Protocol of the Session on May 10, 2000

. Meine Damen und Herren, insbesondere der SPD, der Bevöl

kerung vor Ort geht es um drei Dinge:

Keine Genehmigung mehrfür Mülheim-Kärlich, keine Verlagerung von fiktiven Laufzeiten auf andere AKWund vollständige Abwehr der Schadenersatzansprüche durch die RWE.

Die Karten sind so gut wie nie. Wir fordern Sie inständig auf, verspielen Sie sie nicht durch das widersprüchliche Verhalten Ihrer Ministerin.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDü-Fraktion erteile ich Herrn Abgeürdneten Licht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Kollege Mertes, wenn Sie mit Lautstärke versuch~n, Argumente zu untermauern, dann ist Ihnen das eben in keinerWeise gelungen; denn zu der nüchternen Bewertung gehört auch die Historie Ihrer eigenen Fraktion und Ihre[ eigenen Partei.

(Lelle, CDU: Die hat er vergessen!)

Auch dieses Kernkraftwerk ist in diese Historie mit einzubeziehen, Herr Kollege. Auch in dieser Entwicklung kann man seine Meinung ändern. Ich will das überhaupt nicht kritisie

ren. Das ist aber auch ein Teil der nüchternen Feststellung und gehört zur ganzen Wahrheit, wenn man schon versucht, mit Polemik SacKpolitik zu machen. Das ist nicht so gut gewe

sen, Herr Kollege Mertes.

(Beifall der CDU)

Was die Vorgängerregierung betrifft, sie war - das ist auch ein Beleg für die eigenartige, vom Kollegen Rieth beschriebene Haltung derMinisterin-auf der Grundlage von Recht und Gesetz. Recht und Gesetz kann durch Gerichte auch beklagt werden. Auch das wissen wir. Wenn Gerichte zu einer anderen Auffassung kommen, dann kann man das möglicherwei

se heilen, indem - wie wir das jetzt in der Prozessflut erle

ben - Dinge nachge.fordert werden oder nicht nachgefordert werden. ln diesem Prozess befindet man sich. Nichts anderes

i.st dazu zu sagen. Die Landesregierung hat damals nach Recht und Gesetz entschieden und war der Meinung, diese Entscheidung sei so in Ordnung.

(Beifall der CDU} Meine Damen und Herren, das, was Sie dann hier an Politik für Rheinland-Pfalz an den Tag legen- natürlich macht eine Ministerin Politik für Rheinland-Pfalz -, was ist das für eine Politik? Die ist dann schon zu hinterfragen. Wenn ich in Stromkonsensgespräche Strommengen einbeziehen muss, und auf der einen Seite den Weg gehe, nicht genehmigt, es einbeziehe, heißt das, wie gehen Sie denn mit den Sozialde- mokraten in den Bereichen um, in denen dann die Anrech- nung stattfinden soll? Was sagen Sie denen? Ist das dann auch wieder in den Konsens einzubeziehen nach dem Motto: Wir Sozialdemokraten ·haben ein besonderes Herz für Rheinland-Pfalz, aber uns interessiert die übrige Bundesrepu- · blik überhaupt nicht? (Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Das kann nicht der Weg sein. Meine Damen und Herren, das ist auch nicht der Weg nach Recht.und Gesetz. Ich muss dies nüch einmal 5ü deütlich sagen. Das, vvas versucht wiid, ist am Ende, egal, ob Positives, was die finanzielle Seite des Landes anbelangt, für uns herauskommt oder nicht, ein "Kuhhandel" mit Recht und Gesetz und nichts anderes.

(Zurufe von der SPD)

Meine.Damen und Herren, ich sage· so deutlich, was man hier versucht. Dies kann nicht Debatte eines Fundaments sein, auf dem wir uns insgesamt bewegen.

(Zuruf des Abg. Dr. Schiffmann, SPD)

·Meine Damen und Herren, dass es zu einer schizophrenen Haltung des Ministeriums in diesen Fragen kommt, h

Eine Entsorgungssicherheit im Grundsatz- in dem Fall in Bezug auf Mülheirri-Kärlich- war angefragt. Aber im Grundsatz ist nur die Entscheidung zu beantworten, die dann von Berlin aus zu fällen ist. Das hätte im Prinzip die Anweisung an die grundsätzliche Haltung Ja oder Nein bedeutet. Aber es hätte mit Sicherheit mehr zur Folge gehabt, als nur eine Entschei

dung für Mülheim-Kärlich. Auch das ist deutlich. Auch hier haben Sie versucht, sich aus der eigenen· Verantwortung zu stehlen.

