Protocol of the Session on November 30, 2005

Das bietet in mehrfacher Hinsicht Schlupflöcher, um der Konnexität zu entgehen. Das ist gegenüber den Kommunen nicht großzügig. Das ist sehr misstrauisch und mit dem Deckel drauf. Es muss noch geprüft werden, ob dieser Gesetzentwurf tatsächlich dem Konnexitätsprinzip selbst entspricht, also verfassungsgemäß ist. Das wird noch Gegenstand einer Prüfung sein müssen.

Auch der zweite Punkt, den ich in diesem Zusammenhang nennen will, ist erheblich, nämlich die so genannte Bagatellregelung, die ich im Grundsatz begrüße. Sie kann aber im Ergebnis zu erheblichen Mehrbelastungen der Kommunen führen. Statt der Regelung, die Sie vor

geschlagen habe, wäre es eher notwendig, eine Jahresobergrenze für die Bagatelldinge festzulegen als das in dieser Form zu machen; denn – man muss noch nicht einmal den schlechten Willen der Regierung voraussetzen – die jetzige Regelung kann dazu führen, dass die Kommunen doch über die Bagatellregelung in erheblichem Maß belastet werden.

Hätten Sie in der Enquete-Kommission den Sachverstand, der zweifelsohne zur Verfügung gestanden hat, im Sinn der Kommunen genutzt, hätten wir in Fragen der kommunalen Finanzen, der Konnexität, des kommunalen Finanzausgleichs und aller Dinge, die damit zusammenhängen, weiterkommen können. Sie haben sich überhaupt nicht bewegen wollen. Das ist sehr deutlich geworden.

Ich habe gesagt, Sie haben sich umfassend verweigert. Ich könnte das für alle zwölf Punkte, die nicht abgearbeitet wurden, belegen. Ich will das an einigen wenigen Punkten tun. Sie haben sich einer Diskussion über die Standardflexibilisierung verweigert.

(Pörksen, SPD: Das stimmt doch nicht!)

Sie haben sich dieser Diskussion mit dem Hinweis verweigert, die Landesregierung habe eine Methode entwickelt, die Sie für die einzig richtige halten. Sie haben sich unter Hinweisen verweigert – das ist der einzige Punkt, bei dem ich Ihnen zustimme –, dem Gesetzentwurf, der aus den Reihen der CDU gekommen ist, zuzustimmen. Diesen halte ich auch für verfassungswidrig.

Sie haben sich aber auch dem Angebot von Sachverständigen in dieser Kommission verweigert, eine gesetzliche Regelung zu erarbeiten, die verfassungskonform ist und weiter reicht als das, was Sie als Regierung bzw. Koalition versuchen. Sie wollten noch nicht einmal darüber diskutieren. Das ist das Bedenkliche daran.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ich sage an dieser Stelle auch ganz offen, dass ich Standarddiskussionen für grandios und grundsätzlich überhoben halte. Wenn man nicht politisch sagt, an welche Standards man heran oder nicht heran will, kann man auch die finanzielle Dimension nicht abschätzen, die damit zu bewegen ist. Ich sage Ihnen auch ganz offen, dass ich es für richtig halte, dass es politisch gewollte Standards gibt, an denen wir nicht rühren dürfen, beispielsweise im Bereich der Erziehung und der Bildung. Das ist völlig richtig.

Standards sind auch ein Mittel zur Qualitätssicherung. Auch das unterschreibe ich gern. Dennoch kann man versuchen, eine offene Diskussion von der Methode her über die Festlegung, Flexibilisierung oder den Abbau von Standards zu führen. Dieser Diskussion haben Sie sich verweigert und dadurch die Arbeit der Kommission blockiert.

Sie haben jede Diskussion über die Frage einer Verwaltungs- und Gebietsreform verweigert und blockiert. Hier wurde sehr deutlich, dass das für die Koalition ein Tabuthema sein musste. Diese Diskussion ist kein Luxus. Die Kommunen sind in Not und erwarten, dass es hier Ver

änderungen gibt. Natürlich muss es diese Veränderungen in einem längeren Prozess geben. Es muss mit den Kommunen und den Bürgerinnen und Bürgern geschehen. (Heiterkeit bei der SPD)

Wenn man auf diese Diskussion ein Tabu legt, wie Sie es getan haben, ist es kein Wunder, dass solche absurden Vorschläge aus den Reihen der FDP, – –

