Haltung zeigt, sich an die Spitze der Koalition der Willigen in unserem Land NRW gemeinsam mit den Kommunen stellt und mehr Druck in Berlin macht, dann glaube ich, kann da mehr gelingen.
Wir haben auch ein Beispiel: Thüringen und Berlin haben ein eigenes Landesaufnahmeprogramm aufgelegt; sie haben es zumindest versucht und bei Herrn Seehofer um Zustimmung gebeten. Aber noch nicht einmal das machen Sie, Herr Laschet.
Ich fordere Sie auf: Machen Sie mehr! Handeln Sie! Machen Sie mehr Druck in Berlin! – Dabei können Sie mit unserer vollen Unterstützung rechnen. Ich bin gespannt, ob Sie heute unser Angebot annehmen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die AfD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Frau Walger-Demolsky das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie nennen es eine Katastrophe, ich nenne es ein Verbrechen, was da auf Lesbos begangen wurde. Die ersten Verhaftungen von dringend Tatverdächtigen werden hoffentlich in Kürze Aufschluss über das gesamte Ausmaß dieser kriminellen Aktion geben.
Einige Bewohner legten an mehreren Stellen des Aufnahmelagers gleichzeitig ein Feuer, und das nicht zum ersten Mal. Sie behinderten die freiwillige Feuerwehr bei Löscharbeiten, und es wurden Fahrzeuge, aber auch Feuerwehrleute mit Steinen beworfen. Am Folgetag – und das halte ich für ganz besonders abstoßend – wiederholte sich das ganze Geschehen. Erneut wurden Unterkünfte angezündet, und wieder wurden Menschen in Gefahr gebracht.
Es handelt sich um schwerste Straftaten, um eine koordinierte Aktion mit dem Ziel, das ganze Camp in Schutt und Asche zu legen. Das Leben anderer Bewohner wurde dabei aufs Spiel gesetzt und ihre Habe vernichtet.
Ministerpräsident Laschet und Integrationsminister Stamp haben erst kürzlich die Aggressivität einiger im Lager zu spüren bekommen. Ein starkes Aufgebot an Sicherheitskräften musste die Delegation von aggressiven jungen Männern abschirmen. Der Besuch wurde trotzdem vorzeitig abgebrochen.
Wie können Sie bei einer Aufnahme von Migranten aus Moria ausschließen, dass auch solche Verbrecher in unser Land kommen?
Dringend aufgearbeitet werden muss auch die Rolle der NGOs vor Ort. Was ist dran an Medienberichten, dass NGOs Migranten vielleicht angestiftet haben? Mindestens waren sie aber wohl diejenigen, die die Bewohner gewarnt und frühzeitig zum Verlassen des Camps aufgerufen hatten.
Noch in der Nacht gingen dann die Videos in die Welt verbunden mit dem Appell, Deutschland solle möglichst viele Migranten aufnehmen. Tatsächlich begann nur kurze Zeit später in Deutschland ein regelrechter Überbietungswettwerb aus allen Lagern um die höchsten Aufnahmezahlen.
Mein ausdrücklicher Dank geht indes an die fleißigen Mitarbeiter des THW, die in einem ersten Konvoi, auch aus Nordrhein-Westfalen, unter anderem Zelte, Feldbetten und Schlafsäcke nach Griechenland transportiert haben und somit auf ein internationales Hilfeersuchen der Regierung Griechenlands schnell reagiert haben.
Natürlich geht der Dank auch an das UNHCR, das beim Wiederaufbau des Camps eine hervorragende Arbeit leistet.
Nach Informationen aus Griechenland wurde mit Stand vom 14.09. bereits wieder ein Zeltlager mit 5.000 Plätzen aufgebaut; ein Ausbau auf 12.000 Plätze ist in Arbeit. Alle obdachlosen Migranten auf Lesbos wurden inzwischen aufgefordert, das provisorische Zeltlager zu beziehen. Das klare Bestreben der griechischen Regierung, die Herausforderungen vor Ort selbst anzunehmen, begrüßen und loben wir ausdrücklich. Bei dieser Aufgabe gilt es Unterstützung zu leisten. Denn das genau ist die Hilfe, die momentan vor Ort gebraucht wird.
