Protocol of the Session on November 30, 2005

Es haben die Sachverständigen, die Mitglieder der Enquete-Kommission zahlreiche und viele Stunden – – – Man müsste das einmal zusammenzählen. Ein Kollege hat ein Wort geprägt. Ich will es nicht sagen. Das würde zu weit führen. Was haben wir da mit dem Geld der Bürger veranstaltet?

(Schweitzer, SPD: Ihr wolltet doch noch mehr ausgeben!)

Meine Damen und Herren, ich will der Landtagsverwaltung Dank sagen, die uns gut begleitet hat. Ich will auch den Sachverständigen Dank sagen. Herr Kollege Carsten Pörksen hat in den letzten Sitzungen noch bewiesen, dass er uns neutral über die Runden gebracht hat. Insbesondere Michael Hörter danke ich in diesem Zusammenhang.

Meine Damen und Herren, wir brauchen für die Kommunen in der nächsten Legislaturperiode mit Sicherheit einige Schwerpunkte, die wir noch bearbeiten müssen. Die gesamte Verwaltung muss effizienter werden. Wir brauchen neben dieser Effizienz auch zweifelsohne Bürgernähe. Wir brauchen – da will ich nachher noch ein Wort zur FDP sagen – vor jeder Gebietsreform eine Aufgabenkritik. Dazu muss eine Funktionalreform kommen. Die Ministerien müssen verschlankt werden. Das ist gar keine Frage.

Das, was deutlich wurde, ist, die untere Landesverwaltung muss stärker kommunalisiert werden. Bei den landesrechtlich vergebenen Standards sind die öffentlichen Leistungen zu öffnen. Meine Damen und Herren, die Doppelzuständigkeit und die Mehrfachzuständigkeit – das ist ausgesprochen wichtig – müssen abgebaut werden.

Meine Damen und Herren, jetzt noch einen Satz zur FDP. Bevor Sie die Verbandsgemeinden auflösen, sollten Sie sich darüber Gedanken machen, was wir in dieser Enquete-Kommission noch gemeinsam erarbeitet haben: Dass wir eine Aufgabenkritik brauchen und einige Hausaufgaben machen müssen.

Wenn wir Verbandsgemeinden auflösen, lösen wir automatisch auch Ortsgemeinden auf, lieber Herr Creutzmann. Wir wollen aber Ortsgemeinden erhalten. Deshalb müssen Sie erklären, wie Sie Ortsgemeinden in einer allgemeinen Form, so dass sie noch funktionstüchtig bleiben, erhalten wollen. Man darf sicherlich nicht die Axt an ein bewährtes System legen, das wir in RheinlandPfalz seit 30 Jahren haben. Ich will Ihnen gar nicht Populismus unterstellen, aber zumindest wenig Sachkenntnis, wenn Sie so etwas fordern.

In der nächsten Legislaturperiode wird es mit Sicherheit Überlegungen geben müssen, wie wir den einen oder anderen Zuschnitt neu gestalten werden. Das ist gar

keine Frage. Das ist unabhängig davon, ob sich das auf die Ebene der Verbandsgemeinde oder die Ebene der Ortsgemeinde bezieht. Jeder weiß, dass es in Teilen so nicht weitergehen kann. Aber die Axt prinzipiell an das System anzulegen, ist meines Erachtens ein Frevel an der Selbstverwaltung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Ich weiß, am Ende haben Sie die Kurve mit der Kommission noch ein bisschen bekommen. Vielleicht kommen wir dahin gehend noch einmal gemeinsam ins Gespräch.

