In der Europäischen Union wird derzeit vermehrt der Gedanke des familienfreundlichen Betriebs aufgegriffen. In Deutschland gibt es die gemeinnützige HertieStiftung, die solche Betriebe zertifiziert. Allerdings gibt es in Rheinland-Pfalz leider nur einen Betrieb, der sich bisher zertifizieren ließ. Deshalb bin ich Herrn Minister Bauckhage, der sich derzeit in der Staatskanzlei befindet, sich aber sicherlich den Inhalt der Debatte von uns berichten lässt, sehr dankbar, dass er sich bereit erklärt hat, einen Wettbewerb auszuschreiben, um die Familienfreundlichkeit im Betrieb, wie Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Teilzeit, Führung in Teilzeit etc., zu stärken und besonders innovative Betriebe zu prämieren. Dieser Wettbewerb soll eingeführt werden.
Die letzte Maßnahme in diesem Zusammenhang ist eine Maßnahme, bei der darauf abgezielt wird, dass Frauen in einem bestimmten Bereich immer noch unterrepräsentiert sind, nämlich was das Unternehmertum betrifft. Wir haben zwar schon einige Maßnahmen ergriffen, offensichtlich haben sie aber immer noch nicht so gewirkt, wie wir uns das vorstellen. Damit stehen wir in der Europäischen Union aber ebenfalls nicht allein.
Deshalb möchten wir eine verstärkte Initiative für die Existenzgründung von Frauen gemeinsam mit Kammern, Wirtschaftsfördereinrichtungen und Kooperationspartnern, wie zum Beispiel Banken, ergreifen; denn oft haben gerade Frauen besondere Hemmschwellen, das entsprechende Kapital zu besorgen. In diesem Bereich müssen meines Erachtens verstärkt Maßnahmen ergriffen werden. (Glocke der Präsidentin)
Mit diesem Aktionsprogramm möchten die Koalitionsfraktionen im rheinland-pfälzischen Landtag Gleichstellung und Gender Mainstreaming im Zusammenspiel einen guten Schritt voranbringen. Wir müssen uns ebenfalls diesen Aufgaben verpflichtet sehen. Deshalb richte ich diesen Appell an Sie alle.
Liebe Frau Morsblech, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich nicht möchte, dass das Instrument des Gender
Wenn man Ihren Antrag mit unserem Antrag vergleicht, wird deutlich, dass wir einen Auftakt für eine neue Bewegung, für neuen Schub geben wollen. Wenn zum Beispiel Staatssekretärsrunden nicht nur einmal, sondern mehrmals einberufen werden, wenn es um das neue Haushaltsrecht, um die Einführung der KostenLeistungs-Rechnung usw. geht – das wird nicht nur von den zuständigen Fachabteilungsleitern, sondern auch von den Staatssekretären begleitet –, dann will ich, dass die Implementierung von Gender Mainstreaming mindestens so hoch angesiedelt wird. Dann heißt das, dass diese Runde die Steuerung übernimmt.
Frau Kipp hat vorhin deutlich gemacht, dass es im Verwaltungsbereich darauf ankommt, von oben die Kompetenz aufzubauen. Der Begriff „top-down-Strategie“ ist sogar Ihrem Antrag zu entnehmen. Also müssen die Personen, die oben verantwortlich sind, die Kontroll- und Steuerverpflichtung übernehmen. Anders wird dieser Prozess nicht angestoßen, und anders wird er auch nicht funktionieren können.
Jetzt komme ich auf die familienfreundlichen Betriebe zu sprechen. In Ihrem Antrag steht, dass der Wirtschaftsminister einen Wettbewerb dafür ausschreiben soll. Herr Bauckhage macht doch nichts lieber, als Wettbewerbe auszuschreiben. Er verleiht auch gern Preise.
Vor der Landtagswahl hat er den Wettbewerb „Die mittelstandsfreundliche Kommune“ auf den Weg gebracht. Die halbe Welt hat darüber gelacht.
Nein, ich will nicht, dass über „familienfreundliche Betriebe“ gelacht wird. Es ist mir ein Anliegen, dass Unternehmen in Rheinland-Pfalz familienfreundlicher werden und sich im Hinblick auf die Kinderbetreuung, die Fragen von Arbeitszeitregelungen usw. engagieren. Ich komme aber nicht mit einem Wettbewerb voran.