Meine Dainen und Herren, das ist jetzt der zweite Versuch. Das ist durchaus legitim. Das kann man so machen. Nur es er

gibt sich ein eigenartiges Bild, wenn man sich einerseits in Mülheim-Kärlich oder vor Ort hinstellt und sagt, wir sind für den Ausstieg und wir wollen, dass nichts mehr an das Netz geht, und auf der anderen Seite sagt man, genau diese Menge soll mit anderen Standorten ans Netz gehen, das heißt, mit anderen Debatten und Diskussionen soll dies verhandelbar gemacht werden.

Meine Damen und Herren, das ist ein schizophrener Weg, den ich so nichtgutheißen kann und will.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Hatzmann das Wort.

. Abg.-Frau Hatzmann, F.D.P.:.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rieth, Herr Licht, der Weg scheint Ihnen irgendwie Probleme zu machen.

(Rieth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Uns nicht, Ihnen!)

Es gibt zwei Ziele: Schaden von der Region abzuwenden und Schaden vom Land abwenden.- Das kann man natürlich alles vor Gericht austragen. Man kann es aber auch verhandeln.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Es ist übrigens eine Erfindung der Umweltpolitiker, dass es nicht klug ist, immerzu über alle Gerichte zu ziehen, sondern dass es vielleicht möglich ist, im Vorfeld durch Verhandlungen Lösungen zu f_inden.

Es gibt ein neu es Berufsbild. Ich habe mich gerade noch einmal bei meinem Kollegen Dr. Frey erkundigt. Bei den Juristen heißt dies Mediationsverfahren. Juristen werden dafür ausgebildet, Mediation zu betreiben.

Mit den neuen Berufsbildern ist es vielleicht bei dem BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU noch nicht so weit. Das soll

ten Sie vielleicht noch mit in Ihren Katalog aufnehmen. ln Amerika ist dies schon lange erprobt.

Ich halte-es fur richtig und notwendig, dass man zu Verhandlungslösungen kommt. Das ist eine Spezialität der Umweltpolitiker. Ich finde es exemplarisch und gut, dass man dies tut. Das hat nichts damit zu tun, dass der Eigentümer selbstverständlich ein Recht auf bestimmte Dinge hat. Auch dies müssen wir verfolgen. Sel_bstverständlich müssen wir ein Geneh

migungsverfahren nach Recht und Gesetz-verfolgen. Das ist das Eigentümerrecht.

Es ist für mich völlig unverständlich, wie Sie den Weg der Umweltministerin mit diesem Verfahren irgendwie durcheinander bringen können. Beides muss man tun, um Schaden vom Steuerzahler, vom Land und von der Region abzuwenden.

(Beifall bei F.D.P."und SPD)

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen von dem BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben von Doppelzüngigkeit, Widersinnigkeit usw. gesprochen. Wenn ich ein kleines Stückehen in die Zukunft schaue, vielleicht kürzer als Sie glauben, viel

leicht auch länger, wer weiß, und ich stelle mir vor, das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich würde nie ans Netz gelangen, dann ist zu fragen~ was würde das bedeuten. Es würde bedeuten, dass es abgerissen werden muss. Diese Arbeit nimmt insgesamt mindestes fünf Jahre in Anspruch und wird ca. 800 Millionen DM kosten. Was haben wir dann? - Dann. haben wir 205.Brennelemente, die irgendwie entsorgt werden müssen. Dann frage ich mich doch, wer hat die Doppelzüngigkeit ins Spiel gebracht? Wer hat verhindert, dass wir. ein genehmigtes Endlager in Deutschland haben?- Wir wissen überhaupt nicht. wohin mit dem.,Kram", weil jahrelang die Atomkraftlobby verhindert hat, dass wir geregelte Entsorgungswege aufbauen, um mit. dem.,Kram" umgehen zu können.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie genau richtig gesagt!} Selbst wenn es irgendwo einmal in einem Endlager wäre, was noch nicht absehbar ist, ist es nicht so, dass die Gefahr dieser Stoffe plötzlich· zu Ende ist. Wir werden uns noch Hunderte vor Jahren mit dem Müll, den wir produziert haben, beschäf- tigen müssen. Dies kann man beklagen, man kann es sehr be- klagen, aber es hilft nichts, dass man sich damit beschäftigen muss. (Unruhe im Hause)