Protocol of the Session on February 17, 2000

,.'Behutsam" bedeutet konkret, dass die Kinder in ihrer ge

wohnten Umgebung bleiben und die Erzieherinnen weiter mit den Kindern arbeiten, weil sie sich bereits sehr gut kennen, was insbesondere im Hinblick auf schulische Schwierigkeiten von großer Wichtigkeit ist. Für die Eltern bedeutet

das, dass sie ihre Kinder weiterhin in der bewährten, geschätzten und lieb gewonnenen Einrichtung gut aufgehoben wissen. Für die Kinder bedeutet es, dass sie in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und mit ihren Freundinnen und Freunden weiterspielen können, egal ob diese jünger oder älter als sie selbst sind.

Wir fordern in unserem Antrag keineswegs den sofortigen Wechsel in den Betreuungsstrukturen, sondern ein Konzept für den Übergang, das heißt, eine praktische Handhabung für Träger, Erzieherinnen und Eltern, wie ein Kindergarten in

ein Haus für Kinder umgewandelt werden kann. Des Weiteren ist eine Anpassung der Rahmenbedingungen nötig, da zum Beispiel die unterschiedliche Bezuschussung der Personalkosten mit 27,5% bzw. 30% Häuser für Kinder schlechter stellt als Horte, obwohl sie zweifelsfrei die finanziell und die pädagogisch sinnvollste Alternative sind.

Damit wir uns nicht missverstehen: Wir wollen keinen Zwang zur Umwandlung in Häuser für Kinder, sondern Beratung und Unterstützung für diejenigen, die diese Institution aus fachlichen, aus organisatorischen und aus ökonomischen Gründen präferieren.

Viele Kindergärten in Rheinland-Pfalz experimentieren bereits mit verlängerten Öffnungszeiten, aber fast überall steht der zeitliche Betreuungsrahmen im Vordergrund und nicht pädagogische Überlegungen. Beides ist aber gleichermaßen wichtig, zuverlässige und bedarfsgerechte Betreuungszeiten sowie die bestmögliche Förderung, Bildung und Erziehung der Kinder. Obwohl die Koalitionsvereinbarung bereits die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten zu Häusern für Kinder vorsieht, sobald die Kinderzahl zurückgeht - genau dies ist jetzt verstärkt der Fall -, wird die vorausschauende Entwicklung eines solchen Konzepts einfach nicht so gemacht, wie es der Sache und dem Ernst der Lage entspricht.

Wir würden es begrüßen, wenn Sie die Koalitionsvereinba

rung ernst nehmen und unseren Antrag annehmen, der nichts weiter bedeutet, als einfach einmal planmäßig vorzu

gehen und das nicht einfach so alles dem Zufall zu überlassen oder den Einrichtungen selbst.

(Schweitzer, SPD: Diese Rede halten Sie jährlich!)

Wir wollen die Einrichtungen unterstützen. Sie brauchen die Unterstützung, und sie wollen diese Unterstützung, meine Damen und Herren.

Zu dem Antrag der CDU, Tagespflegebörsen betreffend. Meine Damen und Herren, beim Thema.. Tagespflege" zeigt ein Blick in unsere europäischen Nachbarländer einen grundver

schiedenen Umgang mit Tagespflegestellen. Die Tagesmütter und -väter sind in Schweden, Dänemark und Finnland Ange

stellte der Gemeinden. Sie verfügen über ein eigenes existenzsicherndes Gehalt und über sämtliche Sozialleistungen inklusive bezahltem Urlaub. Sie unterstehen der Fachaufsicht einer Sozialarbeiterin, die sie berät und Gruppentreffen zum gegenseitigen Austausch organisiert. Wenn der uns vorliegende Antrag diese Zielrichtung verfolgen würde, würden wir uns leichter tun, ihm zuzustimmen, aber dann würde wahrscheinlich nicht nur der Gemeinde- und Städtebund bei so viel Qualität an Kinderbetreuung lautstark protestieren.

