Protocol of the Session on September 15, 2005

Das ist der Punkt 1, den wir anders geregelt haben wollen. Eigentlich haben Sie mit vielen Worten ganz zum Schluss noch einmal deutlich gemacht, dass das, was Frau Kohnle-Gros angenommen hat, nämlich dass Sie sich geläutert und ihre Position geändert hätten, wenn es um den Zugang zu Hochschulen geht, doch nicht so geläutert sind.

Man muss wissen, nicht nur zu den Fraktionen kamen die Handwerkskammern und haben mit ihnen gesprochen und um eine Absenkung oder Beseitigung der Hürden an den Hochschulen für Meister und Meisterinnen gebeten, wenn es um den Zugang geht, sondern sie haben sich auch an Sie und Ihr Haus gewandt. Mit dem Antwortbrief, der aus Ihrem Hause kam, entgegneten Sie, wir haben in Rheinland-Pfalz doch eigentlich ein bewährtes System, das mit einem Probestudium oder einer zusätzlichen Prüfung den Zugang erleichtert, und Änderungen sind nicht vorgesehen. Sie haben deutlich gemacht, dass Sie nicht hinter einer entsprechenden Äußerung, einer entsprechenden Änderung im Hoch

schulgesetz oder in den Zugangserleichterungen für die beruflich Qualifizierten stehen. Allein deswegen sind die Fraktionen gefordert, mit einem solchen Antrag die Landesregierung jetzt quasi anzuschieben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass Sie das, was über die Reform der Studiengänge auch in Rheinland-Pfalz in Gang gekommen ist, für die Zugangsmöglichkeiten für besonders beruflich Qualifizierte nutzen. Da sehe ich keinen Grund, dass wir einen Unterschied zwischen einer Fachhochschule und einer Universität machen sollen, wenn es um den Zugang zu Bachelor-Studiengängen geht.

Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass diejenigen, die eine berufliche Qualifikation, einen Meisterabschluss oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation, hinter sich haben, ihre Studienwünsche sehr genau überlegen, Studienberatung für sich in Anspruch nehmen, ohne dass man es ihnen auf das Auge drücken oder gesetzlich vorschreiben muss, und sie in der Regel ihr Studium zügig und sehr zielgerichtet absolvieren. Also warum sollen wir für diesen Personenkreis Hürden aufbauen, die wir für andere auch nicht in dieser Form aufbauen? Wir wollen ihnen Angebote geben.

Aber Hürden weiter abbauen können, das ist unser zweiter Punkt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies haben wir in unserem Antrag auch deutlich gemacht. Ich glaube, dass man dies – so habe ich zumindest Frau Kohnle-Gros verstanden – eigentlich sofort in das Gesetz schreiben könnte. Wir haben vorgeschlagen, im Gesetz zwei Sätze zu ergänzen. Sie bleiben aber auf der Position und sagen, wir machen Verordnungen, die erstens nicht für alle transparent und für das Parlament nicht mitgestaltbar sind und die zweitens sehr viel detailliertere Lösungen vorsehen würden, als wenn wir in einer entsprechenden Gesetzesänderung formulieren, dass wir vorhandene Hürden abbauen und die Möglichkeiten schaffen, für entsprechend beruflich Qualifizierte Hochschulzugänge zuzulassen und auch zu erleichtern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich erteile Frau Abgeordneter Kohnle-Gros das Wort.

Ich will noch einmal das unterstreichen, was in der Rede von Minister Zöllner angesprochen worden ist. Ich habe es auch von mir aus gesagt. Ich glaube, wir dürfen das Kind nicht mit dem Bad ausschütten, wie es die GRÜNEN jetzt machen, und eine generelle Loslösung von allem verursachen.

Frau Thomas, ich bin im Übrigen – theoretisch gesprochen – ganz sicher, die Kultusministerkonferenz würde

in diesen Fragen auch ein Wort mitreden wollen, wenn wir es so machen würden; denn das war damals auch nur eine Hürde. Wir brauchten nur damals, als wir es in Rheinland-Pfalz gemacht haben – – –

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist die Regelung in Niedersachsen!)

