Protocol of the Session on February 16, 2006

Meistens ist es leider so, dass die, die sich sowieso dafür interessieren, kommen, und die anderen kommen nicht. Aber das haben wir in der Kirche und überall so. Da muss man dranbleiben. Weiterbildung – das gilt für uns alle – muss einfach sein. Da muss man auch ein bisschen Druck ausüben, wenn sich dann schon die Parlamente solche Dinge zu eigen machen, dass diejenigen, die staatlicherseits das umsetzen müssen, das auch entsprechend machen.

Ich denke einmal, dass das alles soweit in Ordnung geht. Vielleicht auch noch einmal, weil die Zahlen da sehr interessant sind mit den Interventionsstellen: Es soll jetzt ausgebaut werden. In der Frage war ich übrigens nicht nur visionär, sondern prophetisch veranlagt. Bei der Anhörung zum POG habe ich nämlich gesagt, dass in keinem Fall – jetzt haben Sie gerade nicht zugehört, als ich etwas über mich gesagt habe – die Struktur, die damals da war – da waren es noch keine fünf, ich glaube, es waren drei Stellen, zwei kamen jetzt dazu in jedem Polizeipräsidiumsbereich –, ausreichen wird, weil einfach der Bedarf dann durch die Entwicklung auch so sein wird.

Aber interessant in der Frage Nummer 13 ist einfach die Zahl, dass fast die Hälfte der Opfer – weiblich und männlich – nicht will, dass die Polizei ihre Daten an die Interventionsstellen weiterleitet. Das heißt, wir müssen da noch ein Stück weit arbeiten. Es ist schwierig. Ich habe gesagt, davon ist auch ein hoher Ausländeranteil betroffen. Aber auch die sozialen Komponenten sind da nicht immer ganz einfach. Ich sage das einmal ganz vorsichtig. Ich sage das auch vor allem im Sinn der Kinder, weil das schon wichtig wäre. Das sind Familien, wo Gewalt zum Alltag gehört. Das sind meistens Fälle, dass das nicht ein einmaliger Vorgang mit der Gewalt ist, sondern Fälle, wo Gewalt zum Alltag gehört, aus welchen Gründen auch immer, und da sind die Kinder die Leid Tragenden. Das muss man sagen. Die Alten – ich sage das jetzt einmal so – sollen gerade machen, was sie wollen. Aber wenn es zulasten der Kinder geht, haben wir meines Erachtens einfach auch schon von staatlicher Seite diese Pflicht, uns um diese Fallgestaltungen sehr intensiv zu kümmern, und zwar auch nachhaltig zu kümmern.

Da scheint es mir doch noch so ein bisschen Bedarf zu geben. Deswegen sind wir grundsätzlich der Meinung, dass der Antrag, den Sie zusätzlich eingebracht haben – das haben wir in den Ausschussberatungen schon zum Ausdruck gebracht –, richtig ist, nämlich in diesem proaktiven Bereich, wie sich das so schönt nennt, noch mehr zu tun und mitzuarbeiten, aber bitte unter Einbeziehung der Frauenhäuser und allen anderen.

Es gibt auch im halbstaatlichen, staatlichen und ehrenamtlichen Bereich viele Stellen, die in dem Bereich tätig sind. Die sollten wir mit im Boot lassen; denn die haben auch ihre spezifischen Erfahrungen und Kenntnisse. Die sollten wir nicht einfach auf die Seite schieben, sondern gemeinsam versuchen – ich sage es noch einmal –, im

Sinn der Schwächsten dieser Gesellschaft etwas zu erreichen.

(Beifall der CDU und des Abg. Pörksen, SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kohnle-Gros.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Bürgerinnen und Bürger aus Ludwigshafen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Herr Kollege Auler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gewalt in engen sozialen Beziehungen betrifft im polizeilichen Alltagsleben häufig, fast immer sogar die Frauen. Leider. Frauen werden, das kann ich aus eigener Diensterfahrung sagen, in diesen Fällen oft gotterbärmlich verprügelt.

