Protocol of the Session on November 16, 2000

Es-bedarf dieser differenzierten Betrachtung dies"Er einzelnen Verpackungsarten. Ich komme in einem zweiten Re

darauf noch zurück: Ich möchte Ihnen aber sagen, es bedarf auch der europäischen Betrachtung. Auch darauf werde ich in einem zweiten Teil meiner Rede zurückkommen.

Herr Kollege Franzmann wird zum speziellen Problem mit der Weinflasche etwas sagen, weil auch die wiederum einer sehr differenzierten Betrachtung bei der Vielzahl von Weinfla

schensorten, die wir haben, bedarf. Auch dazu, ob man das so genannte Littering-Probl_em, wie das heute auf Neuhochdeutsch heißt, also das Abfallproblem, über eine Bepfandung lösen wird,

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.: Mit Plakataktionen!)

werde ich Ihnen nachher ein paar Beispiele aus der Praxis nennen. Darm können wir uns in aller Ruhe auch -im Ausschuss noch einmal darüber unterhalten, wenn wir das wollen. (Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, -der Ordnung halber möchte ich darauf hinweisen, dass diese beiden Anträge zur Aktuellen Stunde in einem Zusammenhang besprochen, beraten und diskutiert werden, damit es nachher keine i\!iissstimiT)ungen gibt.

Ich erteile nun der Abgeordnetenfrau Hatzmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Braun, ich hatte fast befürchtet, dass Sie wieder einmal Wirtschaftspoli

tik mit Umcveltpolitik verwechseln. Sie machen Rentenpolitik mit der Ökosteuer und jetzt Arbeitsmarktpolitik mit dem Dosenpfand. Das kann doch so nicht sein. Sie müssen doch zu -den richtigen Instrumenten greifen. Das Dosenpfand kann

doch nicht Ersatz für Arbeitsmarktpolitik sein, die Sie vielleicht wollen. Das kann doch wohl nicht sein.

(Dr."Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mittelstand vernichten!)

- iviittelsta-ndspolitik mache ich- doch nicht mit Instrumenten der Umweltpolitik. Sie schädigen doch die Umweltpolitik, indem Sie zum falschen Instrument greifen.

_ (Zuruf des Abg. Dr. Braun,

BÜNDNIS 90iDIE GRÜNEN)

Der Umwelt kommtdamit garnichts zugute. Sie nützen ein Abgreifen oder ein Marktsteuerungsinstrument. Damit tun Sje der Umwelt nichts zugute -ganz im Gegenteil. Sie schädigen sie.

Alle Zahlen, -Fakten und Erfahrungen, ob in Schweden, Kanada, Amerika, wo immer man hinschaut, zeigen, das Dosen

pfand führt nicht zur Verbesserung der Umweltsituatiori. ln Deutschland besteht die Dose mit weit über 90% aus Weißblech. Es gibt keine Fraktion im Hausmüll, im Müll oder im Gelben Sack, die so einfach und so komplett zu sortieren wä-re vvie die Dose. Die Dose ist magnetisch. Einen Magnetab

scheider hat -jede Anlage. Herr Dr. Braun, sie wird automa

-tisch aus jedem Sack herausgeholt. Sie können die Sortier

quote nicht erhöhen. Sie können natürlich versuchen, mit dem Dosenpfand mehr Dosen zu sammeln und in die Systeme

hinein zu bekommen. Ob das aber funktioniert, ist fraglich.

Alle Erfahrungen zeigen, dass es zu einer Marktverschiebung, weg von der Dose hin zu anderen, unbestraften Einwegsystemen, nämlich dem Tetrapack kommt, sobald ich eiri Dosenpfand einführe. Das zeigen sehr viele Beispiele. Selbst VIfein können Sie schon im Tetrapack bekommen. Das zeigt deutlich, nicht die Umwelt provitiert von solch einem Markteingriff- im Gegenteil. Das Ganze wird nur noch kompliztierter. Die Systeme werden viel teurer.

