Protocol of the Session on January 24, 2002

In diesem Kontext stehen folgende Fragen: Wieso werden je Einwohner weit weniger neue Firmen ins Handelsregister eingetragen als in anderen Ländern? Warum wandern mehr clevere und gut ausgebildete Leute aus Rheinland-Pfalz nach außerhalb aus, als zu uns kommen? Die Arbeitsplätze, die in Rheinland-Pfalz fehlen, fehlen natürlich in der gesamten Republik. Das ist unsere Verantwortung, über die wir hier im Landtag reden müssen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich habe noch den Beitrag von Herrn Kollegen Mertes von vor einigen Wochen im Ohr, als wir über die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten debattiert haben. Auch da spielte das Thema schon eine zentrale Rolle. Herr Mertes geht ans Pult und erklärt, es sei schon immer so gewesen, dass die Leute aus dem Hunsrück weit weg zur Arbeit fahren, weil sie keine andere Wahl haben.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Früher nach Amerika!)

Wie will man mit dieser Einstellung Rheinland-Pfalz nach vorn bringen und unseren Nachholbedarf ausgleichen?

(Mertes, SPD: Es war keine präzise Formulierung!)

Wie will man das damit schaffen?

(Beifall der CDU)

Da wir in diesen Wochen den neuen Doppelhaushalt beraten, will ich gleich hinzufügen: Die Frage der Wirtschaftspolitik dieses Landes ist nicht die Frage von zu wenig Geld für die Wirtschaftsförderung – im Gegenteil. Verborgen und verschachtelt in Kapiteln des Haushalts des Wirtschaftsministers steht eher mehr zur Verfügung, als sinnvoll und zielgerichtet ausgegeben werden kann.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Endlich erkennen Sie das auch einmal, Herr Wirz!)

Ja, das haben wir schon länger erkannt. Auf Kante genäht ist da gar nichts, um in der neuen Diktion zu bleiben. Die Ergebnisse sind eher bescheiden. Es fehlt ein überschaubares Konzept mit wirksamen Schwerpunkten. Daran müssen wir arbeiten. Dazu will unser Antrag auch einen wichtigen Anstoß geben.

(Schwarz, SPD: Das glauben Sie selbst nicht!)

Herr Kollege Schwarz, um es nicht unerwähnt zu lassen, sage ich, auch für den so genannten zweiten Arbeitsmarkt leistet sich unser Land eine fürstliche Ausstattung. Mit welcher Langzeitwirkung?

Seit Wochen – wir haben es heute Morgen wieder gehört – läuft die Propaganda für das „Mainzer Modell“. Natürlich geschieht das auch zum Ruhm des Sozialministers, der sich für neue Aufgaben empfehlen will, wenn der Wähler im September denn mitmacht.

(Mertes, SPD: So eine Frage wird sich an Sie wahrscheinlich nicht richten!)

Herr Kollege Mertes, natürlich ist es richtig, bei niedrigen Einkommensgruppen Anreize zur Arbeitsaufnahme und zum Angebot von Arbeit zu schaffen. Aber das ist doch wohl nicht die entscheidende Antwort auf 4 Millionen Arbeitslose und dabei mit einem Modell aus einem Bundesland zu kommen, das zusammen mit Sachsen-Anhalt die wenigsten Arbeitsplätze pro tausend Einwohner aufweist, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Mertes, SPD: Das sagt auch kein Mensch!)

Meine Damen und Herren, es kommt uns darauf an, gerade in dieser Zeit und in der Lage, in der wir uns jetzt befinden, unsere eigene Verantwortung für RheinlandPfalz und unsere Mitverantwortung für den Bund deutlich zu machen. Der Ministerpräsident versucht sich gern

damit herauszureden, indem er uns vorwirft, Bundestagsdebatten an falscher Stelle anzuzetteln.

(Frau Spurzem, SPD: Wenn er Recht hat!)

Deshalb möchte ich ihn hier und jetzt daran erinnern, dass nicht nur in Berlin mit seiner Mitwirkung im Deutschen Bundesrat, sondern auch in Rheinland-Pfalz Wirtschaftspolitik gemacht wird. Wie die Tatsachen beweisen, ist es leider nicht immer die allerbeste.

Meine Damen und Herren, ich möchte nun zu unserem Antrag zur Verbesserung der Situation in der Bauwirtschaft kommen.

(Frau Spurzem, SPD: Ah, doch zum Thema!)

Die Bauwirtschaft befindet sich bundesweit und in uns erem Land in einer besonders kritischen Lage. Das hat eine ganze Reihe von Gründen. Ich nenne nur die zurückhaltende Investitionstätigkeit der Wirtschaft. Natürlich spielt auch die Marktsituation im Wohnungsbau eine entscheidende Rolle. Nach den großen Zuwanderungswellen zu Beginn der 90er-Jahre ist nun nicht zuletzt durch die zahlreichen Konversionsobjekte gerade in unserem Land eine gewisse Marktsättigung eingetreten, an der niemand vorbeischauen kann. Dennoch müssen wir überlegen, wo im Bereich des Wohnungsbaus Bedarf besteht und es eine Nachfrage gibt, die wir mit geeigneten Maßnahmen auch mobilisieren können.

