Protocol of the Session on November 15, 2001

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ein technischer Schutz gegen solche terroristischen Anschläge nicht möglich ist, wie Lothar Hahn sehr überzeugend dargestellt hat, dann kann Sicherheit nur hergestellt werden, indem wir so schnell wie möglich aus dieser Technologie aussteigen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nun kam erstaunlicherweise von Frau Kohnle-Gros, CDU, die Forderung, die im Moment laufenden Castor-Transporte einzustellen. Dies geschah nicht, weil sie das Risiko eines terroristischen Anschlags auf die Atomtransporte befürchtete, sondern aufgrund der enormen zeitlichen Überforderung der Polizei aufgrund der vielen auf sie zugekommenen zusätzlichen Aufgaben.

Damit bin ich schon bei dem weiteren Punkt der Sicherheitsmaßnahmen der Landesregierung, zum Beispiel bei Neueinstellungen der Polizei. Herr Hörter hat es schon zitiert. Herr Märkert hat es deutlich auf den Punkt gebracht, das Maßnahmenpaket der Landesregierung ist Augenwischerei. Alles, was wir bekommen, sind längst bekannte Koalitionsvereinbarungen. Das gilt natürlich auch genauso für die 150 zusätzlichen Einstellungen von Strafvollzugsbeamtinnen; denn das ist auch schon lange geplant gewesen. Das ist auch nichts Neues. Herr

Pörksen, darum mussten Sie natürlich auch auf persönliche Diffamierungen in Ihrer Rede zurückgreifen,

(Pörksen, SPD: Frechheit! Wer hat hier diffamiert? Ich doch nicht!)

weil Ihnen eine Bejubelung dieser Maßnahmen der Landesregierung – selbst Ihnen – wohl nicht leicht gefallen ist.

Meine Damen und Herren, mit 75 Polizeianwärterinnen mehr und der Entlastung von 75 Polizeibeamtinnen durch Angestellte wird natürlich auch der horrende Überstundenberg, den die Polizei im Moment vor sich herschiebt, nicht bewältigt werden können. Darum ist es notwendig, die Aufgabenstellung der Polizei ebenso wie die Prioritätensetzung kritisch zu durchleuchten. Wie lange zum Beispiel wollen wir die Rasterfahndung durchhalten? Diese Fahndungsmethode belastet die Polizei enorm. Ihre Effizienz ist unter Fachleuten heftig umstritten.

Dazu gehört auch – ich zitiere noch einmal den Vorsitzenden des Bundes der deutschen Kriminalbeamten – die Frage, ob wir die großen Führungsstäbe bei den Direktionen im vorhandenen Ausmaß brauchen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bin sofort fertig. Einfach immer nur mehr Quantität im Polizeibereich bringt nicht unbedingt auch gleich mehr Qualität. Wir müssen in einen fruchtbaren Dialog eintreten, nicht nur mit Expertinnen von Polizei, sondern auch mit Experten und Expertinnen vom Datenschutz; denn nur so macht das viel strapazierte Wort von Benjamin Franklin Sinn: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Pörksen das Wort.

Meine Damen und Herren! Was hätten wir doch heute Morgen bloß gemacht, wenn Herr Märkert nicht gesprochen hätte? Frau Grützmacher muss sich inzwischen auch auf ihn berufen. Sie hat nur vergessen, auch Herrn Conradt zu erwähnen. Natürlich ist es üblich, sich immer derjenigen zu bedienen, die einem gerade nach dem Mund reden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie machen das auch so! – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schließen Sie nicht von sich auf andere!)

Herr Kollege Hörter, wenn Sie hier auf der einen Seite sagen, es seien alles „olle Kamellen“ – das wissen Sie besser als ich, was das ist – –

(Hörter, CDU: Richtig!)

ein paar kenne ich auch davon – –, dann haben Sie wieder nichts dazu gesagt, was Sie auf der anderen Seite so preisen, die anderen Bundesländer. Dann sind das auch alles alte Kamellen, wenn die hier drin sind. Das wissen Sie doch ganz genauso gut wie ich. Es geht um die Frage, den Leuten nicht dauernd neue Maßnahmen vorzuschlagen, sondern das, was man macht, in einem Paket aufzuzeigen. Was ist daran zu beanstanden?

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie zu den Schutzwesten kommen, dann mache ich vielleicht noch eine kleine Bemerkung. Sie sagten, wir würden die – – –

(Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Seien Sie bloß ruhig, Sie Schreier dahinten.

Wenn Sie zu Schutzwesten reden, dann erinnern Sie sich anscheinend nicht mehr daran, wer hier durch die Lande gezogen ist und sie den Polizisten einzeln angemessen hat. Das waren doch Sie, nicht wir.

