Protocol of the Session on June 14, 2000

fällt es schon schwer, Ihnen zu glauben, dass Sie sich über da·s

Urteil freuen und das auch noch so sagen. Herr Kailege Creutzmann, ich denke schon, dass es ein salomonisches Urteil ist, wenn es gelingt, Verlierer und Gewinner in gleicher Weise zufrieden zu stellen. Das ist eine Meisterleistung eines Gerichts. Das kann man nicht anders sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt kurz ansprechen, der noch gar nicht erwähnt worden ist. ·

(Glocke des Präsidenten)

-Ich fasse mich ganz kurz, Herr Präsident.

Ich meine die Frage der Berichtspflicht. Auch dort·wurde vollmundig erklärt, dies würde auch gegen die Verfassung verstoßen. Was ist denn davon geblieben? Sie wagen es doch gar

nicht mehr anzusprechen, was das.Gericht dazu gesagt hat.

Deutlicher konnte es doch gar nicht die Meinung, die die Regierung und wir vertreten haben, bestätigen. Warum sagen Sie denn dazu nichts? Das ist also insgesamt eine volle Bestätigung dessen, was wir von diesem Pult aus gesagt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind auch sehr dankbar für diese Entscheidung..Sie hilft offensichtlich allen weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich noch einmal Herrn Abgeordneten Rieth das Wort.

Herr Schweitzer, ich sage noch etwas zu den Auswirkungen der Liberalisierung. Sie haben gesagt, diese sind.gar nicht so schlimm..

(Schweitzer, SPD: Das habe ich gar nicht gesagt! Das entscheiden wir hier nicht!)

Ich darf Ihnen vielleicht in Erinnerung rufe~, dass die Auswirkungen derzeitdeshalb noch nichtschlimm sind, weil die Vorlieferanten zu 70 bis 80 % die Strompreissenkungen übernommen haben.

(Pörksen, SPD: Das hat mitden Gemeinden nichts zu tun!)

Wir werden aber demnächst andere Zeiten bekomm.en. Die untere Fahnenstange bei der Weitergabe von Preisen durch die großen Vorlieferanten ist erreicht. Jetztg.eht es an die Substanz der Werke. Diese Werke müssen sich durch neue Möglichkeiten der Betätigung und durch entsprechende Ausweitung in Bezug auf die regionalen Möglichkeiten neue Zu

kunftschancen schaffen, weil sie sonst verkauft werden müssten.

(Pörksen, SPD: Gehen sich die Werke gegenseitig an die Gurgel?- Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

- Herr Schweitzer, darum geht es. Wenn Sie dafür in diesem Land nicht die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, werden Ihnen demnächst die Oberbürgermeister und Landräte, die ÖTV, di~ Beschäftigten- da's sind mehrere 10 000 Beschäftigte in diesem Land- auf den Füßen stehen und sagen: Sag' mal, bekommt ihr das nicht geregelt, Regelungen zu

· schaffen, dass nicht französische und andere Konzerne uns für 'nen Appel und ein Ei aufkaufen?- Die Konzernzentralen streichen dann die Gewinne ein, während sie d_ann als verlängerter Arm von irgendwelchen Konzernen betrachtet werden. Ich kann Herrn Schnabel nur Recht geben. Es geht

schlicht und ergreifend darum, hat die Gemeindewirtschaft

in Rheinland-Pfalzeine Zukunft oder nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Schweitzer, SPD: Bei Ihnen nicht!)

Darum geht es. Das müssen Sie entscheiden.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Das müssen-Sie politisch bei der Liberalisierung entscheiden, die ini Gasbereich, im Wasserbereich, im Abwasserbereich

und im Müllbereich' anst~ht. Wenn Sie sich auf die Seite der Liberalen schlagen, was Sie mit wehenden Fahnen tun, werden Sie sehen, dass es noch ein paar wenige Konzerne geb~n wird, die gemeindewirtschaftliche Aufgaben betreiben. Aber der mittelständische Bereich, der in Rheinland-Pfalz auch in diesem Bereich sehr weit verankert ist, wird in wenigen Jah

ren riicht mehr existieren.

(Glocke des Präsidenten)

Darüber sollten Sie ernsthaft nachdenken.

·Es ist fünf vor zwölf. Man kann noch etwas tun. Man wird auch die Liberaien zur Vernunft bringen können, weil sie hier

.. im Land auch gewählt werden wollen. Zunächst einmal sind es Ihre Leute, die Ihnen vo·n der Fahne gehen.

(Beifall bei dem' BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Innenminister Zuber das Wort.

Sehr geehrter Herr- Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sind durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs

Rheinland-Pfalzvom 8. Mai voll bestätigt worden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der F.D.P.)

Ich kann Ihre Aufregung und Enttäuschung ein Stück weit nachvollziehen,

(Schweitzer, SPD: So ist das!)

wenn man sich einmal vor Augen hält, welches Horrorgemälde Sie damals an die Wand gemalt haben, als wir dies Gesetz werden ließen.

(Zuruf von der SPD)

Der Verfassungsgerichtshof ist der Argumentation der kommunalen Seite nicht gefolgt. Der Zweck des Gesetzes, die Ge

meinden vor übermäßigen wirtschaftlichen Risiken zu bewahren und gleichzeitig die Privatwirtschaft vor unangemessener öffentlicher Konkurrenz zu schützen, sei durchaus sachgerecht. Herr Abgeordneter Sch·nabel, übermäßige Eingriffe

in. das Selbstverwaltungsrecht - auch das war.damals ein Punkt der Kritik - seien mit der neuen gesetzlichen Bestim

mung nicht verbunden. Maßgeblich für diese Beurteilung ist für.deri Verfassungsgerichtshof, dass die umstrittene Neuregelung für wichtige kommunale· Tätigkeitsfelder wie zum

Beispiel die Abfallwirtschaft überhaupt nicht gilt.

(Schweitzer, SPD: So ist es!- Pörksen, SPD: Ausdrücklich herausgenommen!)