Das Landesgesetz zur Ausführung des Artikels 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz liegt uns in erster Lesung vor. Positiv bleibt hierzu festzuhalten, dass gegenüber dem ersten Entwurf wesentliche Verbesserungen zu verzeichnen sind. Auf die Abschöpfung der Finanzkraft der Kommunen – sprich Steuererhöhungen – wurde verzichtet. Die Bagatellgrenze wurde heruntergesetzt. Ich muss den kommunalen Spitzenverbänden ein Kompliment dafür aussprechen, dass es zu der vorliegenden Regelung kam. Ich weiß, dass dabei dicke Bretter gebohrt worden sind; denn die Landesregierung ist dorthin getragen worden. Das hat sie nicht von sich aus gemacht. Herr Schweitzer, Sie wissen, dass ein völlig anderer Entwurf vorlag. Außerdem will ich die KPV mit einbeziehen, die auch ein Stück daran mitgewirkt hat, damit diese Regelungen – – –

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Den haben Sie halt immer noch, aber nicht mehr lange. In dieser Hinsicht bin ich guten Mutes.

Nach wie vor nicht geregelt ist die Frage: Bund, Europa und Kommunen. Wir wissen beide genau, dass die Kommunen nach der Verfassung Teil des Landes sind. Wenn sich die Kommunen schon nicht wehren können, dann müssen sie sich doch an das Land wenden.

(Glocke der Präsidentin)

Deshalb muss doch die Möglichkeit gegeben sein, dass in solchen Fällen das Land als Garant eintritt. Wir haben eine Hoffnung. Im neuen Koalitionsvertrag ist vereinbart worden, dass der Bund künftig keine Aufgaben mehr unmittelbar an die Kommunen durchreichen darf.

Herr Schnabel, Sie müssen zum Schluss kommen.

Deshalb muss auf der anderen Seite das Land die Garantenpflicht übernehmen. Wir müssen im Innenausschuss darüber reden.

Herzlichen Dank, dass Sie mir so lange zugehört haben.

(Beifall der CDU)

Als Gäste begrüße ich Mitglieder und Gäste des FDPKreisverbandes Altenkirchen, Schülerinnen und Schüler der Dualen Oberschule Kirchen sowie Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums Speyer. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hohn.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die landespolitische Aufgabe, den Kommunen ein angemessenes Aufgabenvolumen verbunden mit einer auskömmlichen Finanzausstattung zuzuweisen, ist eines der besonders prioritären und zentralen Politikfelder für die FDP-Fraktion.

Meine Damen und Herren, alle im Landtag vertretenen Fraktionen haben ihr gemeinsames Interesse an den kommunalen Belangen dadurch dokumentiert, dass auf einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen hin der Landtag einstimmig am 20. Juni 2002 die EnqueteKommission „Zukunft der Kommunen“ eingesetzt hat.

Im Bewusstsein der Verantwortung für die Zukunft der Kommunen hat die Enquete-Kommission ihre Aufgaben wahrgenommen. Das gesamte Beratungspaket war so umfangreich, dass es selbst in 20 Sitzungen der Enquete-Kommission von vornherein nicht möglich gewesen ist, die Beratungskomplexe vollständig – das heißt, einschließlich der Lösungsvorschläge – abzuarbeiten. Rund zehn Ordner Material hatten sich angesammelt. Herr Kollege Schnabel, insbesondere die CDU-Fraktion war es, die all diese Unterlagen angefordert hat. Deshalb ist es schon sehr an den Haaren herbeigezogen, heute zu behaupten, diese Flut von Akten sei nicht zu bewältigen gewesen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, wenn sich die EnqueteKommission etwas zu viel zugemutet hat, so sehe ich darin keinen Grund, dies zu kritisieren oder die Arbeit grundsätzlich infrage zu stellen. Ich denke, das ist fehl am Platz.

Meine Damen und Herren, aufgrund des breit angelegten Spektrums von Beratungsgegenständen war es erforderlich, sich über die Ausgangssituation der Kommunen seit dem Jahr 1947, also seit dem Bestehen des Landes Klarheit zu verschaffen. Die EnqueteKommission hat dies in zehn Sitzungen getan. Das ist immerhin die Hälfte aller abgehaltenen Sitzungen der Kommission. Es wurde ein klares Bild der kommunalen Strukturen in Rheinland-Pfalz erarbeitet.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich dem Vorsitzenden der Enquete-Kommission, Herrn Hörter, ein Kompliment machen für seine zielorientierte Sitzungsleitung. An dieser Stelle möchte ich ihm für die

FDP-Fraktion die besten Genesungswünsche übermitteln.

(Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, beim Thema „Aufgabenkatalog der Kommunen“ waren die Auswertungsmöglichkeiten für die Kommission dadurch eingeschränkt, dass für die Aufgaben die entsprechenden finanziellen Voraussetzungen nicht gegeben waren. Auch das war jedem klar. Dass die Finanzlage der Kommunen angespannt ist, geht aus dem Bericht ebenfalls klar hervor.

Meine Damen und Herren, die bisherigen Maßnahmen der Landesregierung können zwar verhindern, dass sich die Finanzsituation der Kommunen weiter verschlechtert, aber nur eine allgemeine Steuerreform und eine echte Gemeindefinanzreform

(Schweitzer, SPD: So ist es!)

sind die geeigneten Instrumente, um Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln, um die Binnennachfrage zu beleben und um die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten und damit auch den Kommunen zu helfen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, die FDP hat in Bund und Land an verschiedenen Stellen realisierbare Vorschläge eingebracht. Herr Kollege Schnabel, was die Gemeindefinanzreform betrifft, sind Sie jetzt im Bund mit in der Verantwortung, um all das, was Sie in der Vergangenheit im Landtag gefordert haben, umzusetzen.

(Beifall des Abg. Kuhn, FDP)

Meine Damen und Herren, die Enquete-Kommission hat auch das Problem einer angemessenen kommunalen Finanzausstattung behandelt. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen wurde eine Verfassungsänderung mit einer allgemeinen kommunalen Finanzausstattungsgarantie abgelehnt, wie sie vonseiten der Sachverständigen angeregt worden war. Nach unserer Auffassung macht eine Verfassungsänderung aus zwei Gründen keinen Sinn.

1. Es gibt keine zuverlässliche Methode zur Bestimmung einer kommunalen Mindestfinanzausstattung und einer den Aufgaben angemessenen Finanzausstattung. Dies ist bisher weder den Finanzwissenschaftlern noch den Verfassungsrechtlern noch den Ökonomen gelungen.

2. Die finanzielle Situation des Landes kann zurzeit keine Mindestfinanzausstattung der Kommunen garantieren. Die Bereitstellung von Finanzmitteln erfolgt im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes. Auch das ist jedem in diesem Haus umfänglich bekannt.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle könnte sich durch das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zum Finanzausgleichsgesetz einiges ändern. Durch das Thüringer Urteil ist festgestellt worden, dass die Ausstattung der Kommunen mit Haushaltsmitteln nicht einnahmenbedingt erfolgen dürfe. Nicht nur eine Mindestausstattung müsse das Land den Kommunen zur Verfügung

stellen, sondern darüber hinaus auch Mittel für freiwillige Aufgaben, weil sich nur so die kommunale Selbstverwaltung entfalten könne.

Meine Damen und Herren, zur Frage kommunaler Standards sind Gesetzentwürfe der CDU und der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik auf verfassungsrechtliche Bedenken des Wissenschaftlichen Dienstes gestoßen, denen sich die Koalitionsfraktionen angeschlossen haben.

Zu den landesrechtlichen Standards kann die Landesregierung darauf hinweisen – das wurde bereits vom Herrn Kollegen Schweizer vorgetragen –, dass in den vergangenen 20 Jahren von 6.000 Vorschriften nur noch 450 Verwaltungsvorschriften übrig geblieben sind. Das ist nach unserer Auffassung eine gute Erfolgsbilanz, die fortgeführt werden kann.

(Beifall bei FDP und SPD)

Zusammenfassend zu den Problemen der Standardöffnung und der Standardflexibilisierung wird von der Enquete-Kommission übereinstimmend festgestellt, dass die Überprüfung und Revision der bestehenden Standards notwendige Instrumente sind, um die Kommunen von unnötigen Standards und damit verbundenen Aufwendungen zu entlasten.

Meine Damen und Herren, das herausragende Ergebnis der Arbeit der Enquete-Kommission ist die Einführung des Konnexitätsprinzips gewesen. Wie üblich hat der Erfolg viele Väter.

(Frau Ebli, SPD: Und Mütter!)