(Beifall bei der SPD)

Es geht auch nicht um 600, sondern um 6.000 Schutzwesten, die einzeln angemessen werden müssen. Das ist ein Riesenaufwand. Auch dort ist das Land Rheinland-Pfalz weiter als andere Bundesländer. Das wird man vielleicht noch sagen dürfen, ohne hier gleich so gescholten zu werden, wie es die leider abwesende Kollegin Frau Kohnle-Gros gemacht hat. Das finde ich dann nicht ganz in Ordnung.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich möchte auch nur kurz etwas zu den Reden sagen, die hier vorhin gehalten worden sind, gerade von ihrer Fraktion und auch von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber die haben eben etwas anderes gesagt. Da wurde davon geredet, dass wir viel zu viel Geld ausgeben würden. Wenn wir all das machen würden, was Sie vorschlagen – wir kommen nachher noch einmal darauf zurück –, würde das weniger Geld kosten? Dann muss man auch da in der Argumentation ehrlich sein. Oder wollen Sie den Kommunen dann noch über das, was sie mehr hergeben müssen, hinaus gehendes nehmen? Ich denke, man muss dann auch schon ein bisschen vernetzt reden und nicht nur so tun, als ob man vernetzt denken würde. Ich finde, das muss man in diesem Zusammenhang schon erwähnen.

Wenn Frau Grützmacher jetzt mit dem Atomausstieg hier ankommt und dann zum Sicherheitspaket redet, dann finde ich das schon fast lächerlich. Frau Kollegin, wenn Sie Ihre Argumentation nur auf einen einzigen

Punkt reduzieren, dann kann man Ihre Argumente meines Erachtens nicht so wahnsinnig ernst nehmen.

(Glocke des Präsidenten – Zuruf von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sagen, die Zahlen bei der Polizei sollte man dadurch korrigieren, dass man ihnen andere Aufgaben zumisst oder andere Aufgaben wegnimmt, dann sagen Sie uns einmal, was Sie genau damit meinen und nicht den Datenschutz hier einfach in den Raum werfen, sondern dann sagen Sie, wo Sie die Polizei von Arbeit entlasten wollen. Da höre ich gern zu.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Lammert das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über Maßnahmen, die die Innere Sicherheit des Landes Rheinland-Pfalz erhöhen sollen. Ich muss zugeben, ich fühle mich deutlich sicherer, seit unsere Ausweise vom Landtagspräsidenten höchs tpersönlich unterschrieben worden sind.

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: So einfach ist das bei Ihnen! Mir reicht das nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sicher ist auch, das Maßnahmenpaket der Landesregierung ist die sicherste Möglichkeit, sich in Kaisers neuen Kleidern lächerlich zu machen. Es enthält im Wesentlichen Altbekanntes, ohnehin Geplantes und bereits seit langem Angekündigtes, betrachtet man nur einmal die Personalpolitik im Bereich der Polizei. Der Personalabbau bei der Polizei in den letzten Jahren setzt sich weiter fort. Wir sind bereits bei unter 9.000 Beamtinnen und Beamten im Land.

(Zuruf des Staatsministers Zuber)

Herr Zuber, das ist richtig, zwar wollen Sie jetzt 300 einstellen, das haben Sie allerdings auch schon in Ihren Koalitionsvereinbarungen und in der Landesregierung im Mai angekündigt. Ich denke, Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass aktuell die Zahl der regulären Ruhestandsversetzungen deutlich über der Zahl der Neueinstellungen liegt, was bedeutet, dass natürlich nach wie vor ein Personalabbau stattfindet.

(Beifall bei der CDU)

30 % Personalfehlbedarf im Wechselschichtdienst!

Herr Zuber, ich kann Ihnen nur einmal empfehlen, gehen Sie einmal in eine Polizeiinspektion im Land, vielleicht sogar im ländlichen Bereich.

(Staatsminister Zuber: Da war ich schon, da haben Sie noch in den Windeln gelegen!)

Dort finden Sie zum Teil in der Nachtschicht oftmals nur gerade einmal drei Beamte. Ich kann Ihnen einen Besuch in meinem Wahlkreis oder im Rhein-Lahn-Kreis gern einmal empfehlen. Da finden Sie zum Teil gerade einmal drei Beamte im Nachtdienst. Oftmals ist nur ein Streifenwagen zu besetzen. Mehr ist nicht mehr möglich. Daher fordert die CDU – dazu werden wir nachher auch noch einmal kommen –, mindestens jährlich 400 Anwärterinnen und Anwärter bei der Polizei einzustellen, um dort endlich auch wieder langfristig den Polizeistand entsprechend zu erhöhen.

Vielleicht kurz noch einmal zu dem Thema „Schutzwesten“. Herr Pörksen hat es vorhin auch angesprochen. Ich will es trotzdem noch einmal verdeutlichen und klar sagen. Die Landesregierung versucht, uns die Anschaffung dieser 6.000 individuellen Schutzwesten trotzdem als neue Maßnahme zu verkaufen. Ich bezeichne es nach wie vor – ich kann mich Frau Kohnle-Gros nur anschließen –

(Pörksen, SPD: Seien Sie vorsichtig!)

als dreist, dass Sie diese Maßnahme als neue Maßnahme ansprechen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich habe noch eine halbe Minute.

Die Maßnahme im Übrigen wurde vonseiten der Landesregierung seit langem angekündigt und ist erst durch massiven Druck vonseiten der CDU und der Polizeigewerkschaften umgesetzt worden. Auch daran sollte vielleicht in diesem Zusammenhang erinnert werden.