Nein, aber nicht in diesem Maß.

Ich denke, es kann einfach nicht sein, dass wir einen Schritt machen, der das Abitur als solches infrage stellt.

Ich weise noch einmal auf das Gutachten hin, das auch im Auftrag des Bundesministeriums gemacht worden ist. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass bestimmte Hürden bei der Aufnahme von beruflich Qualifizierten an Hochschulen gegeben sind. Für die Universitäten sagen sie zum Beispiel, hier sollte es zumindest die Fachhochschulreife sein. Es ist also wieder ein anderer Schritt, den man da machen kann.

Ich glaube schon, dass wir an der Sache bleiben sollten. Es ist niemandem damit gedient, wenn wir das System wegen einiger weniger Menschen infrage stellen und auflösen. Es sind immer noch einige wenige.

Wissen Sie, Herr Minister Zöllner hat das mit dem Abitur bzw. ohne Abitur und ohne diese Hochschulzugangsberechtigung angesprochen.

Ein Abitur in Deutschland berechtigt zum Studium an einer Hochschule. Sie können im Grund genommen nur über Numerus clausus oder sonst etwas ausgeschlossen werden.

In anderen Ländern, die dieses Abitur so nicht kennen, ist es eben eine andere Barriere, nämlich die Aufnahme durch die Hochschule, die dann eigene Kriterien aufstellt, nach denen sie Studierende aufnimmt. Das wollen wir in Deutschland im Grund genommen nicht. Wir wollen dieses System mit dem Abitur halten, jedenfalls wir als CDU wollen das. Ich sehe deswegen nicht ein, dass wir an diesem Punkt, wo wir einigen wenigen Menschen etwas Gutes tun wollen – dazu sind wir alle ein Stück weit bereit –, tatsächlich das ganze System infrage stellen. Ich glaube nicht, dass wir ein angelsächsisches oder skandinavisches System bei den Aufnahmeverfahren an den Hochschulen über diese Hintertür einführen sollten. Ich glaube, das macht keinen Sinn.

Ich weise noch einmal darauf hin, es muss ein Stück weit bedacht werden – wie auch gesagt wurde –, dass es Berufe gibt, bei denen eine zusätzliche Qualifikation für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft sehr wichtig und interessant sein kann. Wir brauchen diese Potenziale. Wenn wir damit noch das eine oder andere ausschöpfen können, dass auch Selbstständigkeit im Handwerk oder in anderen Bereichen gewährleistet und auf sichere Beine gestellt werden kann, dann sollten wir das tun, aber bitte auch nur das.

Ich will noch etwas zum Verfahren sagen. Frau Thomas, da gebe ich Ihnen Recht, ich habe schon ein Stück weit damit gerechnet, dass wir in eine intensivere Diskussion

über ein Gesetzgebungsverfahren kommen. Jetzt höre ich, die Verordnung soll geändert werden.

Ich weiß nicht, wie wir mit den Anträgen verfahren, ob wir das heute gleich abstimmen und damit die Sache praktisch der Verwaltung überlassen. Aber das muss die Mehrheit selbst wissen, wie sie dies machen will.

Ich hätte es nicht für schlecht gefunden, wenn wir die Diskussion im Ausschuss über eine Anhörung zum Beispiel noch einmal vertieft hätten. Vielleicht wären wir noch auf die eine oder andere Möglichkeit gekommen. Ich weiß es nicht. Das wäre mein Anliegen.

Auch wenn Sie eine Verordnung machen, können wir uns damit beschäftigen. Das ist auch nicht das Problem. Vielleicht machen Sie auch das Angebot, dass wir doch noch einmal gemeinsam genau hinschauen und uns unterhalten.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Damit sind wir mit der Debatte über diesen Tagesordnungspunkt zu Ende. Es wurde beantragt, den Antrag – Drucksache 14/4242 – und den Alternativantrag – Drucksache 14/4489 – an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur zu überweisen. Es erhebt sich kein Widerspruch. – Dann wird so verfahren.

Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:

Leben mit Kindern und Erwerbstätigkeit vereinbaren Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4467 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von zehn Minuten verständigt.

Für die Antrag stellende Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag gestellt, weil es uns um die Vielfalt der Lebensentwürfe der Menschen in unserem Land, aber auch um die demografische Entwicklung und darum geht, dass der Wirtschaft dieses Landes alltäglich, alljährlich gut qualifizierte, gut ausgebildete Arbeitskräfte dauerhaft oder teilweise zeitlich begrenzt verloren gehen, weil sie nicht die Möglichkeit haben, Erwerbsarbeit und Kindererziehung miteinander zu vereinbaren.

Damit niemand auf die Idee kommt, wir führten diese Diskussion ins akademisch Blaue, zunächst ein paar Zahlen zu Beginn: In einer Studie der BertelsmannStiftung wird deutlich, in Deutschland leben 50 % der

Paare nach dem Modell, einer verdient, in der Regel der Mann, und eine bleibt zu Hause, in der Regel die Frau. Aber nur 5 % wollen dieses Modell leben. 50 % müssen es leben, und 5 % wollen das. Die, die das wollen, sollen das tun, um das an dieser Stelle gleich klarzustellen. Warum das so ist, ergibt sich aus anderen Zahlen.

83 % der 28-jährigen Frauen – das ist ein Alter, in dem viele im Beruf stehen – ohne Kinder sind erwerbstätig. Demgegenüber sind 38 % der 28-jährigen Frauen mit Kindern erwerbstätig. Eigentlich ist das logisch. Die Leute, die das kennen, können sich denken, woran das liegt. Man muss die Zahlen aber einmal sehen. Über 80 % der Frauen wollen eigentlich arbeiten, aber viele können es nicht. Nur 38 % der Frauen mit Kindern im Alter von 28 Jahren können das tun.

Mit Zahlen können Sie auch die Situation bei der Teilzeit und bei der Frage derjenigen belegen, die arbeiten wollen und qualifiziert sind, aber nicht arbeiten. 60 % von ihnen wollen es, geben aber an – nach dem Mikrozensus 2004 –, dass sie das wegen familiärer Verpflichtungen nicht tun können.

Die Folgen dieser familienfeindlichen Situation zeigen sich auf dem Arbeitsmarkt, aber auch bei der Karriere und der beruflichen Entwicklung. In unserem Land sind nur etwa 10 % der Führungspositionen mit Müttern besetzt. Um es gleich nachrichtlich hinzuzufügen: Nur ca. 24 % der Führungspositionen sind mit Vätern besetzt. Es gibt also zumindest Hinweise darauf, dass die Tatsache, Kinder zu haben, ein gewisses Karrierehindernis ist. Das kann wohl nicht sein. Karriere sollte sich ausschließlich an der Qualifikation, aber nicht am familiären Umfeld festmachen.

Es gibt viele Reaktionen darauf. Eine Reaktion ist der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Das diskutieren wir glücklicherweise in diesem Landtag seit einigen Jahren. Ich bin sehr froh, dass wir uns lediglich darüber streiten, an welchen Standards sich das Kinderbetreuungsangebot orientieren soll und in welchem Zeitraum es ausgebaut werden soll. Es gibt aber keinen Dissens mehr darüber, dass man es tun sollte.

Mit der Regelung der Kinderbetreuung erreichen wir aber nur einen Teil. Irgendwann werden wir mit dem, was dadurch beeinflussbar sein wird, an seine Grenzen stoßen. Diese Grenzen beginnen dort, wo das Arbeitsleben, die Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitszeit beginnen.

