immer nur die gleichen Verteidigungsstrategien und -reden. Es gibt keinen Input, keine neue Zün

dung für Investitionen, um soziales Elend zu bekämpfen und die Bildung zu fördern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren immer wieder Vorschläge gemacht, wie man neue Ideen im Mittelstand umsetzen kann. Herr Bauckhage stellt sich heute bestimmt noch ans Mikrophon, Mister Mittelstand. Herr Beck hat schon gesprochen, Mister Mittelstand und Großindustrie. Er hat für beide plädiert. Das ist durchaus richtig so. Wir haben einen Anschub, das will ich hier loben. Wir hatten einen Anschub in der Fachhochschulförderung. Das war gut und richtig so. Inzwischen haben wir eine ganz gute Fachhochschullandschaft in Rheinland-Pfalz. Da muss noch mehr geschehen. Es nutzt nichts, dass wir nur den Anschub haben, sondern jetzt muss weiterentwickelt werden. Es muss der Weg von den Fachhochschülern zu denjenigen geschafft werden, die in Rheinland-Pfalz eine Existenz gründen und dableiben wollen. Diese brauchen in Rheinland-Pfalz die Unterstützung.

Herr Kuhn, Sie hatten gesagt, jeder Selbstständige schafft vier Arbeitsplätze. Soweit ich weiß, sagt Herr Bauckhage, es sind fünf Arbeitsplätze. Darüber wollen wir uns nicht streiten. Natürlich ist es wichtig, Gründungen in Rheinland-Pfalz zu halten. Dazu brauchen wir das Umfeld. Wir brauchen ein Umfeld, das umweltmäßig richtig gut und attraktiv ist. Wir brauchen eines, das Bildungsniveau hat, das Kinderbetreuung hat. Genau diese normalerweise weichen Standortfaktoren sind inzwischen die entscheidenden Standortfaktoren geworden.

Wir brauchen in Rheinland-Pfalz Initiativen und nicht nur Gelder, die Mitnahmeeffekte bewirken, nämlich Zuschussprogramme, die das innovative Wirtschaftsministerium immer wieder neu auflegt. Da wundert sich das Ministerium, warum die Programme das nicht gebracht haben, was man gern wollte. Wir brauchen gezielte, regional angesiedelte Förderung, die regional gebündelt ist. Wir schlagen das seit Jahren vor.

(Dr. Schmidt, SPD: Wir machen das schon!)