Protocol of the Session on December 1, 2005

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Ich möchte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen. Ich begrüße sehr herzlich Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft 60 plus aus dem Donnersbergkreis. Recht herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag! (Beifall im Hause)

Wir begrüßen auch sehr herzlich Jugendliche aus dem Haus der Jugend der Arbeiterwohlfahrt Wittlich. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Wir begrüßen sehr herzlich den Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer, Dr. Coridaß, der den Beratungen lauscht.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Ise Thomas.

Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben ausführlich gesagt, aus welchen Gründen und Anlässen

dieses Gesetz novelliert werden und eine grundsätzlich andere Struktur erhalten soll. Es sind europarechtliche Vorgaben umzusetzen. Es gibt Angleichungen an die beschlossene Neufassung des Musterarchitektengesetzes usw.

Ich will in anderer Art und Weise argumentieren, als das mein Kollege von der CDU gemacht hat. Wir kennen seine Kritikpunkte aus den Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses. Es hat mich überrascht, warum er dem Gesetz zustimmt, wenn er so viel Kritik hat.

Ich mache es anders. Ich sage sehr prägnant unsere Kritikpunkte und begründe dann, warum wir dieses Gesetz ablehnen, obwohl es in vielen Dingen Verbesserungen bringt. Beispielsweise ist die Stärkung der Selbstverwaltung zu nennen, indem Aufgaben an die Kammer übertragen werden, indem Aufgaben, die bisher vom Ministerium übernommen worden sind, an die Kammer überwiesen werden. Die Aufsichtsfunktion des Ministeriums ändert sich in diesem Bereich. Mein Kollege von der SPD hat gesagt, die Neuformulierung des Gesetzes ist zum Anlass genommen worden, den gesamten Gesetzestext in einer geschlechtsgerechten Rechtssprache zu formulieren. Das ist auch eine Verbesserung.

Ich finde, aus Sicht der Verbraucher sind in diesem Gesetz ein paar Regelungen nicht zufrieden stellend. Diese will ich nennen. Ich fühle bzw. weiß mich einig mit den Stellungnahmen, die bei dem Beteiligungsverfahren von der Architektenkammer und von der Arbeitsgruppe der kommunalen Spitzenverbände kamen. Hier geht es um das Thema der Haftung und der Verpflichtung, eine entsprechende Haftpflichtversicherung einzugehen.

Es ist zum einen eine Regelung gefunden worden für die jetzt möglich gewordenen Kapitalgesellschaften. Hier sind wir der Auffassung, dass die Festlegung auf eine Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall bei Personenschäden auf 1,5 Millionen Euro Haftungssumme aus Sicht des Verbraucherschutzes angezeigt wäre, aber wir sprechen uns auch dafür aus, dass es eine gesetzliche Verpflichtung für den einzelnen Architekten und für die einzelne Architektin gibt, eine entsprechende Haftpflichtversicherung einzugehen. Wir wissen aus der Vergangenheit – wir haben mehrere Novellierungen der Landesbauordnung auch hier beraten –, dass wir in der Vergangenheit Regelungen, die in der Landesbauordnung vorgesehen waren, auch immer weiter dereguliert haben. So ist zum Beispiel der öffentlich bestellte Bauleiter seit 1998 nicht mehr notwendig, wenn man eine Baumaßnahme einnimmt.

Es gibt auch andere Erleichterungen, was die Hürden bzw. gesetzlichen Vorgaben der Landesbauordnung angeht, aber damit landet auch sehr viel mehr an Verantwortung und Verantwortungsübernahme bei dem einzelnen Bauherrn oder bei der einzelnen Baufrau, die, wenn sie fachlich nicht sehr versiert ist, bestimmte Dinge auch nicht überschauen kann.

Wir wollen, wenn man solche Deregulierungen macht – bei der Landesbauordnung haben wir einige dieser Deregulierungen auch begrüßt – und wenn man sagt, da verzichtet man auf gesetzliche Regelungen, dass man dann aber auf der anderen Seite die Verantwortung als

Gesetzgeber auch wahrnimmt und sagt: Wenn wir uns aus dieser Regelung herausziehen, dann müssen es andere übernehmen. – Das heißt, dann sorgen wir auch dafür im Sinn des Verbraucherschutzes und eines guten Verbraucherschutzes, dass diejenigen, die Verantwortung übernehmen bei der Erstellung von Gebäuden, Häusern usw., entsprechenden Versicherungsschutz haben, wenn dort etwas schief läuft.