Dann wird nachher die BASF mit irgendeinem Handwerksbetrieb verglichen. Sie müssen einen ganz anderen Prozess anschieben, wie es auch in anderen Bereichen gemacht wird, in Form von BenchmarkingProzessen, damit Unternehmen und Landesregierung einen langen Atem haben und eine Dynamik aufgebracht wird.
Aber bitte keine Neuauflage eines Wettbewerbs, bei dem Herr Bauckhage nachher gemeinsam mit anderen angesehenen Kabinettsmitgliedern Preise verleiht und denkt, dass es das war. Für das Familienaudit kann man sich wirklich anders engagieren, nämlich nachhaltiger
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man am Ende dieser Runde spricht, hat das sicherlich auch Vorteile; denn man braucht den Begriff Gender Mainstreaming nicht mehr zu erklären und auch nicht mehr all das zu wiederholen, was schon gesagt worden ist.
Ich will aber noch einen Aspekt in die Debatte und in die Überlegungen einbringen, der mir in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist. Meines Erachtens haben Frauen diskutiert, die sich seit mehr oder weniger vielen Jahren in der Frauenpolitik engagieren – ich sage einmal die Profis –, und mit Begriffen um sich geworfen, die uns allen durchaus vertraut und bekannt sind. Ich selbst habe aber in der jüngeren Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass es sehr schwer ist, bei jungen Frauen für dieses Thema Verständnis zu finden. Die jungen Frauen sind eigentlich diejenigen, die von all dem, über das wir heute reden und das wir fortentwickeln und verbessern wollen, einmal profitieren sollen.
Nein, nein, da zähle ich nicht mehr dazu. In deren Augen sind wir schon fast die alten Schlachtrösser der Frauenpolitik. Das muss man so sehen. Eine 17-Jährige fühlt sich heute überhaupt nicht diskriminiert. Sie fühlt sich nicht benachteiligt und versteht auch nicht, worüber wir reden. Es ist meiner Meinung nach eine ganz wichtige Aufgabe – sie wird in keinem der Anträge genannt, weshalb ich sie einbringen möchte –, die jungen Frauen für ihre Umwelt zu sensibilisieren, in der sie leben, in der Diskriminierung stattfindet, zum Teil, ohne dass sie es bewusst wahrnehmen.
Selbst wenn wir sagen, sie haben heute die gleichen Bildungschancen und können heute fast jeden Beruf wählen – vor 15 Jahren oder weniger war das noch gar nicht selbstverständlich –, müssen sie aber erkennen, wie subtil, zum Teil wie hintergründig Diskriminierungen funktionieren, sei es bei dem Thema „Koedukation bei den EDV-Kursen in der Schule“, sei es bei der Wahl der Studienplätze und bei vielem anderen mehr. Meine Sorge ist, dass wir ein Stück weit über die Köpfe derer hinwegreden und an denen vorbeireden, um die es geht. Meine herzliche Bitte lautet: Lassen Sie uns zusammen noch mehr darauf hinweisen, wie schwierig die Situation für Frauen nach wie vor ist.
Bei der Einleitung der Frau Kollegin Kipp hatte ich schon den Eindruck, sie müsse bei der Aufzählung, was schon
alles geschehen sei, zu dem Ergebnis kommen: Wir haben unsere Hausaufgaben schon fast gemacht und müssen kaum noch etwas tun.
Es verwundert mich schon, dass man stolz auf den Landesgleichstellungsbericht und das LGG verweist nach dem Motto: Wir haben schon viel erreicht. – Das verwundert mich deshalb, weil wir in den letzten Monaten sehr ausführlich im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes beraten haben. Wir haben die Ministerien befragt und sind eigentlich zu der Erkenntnis gekommen, dass sich die Fortschritte in sehr überschaubaren Grenzen halten.
Ich habe Verständnis dafür, dass man das Ministerium benennt, das in dieser Frage sehr positiv heraussticht. Um den jüngeren Frauen das deutlich zu machen, will ich aber noch einmal nennen, wie die Situation aussieht: Der Frauenanteil in der Landesregierung hat sich insgesamt nur um gut 2 % durch das Landesgleichstellungsgesetz erhöht. Ich behaupte nach wie vor, dass das auch ohne dieses Gesetz geschehen wäre. Wir haben nach wie vor eine sehr blamable Situation in einigen Ministerien, zum Beispiel im Ministerium des Innern und für Sport. In diesem Ministerium ist sogar der Frauenanteil trotz des Landesgleichstellungsgesetzes von sage und schreibe 22 % um 0,2 % gesunken.
