Protocol of the Session on May 11, 2000

Ich erteile Herrn Staatssekretär Dr. Auernheimer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich nutze die außergewöhnliche Möglichkeit, einiges ergänzend zu dem zu sagen, was vorher- zum Teil auch gegen die Regierungserklä-rung gewandt- gesagtworden ist..

Am Anfang kann ich feststellen, die Möglichkeit, die diese Stunde geboten hat, ist genutzt worden. Sie hat gezeigt, dass die Politik für behinderte Menschen in Rheinland-Pfalz eine

ha"he Übereinstimmung findet und dass sie sich in der Zukunft daran orientieren wird, sich zu verändern, Institutionen zu verändern und den Menschen mehr Selbstbestimmung zu verschaffen.

Dennoch sind die Hinweise, die die Genauigkeit in der Planung und Konzeption vermissen, nicht zutreffend. Dieser Modellversuch ist ein Schritt Sozialpolitik in allen Dimensionen, sich an einem solchen Ziel zu orientieren, Sozialpolitik genauer zu machen und den Behinderten ein~ Möglichkeit der Mitwirkung zu geben, die sie bisher nicht gefunden ha

ben.

(Beifall der SPD und der F.ö:P.)

Deshalb gibt es auch kein Problem unterschiedlicher Einschätzungen beispielsweise bei den zuständigen Stellen oder Beteiligten. Die Situation der zunehmenden älteren Bevölke"

rung, die sich natürlich auch in der Zahl der älteren Behinderten ausdrücken wird, ist aber ein Anlass, darüber nachzuden

ken, dass wir im Bereich der Wohnheime nicht nur neue Wohnheime und neue.Plätze planen, sondern dass wir das zum Anlass nehmen, genau diese Entwicklung zu steuern.

Heute können wir noch Veränderungen vornehmen: Wir können angesichts der zunehmenden Beschäftigungssituation und der zunehmenden Beschäftigungsneigung von be

hinderten Menschen heute die Veränderung vornehmen, dass sie von Werkstätten für Behinderte in den ersten Ar

beitsmarkt gehen. Ähnlich werden wir die Situation im Bereich der Wohnheime verändern und Behinderten Möglichkeiten des selbstbestimmten Wohnens bieten können.

Der Modellversuch braucht in der weiteren Ausführung konkrete Fantasie. Viele Beteiligte haben dies in diesem Raum

schon angesprochen. Die sachverständigen Betroffenen, die heute nicht im Raum sind, wissen meiner Meinung nach genau, was uns bei der konkreten Umsetzung fehlt. Wichtig war es aber, dass der Modellversuch die Türen zu einem neuen Denken geöffnet hat.

ln zwei Jahren sind wir in diesen Fragen schon sehr weit gekommen. Deshalb ist es meiner Meinung nach auch richtig, zu erwarten, dass die Landesregierung nach Abschluss des Modellversuchs sehr rasch die Schlüsse zieht und sehr rasch dazu übergehen wird, zu übertragen und nicht erst in einem sehr langwierigen Verfahren überlegt, was sietun will.

(Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie soll aber mit dem Parlament nochmal reden!)

Diese Chance wird im Jahr 2001 bestehen. Wir werden sie nutzen, um die Integration Behinderter und die Gleichwertigkeit ihrer Lebensbedingungen herzustellen. Wir werden damit die Probleme lösen, die heute noch bestehen. Wir werden konkrete Fantasie entfalten und neue Strukturen schaffen.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Thelen das Wort.

Ihnen steht noch eine Redezeit von bis zu vier Minuten zur Verfügung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist sicherlich so, dass man in der Opposition die Regierungspolitik besonders skeptisch und kritisch begleitet, was sicherlich auch mit ein Auftrag der Opposition. ist. Es ist in gleicher

Weise sicherlich auch so, dass die die Regierung tragenden Fraktionen bei diesem Thema --eher durch die rosa Brille schauen, Herr Rösch.

Vielleicht liegen wir gar nicht so furchtbar weit auseinander, wie Sie das eben dargestellt haben. Erlauben Sie uns, die Fakten beim Nainen zu nennen: Daten und Fakten sprechen mei

.ner Meinung nach mehr als tausend Worte. Deshalb spreche ich noch einmal das Thema der Beschäftigung von Schwerbe

hinderten an.