(Billen, CDU: Ab und zu auch Männer!)

Es ist mir bei diesem Thema nicht nach Scherzen zumute. Das muss ich wirklich sagen. Das muss man wirklich erlebt haben. Da ist man manchmal so betroffen, dass man weglaufen könnte.

Früher war es so, bevor es diese neue Regelungen gab, kam die Polizei vor Ort. Die Polizei musste entscheiden: Vielleicht Ingewahrsamnahme. Das war das Maximum und gleichzeitig auch fast das Minimum, weil das Andere konnte sich immer nur widerspiegeln in einem Verhandeln mit dem Täter, verlassen sie doch bitte die Wohnung und Ähnliches, was regelmäßig nicht zum Erfolg führte. Außerdem sind die Männer sehr früh zurückgekommen, wenn sie denn Täter waren, sodass sich ein Anzeigeverhalten dementsprechend nach außen dargestellt hat, dass Frauen, wenn sie Geschädigte waren, die Anzeigen zurückgezogen haben.

Heute ist es mit dem Gewaltschutzgesetz ganz anders. Ich gehe wieder von einer geschädigten Frau aus. Heute ist es so: Die Polizei erlangt davon Kenntnis, meistens telefonisch, oft durch das Opfer oder durch Kinder. Es wurde eben schon angesprochen. Dann fährt die Polizei vor Ort. Heute kann die Polizei eine Verfügung treffen, erlassen, den so genannten klassischen Platzverweis bis zu zehn Tagen.

Gerade dieser Zeitraum bis zu zehn Tagen ist enorm wichtig für die Geschädigten, weil sie in dieser Zeit in aller Ruhe überlegen können, was sie machen, da sie in diesen zehn Tagen nämlich auch noch weiterhin betreut werden, das heißt, die Polizei, der entsprechende Polizeibeamte geht hin. Fast jede Dienststelle hat genau

einen Beamten für diesen Bereich bestimmt, was ich für sehr wichtig halte.

(Zuber, SPD: Wunderbar!)

Es ist wirklich wunderbar.

Insofern wird das Opfer betreut, und das Opfer kann sich dann in aller Ruhe überlegen, was es macht. Notfalls geht auch ein Polizeibeamter mit zum Gericht, um die Frau weiter zu betreuen. In jedem Fall aber wird zum Beispiel in verschiedenen Kreisen bei Interventionsstellen – – –

In verschiedenen Kreisen ist das zum Beispiel ein Frauennotruf. Der wird verständigt, und die Frau wird auch von dort mitbetreut.

Ich habe gestern extra in zwei Dienststellen an verschiedenen Amtsgerichtsbezirken angerufen, die ich kenne. In der Regel ist ein Richter oder eine Richterin dafür zuständig, die dann auch entsprechende Verfügungen treffen, zum Beispiel ein Annäherungsverbot, ein Betretungsverbot, sodass man dem Opfer wieder möglichst viel Zeit einräumt, um das Ganze durchstehen zu können. Gleichzeitig läuft bei der Polizei und der Justiz die Strafanzeige weiter, sodass auch die Strafverfolgung stattfinden kann.

Es wurde eben kurz der Anstieg angesprochen.

Frau Kohnle-Gros, Sie sagten, der Anstieg, woher die Zahlen kommen, das gab es doch auch früher. Es ist tatsächlich real ein Anstieg zu verzeichnen, weil die Frauen in dieser Zeit entscheiden und nachdenken können, wie sie es machen wollen, was man früher nicht zugelassen hat, wollte oder konnte, je nachdem. Es ist also tatsächlich ein Anstieg zu verzeichnen.

Die neue Regelung dieses Gesetzes hat sich aus Sicht der FPD-Fraktion auf jeden Fall bewährt.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Auler.

Ich erteile Herrn Kollegen Marz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden dem vorliegenden Antrag zustimmen, um das gleich vorwegzunehmen.