Frau Morsblech, wenn Sie sagen, im Justizministerium sei das so einfach, weil dort ausschließlich nach Leistung eingestellt werde, erklären Sie mir, weshalb sich dann offenbar die schwachen Leistungsträgerinnen beim Ministerium des Innern und für Sport bewerben. Damit allein können Sie das nicht erklären.
Da müssen wir dann doch noch einmal ein Stückchen genauer hinsehen. Ich muss Ihnen auch sagen, dass meine Erwartung war, dass die Koalitionsparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung Konsequenzen aus diesen Befragungen zur Umsetzung des LGG ziehen und auch Verbesserungen beim LGG ankündigen würden. Das alles ist nicht geschehen.
Auch hat mich überrascht, dass wir im Antrag der SPD einen Punkt finden, der im Gegensatz zu der Koalitionsvereinbarung von 1996 in der jetzigen Koalitionsvereinbarung gar nicht mehr vorkommt. Ich habe den Eindruck, es hat das schlechte Gewissen geschlagen und man musste noch ein bisschen etwas nachliefern. Es geht um die Existenzgründungen durch Frauen. In der Koalitionsvereinbarung von 1996 gab es dazu noch zwei Abschnitte. In der aktuellen Koalitionsvereinbarung gibt es dazu nichts mehr, außer dem aktuellen Antrag von SPD und FDP. Ich sage, da versucht man jetzt ein Stückchen von dem nachzuholen, was über die Koalitionsvereinbarung nicht gelungen ist.
Ich will versuchen, für mich das Gesamtresümee zum Antrag der Fraktionen der SPD und FDP zu ziehen. Es wird durch die rosarote Brille wieder all das gelobt, was schon Gutes geschehen ist.
Da fehlt mir schon der Gender Mainstreaming, da man sich das genau ansehen muss. Das ist ein wesentliches Kriterium, die Dinge sehr kritisch zu betrachten. Ich habe auch den Eindruck, dass man mit dem, was an Zielen und an Maßnahmen, die man jetzt aufgreifen will und die vorgeschlagen werden, vorhanden ist, im Grunde genommen ein Fortsetzen der bisherigen Frauenpolitik will, die wir schon immer als Querschnittsaufgabe verstanden haben. Das ist in dem Sinne nichts Neues. Es wird in eine moderne Verpackung gegeben, aber das sehr wenig konsequent.
Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ist tatsächlich ein Antrag zur Umsetzung von Gender Mainstreaming, eines Verfahrens, um wirklich geschlechtsspezifische Aspekte in alle Bereiche des eigenverantwortlichen Handelns – sei es auf den Bänken der Regierung oder sei es im Plenum – hineinzubringen. Dieses Prinzip wird in diesem Antrag wesentlich konsequenter angedacht und auch in der Umsetzung bedacht.
Wenn ich mir die Mehrheitsverhältnisse betrachte, wird sich der eine Antrag mit Sicherheit durchsetzen, aber meine Sorge ist, dass wir im Grunde genommen eine Mogelpackung bekommen, indem viel von modernen Begriffen und Verfahren gesprochen wird, dass man aber in der Umsetzung vieles schuldig bleibt, was notwendig wäre, um diesem Anspruch selbst gerecht zu werden.
Ich selbst bin sehr gespannt, ob wir im Ausschuss noch einige Fakten zu dem bekommen, was im Antrag benannt worden ist. Das gilt zum einen für die Vorhaben und zum anderen auch für das, was quasi für erledigt erklärt wird. Da setze ich ganz große Fragezeichen. Nach meiner Auffassung haben wir das Gender Mainstreaming im Bereich des Nahverkehrs noch nicht zufrieden stellend in Rheinland-Pfalz umgesetzt. Auch beim Landesentwicklungsprogramm III ist das nicht zufrieden stellend umgesetzt. Ich kann die Erfolge bis heute nicht erkennen, aber da Sie sie beschreiben, ist es für die Landesregierung sicherlich ein Leichtes, uns das in der Ausschussberatung nachzuliefern. Wir sind darauf sehr gespannt und hoffen auf gute Nachrichten, aber wir sind auch skeptisch.
Wir werden uns an der Diskussion konstruktiv beteiligen, aber ich gebe zu, dass meine Erwartung, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen wirklich bereit sind, Gender Mainstreaming konsequent umzusetzen, gering ist. Ich lade Sie ein, mich vom Gegenteil zu überzeugen.