Protocol of the Session on August 17, 2000

werb stehenden Unternehmen deutlich zu senken und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit entscheidend zu ·stärken und

3. die private Kaufkraft und damit die Nachfrage, aber auch die Fähigkeit zur eigenen Zukunftsvorsorge durch eine drastische Absenkung der Einkommensteuersätze über den gesamten Tarifverlauf zu erhöhen. Ganz entscheidend ist dabei die Absenkung des Eingangssteuersatzes von 25,9% im Jahr 1998 auf 15% im Jahr 2005 und die gleichzeitige Anhebung des Grundfreibetrags. Damitwird ein erheblicher Beitrag zur Verstärkung und Beschleunigung des konjunkturellen Aufschwungs geleistet, der bis" lang noch im_ Wesentlichen auf außenwirtschaftliehen Ein

flüssen beruht.

Mit dieser Steuerreform kann sich Deutschland auch i in internationalen Vergleich gut sehen lassen.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

ln der Europäischen Union werden wir spätestens ab dem Jahr 2005 zu den Ländern mit der niedrigsten Eingangsbesteuerung gehören.

Ähnliches gilt für den Spitzensteuersatz. Die ab dem Jahr 2005 geltenden 42 % werden in der Europäischen Union nur noch von Großbritannien und_ Portugal mit jeweils 40 % unterschritten, allerdings beginnt in Großbritannien die obere Proportionalzone, ab der aer Spitzensteuersatz. gilt, bereits bei 79 400 DM, in Portugal gar ab 61 500 DM, während die Spitzensatzbesteuerung in Deutschland erst ab

102 000 DM greifen wird.

Meine Damen und Herren, schließlich verbessertsich im internationalen Vergleich auch die Situation der Kapitalgesell

schaften. Mit einem Körperschaftsteuersatz von 25 % zuzüg

lich der Gewerbesteuer und dem Solidaritätszuschlagwerden ab dem Jahr 2001 die Gewinne der Körperschaften nur noch mit 38,6 % belastet. Damit liegt die Belastung in ~eutschland im Vergleich zur EU unter dem Durchschnitt.

Im Jahr 2005 wird die Gesamtsteuerentlastung gegenüber dem Jahr 1998 nicht weniger als 93 Milliarden DM betragen. Davon kommen rund-65 Milliarden DM den privaten Haushalten zugute. Die mittelständischen Unternehmen werden um rul)d 30 Milliarden DM entlastet, während die Großunternehmen trotz der massiven Absenkung des Körpe_rschaftsteuersatzes Per Saldo um rund 2 Milliarden DM belastet werden, was im Wesentlichen (Iurch die veränderte Bewertung von

Rückstellungen für die Kraftwerk betreibenden Unternehmen und die Versicherungswirtschaft·im Zuge des Steuerentlastungsgesetzes 19991200012002 begründet ist.

Was bringt die Reform für die Familien und für den Mitleiständler ganz konkret? Zwei Beispiele: Einer Familie mit zwei Kindern und einem zu _versteuernden Einkommen von

8608 Lanc!tag Rheinland-Pfalz -13. Wahlperiode -114. Sitzung, 17. August 2000

60 o·oo DM verbleiben unter Berücksichtigung des angehobenen Kindergeldes bereits im laufenden Jahr 2 400 DM netto mehr als noch im Jahr 19S8.

_(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Im Jahr 2001 werden es sogar 3 400 DM sein,

(Dr. Schiffmann, SPD: Hört! Hört!)

und bis zum Jahr 2005 wird sich-dieser Betrag auf nahezu 4 800 DM jährlich erhöhen.

(Beifall der SPD). Das zweite Beispiel: -Ein verheirateter selbstständiger Handwerksmeister mit einem Gewinn aus einem Gewerbebetrieb von 100 000 DM jährlich, was zugleich auch das steuerpflichtige Einkommen sein_soll, hat im Jahr 2001 unter Einbeziehung der Gewerbesteuer bei dem für Rheinland-Pfalz durchschnittlichen Hebesatz von 370 % 4 500 DM netto mehr in der Tasche als noch im Jahr 1998. Im Jahr 2005 wird seine Nettoent - lastung_6 600 DM bet~agen. Bereits diese beiden Vergleiche- viele weitere ließen sich anschließen- widerlegen auf recht deutliche Weise die unsinnige Aussage, die Steuerreform komme Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den mittelständischen Unternehmen nicht zugute. Das Gegenteil ist der Fall: Gerade Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Mittelstand sind die Hauptbegünstigten dieser Reform._ (Beifall der SPD und der F.D.P.)·

Der Vorwurf, dass die Unternehmensteuerreform Großunternehmer begünstige und den Mittelsta_nd vernachlässige, wird vor allem durch den Vergleich des Körperschaftsteuersatzes von 25 % mit dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 42 % begründet. Ein solcher Vergleich ist natürlich unsinnig, da er Äpfel mit Birnen vergleicht.

Zunächst einmal ist anzumerken, dass zu dem Körperschaftsteuersatz von 25 % die Gewerbesteuer hinzuzurechnen ist, zusätzlich noch der Solidaritätszuschlag, sodass wir es bei der

Besteuerung von Kapitalgesellschaften mit einer Steuerla;t von 38,6 % von der ersten Mark des Gewinns an zu tun haben.