Meine Damen und Herren von der CDU, nicht die Qualität, das Wort kommt in den Anträgen nicht einmal vor, sondern wieder einmal die Quantität - möglichst viele Plätze und möglichst billig -steht in Ihrem Antrag einseitig im Vordergrund. Ihr Blickwinkel ist ausschließlich der der erwerbstätigen Mütter, die ein Kinderbetreuungsproblem haben, das natürlich unbestritten existiert. Warum - diese Frage muss auch immer wieder gestellt werden - ist die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf immer noch ein ganz überwiegend weibliches Problem? Wo sind die Väter? Das alles kommt in den Anträgen nicht vor. Stattdessen wollen Sie das Problem der abwesenden Väter auf dem Rücken anderer Frauen austragen, die als Tagesmütter neben ihren eigenen Kindern für ganze 2,50 DM pro Stunde andere Kinder mit betreuen. Bevor wir überhaupt groß angelegte, landesweit angelegte Vermittlungsagenturen aufbauen -darum handelt es sich in Ihrem Antrag -,müssen die Standards festgel~gt werden, damit die Tagesmütter, die anderen Eltern die Erwerbstätigkeit ermöglichen, nicht am Ende das Nachsehen haben.

Dazu gehört neben der Qualifizierung und sozialen Absicherung der Tagesmütter ein Konsens darüber, welche Qualität Kinderbetreuung in Tagespflege haben soll und wie viel dafür zu bezahlen ist. Vor allem darfTagespflege immer nur als Ergänzung zu den Kindertageseinrichtungen gesehen wer

den, insbesondere für Kinder unter zwei Jahren, und auch nur dort, wo der Betreuungsbedarf nicht durch Häuser für Kinder abgedeckt werden kann oder das Jugendamt private Tagespflege nicht für sinnvoll hält. Tagespflege kann also kei

ne Alternative sein. Wer dazu nicht bereit ist, sollte die Tagespflege lieber dort belassen, wo sie jetzt schon ist, nämlich im Bereich der Nachbarschaftshilfe.

Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Wir sind nicht gegen ein qualifiziertes Angebot an Tagespflegestellen, aber Ihrer Antragsbegründung mit dem äußerst einseitigen Blickwinkel der Problematik erwerbstätiger Frauen, dem Ausblenden der Interessen von Kindern und Tagesmüttern, die auch Frauen sind, die Perspektiven haben wollen, und dem implizierten Einverständnis zur Abwesenheit der Väter bei der Erziehung können wir nicht zustimmen.

Wir halten dieses Thema aber fOr so wichtig, dass wir dann, wenn das Modellprojekt ausgewertet ist, eine Anhörung von Fachleuten im Ausschuss fOr Kultur, Jugend und Familie vor

schlagen. Hier sollten dann aber auch neben dem Tagesmatterverband unbedingt auch Erzieherinnenverbände, pädagogische Fachleute, die auch aus dem Wissenschaftsbereich kommen, angehört werden; denn ich denke, es ist eine wichtige Frage: Wie sollen kleine Kinder betreut werden?- Es ist auch eine ganz wichtige Frage: Wie sieht es auf dem Arbeitsmarkt for Erzieherinnen mit dem Verdrängungswettbewerb

aus? - Wir müssen dieses Berufsbild schützen und es nicht noch weiter abbauen.

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

FOr die CDU-Fraktion erteile ich der Kollegin Frau Hammer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Haus für Kinder als familienunterstatzendes und ergänzendes Angebot in integrierter Form findet unsere UnterstOtzung, weil es dazu dient, Familien zu stärken, wenn es um die Wahrnehmung ih· rer Erziehungsaufgabe geht.