(Zurufe von der SPD)

Hören Sie doch einmal zu!

wie zur Abschaffung der Verbandsgemeinden, plötzlich nach oben getrieben werden. Setzen Sie sich einmal mit solchen absurden Vorschlägen auseinander, die im Ergebnis nicht mehr bringen werden als die mit großem Getöse durchgeführte so genannte Abschaffung der Bezirksregierungen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist reine Wahlkampfschaumschlägerei auf Kosten der Kommunen. Da haben Sie offensichtlich keine Aktien. Diese Schaumschlägerei kann nur dann gedeihen, wenn man versucht, solche Diskussionen, wie ich sie erwähnt habe, von Anfang an auszutreten.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Dass es Ihnen reicht, kann ich mir vorstellen. Mir reicht das, was Sie machen, auch schon lange.

Ich habe eben von Herrn Kollegen Hohn das flammende Bekenntnis zu einer Reform der Gemeindefinanzen gehört, meine Damen und Herren.

(Kuhn, FDP: Was war das?)

Das flammende Bekenntnis zu einer Reform der Gemeindefinanzen.

Die Diskussion um eine Reform der Gemeindefinanzen auf Bundesebene ist zum Teil parallel gelaufen zur Arbeit der Enquete-Kommission in Rheinland-Pfalz. Wir haben uns sogar damit beschäftigt. Das Problem in dieser Situation war jedoch und ist, dass die Koalition aus SPD und FDP natürlich diametral unterschiedliche Auffassungen zu den Zielen und zu der Ausgestaltung einer solchen Reform hat und deshalb politisch gelähmt ist in dieser Frage. Das ist natürlich fatal, wenn auf Bundesebene eine Diskussion läuft und das Land Rheinland-Pfalz wegen eigener politischer Lähmung nicht in der Lage ist, sich einzubringen. Dann ist das, wenn ich mir das vom Interesse der Kommunen her anschaue, natürlich sehr fatal. In dieser Situation sind wir. Da können alle sagen: Wir wollen eine Reform der Gemeindefinanzen. – Wenn keiner sagen muss, wie er sie will, dann werden diese Unterschiede nicht deutlich. Wir wissen aber alle, dass diese Unterschiede zwischen SPD und FDP erheblich und nicht miteinander kompatibel sind. Deswegen gibt es diese Lähmung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe eben gesagt, Sie haben die Chancen nicht genutzt, die diese

Enquete-Kommission geboten hätte. Sie haben damit eigentlich drei Jahre Zeit verspielt für die Kommunen. Sie haben nicht nur den Sachverstand der Sachverständigen nicht genutzt, sondern Sie haben die Sachverständigen vor den Kopf gestoßen. Sie haben sie rausgeworfen, Sie haben die Sachverständigen, die Sie hinauswerfen konnten, weil sie von Ihnen benannt waren, hinausgeworfen. Es ist Ihr gutes Recht, Sachverständige zu benennen und wieder abzuberufen. Dieses Recht bestreite ich nicht. Höchst bedenklich ist aber, dass Sie genau in der Situation die Sachverständigen rausgeworfen haben, in der Ihnen drohte, die Mehrheit in der Enquete-Kommission durch das Abstimmungsverhalten der von Ihnen benannten Sachverständigen zu verlieren.

(Schweitzer, SPD: Es stand doch gar keine Abstimmung an!)

Dass dann die Anderen auch noch gegangen sind, weil sie zu Recht Angst hatten, ihre Reputation zu verlieren, wenn sie diesem Gremium weiter angehören, ist mehr als nachzuvollziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Schweitzer, Herr Kollege Pörksen und Herr Kollege Rainer Hohn haben vom weit gefassten Auftrag dieser Enquete-Kommission gesprochen. Es ist richtig, möglicherweise hätten in drei Jahren auch bei gutem Willen nicht alle 13 Punkte abgehandelt werden können, aber zu den wesentlichen Punkten hätten Beiträge geleistet werden können. Es war die Bereitschaft vorhanden, es war auch die Bereitschaft bei der Opposition vorhanden, es war die Bereitschaft bei den Sachverständigen vorhanden, es war aber die Verweigerung der Koalition und der Regierung vorhanden, sich irgendwo auch nur ein Stückchen zu bewegen. Daran allein hat es gelegen, dass nicht mehr erreicht werden konnte.