Das haben wir hier nicht vorgesehen. Es gibt Begründungen im Gesetz und auch in der Diskussion um das Gesetz, warum man davon absieht, dass man eine bundesweit einheitliche Regelung haben will und so weiter und so fort. Aber das hält uns eigentlich nicht davon ab, dies auch in diesem Gesetz zu regeln, weil es so aussieht, dass diese einheitliche Regelung, die auch nicht im Architektengesetz, sondern in der Berufsordnung festgeschrieben werden soll, noch eine Zeit lang dauern wird.

Lieber Kollege von der SPD, Sie haben gesagt, neben der Stärkung der Selbstverwaltungsaufgaben – –

(Zurufe von der SPD: Puchtler!)

Ich weiß, dass es Herr Puchtler ist.

wäre das Gesetz besonders ausgerichtet auch auf die Qualitätssicherung. Im Sinne des Verbraucherschutzes kann ich da aber Mängel feststellen. Das ist der Grund, warum wir das Gesetz ablehnen werden, auch wenn wir mit vielen anderen Regelungen einverstanden sind.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, wenn Sie das Gesetz gesehen hätten, wenn Sie auch die Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss verfolgt hätten, dann hätten Sie das gut nachvollziehen können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Reinhold Hohn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Weiterentwicklung des europarechtlichen und nationalen Rechts, neuere Rechtsprechung im Architektenrecht, aktuelle berufsrechtliche und organisatorische Aspekte und insbesondere die durch die 105. Bauministerkonferenz der ARGEBAU vor etwa zweieinhalb Jahren beschlossene Neufassung des Musterarchitektengesetzes erfordern eine Anpassung des rheinlandpfälzischen Architektengesetzes in der derzeitigen Fassung.

Meine Damen und Herren, mit dem völlig neu gefassten Architektengesetz sollen Berufsangehörigen weitergehende Möglichkeiten eingeräumt werden, sich in Form

von Gesellschaften zusammenzuschließen, nachdem bislang das Führen der Berufsbezeichnung Gesellschaften mit beschränkter Haftung vorbehalten war. Künftig soll dies allen Kapitalgesellschaftsformen möglich sein. Nachdem bereits unsere Nachbarländer NordrheinWestfalen, Hessen und Saarland von dieser im Musterarchitektengesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, erachte ich es unter dem Aspekt, den rheinland-pfälzischen Berufsgesellschaften gleiche Wettbewerbschancen zu eröffnen, als völlig richtig, dass wir auch unser Architektenrecht in diesem Punkt öffnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine weitere wichtige Regelung stellt die Harmonisierung der europäischen Bildungssysteme dar. Stichworte sind Bachelor- oder Master-Ausbildungsgänge. Transparent gemacht wird durch den Gesetzentwurf die Liste der Berufsaufgaben, indem in § 1 definiert wird, was unter Projektentwicklung und Projektsteuerung sowie unter Objektüberwachung und Objektbetreuung zu verstehen ist.

Objektbetreuung zum Beispiel gewinnt im Rahmen des Facility-Managements zunehmend an Bedeutung. Neu aufgenommen wurden das Rügerecht des Vorstands der Architektenkammer sowie die Aufnahme des Eintragungsausschusses in das Architektengesetz. Der Eintragungsausschuss ist für den Eintrag in die Architektenliste zuständig und verantwortlich, nachdem die komplizierter gewordenen Voraussetzungen festgestellt worden sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Novelle wird das Architektenrecht zudem strukturell vereinfacht, wie unsere Fraktion findet. Unsere Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Professor Dr. Deubel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich nicht auf die einzelnen Inhalte und Begründungen eingehen, sondern nur auf die beiden Punkte, die heute hier noch einmal als strittig oder noch aufklärungsbedürftig dargestellt worden sind.

Der erste Punkt war die Mindeststudiendauer für die Anerkennung: Vier Jahre. – Das entspricht nicht dem, was einige Tagesordnungspunkte vorher im Ingenieurgesetz beschlossen worden ist. Das hat mehrere Ursachen. Erste Ursache ist die europäische Situation. In Europa ist der Begriff „Architekt“ gegenseitig anerkennungsfähig nur, wenn vier Jahre Studium vorliegen, im Gegensatz zu anderen Qualifikationen, also zum Beispiel der des Ingenieurs, wo drei Jahre Studium erforderlich ist für die gegenseitige Anerkennung. Das ist die erste Begründung, die von Europa kommt.