Der Kindergarten - das ist uns allen bekannt - gilt heute als geläufige Station im Kinderleben, als wichtige Sozialisationsinstanz. Aber nicht nur Kindergärten, auch andere Betreuungsformen und Angebote fOr Kinder werden verstärkt nachgefragt. Gerade bei heute kleineren Familiengrößen

. und zukünftig auch kleineren Jahrgängen wird die Kinder

gruppe zu einem immer wichtigeren Lernort, umso mehr das Haus fOr Kinder. Dieser Begriff, der bereits eingefOhrt ist, erscheint uns im Übrigen passender als Kinderhäuser. Unter dem Begriff ,.Kinderhäuser" formiert noch der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bin froh, dass die Kollegin Bill jetzt auch das Haus fOr Kinder so formuliert hat. ,.Kinderhäuser" erinnert mich immer ein bisschen an Waisenhäuser. Deshalb finde ich diesen Begriff nicht so gut.

Die im Haus für Kinder möglichen altersübergreifenden An

gebote bieten an sich schon stärkere Anregungen als manch

mal Umgebungen, in denen gelegentlich Kinder aufwachsen

mOssen. Tatsache ist- auch darauf wurde hingewiesen-, dass Kommunen schon jetzt Häuser für Kinder einrichten können.

Es gibt sie in Rheinland-P1alz seit Beginn der 90er-Jahre. El

terninitiativen- darauf will ich auch hinweisen- tragen diese Form der Kinderbetreuung noch länger mit, sogar bis 1998 142 Häuserfür Kinder in Rheinland-Pfalz, auch Schulkinder in alterserweiterten Gruppen. Es wird auch vor Ort umgesetzt, wenn zum Beispiel nicht mehr alle vorhandenen Plätze zur

Abdeckung des Rechtsanspruchs gebraucht werden. Hier können Spielräume fOr zurückgehende Kinderzahlen genutzt werden. Damit kommen wir aber zum - wie ich meine - großen Problem, das die Umsetzung dieses Antrags aufwirft, die Finanzierung der Personalkosten nämlich, die sich aus der Ausweitung der Altersgruppen und dem damit steigenden Betreuungsanspruch und Personalaufwand ergeben.

ICh kann aus eigener betroffener Kommune berichten: Wir sind eine Kommune mit unausgeglichenem Haushalt, von der Kommunalaufsicht zur Haushaltskonsolidierung und zu Einsparkonzepten ermahnt. Eine solche Kommune wird eher Personalstellen streichen mossen anstatt sie dann fOr ein Haus für Kinder einzusetzen.

(Zuruf von der SPD)

Der Antrag findet dennoch unsere Zustimmung. Wir richten aber darOber hinaus an die Landesregierung auch die Forderung, ihr Konzept zur Entwicklung der Kindertagesstätten zu Häusern fOr Kinder ausfahrlieh vorzustellen und auch insbesondere eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildung fOr die Erziehungskräfte einzubeziehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte jetzt zu unserem Antrag, Tagespflegebörsen be

treffend, kommen. Bei dem Ausbau der Betreuungseinrich

tung for drei- bis sechsjährige Kinder haben wir Erfolge fest

zustellen. Aber es ist auch festzustellen, MOtter und Väter brauchen Flexibilität. Sie alle kennen die Studien. Die Regelarbeitszeit verliert zunehmend an Bedeutung. ln Betrieben und Verwaltungen nimmt die Flexibilisierung bei der Arbeitszeit deutlich zu.

Wie sollen also die Kinder betreut werden, wenn Vater oder Mutter- Frau Bill, ich beziehe ausdrücklich die Väter mit ein, nicht nur die MOtter- beispielsweise im Handel bis 20.00 Uhr an der Kasse sitzen, im Verkauf tätig sind, in der Kommunikationsbranche mit ihren 24-Stunden-Hotlines arbeiten, im Krankenhaus tätig sind oder bei der Polizei im Schichtdienst beschäftigt sind?

(Frau Kohnle-Gros, CDU: So ist es!)

Hier bietet die Tagespflege als Ergänzung zur Betreuung in der Familie und in Kindertagesstätten oder Häusern fOr Kinder mit ihren festen Öffnungszeiten einen dritten Weg an.

(Beifall der CDU- Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das istdoch nichts Neues!)

Tagesmütter oder Tagesväter- auch hier möchte ich die Väter

mit einbeziehen - können auf die besondere Familien- und Erwerbssituation im Einzelfall eingehen.