Protocol of the Session on August 17, 2000

kontrolle.

Diese Plausibilitätskontrollen, die ausdrücklich vom Gesetz

geber als Vorstufe vor weiteren und letzten Entles dann auch rechtlich gravierenden Untersuchungen vorgesehen sind, sind ganz bewusst aufgenommen worden, um gewissermaßen die Spreu vom Weizen zu trennen. Die beteiligten Partner, also auch die Rechtsaufsicht des Gesundheitsministe

riums, sind sehr einverstanden - auch heute noch -, dass solche Plausibilitätskontrollen zunächst innerhalb de-r Ärzteschaft selbst vorgenommen werden, zumal die Ärzteschaftselbst ein Interesse daran hat, dass nicht durch unkollegiales Verhalten andere Mitglieder der KV geschädigt werden. Im Rahmen des Budgets ist dies ein NullsummenspieL

Diese Vereinbarungen entsprechen der Zielsetzung des Gesetzgebers. Sie tragen auch dazu bei, dass Falschabrechnungen nicht erst durch Strafverfahren aufgedeckt werden, sondern möglicherweise schon im Zuge einer solchen -Plausibilitätskontrolle, und Sie können sicher sein, dass es dann bei entsprechenden Verdachtsmomenten auch nicht bei einer rein kollegialen Aktion bleibt.

Zu Frage 4- Die Struktur der Kassenärztlichen Vereinigungen betreffend -: Frau Abgeordnete Bill, eine stärkere Professionalisierung der Arbeit der Kassenärztlichen Vereinigungen wurde im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 von der Bundesregierung vorgeschlagen. _Es war in dem ursprünglichen Gesetzentwurf vor allen Dingen eine hauptamtliche Arbeit in den KVen vorgesehen, die derzeit noch ehrenamtlich erfolgt, allerdings in einer Form, die das Wort "Ehrenamt" ein bisschen mit.Fragezeichen versieht, insbesondere was die Höhe der Vergütung a·ngeht.

Diese ehrenamtliche Aufgabe oder -Erledigung der Aufgabe ist bei der Bedeutung der Kassenärztlichen Vereinigungen für die internen Verfahren, für die Abrechnung usw., sicherlich ein Problem. Deswegen hat die Bundesregierung vorgeschlagen, dies künftig hauptamtlich vorzusehen, nicht zuletzt a!Jch, damit der Kostenträgerseite, also gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen vor allem, sozusagen ein gleicher

"Counterpart" gegenübersitzt- hauptamtliche Vorstandmitglieder.-Dies istdann auch in Verbindung mit einem größeren Zuschnitt von KV-Bezirken zunächst am Bundesrat gescheitert. Der Bundesrat hätte es nicht passieren lassen. Deswegen sind diese Elemente der Gesundheitsreform herausgenommen worden.

Es bh!ibt- ich vermute dies --einer späteren Gesundheitsreform vorbehalten, die Struktur der Kassenärztlichen Vereini- _ gungen erneut auf den Prüfstand zu stellen. Die Landesregierung hat bis dahin nicht vor, sozusagen statt des Bundesgesetzgebers in dieser Frage isolierttätig zu werden.

Zu den Fragen des Kollegen Hammer darf ich wie folgt antworten:

Zu Frage 1 - Was hat die Landesregierung zusätzlich zu dem unternommen, was die Staatsanwaltschaft veranlasst hat?-: Herr Kollege Hammer, ergänzend zu den Ant11vorten auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Bill darf ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass zusätzlich zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Maßnahmen der Rechtsaufsicht über die KV im förmlichen Sinne erforderlich waren.

Das Ministerium musste aber öffentlich Position beziehen, um dem Eindruck entgegenzutreten, die KV könne gewissermaßen Schutz vom Ministerium gegen staatsanwaltschaftliehe Ermittlungen bekommen.

Das wäre eine Rollenverteilung, die auf keinen Fall akzeptabel ist. Deswegen habe ich als Minister auch ötl'entlich die KV aufgefordert, die Ämter d~s Kollegen, um den es geht, ruhen zu lassen.

Zu Frage 2 -Wie beurteilt die Landesregierung den derzeitigen Stand der Angelegenheit? -: Das beschuldigte Mitglied des Vorstands der KV Rheinhessen hat seine Amter zum Ruhen gebracht. Im Rahmen der Vertreterversammlung haben die Anwälte dies für ihn erklärt. Er selbst hat an dieser Vertreterversammlung am 9. August 2000 nicht teilgenommen.

Nach einer ganz "frischen" Information, die ich noch nicht überprüfen konnte, soll er inzwischen verhaftet sein. Aber das kann ich jetzt nur als allerletzte Nachricht weitergeben. Ich kann Näh_eres dazu nicht sagen. Das ist im Zweifelsfall

auch Sache der Justizbehörden.

Zu Frage 3-- Wie beurteilt die Landesregierung das Instrument der Rechtsaufsicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen?-: Herr Abgeordneter Hammer, Sie ist ein wichtiges Instrument, mit dem durchgesetzt werden kann, dass sich Selbstverv..raltungskörperschaftenan Recht und Gesetz halten

- -nicht mehr und nicht weniger. Ähnliches gilt für die Rechtsaufsicht gegenüber Versicherungsträgern, zum Beispiel LVA oder AOK Rh-einland-Pfalz.

Zu Frage 4- Hält die Landesregierung aus rechtlicher Sicht eine- Begleitung der staatsanwaltschaftliehen Ermittlungen durch rechtsaufsichtliche Aktivitäten für notwendig?-: Nein. Das Gesundheitsministerium ist sich ill vollem Umfang bewusst und akzeptiert die unterschiedliche Aufgabenstellung der Justiz und letzten Endes auch des Justizministeriums, Herr Kollege Mertin, und des Gesundheitsministeriums.

Dort, wo der Staatsanwalt tätig ist, ist die Rechtsaufsicht des Gesundheitsministeriums zunächst nicht gefordert. Nur dort, wo nicht klar wird, in welchem Rahmen sich eine KV und die handelnden Organmitglieder bewegen, auch gesundheitspolitisch äußern, ist unter Umständen die Rechtsaufsicht oder in Fragen, die nicht nur die Rechtsauffassung betreffen, der Minister gefordert, um Einfluss zu nehmen, um öffentliche Verzerrungen zu vermeiden.

Wir müssen aber andererseits auch alles unterlassen - also das Gesund-heitsministerium als Rechtsaufsicht gegenüber der KV -,was in irgendeiner Weise als Einmischung in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen interpretiert adeLverstanden werden könnte.

Vielen Dank, Herr Minister.

-Ich möchte zunächst ·Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Mainz-Bretzenheim, Stipendiaten aus verschiedenen Ländern sowie Damen und Herren der Senioren-Union Bad Ems. Seien Sie alle herzlich begrüßt!_

(Beifall im Hause)

Zusatzfragen?- Frau Bill, bitte schon.

Herr 5taatsminister, trifft es zu, dass sich aus den zuletzt von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Unterlagen Anhaltspunkte für den Verdacht weiterer Abrechnungsbetrügereien ergeben haben?

Frau Kollegin Bill, diese Frage geht so eindeutig an die Staatsanwaltschaft, dass ich dazu nichts sagen kann. Ich habe nur, als öffentlich der Eindruck entstand, dass nicht alle Unterlagen sozusagen aktiv von der KV zur Verfügung gestellt werden, die KV gebeten, jeden Eindru_ck zu vermeiden, dass sie nicht in vollem Umfang an diesen Ermittlungen mitwirkt.

Eine Zusatzfrag~ der Abgeordneten Frau Bill.

Offensichtlich haben Sie die Frage 3 missverstanden und die Plausibilitätskontrollen erläutert. Gegen diese habe ich nichts einzuwenden, aber ich stelle diese Frage noch einmal deutlicher: Ist es richtig, dass Vgrstandsmitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen an das Ministerium der Justiz, an das· Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit und an andere Justizbehörden geschrieben haben, dass sie ihre Angelegenheiten besser intern lösten, als sie der Staatsanwaltschaft zu übergeben?

Frau Abgeordnete Bill, E'!_S geht eindeutig um die im Jah-r 1988 neu in das Recht aufgenommenen Plausibilitätskontrollen.

Das war aber nicht meine Frage. Das haben Sie lediglich so interpretiert.

Dann. bezieht sich Ihre Frage, wie Sie mir vorhin durch Kopfnicken bestätigt haben, auf das Rundschreiben.