Natü.rlich ist es für Schwerbehinderte und behinderte Men

schen genauso wichtig wie für nicht behinderte Menschen, durch eine eigene Erwerbstätigkeit Lebenserfüllung und gesellschaftliche Anerkennung zu finden. ln diesem Fall zieh~n Sie aber in Rheinland-Pfalzhaltlose Versprechungen konkretem Handeln vor. Statt der versprochenen 150 eingestellten

Schwerbehinderten jeweils in den Jahren 1998 und 1999 konnten sich zuletzt im Jahr 1999 nur 64 Personen über eine Stelle im Landesdienst freuen. Ich weiß, dass es schwierig ist, für Schwerbehinderte eine Arbeitsstelle zu finden, egal ob

b~i einem öffentlichen Arbeitgeber oder bei einem privaten Arbeitgeber.

Ich werfe Ihnen vor, dass Sie uns über Jahre hinweg bei der Beantwortung unserer Kleinen Anfragen zur Beschäftigung Schwerbehindert_er immer wieder selbst sagen, wie schwierig es äufgrund des Alters der Schwerbehinderten und aufgrund der geforderten·Qualifikation ist, entsprechende Menschen zu beschäftigen, während Sie aber gleichzeitig, obwohl Sie das wissen und uns das schriftlich geben, so]che Versprechungen machen, indem Sie den Betroffenen jeweils 150 Stellen versprechen, obwohl Sie sich zum Zeitpunkt des Versprechens im Grunde genommen darüber im Klaren sein müssen, dass Sie dieses Versprechen nicht halten können. Das ist unseriös, und das haben die B~troffenen nicht verdient. Da verlange ich einfach etwas mehr Di.sziplin und nicht, dass wegen des Presseartikels oder der Schlagzeile willim Dinge in die Welt gesetzt werden, die man nicht halten kann.

(Beifall der CDU)

Als zweiten Fakt- damit kommen wir zu den Taten, die me~r sagen als Worte - müssen wir feststellen, dass seit Jahren die Beschäftigungsquote des Landes sinkt, und zwar sinkt sie permanent von Halbjahr zu Halbjahr. Im Moment liegt sie bei

4,78 % im Jahr 1999. Ich bin gespannt, ob das nun wirklich

· der Tiefstand ist, oder ob es sich dabei nicht nur um einen vorläufigen Tiefstand handelt.

Ich will jetzt noch ganz kurz etwas zum Bundesgesetz sagen, Herr Minister. Die Ideen, die darin stehen, sind gar nicht so schlecht. Nur, "das Grundprinzip, auf dem sie fußen, nämlich als Ziel festzusetzen, die Zahl der arbeitslosen Schwerbehin-. derten in einigen Jahren bundesweit um 50 000 zu ·senken, halte ich für falsch. Natürlich wollen wir nicht mehr arbeitslose Schwerbehinderte, aber ich reduziere die Zahl doch· auch dadurch, indem diese Menschen in Rente gehen. Das ist nicht unser Ziel. Weshalb sind Sie da nicht konsequent und sagen: Wir wollen die Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten um die Summe X oder um den Prozentsatz X erhöhen. Dannwissen wir tatsächlich, was angestrebt wird. Das Ziel kann nicht eine zunehmende Verrentung von Schwerbehinderten sein. Das könnte aber durch diesen Gesetzentwurf geschehen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich will noch auf die Kritik von Herrn Staatssekretär Auernheimer zu sprechen kommen. Ich ~age gar nicht, dass das Ziel

des Modells falsch ist. Das sage ich überhaupt nicht. Ich will nur nicht, dass sich die ganze Landesregierung, die ganze Behindertenpolitik nur rioch auf dieses Modellprojekt konzen

triert. Wir müssen mit beiden Augen sehen. Wir müssen mit dem einen Auge über das Modellprojekt versuchen, Hilfen für die Menschen anzubieten, die mit diesem Angebot tat

sächlich selbstbestimmter in ihrer eigenen Wohnung leben können, aber wir dürfen nicht außer Acht lassen\ da~s es auch in Zukunft Menschen geben wird, die mehr Hilfe brauchen vverden, die eine vollstationäre Betreu-ung brauchen werden.

(Glocke des Präsidenten)

Dafür brauchen wir Planungssicherheit. Dafür fehlen nach. wie vor die Fakten, und dafür ist die Ist-Analyse im Land nicht geschehen. Das werfen wir Ihnen vor, nämlich das eine zu tun und das andere zu lassen.

Im Übrigen wären wir sehr einverstanden mit der Überwei

sung des SPD-Antrags an den Ausschuss. Ich halte ihn durch

aus für diskussionswürdig.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vizep-räsident Heinz:

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung über die beiden Entschließungsanträge.

Es ist der Antrag einer eventuellen Ausschussüberweisung