Protocol of the Session on June 15, 2000

Die Empfehlung einer Absenkung auf 240 000 Soldaten bei 30 000 Wehrpflichtigen bedeutet faktisch einen Einstieg i~

. den Ausstieg aus der allgemeiner;~ Wehrpflicht, Herr l'y'lertes.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Unabhängig davon wäre die Stabilität der Streitkräfte gefährdet, und Zweifel an- unserer Bündnisfähigkeit würden aufkpmmen.

Richtig ist, dass die Landesverteidigung zunehmend zur Distanzverteidigung wird und unsere Streitkräfte weitaus mehr Einsatzkräfte zur Krisenbewältigung benötigen, als bisher vorhanden sind, um Krisen auf Distanz zum Bündnis zu halten. Die Reform darf aber nicht zu einer ausschließlich auf Auslandseinsätzen außerhalb des Bündnisses ausgerichteten Truppe führen. Wir wollen keine lnterventionsarmee.

Herr Scharping möchte eine Bundeswehr mit 277 000 Soldaten, davon 255 000 aktive Soldaten, einer neunmonatigen Wehrpflicht und ca. 75 000 Wehrpflichtigen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tendenz auf dem letzten JusoBundeskongress, auf ·dem man sich gegen die Wehrpflicht ausgesprochen hat und bei dem man den Eindruck bekommt, dass die Jusos langfristig die gesamte Bundeswehr abschaffen möchte, wenn man den Worten des Juso-Chefs glaubt.

(Merte~. SPD:. Dann müssen sie etwas arbeiten, gell!)

Die CDU hält auch die von der Wehrstruktur-Kommission sich unterscheidenden Zahlen des Ministers nicht für optimal. Sicherheitspolitisch, strukturpolitisch und gesellschaftspolitisch favorisieren wir eine Bundeswehr mit 300 000 Soldaten und

100 000 Wehrpflichtigen.'

(Zurufe von der SPD)

Gestern hat der Minister seine Eckpfeiler für die Zukunft, wie er· sie nennt, im Kabinett eingebracht. Wie ich gelesen habe, wird er im Rahmen der Sitzung am 21. Juni dann die Finanzen bekanntgeben, die er jetzt noch geheim hält.

Wir dürfen es nicht zulassen, dass unsere Soldaten aus der Fläche verschwinden und ihre Präsenz in vielen Städten und Gemeinden aufgegeben werden muss. Das hätte vor allem in Rheinland-Pfalz, in dem die Bundeswehr vor allem in strukturschwachen Regionen ein wichtiger Arbeitgeber ist; negative Folgen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU) Die Bundesregierung muss endlich Farbe bekennen und klar sagen, was· sie für erforderlich hält, und die daraus entstehenden Konsequenzen aufzeigen. Bisher ist das nicht geschehen. Anstel,le einer genauen Analyse gibt es ein planloses Nebeneinander der Kommissionen, Arbeitskreise und Experten ohne Linie. (Beifall der CDU)

So ·wurde der Generalinspekteur vom Minister aus der Bundeswehr herausgemobbt. Die GRÜNEN und weite Teile der

SPD haben in der jüngsten Vergangenheit mehrfach ihre Ansicht zur Bundeswehr geändert:

Nun zu Rheinland-Pfalz: Die Strukturreform wird in

Rheinland-Pfalz bei den zivilen Mitarbeitern keine betriebsc bedingten Kündigungen nach sich ziehen, hat Minister Scharping dem Ministerpräsidenten laut Pressemitteilung zugesichert. in der Tat sind Personalkürzungen nur dann sinnvoll, wenn sie von entsprechenden Strukturveränderungen begleitet werden. So war in der.. AZ" zu lesen, größere Standorte seien nicht gefährdet. Ich frage mich allerdings, woher man das so genau weiß; denn dieses Wissen setzt eine Beurteilung der Lage voraus, wie das jeder Unteroffizier bei der Bundeswehr lernt. Es ist unverantwortlich, ungeprüftsolche Zusagen zu machen.

Die Bundeswehr ist ein Teil von Rheinland-Pfalz, auch wenn das Land bereits bedirigt durch die Wiedervereinigung die damals notwendigen Stru,kturveränderungen aushalten musste.

(Mertes, SPD: Aha, ganz vergessen hat man es nicht!)

Die 166 Kleinststandorte, davon 15 in Rheinland-Pfalz, werden laut Herrn Scharping auf ihre Notwendigk_eit hin überprüft. An den übrigen Standorten werde geprüft, was zur internen Optimierung sinnvoll sei. Diesem Begriff kanri ich nichts Zusich-erndes abgewinnen.

Rheinland-Pfalzmit ca. 25 000 Soldaten und knapp 15 000 zivilen Mitarbeitern an 53 Standorten hat damit doppelt so viele wie Hessen. Bei diesen Zahlen ist die Sorge um Arbeitsplätze berechtigt und kein Spiel mit der Angst.