Nein.

t=ierster, Ministerfür Arbeit, Soziales und Gesundheit:

Dann habe ich Sie falsch verstanden und sage in aller Deutlichkeit: Meines Wissens gibt es keinen Versuch einer Kassenärztlichen Vereinigung,_ offensichtliche Betrugsfälle intern, das heißt, nicht rechtlich und unterhalb der Ebene rechtlicher Vorgänge, zu lösen. SolChe Vereinbarungen bzi.'l!. Absichten kenne ich nicht. Wenn es sie aber gäbe, würden wir dag~gen vorgehen.

Das ist also nicht an Sie herangetragen worden?

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordnetef! Hammer.

Herr Minister, ich frage Sie vor dem Hintergrund der Nachfrage der Abgeordneten Frau Bill: Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer Veränderung des Fünften Sozialgesetzbuchs, des Selbstverwaltungsrechts der Kassenärztlichen Vereinigung, als notwendig an?

Herr Kollege Hammer, Wenn Sie in erster Linie die rechtsaufsichtlichen Zuständigkeiten meinen, scheinen mir diese zurzeit ausreichend. Wenn Sie darüber hinaus die Konstruktion der Kassenärztlichen Vereinigung meinen -die Kassenärztli

chen Vereinigungen gibt es erst seit etwa 70 Jahren-, verwei

se ich auf Bemühungen der Gesundheitsreform, die Arbeit der Kassenärztlichen Vereinigungen zu professionalisieren. Das habe ich vorhin erwähnt. Das ist natürlich das weite Feld der Gesundheitspolitik und steht nicht im Zusammenhang mit der Rechtsaufsicht.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Bill.

Herr Minister, bei der Beantl.vortung meiner ersten Frage haben Sie die Satzung der Kassenärztlichen Vereinigungen zitiert. Sind Sie der Ansicht, dass eine solche Satz~mg angesichts der Tatsache, dass es sich um Gelder von Versicherten handelt, in der Form in Ordnung ist oder angesichts der vielen Skandale der letzten Jahre in diesem Bereich nachgebessert werden muss?

Frau Abgeordnete Bill; in dem konkreten Fall ging es darum, dass ein Arzt, gegen den seit Jahren wegen Abrechnungsbetrug ermittelt wird, nicht nur gegen ifm, sondern auch gegen andere Praxiskollegen, selbst für die Prüfung von Abrechnungen zuständig war. Das war eine so eindeutige Kollision, dass es im Zu!;le der weiteren staatsan\valtschaftlichen Ermittlun_gen und des öffentlichen Verhaltens dieser Kassenärztlichen Vereinigung mehr als nahe lag, der Kassenärztlichen Vereinigung zu empf_ehlen, ihn "aus dem Verkehr zu ziehen".

Ich halte nichts davon, die! Satzung formell so filigran auszuformulieren, dass eine so unwahrscheinliche Einzelkonstellation durch Satzungsrecht erfasst wird; denn die vorhin beschriebene Kollision von konkreten Einzelaufgaben wird es vermutlich sehr selten geben. Ich bin der Meinung, dass die Satzung befriedigend geregelt ist.

Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinhessen hat gezeigt, dass sie diesen mehr oder 11ileniger politischen- nicht im engeren Sinne rechtlichen- Aufforderungen na-chkommt.

Eine Zusatzfrage des HerrnKollegen Dr. Altherr.

Herr Staatsminister, in einer Mitteilung in der "Ärztezeitung" vom 3. August 2000 ist zu lesen, dass die Kassenärztliche Vereinigung eigene Ermittlungen in diesem Fall angestellt habe

und zu abweichenden Ergebnissen gekommen sei. Ich zitiere: "Hierüber haben wir die Staatsanwaltschaft, das Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit, das Ministerium der Justiz, die Strafkammer und die Generalstaatsanwaltschaft in einem einzigen gemeinsamen Schreiben unterrichtet." Was war der Inhalt dieses Schreibens?

Herr Abgeordneter Dr. Altherr, der Inhalt dieses Schreibens war die Klage über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Über das Vorgehen eines Staatsanwalts kann man sich alle möglichen Gedanken machen. Für uns war das aber kein An- lass, dieses Vorgehen zum Thema zu machen für irgendein Verhalten unsererseits, sondern eher Anlass dafür, die Kassenärztliche Vereinigung darauf hinzuweisen, dass sie im eigenen Interesse nicht den Verdacht erwecken darf, dass sie abwehrt und unter Umständen weniger Informationen herausgibt, als es sinnvoll ist.