Frau Präsidentin, meine Damen und Herrn! Ich will bei dieser Diskussion einen anderen Ansatz wählen als den, den meine Vorrednerin gewählt hat. Ich will nicht mit dem Kochbuch winken, sondern die Sache auf ein etwas höheres Niveau stellen.
Das war ein schwieriger Prozess, ein internationaler Prozess, der im wahrsten Sinn global durch Frauenkonferenzen weltweit ausgelöst wurde. Die Frauen haben gesehen, dass man nicht nur die Frauenförderung nach vorn treiben muss, sondern dass man insgesamt – das haben die beiden Anträge in ihrer schriftlichen Begründung dargestellt – einen neuen Weg beschreiten muss.
Ich will diesen Weg mit anderen Wegen vergleichen, die beschritten worden sind. Vor Jahren haben wir einmal damit begonnen, in der Bildung von ISO 9000 zu sprechen. Wir haben Agendas in den verschiedenen Bereichen behandelt, zum Beispiel in der Landwirtschaft usw. Wir sprechen über Evaluation im Hochschulbereich, und
wir sprechen über Qualitätsmanagement in den unterschiedlichen Bereichen. Der Begriff „Gender Mainstreaming“ ist meiner Meinung nach in gleicher Augenhöhe mit diesen Prozessen anzusetzen.
Sie haben alle beschrieben, dass es sich um einen Prozess handelt. Unter diesen Vorgaben müssen wir meiner Meinung die Sache auch betrachten. Da haben Sie mit Ihrem Protest natürlich wieder Recht. Ihr Antrag wird diesem Prozessdenken in dieser Frage so auch nicht gerecht. Das haben Sie in den Ausschussberatungen so von uns erfahren; denn Sie verfallen – wie Sie das eben auch getan haben – mit Ihrer Diskussion wieder in die alten Rituale der Frauenförderung. Sie listen dann in Ihrem Antrag alle Kleinigkeiten, so wie Sie das im Haushalt gemacht haben, wieder auf, bei denen Sie der Meinung sind, dass Sie sie sinnvollerweise erreicht haben. Meine Damen und Herren von der SPD und der FDP, das reicht eben nicht in diesem Prozess.
Wenn Sie anders an die Sache herangehen – ich kann nur immer wieder sagen, Sie haben es beschrieben und Herr Minister Gerster hat es im Sozialpolitischen Ausschuss auch noch einmal schön auf den Punkt gebracht –, müssen Sie eben sagen, dass dieser Prozess auf einem hohen Niveau stattfinden muss und gar nicht für alle Politikfelder gedacht ist, sondern für Entscheidungsprozesse, bei denen man eben zu Beginn darüber nachdenken soll, wie beide Geschlechter im Sinn – wenn man jetzt nach Deutschland schaut – unseres Grundgesetzes und unserer Landesverfassung in Zukunft bessere Chancen haben, um beide Interessen – dann beziehe ich die Familie noch mit ein – zu verankern.
Die Europäische Union hat das in ihrer Entscheidung 1999 zugespitzt, indem sie gesagt hat, man sollte versuchen, das über die Bereiche, die mit der Beschäftigung zusammenhängen, besonders nach vorn zu treiben. Frau Kollegin Kipp, Sie haben auch erwähnt, Geld solle es nur dann geben, wenn diese Prozesse mit bedacht worden sind.
Noch eine Aussage zu der Bemerkung, es hätte schon Früchte getragen: Das kann gar nicht sein; denn die Prozesse können erst beginnen. Im Übrigen ist der einzig sinnvolle Ansatz im Antrag der Regierungsfraktionen der, (Zuruf der Abg. Frau Kipp, SPD)
dass das Personal in der Landesregierung entsprechend geschult werden muss, also mit den Prozessen und mit dem, was damit zusammenhängt, vertraut gemacht werden muss.
Weil Sie es nicht lassen konnten, das zu loben, was Sie in der Vergangenheit schon richtig gemacht haben, will ich zu zwei Stellen etwas sagen: Ziel des Gender Mainstreamings ist sicher nicht, dass wir nachher all das, was Männer und Frauen anbelangt, im Verhältnis 1 zu 1
haben, egal ob es jetzt um Stellenbesetzungen geht oder um die Förderung in anderen Bereichen. Wenn Sie aber bestimmte Bereiche in Ihrem Antrag erwähnen und andere weglassen, gibt das zu denken und muss kommentiert werden.
