Protocol of the Session on August 17, 2000

Me-ine Damen und Herren, wo liegen nun die Problembereiche, die sozialen Unausgewogenheiten der Steuerreform? Wo ist die Schieflage dieses Reformwerks? Lassen Sie mich hierzu drei Komplexe herausgreifen, die an dieser Steuerre

form Kritik hervorrufen müssen-und als Schwachpunkte einer unausgegorenen Steuerreform zli bezeichnen sind.

Ich frage Sie: Meine Dall)en und Herren, ist es sozial ausge. wogen, wenn im Zuge dieser Steuerreform _ein lediger Ar

beitnehmer mit einem Jahresbruttolohn von 70 000 DM ab dem Jahr 2001 stärker steuerlich entlastet wird als ein verhei

rateter Arbeitnehmer und Familienvater mit zwei Kindern bei gleichem Jahresbrutto? Ist es sozial ausgewogen, wenn die steuerliche Entlastung für den verheirateten Arbeitneh

mer erst ab einem Jahresbrutto von rund 100 000 DM größe_r als bei einem ledigen Arbeitnehmer wird?

(Mertes, SPD: Sie wissen doch genau, dass Sie die Unwahrheit sagen! Sie müssen die absoluten Summen nennen!- Ministerpräsident Beck: Dummes Zeug!)

-Man muss.eben das Steuerrecht verstehen. Da gibt es bei Ih

nen Probleme.

Beifall bei der CDU

ltzek, SPD: Ach ja! Eine Schande für den ganzen Berufsstand!)

Herr Ministerpräsident, mit Äußerungen wie.,Dummes

Zeug" sollten Sie etwas zurückhaltender sein. Das steht einfach einem Ministerpräsidenten dieses Landes nicht an.

(Beifall beider CDU)

Meine Damen.und Herren, vielleicht fäilt Ihnen etwas Überzeugung leichter, wenn ich Ihnen die Äußerung eines be

- kannten Sozialdemokraten hier vorfühie, der sich zu dieser Steuerreform wie folgt geäußert hat: Die Steuerreform entlastet den Durchschnittsverdiener zu wenig und den Millionär zu stark.

Beifall bei der CDUi

Si_e haben sicherlich diese Äußerung von dem früheren SPD

. Bundesvorsitzenden und ehemaligen Bundesfinanzminister

Oskar Lafontaine gelesen,

_(Heiterkeit des Abg. Mertes, SPD)

dem aus meiner Sicht nichts mehr hinzuzufügen ist.

(Mertes, SPD: Wen nehmen Sie denn da hera-n?- Dr. Mertes, SPD: So weit ist es schon gekommen! Wie ist es mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit und der EinheitlichKeit der Besteuerung zu vereinbaren, wenn selbst- ständig_e Handwerksmeister und mittelständische Unterneh- mer, die "ihren Betrieb als Einzelunternehmen oder in Form einer Personengesellschaft führen, einem höheren Steuersatz unterliegen -als KapitalgesellschaftenJ Aktiengesellschaften undGmbHs? (Mertes, SPD: Das hat der Minister doch so langsam erklärt, dass sogar Sie es verste_hen konnten, Herr Jullien!)

Kann es richtig sein, Herr Mertes, dass Veräußerungen von Anteilen oder Beteiligungen von Kapitalgesellschaften, also Großkonzernen, Banken, Versicherungen und Aktiengesellschaften steuerfrei sind, während derkleine Handwerksmeister, der zur Absicherung und Finanzierung seiner Altersversorgung seinen Betrieb veräußert oder überträgt,

(Bruch, SPD: Istdoch schon erledigt!)

diesen Erlös auch nach der-uns seit gestern vom Bundeskabinett verabschiedeten Regelung immer noch mit dem halben Steuersatz versteuern muss, dieser halbe Steuersatz jedoch nicht den jeweilig_eri Eingangssteuersatz unterschreiten darf. Das ist doch keine mittelstandsfreun-dliche Politik, das _ist ge_nau das Gegenteil.

