Protocol of the Session on October 13, 2005

Das Land Rheinland-Pfalz hat frühzeitig auf die Notwendigkeiten einer komplexen Lösung der Integrationsaufgaben hingewiesen und in vielen Fällen auf Bundesebene konkrete Initiativen ergriffen. Dazu zählt der eigene Entwurf eines Zuwanderungs-, Steuerungs- und Integrationsgesetzes von 1997 ebenso wie die entscheidende Rolle, die das Land bei der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts gespielt hat.

Frau Vizepräsidentin Grützmacher, Sie wissen, dass wir auch in der Frage der Altfallregelung immer wieder Initiativen unternommen haben, die keine Mehrheit gefunden haben. Wir haben im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes eine bundesweit beachtete Härtefallkommission auf den Weg gebracht. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 und das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz markieren bei allen Unzulänglichkeiten dennoch eine Wende in der Migrations- und Integrationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Integrationspolitik richtet sich bei weitem nicht nur an die Einwanderer, sondern sie bezieht alle Mitglieder der Gesellschaft in diesen Prozess der Veränderung mit ein. Sie verlangt von allen Beteiligten Anstrengungen und macht konkrete Förder- und Unterstützungsangebote für diejenigen, die Bedarf haben.

Integration ist – das sei hier deutlich hervorgehoben – kein messbarer Zustand, den es zu erreichen gelte. Integration ist und bleibt ein Prozess der mal langsamer, mal schneller läuft und der mal weniger mal mehr Aufwand erfordert. Bedeutsam für das erfolgreiche Durchlaufen dieses Prozesses sind aus meiner Sicht schulische und berufliche Qualifikation, Integration in den Arbeitsmarkt, die sozioökonomische Integration, Sprachkenntnisse in Deutsch und die Bereitschaft, am Integrationsprozess teilzuhaben und an ihm mitzuwirken.

Dabei ist es wichtig, zugleich auch die Stärken und Ressourcen zur Kenntnis zu nehmen, die Migrantinnen und Migranten mitbringen, um sich nicht allein auf Defizite oder Probleme zu konzentrieren. Nur so wird es möglich, kulturelle Vielfalt als Potenzial, als Chance und als Bereicherung zu erfahren und im Sinne des Ganzen zu nutzen.

Meine Damen und Herren, die Ausländerpolitik der Landesregierung Rheinland-Pfalz basiert im Wesentlichen auf dem Grundsatz einerseits, die Zuwanderung gesetzlich zu steuern und zu begrenzen, und andererseits, die Integrationschancen der bereits im Land lebenden Ausländerinnen und Ausländer systematisch zu verbessern. Ausgangspunkt hierfür ist die Überzeugung, dass die ausländische Bevölkerung einen Anspruch auf aufenthaltsrechtliche Sicherheit, angemessene Regelungen und deren konkrete Anwendung sowie auf gleichberechtigte Teilhabe an den Ressourcen der Gesellschaft sowie auf politische Beteiligung hat.

Hieraus leiten sich nicht nur Ansprüche der Zuwanderer an die Aufnahmegesellschaft auf Toleranz, Anerkennung und gegenüber dem Staat auf Nichtdiskriminierung und Schutz ab, sondern auch Verpflichtungen für Zuwanderer, die in folgenden Erwartungen Ausdruck finden: dem Erlernen der deutschen Sprache, der Anpassung an das soziale Umfeld, der Eingliederung in das Bildungswesen und den Arbeitsmarkt und nicht zuletzt der Einhaltung von Gesetzen.

Lassen Sie mich mit aller Klarheit feststellen: Wir dulden keine Gewalt, weder im öffentlichen Raum noch im privaten Bereich. Wir sind entschiedene Gegner von Parallelgesellschaften. Gewaltbereite Extremisten und Fundamentalisten werden bei uns mit aller Härte des Gesetzes verfolgt und bestraft. Die Landesregierung strebt an, eine Kultur des Miteinander zu schaffen. Unser Ziel ist

die Einbürgerung der Menschen, die Rheinland-Pfalz zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht haben. Die Landesregierung tritt ein für soziale Integration, die nicht völlige Assimilierung anstrebt, sondern auf einem Grundkonsens über gemeinsame Grundwerte und Ziele sowie der Anerkennung allgemeiner Regeln zur Bewältigung und Lösung von Konflikten beruht.

Meine Damen und Herren, dies führt mich auch zu den in der Großen Anfrage der CDU angesprochenen Themen. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie suggerieren in Ihren Fragestellungen aus meiner Sicht einen Zusammenhang, der von den wahren Problemen eher ablenkt. Frau Huth-Haage, wenn Sie vorhin einen großen Kanon von zu erfassenden Tatbeständen darstellen, dann werde ich den Eindruck nicht los, dass Sie nicht in der ersten Reihe ständen, wenn es darum ginge, diesen Kanon von Tatbeständen bei deutschen Mitbürgern zu erfassen.

(Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU)

Ich darf auch eine zweite Erfahrung, die mein Kollege Bruch genauso gemacht hat wie ich, hinzufügen. Wir haben zahlreiche Verhandlungen im Bund mit den Kollegen Ihrer Fraktion geführt, wenn es um die Frage der Reduzierung von Statistiken ging. Wir sahen uns in aller Regel einer riesenlangen Liste zur Reduzierung von Statistiken gegenüber. Das, was Sie allein bei dieser Anfrage aufgeführt haben, bringt Sie in einen gewissen Widerspruch, den Sie schon einmal aufklären müssen.

(Beifall der SPD – Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU)

Aber zurück zur Sache selbst. Es kann kein Zweifel sein, dass Frauen in vielen Gesellschaften unterdrückt, zum Teil sogar unfassbar gequält, zur Ware gemacht, in ihrer Selbstbestimmung und Selbstentfaltung gehindert werden. Dies hat individuelle, kulturelle und soziale Hintergründe, auch religiöse. Dies muss in jedem Einzelfall auch in unserer Gesellschaft mit aller Entschiedenheit bekämpft werden.

Gestatten Sie mir zwei Bemerkungen zum religiösen Hintergrund. Das organisierte Christentum – also die Amtskirchen – achtet unsere Gesellschaftsordnung, die Menschenwürde und die Selbstbestimmung. Wir haben die prinzipielle Trennung von Staat und Kirche. Beides ist über Jahrhunderte entwickelt, zum Teil in harten Auseinandersetzungen bis in das letzte Jahrhundert hinein errungen worden.

Die Frauenbilder des Islam und des Christentums sind ohne jeden Zweifel unterschiedlich. Die im Islam ohne Zweifel vorhandene Unterschiedlichkeit von Frau und Mann muss aber nicht zwangsläufig zu einer Benachteiligung, zum Problem für Menschenwürde und für Selbstbestimmung werden. Der Abgeordnete Klöckner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in den islamisch geprägten Staaten die ganze Spannbreite der Beachtung von Menschenwürde und der Möglichkeit, Selbstbestimmung zu realisieren, finden, von aus unserer Sicht völlig unakzeptablen Zuständen bis zu denen, die sich sehr wohl mit den unseren messen lassen.

Zum Zweiten: Der Islam kennt keine prinzipielle Trennung von Staat und Kirche. Dies ist ein ernstes Problem, und sie muss ihm abgerungen werden. Dies kann dazu führen, dass Vertreter bestimmter islamischer Richtungen ein solches System auch bei uns etablieren möchten, das dann die Basis unseres Verständnisses für das Zusammenleben zerstören würde. Dies bekämpfen wir ganz entschieden.

Wir wollen allerdings auch, dass die hier lebenden Muslime nicht in die Arme der Falschen getrieben werden. Das Pflegen von Vorurteilen und das Schüren von Ängsten erleichtert dies nicht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung begreift Integrationsarbeit als Investition in die Zukunft. Dies prägt die Arbeit der Ressorts, der Ausländerbeauftragten und der in diesem Bereich kommunal Verantwortlichen.

Von der interkulturellen Pädagogik im Elementarbereich bis hin zu Fragen der Bestattung von Muslimen, so lässt sich heute das Aufgaben- und Themenspektrum von Integration umschreiben.

Frau Huth-Haage, Sie würden manches Projekt aus dem Bereich finden, der Sie besonders interessiert, wenn Sie den Integrationsbericht der Landesregierung genau angeschaut hätten.