Unter IV. Ihres Antrags heißt es unter anderem, das Landesgleichstellungsgesetz habe sich hervorragend bewährt. Sie belegen das mit der positiven Entwicklung in der Justiz und namentlich bei den Staatsanwältinnen und Richterinnen.
Auch das ist in einer Ausschussberatung von Frau Ahnen mit der besonderen Bemerkung versehen worden, dass sie es für bemerkenswert halte, dass ausgerechnet in dem Bereich, in dem es nach Eignung, Leistung und Befähigung gehe, die Frauen relativ gut wegkämen. Das ist eigentlich auch ein Prozess gewesen. Es gab eben im Lauf der Jahre mehr Jurastudentinnen. Die hatten dann, wen wundert es, zum Schluss die besseren Examensnoten. Als sie sich für den Öffentlichen Dienst beworben haben, sind sie dann auch nach Eignung, Leistung und Befähigung in einer größeren Zahl zum Zug gekommen. Deshalb haben wir dort eine positive Entwicklung. Das reicht inzwischen hin bis zu Führungspositionen. Ich sage auch: Meiner Meinung nach war im Justizministerium schon sehr lange eine Tendenz vorhanden, Frauen in besonderer Art und Weise zu fördern.
Wenn Sie das nun spiegelbildlich für den Schulbereich betrachten – gerade im Grundschulbereich sind 90 % Lehrerinnen –, werden Sie bei den Führungspositionen feststellen, dass es dort genau umgekehrt ist und die 10 % Männer, die dort vorhanden sind, die Führungspositionen besetzen. Woran liegt das? Dass Frauen nicht engagiert genug nach Führungsämtern streben. Wenn dort aber ein Mann ist – ich nenne jetzt beispielhaft den Schulbezirk in Kaiserslautern –, nämlich ein Schulrat, der über Jahre hinweg Frauen fördert, indem er sie auffordert, die entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen zu besuchen, um nachher in Führungspositionen berufen werden zu können, weil sie auch dort wieder die Eignung, Leistung und Befähigung mitbringen müssen, funktioniert das auch.
Auch in diesem Zusammenhang stelle ich dar, dass nichts von selbst kommt und man selbstverständlich – das sagen wir Frauen schon lange – Netzwerke braucht. Da können durchaus auch Männer drin sein, wenn es um Frauen geht; da müssen nicht nur Frauen drin sein. Man braucht natürlich auch aktives Tun. Da will ich das Ada-Lovelace-Projekt noch einmal aufgreifen. Das ist eine gute Idee. Das gilt übrigens auch für das Mentorinnenprojekt von Frau Dr. Götte, das für den politischen Bereich durchaus zu begrüßen ist. Deshalb haben wir auch alle mitgemacht.
Ich denke, es gibt Ansätze, die nicht spezifisch für Rheinland-Pfalz, sondern in anderen Ländern entdeckt worden sind.
Meine Damen und Herren, es fällt auf, dass die Wissenschaft und der Hochschulbereich in Rheinland-Pfalz in Ihrem Antrag außer dem genannten Ada-Lovelace
Programm keinerlei Erwähnung finden. Offensichtlich haben Sie gesehen, dass sie hier große Defizite haben und die entsprechenden Fördermaßnahmen auch in den Gesetzen, wie von uns immer vorhergesagt, gar nicht die große Wirkung erzielten haben, weil viele Frauen diesen Weg jahrzehntelang nicht in der Form angestrebt und Männernetzwerke oft auch das Vorwärtskommen von Frauen nicht gerade begünstigt haben. Aus diesem Grund handelt es sich um einen ganz langsamen Prozess. Ich denke, das gehört zur Wahrheit und zur Objektivität dazu.
Durchaus überlegenswert ist, dass nach einem Jahr ein Bericht gegeben werden soll, wie sich das tatsächlich darstellt. Zum Antrag der Grünen möchte ich nur so viel sagen, dass ich ihn vom Grundsatz her richtiger als den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP finde. Allerdings sind die GRÜNEN naturgemäß in diesen Bereichen sehr pointiert und schießen nach unserem Dafürhalten ein gutes Stück über das Ziel hinaus.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine diejenigen, die diese Debatte noch interessiert und die noch im Hause sind.
Liebe Frau Kipp, ich komme zu dem Eindruck, dass man mit einer guten Portion Optimismus ausgestattet sein muss, wenn man über viele Jahre bei der SPD Frauenpolitik macht und jetzt auch für dieses Prinzip Gender Mainstreaming eintreten will, wird und auch tut. Das habe ich den Bewertungen entnommen, was die Landesregierung alles umsetzt.
Liebe Anne Kipp, noch viel mehr habe ich dem entnommen, was Sie über Ihre Kollegen Schweitzer und Pörksen gesagt haben.
Frau Kipp, ich weiß, es war scherzhaft gemeint. Es war mit Sicherheit auch von Herrn Pörksen scherzhaft gemeint.
Herr Pörksen und Herr Schweitzer, noch eine solche Anfrage, und Sie bekommen von mir einen Freifahrt
Ich weiß, wir haben das bei der ersten Debatte definiert. Auf der Galerie gibt es aber einige Zuhörer und Zuhörerinnen, für die ich kurz den Begriff erklären möchte. Gender Mainstreaming bedeutet – ohne dass ich das wörtlich übersetze –, dass bei allen Maßnahmen in politischen Prozessen, z. B. innerhalb der Unternehmensführung und in der Art und Weise, wie Unterricht gestaltet und Bildungspolitik ausgestaltet wird, die Überlegung im Vordergrund stehen muss, ob die Interessen von Frauen und Männern in gleichem Maß berücksichtigt werden. Gender Mainstreaming ist eigentlich präventive Geschlechterpolitik. Auch das müsste man noch einmal erklären.
Frau Kipp, ich war einen kurzen Moment nicht im Saal, als Sie zu den Anträgen gesprochen haben. Ich weiß aber, dass in den verschiedenen Ausschüssen, in denen die Anträge beraten wurden, sowohl von Ihnen als auch von den CDU-Vertreterinnen immer zu hören war, dass die GRÜNEN mit ihrem Antrag weit über das Ziel hinausschießen.
Sie – die FDP noch viel mehr – haben die Notwendigkeiten, sich auf das Tempo der Landesregierung einzulassen. Wir haben mit unserem Antrag eine ganz andere Absicht gehabt. Das Ziel ist das gleiche, die Instrumente sind anders. Wir wollen uns nicht auf das Tempo der Landesregierung einlassen, sondern Ihnen Tempo machen.
Deswegen haben wir Maßnahmen und einzelne Projekte vorgeschlagen, die breite Bereiche in der Landesverwaltung und in der Landespolitik betreffen. Das fängt bei Gender Mainstreaming in den Hochschulen und den Universitäten an. Ich empfehle Ihnen einmal die Lektüre eines rotgrünen Gender-Mainstreaming-Antrags im Bundestag,
der speziell den Wissenschafts- und Hochschulbereich betrifft. Lesen Sie einmal nach. Er weckt Begeisterung und ist viel konkreter als das, was Sie vorgelegt haben.
Wir haben Vorschläge gemacht, wie man genau diesem Handikap, das Frauen oft haben, und zwar auch noch im öffentlichen Dienst, abhelfen kann, nämlich dass es keine bestehenden und gewachsenen Netzwerke wie die Beziehungsgeflechte, die Männer miteinander haben, gibt. Wir wollen solche Prozesse fördern, um solche Frauennetzwerke entstehen zu lassen, die für ihre berufliche Karriereplanung genutzt werden können und ihnen zugute kommen.
Wir haben Gender Mainstreaming auf den Bereich der Finanzhilfeberichterstattung bis hin zu dem Haushalt heruntergebrochen. Wir wollen – das wollen sie auch
nicht so recht – ein richtiges Gender-Kabinett, das diese Gesamtprozesse steuert, aber auch ein Controlling durchführt und damit dem ganzen Prozess Energie und Kraft verleihen kann.
Ich könnte Ihnen noch mehr dieser einzelnen Maßnahmen nennen. Ich finde überhaupt nicht, dass wir über das Ziel hinausschießen. Ich möchte in dem Zusammenhang auf Ihren Vorwurf, dass das zu schnell geht, mit einem Zitat von Dante reagieren. Ich glaube nicht, dass er viel Ahnung von Gender Mainstreaming hatte. Er hatte sehr viel grundsätzlicher gesagt: „Der heißeste Platz in der Hölle ist denen vorbehalten, die lau blieben, wo sie sich zwischen Gut und Böse hätten entscheiden müssen.“ In Abwandlung will ich vielleicht sagen: Der heißeste Platz in der Hölle ist denen vorbehalten, die nicht Tempo machen, wenn Tempo notwendig ist.