Wir fragen jetzt nach dem Littering-Problerh. Richtig ist, dass

60 % bis 70 % der Deutsche_n sagen, Dosenpfand ist gut, weil damit endlich die Vermüllung der Landschaft beer.det wird. Kennen Sie die Zahlen, Herr Dr. Braun? Haben Sie sich das einmal angeschaut? Es gibt eine einzige Studie, die sich dieses Themas widmet. Sie stammt vom TÜV Rheinland. Wissenschaftler haben 590 Gemeinden eio halbes Jahr lang -kom

plett flächendeckend untersucht und gefragt, was man tat

sächlich draußen in der Landschaft findet. Sie haben 590 Orte durchkämmt und gesichtet. Sie haben unterschiedliche Räu-me, Ballungsräume, Dörfer usw. ausgesucht. Üoerraschendes Ergebnis dieser Müllzählung ist- das ist die einzige, die je un

ter wissenschaftlichen Bedingungen stattgefunden hat-. Ver

_packungsabfälle machen weniger als die Hälfte des optisch wahrnehmbaren Gesamtmülls aus. Das Symbol der Wegwerfgesellschaft, nämlich die Dose, rangiert auf Platz sieben aller auffindbaren Verpackungsteile, deswegen sind sie alle so fein, weil sie zum Symbol der Wegwerfgesellschaft wurden.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Spitzenreiter des Litterings sind Plastikfolien; Einkaufstüten, Verpackungen, Plastikfolien, gefolgt von Kartons, Zigarettenschachteln, Kunststoffverpackungen, Joghurtbechern und ähnliches, Styroporbehälter. Insgesamt hat die Studie 31 Müllsorten umfasst. Die Gutachte~ sagen, gemeinhin hält man Littering meist für Blitzentsorgung von Plastiktüten und Dosen im Gebüsch.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmach er, BÜNDNIS 90/DIE-GRÜNEN)

Doch am häufigsten wurden eben nicht Verpackungen, son

dern mit einem Anteil von 52 % Müllsorten vvie Zeitungen,

_Papier, Grünabfälle, Sperrmüll und TeY.tilien gefunden.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grünabfälle sind besonders schlimm in der Landschaft!)

-Auch dies wurde gefunden, insbesondere wenn dies in Tüten steckt.

Auch Bauschutt und Fahrzeugteile, Kühlschränke und ähnli

ches registrierten die 1\.iiüllforscher. Weil sie so vielen unterschiedlichen Müll in der Landschaft gefunden haben, halten die Forscher nichts von einem Pfand auf Getränkedosen. Das würde einen marginalen Anteil des Müllsinder-Landschaft treffen. Dafür 4 Milliarden Dfvi in ein System zu investieren, das sich dann komplett verschiebt, ist eine völlige Fehlallokation, Herr Dr. Braun. Dies ist Unsinn. Das geht an der Uniwelt komplett vorbei. Das _sind 4 Milliarden Öiv1, die irgend~vohin _ investiert werden, die aber auch niemandem zugute kommen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sagen Sie das Herrn Creutzmann!)

Übrigens ist das auch die Erkenntnis wichtiger Landschaftspflegeverhände und Landschaftsverbände. Zum Beispiel der

Westenrvaldverein mit weit über 20 000 Mitgliedern, wenn ich das richtig in Erinn~rung habe, hat sich auch nicht ent

scheiden können, das Dosenpfand zu befürworten, undzwar aus genau diesem Problem heraus. Er hat erkannt, dass nur eine winzige Menge des Mülls in der Landschaft tatsächlich erfasst würde und man damit nicht verschieben kann. Wahrscheinlich würde dann der Mensch den Tetrapack wegwerfen.

Die Ministerin hat dazu - i~:h bin der festen Überzeugung, im Moment als Einzige- der Szene der Bundesrepublik konkrete Vorschläge ·gemacht, wie man das Litter[ng-Problem, das

wirklich ein Problem ist, angehen kann.

- (Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Mit Plakaten!}

Das geht nur über Bewusstseimverdung, Erziehung, Sozialkontrolle und über Aktionen.

Zuruf der Abgeordneten Frau Themas und Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)