Protocol of the Session on October 19, 2000

Jetzt haben wir gerade vorgestern erfahren, dass die Landes

regierung mit einem kurzen Satz gesagt hat: Wir als LandeS"regierung ziehen uns völlig aus der Verantwortung zurück, wir zahlen nicht, wir haben gar keine Verantv11ortung, verantwortlich sind die Kommunalpolitiker.

(Nagel, SPD: So ist es!)

~ Herr Nagel, das ist nicht so. Verantwortung tragen die, die politisch diesen Weg beschritten haben und die Gemeinden dahin getrieben haben; diesen Weg zu beschreiten, und das, Herr Nagel, war die Landesregierung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Nagel, SPD: Das ist ein Irrtum!)

- Herr Nagel, ich zitiere - ich weiß nicht, ob Sie die Begründung des Gerichtsurteils gelesen haben-, was das Gericht dazu sagt; denn die Argument.-.tion ist eindeutig und somit auch die Zuweisung der Verantwortung. Ich zitiere auf der Seite 21:.,Für das Gtricht mit entscheidend war, dass das Müllheizkrafu'llerk Pirmasens, jedenfalls gemessen an den aus dem Entsorgungsgebiet des Z.AS stammenden und zu verbrennenden Abfällen

Das nächste Zitat- Seite 23 -:.. Die festgestellte und nicht an

denrveitig zu rechtfertigendE Überkapazität beim il/oüllheiz

kraftwerk Pirmasens beruht auf einer fehlerhaften Kapazi

tätsprognose."

Dann das vielleicht entscheidende Zitat für die Landesregierung- Seite 28 de:; Gerichtsurteils -:.,Weshalb noch das minis

terielle Schreiben vom 30. Oktober 1995 auf diese künftigen Entwicklungsmöglichkeiten nicht einging, sonderrf ausführ

te, dass im Verbandsgebiet im Durchschnitt keine Gebührenerhöhung notwendig würd

Das heißt also eindeutig: Es war klar, dass nicht mehr so viel

_ rviüll auf dem Gebiet des ZAS anfallen würde. Die BürgErini- ·

tiativen vor Ort, die GRÜNEN und die verantwortungsvollen

Kommunalpolitiker haben jederzeit und immer wiedEr öffentlich geäußert, dass es diese fvlüllmengen nicht mehr geben wird.

Die Landesregierung und die kommunalen Spitzen haben aber an der IVlüllmenge festgehalten, weil die Landesregierung genau diese Planung wollte; meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Kram er, CDU)

Im Klartext heißt das: Wenn wir in Rheinland-Pf;;lz- so wie es Frau Martini wollte - sieben Müllverbrennungsanlagen gebaut hätten, würde jede Bürgerin und jeder BürgEr mindE

stens das Doppelte an Müllgebühren zahlen. Dadurch würde die Müllvermeidung völlig verfehlt. Damit würden wir keinen technologischen oder umweltpolitischen Fortschritt erzielen, sondern ailes würde verheizt werden. Nach wie vor halt Frau

Martini an dieser Politik f

Derzeit wird eine überdimensionierte Müllverbrennungsomlage in Mainz geplant. Dafüf!iind 200 OOOTonnen rvlüll eingepla!lt, von-denen die Kommunen nicht einmal WO 000 Tonnen auslasten können. Die Hoffnung besteht doch darin, dass

andere Kommunen dazuliefern werden.

Meine Damen und Herren, natürlich ist diese Anlage eine weitere Konkurrenz für die leer stehendE Anlage in Pirmasens. Nicht nur die Anlage in Pirmasens, sondern auch die An

lagen in Mannheim, Darmstadt und Frankfurt stehen leer und suchen händeringend nach Müll. ln Pirmasen5 haben wir keine Möglichkeit, die Anlage auszulasten.

(Zuruf der Abg. Frau Hatzmann, F.D.P.)

Frau Martini ist für die betroffenen Kommunen und Gebietskörperschaften bestimmt keine Umweltministerin, sondern eher eine Umweltkatastrophe. Ich wage zu hoffen, dass auch der Herr _Ministerpräsident an einer solchen.. Katastrophen

ministerin" nicht länger festhalten kann. So wahr ich hier stehe wette ich eine Kiste besten pfälzischen Öko~Riesling-5ekt, dass Frau Martini der näcbsten Landesregierung als Umwelt

ministerin nicht mehr angehören wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Ministerpräsident Beck: Seine Wegpartner sucht man sich immer selbst aus!)