Dieser Bedarf besteht für die Pflege des Wohnungsbestands, bei Umbauten, Sanierung und Modernisierungsmaßnahmen. Hier liegt nicht zuletzt auch für das gesamte Baunebengewerbe eine Chance. Wir können diese Nachfrage mobilisieren, indem wir Investitionen für selbst genutztes Wohnungseigentum und für vermietetes Wohnungseigentum steuerlich gleich behandeln. Die Tatsache, dass Investitionen im Bestand des selbst genutzten Wohnungseigentums steuerlich nicht absetzbar sind, ist ein Investitionshindernis, das wir ohne großen Aufwand beseitigen könnten. Die CDU regt deshalb an, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, um das Steuerrecht entsprechend zu verändern.

Wir alle wissen, dass gerade in diesem Bereich auch der Anreiz – um noch einen weiteren Gesichtspunkt anzufügen – zur Schwarzarbeit aus Kostengründen sehr groß ist und auch stattfindet, meine Damen und Herren. Wenn nun die nachgewiesenen Aufwendungen steuerlich absetzbar sind, dann wird dieser Anreiz beseitigt. Damit besteht auch die Chance, eine solche Korrektur des Steuerrechts im Ergebnis kostenneutral für den Staat zu verwirklichen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt aber nicht! Wer hat das durchgerechnet?)

Meine Damen und Herren, zugleich tun wir etwas sehr Sinnvolles für die Pflege und die Werterhaltung der Vermögen der Familien und Privathaushalte, die auch

um der Zukunft der Alterssicherung willen im Interesse des Gemeinwohls ist.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Margit Mohr das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Die deutsche Wirtschaft stagniert“, „Das Wachstum liegt knapp über null“, „Das Haushaltsdefizit ist am Limit“ und „Eichel bleibt hart“, so lauten in der letzten Zeit die Schlagzeilen vieler Zeitungen. Wahr ist, die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland hat sich abgeschwächt. Das Jahr 2001 war wirtschaftlich nicht zufrieden stellend. Die gegenwärtige Schwächephase der deutschen Wirtschaft ist teils Folge der weltweiten Konjunkturabkühlung, teils noch das Ergebnis des Kaufkraftentzugs im Inland durch den Preisanstieg bei Energie und Nahrungsmitteln.

(Lelle, CDU: Aber nur teils!)

Durch eine weitere Schwächung im dritten Quartal des vergangenen Jahres ist das Wirtschaftswachstum auf ungefähr um 0,6 % gesunken. Diese konjunkturelle Abschwächung belastet zunehmend den Arbeitsmarkt. Der beschleunigte Preisanstieg 2001 und auch zu Beginn des Jahres 2002 beeinträchtigt das real verfügbare Einkommen der privaten Haushalte und die Ertragslage der Unternehmen. Damit schwächen sich der private Verbrauch und die Unternehmensinvestitionen erheblich ab.

Meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie sich vor diesem Hintergrund und mit Hinblick auf die Haushaltsberatungen und den beginnenden Bundestagswahlkampf dieses zentrale wirtschaftspolitische Thema nicht haben entgehen lassen, ist opportun.

(Lelle, CDU: Es ist nachvollziehbar!)

Meine Herren, es befremdet mich aber, dass ich zu Beginn der Debatte von 39 Abgeordneten gerade einmal 8 hier im Hause vorfand.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, wir brauchen uns in Rheinland-Pfalz nicht zu verstecken. Auch wenn die Mittel knapp sind, tun wir nicht nur das Nötigste, sondern nehmen die Herausforderungen, vor denen unser Land steht, an und suchen offensiv und zukunftsorientiert nach Lösungen. Rheinland-Pfalz ist eng verflochten mit vielen europäischen Nachbarn und hat Anteil an innovativen innerdeutschen Wirtschaftsregionen. So sind Mainz und zunehmend ganz Rheinhessen Teil des RheinMain-Gebiets. Ludwigshafen und Worms gehören zum Rhein-Neckar-Dreieck. Der südliche Landesteil ist wich

tiger Bestandteil der PAMINA-Zusammenarbeit am Oberrhein, und die Westpfalz, Trier und die Südeifel sind über die Kooperation Saar-Lor-Lux-Rheinland-Pfalz eng miteinander verbunden.

(Schreiner, CDU: Und die Rheinland-Pfälzer arbeiten woanders! – Itzek, SPD: Ist das schlimm! – Pörksen, SPD: Ja und!)

Auch im Norden des Landes gewinnt die Entwicklung der Euregio Rhein-Maas und des Köln/Bonner Raums erheblich an Bedeutung.

(Itzek, SPD: Sie sind ja gleich in den Landtag gegangen!)

Viele Menschen aus Rheinland-Pfalz finden in unseren Nachbarregionen Arbeit, aber auch viele Unternehmen im Land – hören Sie bitte zu! –

(Pörksen, SPD: Nein, nein!)

ziehen über die Landesgrenzen hinweg Arbeitspendler und Kunden an. Als Kernregion mitten in Europa müssen wir diese Chancen nutzen.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Wir können uns nicht abgrenzen. Wo gibt es denn das?

(Schreiner, CDU: Wenn wir uns nicht abgrenzen wollen, dann müssen wir auch Arbeitsplätze für Hessen in Rheinland-Pfalz schaffen!)

Wie viel Arbeitsplätze haben Sie geschaffen?