Wir sind in der Diskussion der vergangenen Jahre immer davon ausgegangen, dass wir das Netz der Interventionsstellen bis hin zu einer flächendeckenden Versorgung ausbauen müssen. Das, was wir jetzt haben, und die Erkenntnisse, die wir haben, belegen dies, und der

Antrag, der vorliegt, ist ein weiterer Schritt in diese richtige Richtung.

Dass das Thema „Gewalt in engen sozialen Beziehungen“ dennoch immer noch ein Tabuthema ist, ist unbestritten, wenngleich es in den letzten Jahren ein Stückchen aus dem Tabubereich herausgeholt wurde. Das ist auch und vor allem denjenigen zu verdanken, insbesondere den Frauen, die sich im Bereich der Notrufe, Frauenhäuser und Interventionsstellen engagiert haben. Man muss an dieser Stelle auch sagen, die sich in sehr starkem Maß ehrenamtlich engagiert haben. Hier hat sich auch wieder gezeigt, dass allein über hauptamtliches und staatliches Handeln noch nicht viel gewonnen ist. Es ist ihr Verdienst, in großem Maß ihr Verdienst, den wir hier zu verzeichnen haben.

(Beifall des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und vereinzelt bei der CDU)

Frau Kohnle-Gros, es ist sicherlich richtig, dass es – ich nenne es jetzt einmal so – das Phänomen „Gewalt in engen sozialen Beziehungen“ im häuslichen Bereich schon immer gegeben hat, und die Tatsache, dass es nun offenbarer wird, hängt natürlich auch mit der Arbeit derjenigen zusammen, die sich in den vergangenen Jahren oder seit Jahrzehnten in diesem Bereich engagieren. Man darf es auch nicht so abtun nach dem Motto, das gab es schon immer. Das könnte leicht etwas Bagatellisierendes haben, und zum Bagatellisieren eignet sich dieses Thema nun weiß Gott nicht; denn es handelt sich um sehr ernst zu nehmende Gewalt, um sehr ernst zu nehmende Bedrohung.

Man muss sich auch einmal vergegenwärtigen, Gewaltdelikte, normale Gewaltdelikte finden dadurch statt, dass Täter und Opfer zusammenkommen und der Täter in der Regel einmal dem Opfer Gewalt zufügt. Im Bereich der Gewalt in engen sozialen Beziehungen ist es allzu häufig so, dass zum Teil über Jahre hinweg Gewalt und Terror von einem Täter an einem Opfer ausgeübt werden. Das ist eine ganz andere Dimension, und die betroffenen Frauen leben oft über Jahre hinweg in Angst und Schrecken.

Ich will keine andere Gewalttat herabreden. Aber es ist eine ganz andere Dimension. Es sind zum Teil Horrorlebensgeschichten, die erlebt werden müssen.

Deswegen ist es in diesem Zusammenhang wichtig, darauf hinzuweisen, dass 80 % der Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen Frauen sind. Der Hinweis darauf, dass das auch andersherum geht, dass natürlich auch Frauen gewalttätig sein können, sollte nicht davon ablenken, dass 80 % Frauen sind, und 99,5 % der Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind ebenfalls Frauen, das heißt, hier ist der Männeranteil nun wirklich zu vernachlässigen. Dies heißt, wir wissen, in welche Richtung es geht, aus welcher Gruppe die Opfer kommen. Wir wissen, aus welcher Geschlechtergruppe die Täter kommen. Das sollten wir auch ganz eindeutig so benennen.

Die fünf rheinland-pfälzischen Interventionsstellen sind in den Dienstbezirken der Polizeipräsidien angesiedelt.

Studien und Gespräche zeigen, dass sie eine gute Arbeit leisten und sich das vernetzte Konzept bewährt hat. Wir wissen, dass es Freiflächen gibt, die noch nicht ausreichend betreut werden oder nicht betreut werden können. Das sind Lücken auf der Landkarte, die geschlossen werden müssen.