Der Berichterstatter hat zu Beginn der Debatte einen bemerkenswerten Satz gesagt. Der Berichterstatter Carsten Pörksen hat gesagt, dass die EnqueteKommission keine Vorschläge ohne politische Einflüsse von außen machen konnte. Ich halte das für einen sehr bemerkenswerten und auch sehr bemerkenswert offenen Satz. Ich glaube, daran hat es gelegen. Ich glaube, es hat daran gelegen, dass von der SPD-Führung insbesondere politisch nicht gewollt war, dass diese Enquete-Kommission zu Ergebnissen kommt. Herr Kollege Pörksen hat dankenswerterweise offen bekannt – ich glaube, das ist der Satz, der über dieser Enquete stehen sollte –, es war nicht gewollt, es gab zu viele Einflüsse von außen. Diese Einflüsse haben dafür gesorgt, dass die Koalition diese Enquete-Kommission nachhaltig blockiert hat.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Hohn, Sie haben das Wort. Ihnen stehen noch sechs Minuten Redezeit zur Verfügung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Marz, Sie haben hier genau das fortgeführt, wie Sie sich in den letzten Jahren in der Enquete-Kommission verhalten haben.

(Beifall bei der SPD)

Einen konstruktiven Beitrag haben wir in den letzten Jahren von Ihnen nicht bekommen; heute war genau dasselbe.

(Zuruf von der SPD)

Sich wie in den letzten Sitzungen der EnqueteKommission hinzusetzen und nichts zu sagen, nur einen süffisanten Kommentar, teilweise ironisch, sich teilweise über die Enquete-Kommission lustig machen, – –

(Schweitzer, SPD: Oder arrogant!)

Oder arrogant!

das hilft uns in der Sache nicht weiter.

Heute zu sagen, ich hätte ein klammheimliches Bekenntnis zu einer Gemeindefinanzreform gemacht, dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben uns genau dem angeschlossen, was Herr Professor Dr. Deubel vor eineinhalb Jahren an dieser Stelle skizziert hat, wie eine Gemeindefinanzreform zum Wohl unserer Gemeinden aussehen kann. Genau dort steht unsere Fraktion und unsere Partei.

Ich sage Ihnen noch einmal: Ihr Beitrag nützt in keiner Weise, die Zukunft der Kommunen in Rheinland-Pfalz positiv zu gestalten. Nur zu kritisieren und keinen eigenen Beitrag zu nennen, wie es besser werden kann, das bringt uns in der Sache nicht weiter.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, ich erteile nun Herrn Staatsminister Bruch das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Drucksache 14/4675 –.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will ein paar Bemerkungen zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/4675 – machen.

Ich gestatte mir drei Bemerkungen zur EnqueteKommission, nachdem das hier breit diskutiert worden ist. Sicherlich ist es so, wenn man sich die Aufgabe angesehen hat, den großen Umfang, den sich die Enquete-Kommission vorgenommen hat, dass der eine oder andere vielleicht möglicherweise gesagt hat: Wir haben nicht alles geschafft. – Ich muss aber schon sagen, ein herausragender Verdienst ist es doch, die Konnexität in die Verfassung aufzunehmen und heute ein

Gesetz vorzulegen, das breit diskutiert worden ist. Von daher gesehen hat die Enquete-Kommission schon eine herausragende gute Arbeit geleistet. Es gibt aus der Kommission heraus durchaus Anregungen, die wir im Ministerium des Innern und für Sport auch aufnehmen werden.

Ich möchte gern einen zweiten Hinweis zu den Akten machen, Herr Abgeordneter Schnabel. Das bin ich schon meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig. Diese kamen immer etwas, nicht aufgebracht zurück, aber sie haben gesagt: Jetzt haben wir schon wieder solche Aufträge erhalten, die – entschuldigen Sie bitte – nicht so strukturiert waren, wie man es eigentlich erwarten kann, wenn man einen Auftrag an ein Ministerium gibt.

Ich habe über drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abstellen müssen, nur um die Akten herbeizuschleppen und Akten aufzuarbeiten. Ich meine, ich darf mit Fug und Recht sagen, sie haben alles Mögliche getan. Ich will diesen Vorwurf zurückweisen, wir hätten nicht genügend oder unreflektiert Akten überbracht. Wir haben das gemacht, was die Enquete-Kommission von uns verlangt hat, nicht mehr und nicht weniger.