Protocol of the Session on August 17, 2000

kunft" unter anderem Folgendes- ich zitiere-:

"Die Brühler Kommission ginq auf der Basis unabhängiger, aber doch weitgehend übereinstimmender Schätzung der Kreditwirtschaft und der Finanzverwaltung davon aus, dass jährlich zwischen 10 und 14 Milliarden DM Körperschaftsteuer durch -Gestaltungen ausfallen, die weder von der Verwaltung beherrschbar· noch-vom Gesetzgeber zu unterbinden sind."

Meine Damen- und Herren, das Vollanrechnungsverfahren, dem ein führender Vertreter der deutschen Wirtschaft das soeben zitierte Negativurteil ausgestellt hat, war die Bastion, die die Union im Vermittlungsverfahren geradezu als einen Glaubenssatz aufgebaut hatte. Ich habe die Reden, die gehal-ten wurden, noch alle im Ohr: "Es gi~~ für diese Steuerreform im Bundesrat keine Mehrh~it, sie bekommen sie auch nicht" oder "Grundlage der Beratung im Vermittlungsausschuss ist nicht der Regierungsentwurf, sondern der Gesetzentwurf der CDU/CSU" oder "Wir sind nicht bereit, den System-wechsel mitzumachen. Wir können hier darüber reden, aber ein Ergebnis gibt es nicht..- oder "Wir haben keine Angst, die Reform scheitern zu lassen".

Meine Damen und Herren, über diese Fundamentalbetrachtungen hinaus ist es im Vermittlungsverfahren nicht zur Erörterung auch nur eines einzigen konkreten Vorschlags oder Sachverhalts oder gar eines konkreten Antrags der Union zu irgendeinem Punkt, sei es der halbe Steuersatz bei der Betriebsveräußerung oder eine Verbesserung im Tarifverlauf

oder eines konkreten Änderungsvorschlags oder zu was auch immer, gekommen. Es ging allein um den politischen Kampf und um die Verhinderung der Steuerreform, zu'!lindest zu jenem Zeitpunkt.

Aufseiten der Bundesregierung hat es gegenüber dem im Bundestag verabschiedeten Gesetz eine betr~chtliche Bewegungsbereitschaft gegeben. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat an_dem endgültig zustande gekommenen-Ergebnis einen beträchtlichen Anteil. Ganz konkret darf ich nennen:

1. Die Ansparabschreibung für kleine Unternehmen bleibt, entgegen dem ursprünglichen Bundestagsbeschluss, bestehen.

2. Die Regelung des so genannten Mitunternehmererlasses, mit dem Strukturveränderungen von-Personenunternehmen steuerunschädlich vorgenommen werden können, wird mit seir.en wesentlichen Inhalten wieder eingeführt und wird nunmehr gar ins Gesetz hineingeschrieben.

3. Für G_ewinne aus der Betriebsveräußerung und -Betriebsaufgabe wird der halbe Steuersatz mit den eingangs von mir genannten Modalitäten wieder eingeführt. Mit der Anhebung des Freibetrags von 60 000 Dl\.11 auf 100 000 DM werden 85 % aller Geschäftsaufgaben und Betriebsveräußerungen gänzlich steuerfrei gestellt.

4. Der Spitzensteuersatz beträgt ab 2005 nicht, wie ursprünglich ir~t Beschluss des Bundestags vorgesehen,43 %, sondern 42%.

Meine Damen und Herren, mit diesem Ergebnis, zu dem beide Koalitionspartner einen wichtigen Beitrag geleistet haben, können wir uns mehr als sehen lassen - nicht überheblich, aber doch selbstbewusst.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, nichts ist so gut, als dass es nicht auch eine Schattenseite hätte. Die Einkommensteuer ist bekanntlich auch die Bemessungsgrundlage für die Berechnung _

der Kirche_nsteuer. Die Kirchen haben von Anbeginn der Diskussion über die Steuerreform deutlich gemacht, dass sie die Kirchensteuerausfälle_ aufgrund der Tarifänderungen selbstverständlich mittragen werden. Nicht akzeptieren wollen sie

jedoch die Reduzi~rung der Einkommensteuer durch die Ver

rechnung der- Gewerbesteuer mit der Einkommensteuerschuld und den Übergang vom Vollanrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren.

Ministerpräsident Beck und auch ich haben von Anbeginn der Diskussion immer wieder zugesichert, dass die Kirchen in die

ser Frage -mit unserer Unterstützung rechnen können. Es ist nicht hinnehmbar,.dass die Kirchen Einnahmeausfälle durch Reduzierung der Bemessungsgrundlage hinnehmen sollen, während siCh der Staat für diesem Steuerausfall - das gilt insbesondere für den Übergang zum Halbeinkünfteverfahrenbei der Körperschaf-..steuerschadlos hält.