An diesem Punkt setzen wir mit unserem Antrag an. Wir sind der Meinung, man muss die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit nicht nur entlang der Frage der Kinderbetreuungsplanung diskutieren, sondern man muss die Wirtschaft und die öffentlichen Institutionen mit ins Boot nehmen. Das heißt, man muss sie schon an der Bedarfsplanung beteiligen. Außerdem muss man bei den Unternehmen für die Idee werben, dass es durchaus lukrativ sein kann, dass Eltern arbeiten. Die Prognos AG hat zu dieser Frage ebenfalls eine Studie erarbeitet und dabei herausgefunden, dass sich die Produktivität um bis zu 25 % steigern kann, wenn das familiäre Umfeld, das Betreuungsumfeld, aber auch das Arbeitsplatzumfeld für die Eltern stimmt. Das ergibt

sich eigentlich ganz logisch. Wenn Eltern zufrieden sind und sie wissen, dass ihre Kinder gut untergebracht sind, wenn sie nicht so sehr hetzen müssen, weil der Kindergarten um 13:00 Uhr schließt, dann sind die Leute zufriedener und können motivierter arbeiten.

Das heißt, man kann bei der Wirtschaft durchaus werben. In Deutschland ist die Sichtweise aber noch unüblich, dass es den Unternehmen etwas bringt. In den USA ist das zum Teil ganz anders. Dort ist es zum Teil selbstverständlich, dass man auch einmal kranke Kinder mit zum Arbeitsplatz bringt. Das ist in Deutschland noch sehr wenig verbreitet.

Selbstverständlich brauchen wir familienfreundliche Arbeitszeitformen. Das gilt für die Arbeit wie für die Ausbildung.

Der öffentliche Dienst muss dabei ein Vorbild sein. Der öffentliche Dienst des Landes ist das Segment, das wir als Landesgesetzgeber unmittelbar beeinflussen können. Die Privatwirtschaft können wir nicht unmittelbar beeinflussen. Wir können aber nicht bei der Wirtschaft werben, wenn wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb haben wir in unserem Antrag sehr konkrete Maßnahmen für den öffentlichen Dienst aufgelistet und insbesondere für die Ausbildung an den Hochschulen, wie man familiengerechtere Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltungen vornehmen kann, um mit gutem Gewissen und gutem Hintergrund der Privatwirtschaft gegenüber werben und diese überzeugen zu können.

In vielen Unternehmen gibt es ein großes Wissens- und Informationsdefizit hinsichtlich der Frage, wie eine familienfreundliche Unternehmensstruktur überhaupt aussieht. Wirtschaftspolitik und auch Wirtschaftsförderungspolitik kann natürlich versuchen, das Wissens- und Informationsdefizit auszugleichen. Dies ist eine Aufgabe der Landespolitik.

Wir fordern, dass vor allem kleinen und mittleren Unternehmen geholfen wird durch regionale Koordinierungsstellen, die die Unternehmen unterstützen, die sich das aufgrund ihrer Größe nicht leisten können, und diese beraten, wie sie die Arbeitsplätze und die Unternehmensstruktur familienfreundlicher gestalten können. Wir wollen, dass bei Zusammenschlüssen von Unternehmen die Kinderbetreuung und die familienfreundliche Arbeitsplatzgestaltung gefördert und die Unternehmen entsprechend beraten werden. Außerdem wollen wir, dass bei der Wirtschafts- und Strukturförderung das Kriterium der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindern in Zukunft mehr berücksichtigt wird. Dies ist ein großes Aufgabenfeld des Wirtschaftsministeriums.

Meine Damen und Herren, es geht uns darum, die häufige Unvereinbarkeit von Kindern und Erwerbstätigkeit aufzulösen. Der Staat kann in diesem Zusammenhang nur begrenzt etwas tun. Aber er muss alles tun, was er tun kann. Wir sind heute an einem Punkt angekommen, bei dem man feststellen kann, dass schon einiges getan wird. Aus dem Antrag geht aber hervor, dass wir noch sehr viel tun können, um dem Ziel näher zu kommen,

dass nicht mehr diese brutale Alternative besteht zwischen arbeiten zu gehen und Kinder zu bekommen.