Die zweite Begründung liegt allerdings in den unterschiedlichen Berufsbildern. Das Berufsbild „Ingenieur“ ist sehr, sehr breit. Von daher ist es kaum möglich, während des Studiums dies komplett abzudecken. Umso wichtiger ist es beim Ingenieur anschließend, dass eine fachpraktische langjährige Vertiefung stattfindet, bevor dann die Anerkennung erfolgen kann. Deswegen ist im Ingenieurbereich eine Regelstudienzeit von drei Jahren festgelegt und dann mindestens drei Jahre Fachpraxis für die Anerkennung als beratender Ingenieur oder für die Bauvorlageberechtigung, zusammen also sechs Jahre.

Im Architektenbereich sind es vier Jahre Regelstudienzeit und zwei Jahre Praxis für die Anerkennung, zusammen auch wieder sechs Jahre. Das heißt also, der Zeitbedarf bis zur Anerkennung – Studium plus Praxis – ist identisch. Nur zwischen den beiden Größen gibt es Unterschiede.

Im Übrigen haben die meisten Bundesländer an den vier Jahren festgehalten.

Das zweite Thema ist die Versicherung. Für die Kapitalgesellschaften ist dies jetzt ganz konkret geregelt. Für die Einzelarchitekten bzw. die Partnerschaften gilt die allgemeine Regelung, dass eine ausreichende Versicherung erforderlich ist. Das gibt auch Sinn, weil Architekten keineswegs einheitliche Leistungsbilder haben. Es ist ein großer Unterschied, ob jemand Hochbauarchitekt, Innenarchitekt, Gartenarchitekt oder Architekt für Städteplanung ist. Da gibt es natürlich völlig unterschiedliche Risiken. Dementsprechend wäre es, wenn man es konkret machen will – darüber wird auf der Fachebene diskutiert –, sinnvoll, stark zu differenzieren und nicht etwa eine einheitliche Festlegung zu treffen.

Im Übrigen ist es natürlich aus der Sicht des Verbrauchers immer wünschenswert, dass eine möglichst hohe Versicherung vorliegt. Man muss sich das aber nicht wie bei der Kfz-Versicherung vorstellen, wo eine Versicherung mit zehn Millionen Euro oder 100 Millionen Euro Höchstbetrag relativ preiswert zu bekommen ist, weil das Risiko von Großschadensfällen sehr begrenzt ist. Im Bereich der Berufshaftpflichtversicherung kommt man auf exorbitante Beträge, wenn man Haftpflichtversicherungen in Millionenhöhe oder gar in zweistelliger Millionenhöhe abschließen will.

Wenn man das fordert, muss man sich darüber im Klaren sein, dass dies alles auf den Preis umgelegt werden muss.

Wenn man sich die Auftragslage im Bereich der Architekten heute anschaut, dann ist es eben nicht so, dass permanent hohe Aufträge von sehr zahlungskräftigen Auftraggebern vorliegen, sondern da gibt es durchaus Durststrecken. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man für die Eintragung verlangt, dass permanent eine extrem hohe und teure Versicherung abgeschlossen ist.

Deswegen sind wir in diesem Bereich bei eben gerade nicht so hohen Versicherungssummen. Das geht im Einzelfall dann auch schief. Das ist dann so. Aber die andere Version würde letztendlich zu Übermaß führen und wäre wirtschaftlich aus der Sicht der Architekten wie

auch aus Sicht der Kunden kaum bezahlbar. Das muss man natürlich auf der anderen Seite klar dagegenhalten.

Das zu diesen beiden Punkten.

Im Übrigen waren es sehr angenehme Beratungen mit allen Beteiligten, nicht nur parlamentarisch, sondern auch mit der Architektenkammer. Der Entwurf, so wie er heute vorliegt, ist in großem Einvernehmen besprochen worden, nicht im Sinn einer Lobbytätigkeit, sondern in dem Sinn, dass wir für diesen Berufsstand auch zukünftig hohen qualitativen Standard absichern.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wirz das Wort zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, meine Anmerkung richtete sich nicht an den Begriff des vierjährigen Studiums. Aber üblicherweise ist ein solches Studium unter acht Semestern nicht abzuschließen. Ich habe mich auch nicht daran gestört, weil ich weiß, dass die vier Jahre aus dem europäischen Kontext abgeleitet werden. Mir ging es nur darum, dass es für einen Studierenden oder eine Studierende in Rheinland-Pfalz schlichtweg kaum möglich ist, dieses Studium in acht Semestern abzuschließen.

Das war ein Hinweis, den ich mir nicht verkneifen konnte.