Leider muss ich an dieser Stelle mit ganz großem Bedauern auch feststellen, dass die Griechen in der Vergangenheit Hilfsangebote zur Bearbeitung von Asylverfahren nicht angenommen haben. Die lange Verfahrensdauer hat so zu den schwierigen Zuständen auf Lesbos geführt. Sinnvoll wäre es daher sicher, wenn Griechenland auch diese Hilfsangebote von deutscher Seite endlich annehmen und die Verfahren so beschleunigen würde. Gerade in Moria sind viele Menschen aus Afghanistan, deren Hoffnung auf Asyl in Europa nicht länger genährt werden sollte.
Sie alle senden ein falsches Signal, ein fatales Signal, wenn Sie von einer großen Aufnahmebereitschaft reden. Was passiert anderenorts, wenn man dort sieht, dass ein derart kriminelles Verhalten
belohnt wird? Ist der neue Brand auf Samos schon die erste Reaktion auf die Ankündigung aus Berlin? In Griechenland, aber auch in Italien machen Sie sich damit keine Freunde. Denn der Migrationsdruck auf diese Länder wird wachsen.
Insbesondere die Damen und Herren der Union rufen immer wieder nach einer europäischen Lösung. Ich kann Ihnen verraten, wie diese europäische Lösung dann aussieht: Deutschland schreit am lautesten, die anderen EU-Länder inklusive Frankreich ziehen sich leise zurück, kümmern sich um ihre eigenen sozialen Probleme und lachen über den erneuten deutschen Alleingang, mit dem wir wieder einen Sonderweg beschreiten. Die europäische Lösung, wie Sie sie sich vorstellen, ist und bleibt Illusion. Nicht einmal die Koalition der Willigen ist auch nur einen Pfifferling wert.
Das neue Narrativ von links und grün lautet, dass Deutschland alle oder mindestens möglichst viele Migranten aus Moria aufnehmen soll. Wer das anders sieht, ist Faschist oder mindestens ein Unmensch. Was für ein Unfug, meine Damen und Herren!
Die geforderte Massenevakuierung würde unweigerlich eine Sogwirkung entfachen. Noch mehr Menschen würden sich Schleppern anschließen und die Reise über das Mittelmeer wagen. Jeder möchte ins Sehnsuchtsland Deutschland.
Wenn ich die Obdachlosen an unseren Bahnhöfen sehe, frage ich mich allerdings: Warum? Nach Angaben der Caritas hatten im letzten Winter allein in NRW 5.000 Menschen kein Dach über dem Kopf.
(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das ist ganz schäbig, das gegeneinanderzustellen! Wirklich schä- big! – Die Slogans der Evakuierungsbefürworter passen nicht zur Realität, Herr Klocke, (Arndt Klocke [GRÜNE]: Das ist ganz schäbig! Wirklich! Das ist schäbig, wirklich sehr schä- big!)
nicht zu einem Staat, in dem immer noch Grenzen existieren, es Asylgesetze, Visapflichten oder auch nationale Verantwortlichkeiten gibt.
Wo fangen wir an mit Ihrem Evakuierungsimperativ, und wo hören wir auf? Kos, die Kanaren, Lampedusa – holen wir dann all diese Menschen zu uns, wenn es dort infolge einer Nachahmungstat brennt? Eine Massenevakuierung der Migranten von Lesbos
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst bin ich immer wieder überrascht, wie offen und gnadenlos Sie Ihr menschenverachtendes Weltbild an den Tag legen. Ich hoffe, das haben viele gesehen.