(Glocke des Präsidenten)

Es wird in Rheinland-Pfalz Reduktionen geben müssen, wenn sich Herr Scharping und die SPD mit ihren Vorstellungen

durchsetzen. Selbst wenn große Standorte nicht aufgelöst werden, können aber auch in diesen Fällen Reduzierungen ·

strukturpolitisc~e Konsequenzen hab~n.

Später mehr. (Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die WeizsäckerKommission hat Folgendes geschrieben:.. Die Bundeswehr des Jahres 2000 ist nicht im Gleichgewicht. Sie ist zu groß, falsch zusammengesetzt und zunehmend unmodern. ln ihrer heutigen Struktur hat die Bundeswehr keine Zukunft.. Es hat in den ·letztEm ·zehn Jahren Anpassungen gegeben, aber nicht Reformen." Das steht auf Seite 13, damit Sie das Zitat finden.

Wir haben Herrn Kollegen Dr. Enders gehört. Er ist neu im Landtag. Daher muss ·er nicht alt das verantworten, was in den letzten 16 Jahren geschehen ist. Das will ich gerechterweise sagen. Herr Kollege, ich bleibe jetzt ganz ruhig und gelassen. Glauben Sie nicht mit mii, dass eigentlich dei beste Zeitpunkt zur Reform der Bundeswehr nach der deutschen Wiedervereinigung und der Zusammenführung der beiden Armeen gewesen wäre?

(Zurufe von der CDU)

- Herr Kollege Altherr', wissen Sie, wir haben diese Reform da

mals von Herrn Rühe- ich könnte das schriftlich mit Artikeln und Äußerungen belegen·. anders begleitet als' das, was Sie

jetzt tun; denn wir wussten, dass Volker: Rühe-eine schwere Aufgabe hatte.

(Zurufe von der CDU)

Wer hat denn Ulmen und Pferdsfeld geschlossen? Wer hat das begleitet? Wenn wir Ihre Begleitung gehabt hätten, hät- · te es Herr Rühe schwer gehabt.

Meine Damen und Herren, das.möchte ich Ihnen einmal sa

·(Beifall der SPD)

Die Reform der Bundeswehr ist notwendig, sonst wird es keine Bundeswehr mehr geben, die bündnis-oder landesverteidigungsfähig ist. Das ist die Realität.

Meine Damen und Herren, wer glaubt, er könnte kurieren und alles dabei belassen, wie es ist, der lügt den Leuten die. Tasche voll wie bei allen bisherigen Debatt~n.

(Beifall der SPD)

Wenn Volker Rühe die Ei.felmaar-Kaserne in Ulmen und viele andere Einrichtungen schließen m,usste, wussten wir, in welcher Not er war. Er musste nämlich viele Stellen herunterfahren. Wenn jetzt die Bundesregierung anfängt, ein Reformkonzept vorzuschlagen, hören wir als Erstes.::: Herr Dr. Enders, Sie haben uns noch mehr in der nächsten Runde versprochen- das Geschrei um die Standorte.

Als einer der dabei war, gern dabei war und immer wieder dabei war, sage ich Ihnen Folgendes: Soldaten müssen dort

hin, wo man ihre Aufgabe braucht. Militärpol_itik ist keine Strukturpolitik. Es geht um dhi! Fragen der Bündnisfähigkeit - in der NATO, der europäischen Verteidigungsfähigkeit, und darum, was wir mit den Standorten machen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen endlich von dieser sozialpolitischen D_iskussion weg, die es nicht erlaubt, eine solche nationale und übernationale Frage danach ZU klären, wo diese Aufgaben zu erfül- ·

len sind.

Sie können das ruhig weiter machen. Ich gehe mit Ihnen auch durch die Säle. Das werde ich so weite_rsagen, wie ich das bei der- Reform Rühe -bei der Bundeswehr gesagt habe.Der Punkt ist, dass die Leute die Wahrheit hören und nicht die Augen zugekleistert bekommen wollen.

. (Beifall der SPD)

Lassen Sie mich noch eines anfügen. ·es gibt wirklich einen großen Bedarf. Dieser wird vielleicht wie folgt beschrieben: Wenn Sie sich in die Uniformhose einen Winkel hineinreißen, melden Sie das Ihrem Gruppenführer, dem Unteroffizier. Sie gehen dann zum Feldwebel als Zugführer, der bestätigen muss, was passiert ist. Dann geht die Sachfeststellung über den Zugführer zum Versorgungsfeldwebel los. Wenn diese Sachfeststellung des Winkels in der Hose gelaufen ist, wird der Chef der Kompanie- meistens ein Hauptmann- die Haftung festlegen, nämlich ob man grob fahrlässig oder fahrlässig gehandelt hat. Dann geht es weiter zur Schn~iderei in der Standortverwaltung. Dort wird der Schaden beseitigt und kommt wieder über den Versorgungsunteroffizier zurück.

Meine Damen und Herren, eine Armee, die so viel Ressourcen für eine U!1iformhose hat, hat auch Ressourcen zur Modernisierung.