Wenn die Menschen verunsichert sind, keine Zuversicht in die Zukunft und Angst um ihren Arbeitsplatz haben, werden keine Familien gegründet, oder man begnügt sich mit maximal einem Kind. Leider haben wir diese Situation. Deshalb ist es eine familienfreundliche Politik, wenn wir eine gute Wirtschaftspolitik machen. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass wieder Wachstum entsteht und wir wieder mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommen; denn dann geht es auch den Familien im Land wieder besser.
Meine Damen und Herren, Sie haben einen ganz wichtigen Punkt außen vor gelassen. Ein Problem ist, dass sich viele wichtige Ereignisse im Leben auf wenige Jahre konzentrieren, wie zum Beispiel der Schulabschluss, die Berufsausbildung, der Berufseinstieg und die Familiengründung. Deshalb wäre es wünschenswert und wichtig, wenn wir eine Entzerrung der Lebensphasen erreichen würden.
In Frankreich – das ist das Land, in das wir so gern schauen, wenn es um Familien- und Bevölkerungspolitik geht – starten junge Akademiker und insbesondere junge Akademikerinnen im Schnitt vier Jahre früher in das Berufsleben, als dies in der Bundesrepublik der Fall ist. Das heißt, die jungen Menschen haben vier Jahre mehr Zeit, sich beruflich zu etablieren und die ersten
Karriereschritte zu machen. Es liegt auf der Hand, dass sie sich mit Ende 20 oder Anfang 30 viel leichter für Kinder entscheiden, als dies in Deutschland der Fall ist. Die jungen Frauen in Deutschland steigen dann erst in den Beruf ein.
Frau Ministerin Ahnen, aus dem genannten Grund wäre es wichtig, an dieser Stelle durch eine frühere Einschulung etwas Lebenszeit einzusparen und endlich auch in Rheinland-Pfalz zu dem Abitur nach zwölf Jahren zu kommen und nicht diese eigenartige Konstruktion mit zwölfeinhalb Jahren haben.
Wir gehen mit der Lebenszeit von jungen Menschen zu verschwenderisch um. Das rächt sich in späteren Jahren.
Meine Damen und Herren, natürlich muss man auch an anderen Stellschrauben drehen und es möglich sein, in einem späteren Lebensalter, und zwar dann, wenn die Kinder flügge geworden sind und das Haus verlassen haben, im Beruf wieder Gas zu geben. Wir müssen es in der Gesellschaft schaffen, dass man auch jenseits der 40 Jahre und 50 Jahre noch Karriere machen kann. Das müssen wir schaffen. Das können wir auch bewältigen.
Meine Damen und Herren, warum ist das alles in Deutschland so schwierig? Es ist deshalb schwierig, weil Deutschland leider ein Land geworden ist, das arm an Kindern ist. Es liegt auf der Hand, dass dort, wo viele Menschen keinen Kontakt mehr zu Kindern haben, das Verständnis für die Belange von Kindern und Familien fehlt.
Eine Allensbach-Studie spricht gar von einer Entfremdung von Kindern in Deutschland. Das ist erschreckend.
Die „Rheinpfalz“ vom 7. September 2005 schreibt, die Zahl der pfälzischen Familen mit Kindern schrumpfe weiter. Im Jahr 1991 habe es noch 241.000 Familien mit 394.000 Kindern in der Pfalz gegeben. Im letzten Jahr seien es lediglich noch 220.000 Familien mit 369.000 Sprösslingen gewesen. Die „FAZ“ vom gleichen Tag schreibt, der Trend, der sich in Deutschland abzeichne,
gehe in Richtung Kinderlosigkeit. Er sei zu einem relativ verbreiteten und zunehmend sozial verfestigten Verhaltensmuster geworden.
Um dieses Verhaltensmuster aufzubrechen, brauchen wir ein Bündel voller Maßnahmen. Es genügt nicht nur, die Betreuung oder die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Wir müssen einen ganzen Strauß von Maßnahmen ergreifen. Ich habe versucht, ein paar Dinge anzusprechen.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt zu wissen, an was es uns in Deutschland fehlt. Wir brauchen positive Vorbilder und mehr Menschen, die vorleben, dass es gelingen kann, die Erwerbstätigkeit erfolgreich auszuleben und gleichzeitig eine glückliche Familie mit Kindern zu haben. Diese Vorbilder brauchen wir in den Medien, in der Kultur, in der Wirtschaft und in der Politik. Deswegen freue ich mich nicht nur, wenn wir eine Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch eine Sozialministerin Ursula von der Leyen haben, die mit sieben Kindern weiß, worauf es ankommt.
Liebe Frau Kollegin Huth-Haage, Sie müssen schon schwer unter diesem Wahlkampf leiden, dass Sie sich in eine solche Irrfahrt versteigen.
In einem Teil Ihres Beitrags haben Sie noch die Kurve bekommen und die Situation, wie sie bei uns besteht, realistisch dargestellt. Sie haben einige Beispiele gebracht, wie schlimm es bei uns ist. Allerdings sind Sie hinsichtlich der notwendigen Konsequenzen, die gezogen werden müssen, in die Irre gelaufen. Das passt wohl nicht zu Ihrer ideologisch verbohrten Weltsicht.
1. Was wäre von einer Fraktion zu halten, die sich nichtwissenschaftlicher Studien bedient, wenn sie Anträge stellt? Das war eine sehr unseriöse Bemerkung Ihrerseits. Bei Ihnen merkt man manchmal, dass Sie im luftleeren Raum fischen. Wir tun das nicht.
2. Frau Huth-Haage, ich sage es Ihnen jetzt. Dann steht es im Protokoll und wird auch so bleiben. Dann begraben wir dieses Thema endgültig. Ich bitte Sie darum. Es war, ist und bleibt ein Prinzip grüner Familienpolitik, die Wahlfreiheit für junge Menschen herzustellen, dass sie
sich entscheiden können. Heute haben wir keine Wahlfreiheit. Das haben die Zahlen, die ich vorgetragen habe, gezeigt. Ich will, dass diese Wahlfreiheit endlich hergestellt wird. Nun haben wir es im Protokoll.
Ich bitte Sie, die kostbare Redezeit nicht mehr dafür zu verschwenden, uns vorzuwerfen, wir wollten genau das nicht.
3. Es ist richtig, dass wir einen Arbeitsplatzmangel haben und viele Menschen in unserem Land arbeitslos sind. Das leugnet überhaupt niemand. Eigenartigerweise haben wir aber auch in zunehmendem Maß einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Wir haben die absurde Situation, dass der Wirtschaft Arbeitskräfte fehlen und gut ausgebildete Frauen, die unter Umständen studiert haben, nicht in ihren Beruf gehen können, weil sie Kinder haben wollen. Dieser müssen wir abhelfen. Hier ist die Bemerkung, dass wir ansonsten sehr viel Arbeitslosigkeit haben, zwar richtig, aber wenig hilfreich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Aufgeregtheiten möchte ich nunmehr zu dem Antrag sprechen. Ich begrüße es sehr, dass nunmehr auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als eine entscheidende Frage für die Zukunft unserer Gesellschaft erkannt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, wie immer hinken Sie mit Ihren Forderungen jedoch der Entwicklung in Rheinland-Pfalz weit hinterher.
Längst schon genießt das Thema „Familienfreundlichkeit“ in unserem Bundesland eine hohe Wertschätzung. Ein breites Angebot an familienunterstützenden Hilfen, zu denen ich im weiteren Verlauf meiner Rede noch etwas sagen werde, ist seit Jahren Bestandteil rheinland-pfälzischer Familienpolitik. Eines Anstoßes durch die Opposition bedarf es hierzu nicht.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, dass ich auf einzelne Forderungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN etwas mehr eingehe. Sie fordern ein hochwertiges Angebot an Bildungs- und Betreuungsangeboten für Frauen und Männer, die im Beruf einen festen Bestandteil ihrer Lebensplanung sehen.
Wer wollte dem widersprechen? Man könnte auch härter formulieren: Danke, das ist ein Allgemeinplatz. – Diesem Problem wurde in Rheinland-Pfalz jedoch frühzeitig Rechnung getragen. Es wurde gegengesteuert, es wurden Anreizsysteme geschaffen. Ich nehme an, von Regierungsseite wird noch einmal die ganze Palette präsentiert, die wir hier inzwischen haben. Ich darf beispielsweise an das verbesserte Angebot von Krippen- und Hortplätzen erinnern, an die Ganztagskindergärten. Ich darf daran erinnern, dass bis zum Ende der Legislaturperiode mehr als 300 Ganztagsschulen eingerichtet sein werden. (Zurufe des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will in dem Zusammenhang auch noch einmal deutlich machen, dass die Erwartungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung durch die Ganztagsbetreuung voll erfüllt wurden. Ab dem Kindergartenjahr 2006/2007 werden unsere Kindergärten in Rheinland-Pfalz bereits für Zweijährige geöffnet sein. Damit verbessert das Land die gute Infrastruktur für Kinderbetreuung und setzt weitere Rahmenbedingungen für die Freiheit der Entscheidung zum Kind und Erwerbstätigkeit für Frauen und Männer.
Persönlich erachte ich die Förderung von Betreuungsplätzen für Kinder von zwei bis drei Jahren als besonders wichtig. In dieser Zeit wird kein Erziehungsgeld mehr gezahlt, und es besteht derzeit kein Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Diese Lücke von einem Jahr in der frühkindlichen Betreuung wird ab dem Jahr 2010 in Rheinland-Pfalz geschlossen. Ab diesem Jahr wird der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Zweijährige festgeschrieben. Eine weitere Ausdehnung des Betreuungsangebots für Kinder ab der 10. Lebenswoche erachte ich als überzogen. Ich erinnere nur daran, wie schwierig bereits jetzt die Finanzierung des ab 2010 gültigen Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz für Zweijährige war.