(Mertes, SPD: Das kostet _8 Milliarden DM!)

Das ist eine gegen den Mittelstand gerichtete Politik; Das ist eine Politik gegen kleine und mittlere Handwerksbetriebe. Es ist-eine mittelstandsfeindliche Politik.

(Beifall bei der CDU)

Bei dieser Steuerreform gibt es mit Sicherheit Gewinner. Diese Gewinner sind Großkonzerne und Kapitalgesellschaften, Großverdiener und Million~re. Das sind- die Gewinner dieser Ste u~rreform.

(Mertes, SPD: Wir lieben das Kapital schon immer!)

Lassen Sie sich von mir sagen: Diese Steuerreform wird keine neuen und zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen, sondern -sie blockiert und erschwert die Schaffurig von Arbeitsplätzen und wird mehr-zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führen.

Wer ist ·noch ein weiterer Verlierer dieser Steuerreform? Die Kommunen. Herr Finanzminister, Sie haben ausgeführt, dass das Land illJ Zuge von Mindereinnahmen rund 860 Millio

- nen DM ausgleichen muss. Sie ll_aben aber nicht genau gesagt, wie das Land dies ausgleicht, sondern immer von Absichten gesprochen.

(Kuhn, F.D.P.: Das hat er schon fünfmal erklärt!)

Darüber hinaus wird es nach de_n Berechnungen des Landkreistags imJ~hr 2001 zu Steuerausfällen bei den Kommunen von rund 380 Millionen DM k()mmen. Vom Jahr 2001 an bis zum Jahre 2004 werden sich diese Ausfälle auf rund 1.4 Milliarden DM belaufen.

(Mertes, SPD: Wie wäre das denn bei dem Merz- Entwurfgewesen? Sie wollten doch noch viel mehr1 Hätte es dann einen Goldesel gegeben? Sie jammern jetzt über diese Summe und wollten selbst mehr. So ist es!)

- Herr Mertes, von einem ·Fin

-warten, dass er sagt, wie 860 Millionen DM im Land verkraftet werden.

Lassen Sie mi_ch ein vorläufiges Fazit zu dieser Regierungserklärung und Zl! dieser vorliegenden Steuerreform ziehen. Bei

dieser vorliegenden Steuerreform bleibt die Steuergerechtigkeit außen vor. Die eindeutige steuerliche Begünstigung von Kapitalgesellschaften gegenüber Einze:lunternehm~n und Personengesellschaften wird mit großer Wahrscheinlichkeit das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Der Grund~atz der Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung wird im Zuge dieser Steuerreform ad absurd um geführt. Die vorgesehene Anrechnung der Gewerbesteuer ist mehr als fraglich. (Mertes, SPD: Wieso das denn?)

Letztlich ist das ganze Reformwerk alles andere als ein Bei

trag zur Vereinfachung des Steuerrechts. Es ist genau das Gegenteil. Das Steuerrecht wird komplizierter und undurchschaubarer. Mit-Sicherheit kann diese Steurreform nicht als ein gelungenes und überzeugendes Reformwerk bezeichnet werden.

(Beifall der CDU)

Ich erteile HermAbgeordneten ltzek das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jullien bleibt nun einmal Jullien, nichts dazugelernt.

(Jullien, CDU: Qualität setzt sich durch!)

Ich habe mir heute Morgen noch einmal das letzte Protokoll über die Aktuelle Stunde durchgelesen, als dieses Thema auch diskutiert worden ist. Es ist nicht zu glauben~ Herr Jullien; Das, was Sie damals gesagt haben~ wiederholen Sie

heute irri Prinzipwieder.

(Jullien, CDU: Weil es sich nicht - geändert hat!)

l:h erinnere an eine Aussage des Kollegen Böhr, der voller Überzeugung gesagt hat: Diese St~uerreform wird durch die