PräsidEmtGrimm: Es war diese Landesregierung, die nach dem Jahr 1991 erst

Ich erteile Herrn Abgeordneten Nagel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich die Formulierung dieser Aktuellen Stunde gelesen habe - ich lese sie noch einmal vor: ,.Pianungsdefizite in der rheinlandpfälzischen Abfallwirtschaft - Ende der Abfallvermeidung Ende gerechter Abfallgebühren" -, sind mir zunächst einmal nur Frechheiten eingefallen, weil diese Formulierung eine einzige Frechheit darstellt; denn sie hat mit der rheinlandpfälzischen Realität gar nichts zu tun.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auch Sie wissen, dass die abfallpolitische Welt in Rheinland-Pfalz weitgehend in Ordnung ist ,und wir in manchen Bereichen, wie zum Beispiel_ im Bereich der Sonderabfallwiro.Schaft, sogar bundesweit Vorbildcharakter haben.

(Zuruf des·Abg. Licht, CDU)

-Dass die CDU das anders sieht, kann ich verstehen. Sie würde _ doch gern-die Gebühren für die Sonderabfallwirtschaft auf die Menschen in diesem Land abwälzen.

ln den Bereichen, in denen Defizite bestehen - das gestehe ich gern zu-, sind diese Defizite in erster Linie kommunal zu verantworten. Allein aufgrund des Landesabfallwirtsch_aftsund Altlastengesetzes, das Sie alle kennen, hat die Landesregierung überhaupt keinen unmittelbaren Einfluss. ln zweiter Linie - das wissen auch Sie, Herr Dr. Braun- gibt es auf dem Abfallmarkt bundesweit Entwicklungen, von denen Rhein

land-Pfalz natürlich nichtausgenommen ist, sondern sie sind auch in Rheinland-Pfalz vorhanden.

Worum es geht, zeige ich am Beispiel des ZAS auf, weil diese Geschichte von diesem Pult aus nicht _erzählt werden kann, ohne in die Historie einzutreten. Vot et11Vas mehr als einem Jahrzehnt hat der.,MOIIpapst" der damaligen Landesregie

rung, HerrTabasaran, in einem Gutachten vorgerechnet, dass die Müllmenge allein im ZAS-Bereich auf 250 000 Tonnen pro Jahr anwachsen würde. Er hat dies vorgerechnet, obwohl damals schon alle Spatzen von allen Dächern gepfiffen haben, dass es ein Kreislauf11virtschaftsgesetz geben wird und die Müllmengen damit deutlich sinken werden. Es waren vorv'\lie

gend CDU-Kommunalpolitiker im ZAS vertreten,

(Zuruf des Al;lg. Kram er, CDU)

die ungeachtet dessen die Planung und das Verfahren für eine derart überdimensionierte Anlage in Auftrag gegeben haben.

mals einen landesweiten Abfallentsorgungsplan erstellte, wobei- das ist jetzt wichtig, Herr Dr. Braun- bestehende und_ bereits beschlossene Anlagen in diesen Plan einflossen und die Landesregierung nur dann aufgefo-rdert wurde, ein Konzept zu erstellen, wenn es noch nichts gab.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wurde in keinerWeise Einfluss darauf genommen, mit welchen technischen Mitteln die Abfallentsorgung durchzuführen ist. Es ist auch nicht Aufgabe der Landesregierung, dies vorzuschreiben.

In den Folgejahren kam es, wie es k(Jmmen musste: Die Müllmengen gingen deutlich zurück, nicht zuletzt weil die Wert

stofferfassung separat organisiert wurde, weil zum Beispiel Bauabfälle nicht m-ehr ohne Recycling auf die Deponie gebracht worden sind, aber auch - das ist wichtig - wegen der Herausnahme der hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle aus der kommunalen Entsorgung. - Das Ergebnis war: Obwohl das Müllheizkraftwerk Pirmasens kleiner gebaut wurde, fehlen derzeit die rviüllmengen, um es wirtschaftlich zu betreiben, also für den Gebührenzahler erträglich zu betreiben.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 9Ö/DIE GRÜNEN)