(Vereinzelt Beifall bei der F.D.P.)

Der in dieser Frage von den Berliner Koalitionsfraktionen kürzlich in den Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf sieht hinsichtlich der verrechneten Gewerbesteuer eine Korrektur der Bemessungsgrundlage vor, nicht jedoch bezüglich des Über_gangs _zum Halbeinkünfteverfahren. Die Landesregierung wird dies nicht akzeptieren und nicht locker lassen und im Interesse der Kirchen spätestens im Bundesrat für eine Korrektur dieses Vorhabens eintreten.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dabei erfolgreich sein werden. Die Kirchen haben in dieser Frage Anspruch auf l,Jn-. terstützung und Solidarität.

Meine Damen und-Herren, allein im Jahr 2001 werden Wirt

schaft und private Haushalte um rund 45,4 Milliarden DM entlastet. Davon entfallen auf die rheinland-pfälzischen Steuerzahler insgesamt 2,2 Milliarden DM- Private und Unternehmen. Im Jahr 2005 werden es dann sogar 3,1 Milliarden DM sein.

Dieser Entlastung des Bürgers steht selbstverständlich eine entsprechende Belastung der öffentlichen Haushalte gegen

über. Im Landeshaushalt werden wir im kommenden Jahr eine Mindereinnahme von rund 860 Millionen DM zu verkraf

ten haben. Auf die Kommunen kommen 211 Millionen DM

zu,_ zusätzlich 184 Millionen DM durch die Wirkung des kommunalen Finanzausgleichs.

Diese Belastung in Höhe von 184 Millionen DM wollen wir jedoch im Jahr 2001 den Kommunen ersparen und-die Verrech

nung erst im Jahr 2004 vornehmen, sodass ihnen insoweit ein Liquiditäts- und Zinsvorteil entsteht und mehr Zeit zur Anpas

sung ihrer Haushalte bleibt.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

In früheren Debatten hat die Landesregierung an dieser Stelle bereits zum Ausdruck gebracht, dass wir den Steuerausfall ih den kommenden Jahren beherrschen wollen und beherr

schen werden, ohne unser Konsolidierungsziel, allerspätestens im Jahr 2008 auf Neukredite verzichten zu können, zu gefährden.

Wir haben im Doppelhaushalt 2000/2001 die Steuereinnahmen sehr vorsichtig eingeplant. Wir haben im vergangeneo Jahr eine Rücklage gebildet, und der bisherige Haushaltsverlauf bestätigt unsere bereits im Frühjahr zum Ausdruck gebrachte Einschätzung, das~·wir auch für dieses Jahr eine!} gu

ten Haushaltsabschluss er~varten können, sodass die Neuverschuldung im kommenden Jahrtrotz der beträchtlichen Beanspruchung durch die Steuerreform nicht erhöht werden muss.·

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, die Steuerreform war notwendig, und die Erleichterung über ihre Verabschiedung war allge

·mein. Nicht alle Wünsche konnten erfüllt werden. Gewiss bleibt noch manches wichtige Anliegen offen, auch das Problem einer durchgreifenden Steuervereinfachung.

(Beifall bei der F.D.P.- Frau Themas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da klatscht der Richtige!)

Wir sind jedoch mit diesem Entlastungsvolumen schon bis an · die Grenze der Belastungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte herangegangen; denn Finanzpolitik handelt immer von zwei Dingen: von Steuerpolitik und Haushaltspolitik.

(Beifall der SPD)

Eine verantvvortungsvolle Finanzpolitik hat immer einen fairen Ausgleich beider Interessenlagen sicherzustellen. Das hat nicht zuletzt etwas mit unserer Verantwortung für die kommenden Generationen zu tun.

Meine Damen und Herren, man mag es für einen Schönheits

fehler und mehr halten, dass die Abschreil;mngsbedingungen

zum Teil verschlechtert werden, zum Beispiel durch die Reduzierung der degressiven Abschreibungssätze von 30 % auf

. 20%.

(Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

- Herr Kollege Dr. Gölter, ich Clarf daran erinnern, dies war auch bereits in den Petersberger Beschlüssen vorgesehen, wenn auch keine Reduzierung auf 20 %,sondern auf 25%.

Die darüber hinaus gehende weitere Reduzierung von Ab

schreibungssätzen nach der allgemeinen Tabelle hat damit ZU tun, dass der Bundesfinanzhof es der Politik zur Aufgabe ge