Der Integrationsbericht verschweigt Probleme nicht.

Unsere Fähigkeit, das Bildungspotenzial von jungen Migrantinnen und Migranten auszuschöpfen, muss ohne jeden Zweifel gesteigert werden. Ihre Integration auf dem Arbeitsmarkt ist keineswegs zufrieden stellend.

Meine Damen und Herren, Integration braucht Toleranz und Zusammenarbeit. Ich habe allen Grund, den Kooperationspartnern und Akteuren, seien es Vereine und Initiativen, und den vielen ehrenamtlichen Einheimischen und Zugewanderten für ihren Einsatz zu danken.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Gestaltung der Normalität von Migration und friedlichem Zusammenleben in unserer Gesellschaft lebt ganz entscheidend vom Engagement der Beteiligten.

Die Kosten von Nichtintegration oder fehlgeschlagener Integration sind höher als die für eine gezielte und ausgewogene Integrationspolitik. Wir sind entschlossen, diese fortzusetzen. Wir werden den von uns begonnenen Weg der gesteuerten und begrenzten Zuwanderung sowie der guten Integration der hier lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger konsequent fortführen.

Vielen Dank. (Beifall der SPD und der FDP)

Damit sind wir am Ende der Aussprache.

Ich darf noch Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen. Wir hatten sie vorhin schon begrüßt. Da waren „Die Netten Nachbarn“ aus Nastätten noch nicht da. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Die CDU hat beantragt, den Tagesordnungspunkt 19 im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur weiter zu beraten. Darüber müssten wir abstimmen.

(Zuruf aus dem Hause)

Das hat man mir signalisiert.

(Frau Huth-Haage, CDU: Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung!)

Frau Huth-Haage, darüber müssen wir auch abstimmen.

Die CDU beantragt die Drucksachen 14/3994/4121/4171 an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung zu überweisen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den ich bitte um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4569 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Stimmenthaltung der CDU abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe die Punkte 22, 23, 24 und 25 der Tagesordnung auf:

Neue Energie und Arbeit für Rheinland-Pfalz – Masterplan 2005 bis 2010 für erneuerbare Energien – Energieeinsparung – Energieeffizienz Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4045 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – Drucksache 14/4415 –

Energie sichern – Klima schützen – Arbeitsplätze schaffen Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/4191 –

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – Drucksache 14/4522 –

Brandgefahren und Windenergiekonverter Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 14/3419/3611/4517 –

Windenergienutzung in Waldgebieten Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 14/4266/4388/4518 –

Ich darf Herrn Abgeordneten Weiner um die Berichterstattung zu den Punkten 22 und 23 der Tagesordnung bitten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat in seiner Sitzung am 19. Juli dieses Jahres beide Anträge, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Antrag der beiden Koalitionsfraktionen SPD und FDP, beraten.

Als Berichterstatter fasse ich die ausführliche Diskussion im Ausschuss und die Abstimmungsergebnisse kurz zusammen:

Der elfseitige Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zielt unter anderem darauf, in den kommenden fünf Jahren mit einem Fördervolumen des Landes von jährlich 5 Millionen Euro neue Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Die GRÜNEN sehen dabei eine Verdoppelung der Stromerzeugung über Biomasse als einen Kernpunkt, nennen die Geothermie als ein Ausbauziel von 15 Megawatt und wollen die Solarthermie erheblich ausweiten.

Die SPD hat im Ausschuss den Umfang des Antrags der GRÜNEN und seine konkreten Zielvorgaben als Dirigismus kritisiert. Sie sieht das Potenzial der Geothermie deutlich geringer und die Biomasse bereits auf dem Weg der Realisierung. Das Land solle sich wie bisher auf die Förderung von Modellprojekten beschränken.

Die FDP verwies darauf, dass man den Arbeitsplätzen im Energiesektor auch die Arbeitsplatzverluste im produzierenden Gewerbe gegenrechnen müsse, die sie als Ergebnis der künstlichen Erhöhung der Energiepreise infolge grüner Energiepolitik im Bund sieht. Windenergie mache nach Auffassung der FDP nur Sinn, wenn sie da erfolge, wo im ausreichendem Umfang Wind wehe, und das sei vor allem auf See.