Das Herzstück der Arbeit der Interventionsstellen ist der interdisziplinäre Ansatz. Das ist das eigentlich Neue. Dadurch können alle, die etwas damit zu tun haben, dass es Gewalt im engen sozialen Bereich gibt, im Interesse der Opfer und des Opferschutzes zusammenarbeiten. Zusammen mit der Gesetzgebung des Bundes, die in den vergangenen Jahren einige Fortschritte gemacht hat, ist es nun erstmals möglich geworden, dass wir eine strafrechtliche Verfolgung ermöglich können, dass wir es ermöglichen, dass diese Frauen zumindest zum Teil aus dem Angstbereich herausgeholt werden können oder sich heraustrauen und alle Beteiligten versuchen, an einem Strang zu ziehen, um diesen Frauen sehr schnell und effektiv zu helfen. In der Vergangenheit hat das recht wenig genutzt; denn die Schwelle für eine Anzeige bei der Polizei war relativ hoch. Es gab sehr wenige Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Heute gibt es wesentlich mehr Instrumentarien. Über die Interventionsstellen, über die Notrufe und über die Frauenhäuser wird gut beraten, sodass die betroffenen Frauen in der Lage sind und auch die Zeit gewinnen, um zu entscheiden, wie sie vorgehen wollen. Dafür sind die bereits erwähnten zehn Tage enorm wichtig, weil die Frauen während dieser Zeit die Möglichkeit haben, sich das einigermaßen in Ruhe und mit Beratung zu überlegen.

Im Bereich der Kooperationen der Interventionsstellen gibt es insbesondere im Bereich der Jugendämter und der Justiz noch Lücken. Auch diese Lücken müssen geschlossen werden. Wenn man berücksichtig, wie es in den Kommunen funktioniert, in denen es wirklich gut funktioniert, dann muss schleunigst dafür gesorgt werden, dass die Vernetzung flächendeckend und unter Beteiligung aller Institutionen funktioniert.

Noch ein abschließendes Wort: Wenn es allgemeiner Tenor ist, dass die Arbeit der Interventionsstellen so wichtig ist, dass sie ausgebaut werden sollen, dann müssen wir auch daran erinnern, dass wir im Bereich der Notrufe, die Teil der Unterstützungskette sind, noch erhebliche Lücken haben. Diese Lücken bestehen vielleicht nicht auf der Landkarte, aber diese Lücken bestehen insoweit, als dass den Notrufstellen zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um ihre Vernetzung untereinander und mit den anderen beteiligten Institutionen wie der Polizei, Justiz usw. zu organisieren. In dieser Hinsicht fehlt es noch an Mitteln, mit denen auch Personal zur Verfügung gestellt werden kann bzw. das vorhandene Personal in diesem Bereich weiter arbeiten kann; denn es ist eindeutig festgestellt worden, dass der eindeutig qualitative Fortschritt nicht in der gesetzlichen Änderung, sondern in der Vernetzung aller beteiligten Institutionen besteht.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Das Wort hat Herr Staatsminister Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir heute diskutieren – Gewalt in engen sozialen Beziehungen – ist ein eindrucksvoller Beleg für die gemeinsame Beschlusslage aller Fraktionen dieses Landtags und der Umsetzung im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. Das Land sendet ein klares Signal: Gewalt ist keine Privatsache.

Die Zahlen sind steigend, nicht fallend, Frau KohnleGros. Sie haben vorgetragen, die Zahlen würden fallen. Im Jahr 2004 gab es 7.286 Fälle, im Jahr 2005 gab es 8.316 Fälle.

Das Vorgehen der Polizei orientiert sich ganz klar an der sehr einfachen Maxime: Wer schlägt, muss gehen. – Es gibt eine weitere Maxime: Die Rechte der Opfer stärken, aber auch dem Täter helfen. – In über 70 % der Fälle sind die Männer die Täter.