Hier wird ein Whataboutism an den Tag gelegt, der versucht, von der eigentlichen Situation, der humanitären Katastrophe in Moria, abzulenken. Ist es jetzt wichtig, die Frage zu klären, wie dieses Feuer ausgebrochen ist? Nein. Die wichtige Frage ist: Was tun wir mit den Menschen, die dort obdachlos geworden sind – mit den Männern, den Frauen, den Kindern, den Säuglingen?
Glauben Sie ernsthaft – nein, das können Sie nicht glauben –, dass es ein Anreiz für Menschen in Syrien, Afghanistan oder sonst wo ist, zu sagen: „Ja, ich möchte erst den Weg über das Mittelmeer wagen, wohl wissend, dass dort viele Menschen in den letzten Jahren ertrunken sind, um dann jahrelang in einem überfüllten Lager zu leben, im Inferno fast umzukommen, um dann darauf zu hoffen, vielleicht in ein anderes Land zu gelangen, wo es mir ein klein bisschen besser geht und ich mir vielleicht keine Sorgen darüber machen muss, dass meine Kinder, mein Mann, meine Frau sterben“? Das finden Sie verwerflich? Schämen Sie sich!
Aber zu Ihrer Information: In Franken hat sich gestern die AfD für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. Es scheint also noch ab und an einen Funken Menschlichkeit auch in Ihrer Partei zu geben.
Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union umfasst sechs Titel. Sie lauten: Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und Justizielle Rechte. Dem stehen 13.000 Menschen gegenüber, die über Jahre hinweg in einem Lager lebten, das auf 3.000 Menschen ausgerichtet war. Das Lager war mehr als vierfach überbelegt.
Wir sitzen hier in diesem Saal mit 200 Abgeordneten, zusätzlich noch einigen Verwaltungsmitarbeitern, Ministern, Ministeriumsmitarbeitern usw. Bei einer vierfachen Überbelegung wären es locker 1.000 Menschen. Dabei müssen wir hier nur ein paar Stunden verweilen und haben ordentlich Platz. Man muss sich das Leben in den Lagern über Jahre hinweg unter schrecklichen Bedingungen, unter Kälte im Winter einmal vor Augen führen.
So sah die Situation aber auch nur bis zum 8. September 2020 aus. In der Nacht vom 8. auf den 9. September ist Moria abgebrannt. 13.000 Menschen sind seitdem obdachlos: Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge,
Wir haben hier bereits vor einigen Monaten darüber diskutiert und eine erstrebenswerte europäische Lösung angedacht. Seitdem ist wenig, zu wenig passiert. Jetzt aber haben wir keine Zeit mehr, zu warten. Jeder Tag zählt.
Schon vor Monaten haben zahlreiche Länder und Kommunen, allein 44 Kommunen aus NordrheinWestfalen, ihre Hilfe angeboten und sich als sicheren Hafen erklärt.
Sie, Herr Ministerpräsident Laschet, und Sie, Herr stellvertretender Ministerpräsident Stamp, waren vor einigen Wochen noch dort. Sie wissen, wie die Situation vor Ort ist. Ich bin mir sicher, Sie wissen, dass die Hilfe jetzt benötigt wird. Sie wissen, dass wir helfen können und müssen.
Erst 150, seit gestern ist die Rede von 1.500 Menschen, Familien mit Kindern, die bereits als Flüchtlinge anerkannt sind. 1.500 Menschen – das ist gut. Ich freue mich für jeden einzelnen, der aus dieser Situation herauskommt.
Aber 1.500 Menschen bei einem der reichsten Länder der Welt mit 83 Millionen Einwohnern? Wir können mehr, und das wissen Sie alle. Mindestens 5.000 Menschen können wir aufnehmen, wenn wir nur den Städten und Ländern, die ihre Hilfe angeboten haben, die Möglichkeit dazu geben.
Eine entsprechende Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen kann eine deutschlandweit einheitliche Regelung auf den Weg bringen. Es ist Innenminister Seehofer, der den Weg frei machen muss. Das wissen Sie.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie inständig, unserem Antrag zuzustimmen. Es wäre das Richtige; das wissen Sie.