Bei der Einkommensteuer hingegen, die für Einzelunternehmer und Personengesellschaften gilt, haben wir es mit einem völlig anderen System zu tun. Nach dem steuerfreien Grundfreibetrag beginnt dort die Steuerbelastung mit einer Eingangsbelastung von 15 % im Jahr 2005 und steigt dann bis auf 42% an, die bei einem Einkommen von 102 000 DM greifen. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag, insgesamt also 44,3%.

Die durchschnittliche Steuerbelastung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Höhe von 38,6 %, wie sie für Kapitalgesellschaften von der ersten Mark an gilt, wird

- erst bei einem steuerpflichtigen Einkommen für Ledige von

250 000 DM und von zusammenveranlagten Ehegatten von 480 000 DM erreicht, Ein solches Einkommen von mehr als 250 000 DM bzw. 480 000 DM wird jedoch nur von weniger als 5% aller Steuerpflichtigen, die gewerbliche Einkünfte ha

ben, erreicht. Umgekehrt: Für mehr als 95 % alle;- Personengesellschaften und Einzelunternehmer ist die steuerliche Belastung nach der Einkommensteuer günstiger, als sie es für Kapitalgesellschaften ist.

(Beifall der SPD)

Diese Wirkung ist im Wesentlichen dadurch bedingt, dass die Steuerreform die Möglichkeit geschaffen hat, das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags mit der Einkommensteuerschuld zu verrechnen. Lassen Sie mich auch dies an einem Beispiel deutlich machen.

Ein mittelständisches Unternehmen mit einem Gewinn von 500 000 DM vor Steuern- vor Einkommen- und Gewerbesteuer- hat im Jahr 2000 eine Gesamtbelastung von Einkommenund Gewerbesteuer in Höhe von 224 900 DM. Im Jahr 2001 reduziertsich diese Steuerlast um 20 100 DM, im Jahr 2005 um weitere 20 850 DM.

Meine Damen und Herren, istdas nun mittelstandsfreundlich oder nicht?

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Nicht selten schließlrch- wird der Vorwurf einer zu hohen Spreizung in den Steuersätzen zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften erhoben. ber Abstand zwischen dem Spitzensteuersatz der Einkort1mensteuer und der Gesamtbelastung der Kapitalgesellschaften - so die Feststellung - sei zu hoch. In der Tat, der Spitzensteuersatz ein

schließlich des Solidaritätszuschlags liegt im Jahr 2001 um 13 Prozentpunkte höher als die Durchschnittsbelastung der Kapitalgeseilschaften. Dieser Wert verringert sich allerdings bis zum Jahr 2005 auf etwa 6 Prozentpunkte.

Wo liegt da·s Problem? In Irland, in Österreich, in Frankreich, in Belgien und in Dänemark liegt der Ab;tand zwischen dem

Körpe~schaftsteuersatz und dem Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer jeweils zwischen 14 und 24 Prozentpunkten. In den Niederlanden, im viel gepriesenen Musterbeispiel für Innovationskraft und lnvestitionsstärke, beträgt dieser Abstand gar 25 Prozentpunkte. Im Vergleich dazu werden wir ab dem Jahr 2005 mit rund 6 Prozentpunkten Spreizung den niedrigsten Wert in der gesamten Europäischen Union haben.

Ich halte diese Widerrede gegen die Steuerreform desnalb auch für an den Haaren herbeigezogen. Ich bin auch sicher, dass sie für einen Gang nach Karlsruhe, wie hier und dort er

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wogen wird, überhaupt nichts hergeben wird. Dieses Thema ist allenfalls als Spielwiese für steuerpolitische Fundamentalisten geeignet. Derer allerdings hat es im Gesetzgebul')gsver

-fahren nicht gemangelt.

Wir hatten die Situation, dass sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in fünf Sitzungen allein mit der Frage des Systemwechsels, dem Übergang vom Vollan

rechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren, befasst hat. Dabei liegt es auf der Hand, dass das bisherige Vollanrechnungsver- _

fahren, wenn es auch trotzseiner ungeheuren Kompliziertheit und Missbrauchsanfälligkeit zum Teil nützlich gewesen

sein mag, unter den Bedingungen des freien Kapitalmarkts in

- Europa keine Zukunft mehr hat. Ein entsprechendes Urteil des Euro·p_äischen Gerichtshofs, was sich erst jüngst mit einem vergleichbaren niederländiSchen Fall bereits befasst hat, be-stätigt dies.

Der Vorsitzende der so genannten Brühler Kommission, die

·im Auftrag des Bundesfinanzministers die Steuerreform vorbereitet -hatte, näm_lich der Leiter der Steuerabteilung des Deutschen Industrie--und Han~elstags, Alfons Kühn, schrieb dazu am 23. Juni 2000 im "Handelsblatt" unter der Über-_ schrift "Allein dem Halbeinkünfteverfahren -gehört die Zu

kunft" unter anderem Folgendes- ich zitiere-: