Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe meine Rede eben relativ lautstark angekündigt, indem ich die pandemiebedingten Kunststoffabdeckungen ein wenig tangiert habe. Nun will ich aber gleich auf ernsthaftere Probleme zu sprechen kommen, nämlich auf die Probleme, die unsere Kommunen im Land mit der Bewältigung der pandemiebedingten Belastungen haben.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in vielen Kommunen ist es in der jüngeren Vergangenheit mithilfe des Landes und vor allen Dingen aus eigener Kraft gelungen, ein gutes Stück Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Dazu hat sicherlich der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ maßgeblich beigetragen. Inzwischen ist es, glaube ich, hier im Haus Allgemeingut, dass das ein wichtiger Schritt war.
Lange bevor die Coronapandemie sehr dramatisch ausgebrochen ist und Einfluss auf kommunale Handlungsmöglichkeiten genommen hat, war uns hier im Hause ein Punkt bewusst. Da gab es auch keinen großen Dissens. Ich kann mich erinnern, dass ich seinerzeit mit dem jetzigen Fraktionsvorsitzenden der CDU als kommunalpolitischem Sprecher – Herr Minister Laumann war damals Fraktionsvorsitzender – über einen Antrag gesprochen habe, der die Entlastung der Kommunen zum Inhalt hatte. Das ist schon relativ lange her. Aber wir waren bereits damals übereinstimmend der Ansicht, dass die Altschuldenproblematik wie ein Damoklesschwert über den kommunalen Haushalten schwebt.
Ich räume ein, dass das in der jüngeren Vergangenheit durch gute Konjunkturdaten ein wenig kaschiert worden ist. Die grundsätzliche Problematik hat sich aber nicht verändert. Deshalb hätte es auch ohne die Coronapandemie und ihre dramatischen Folgen
Darüber hinaus wirkt die Coronapandemie jetzt wie ein Brennglas. Die Ungleichheit zwischen den Kommunen und den Gebietskörperschaften wird größer. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen ist teilweise extrem bedroht. Die Fragen nach Liquidität und der Möglichkeit, in die Zukunft investieren zu können, werden immer drängender.
Die Hauptlast der Bekämpfung der Pandemie liegt bei den Kommunen. Die krisenhaften Folgen treffen unsere Städte und Gemeinden besonders.
Wir loben alle immer wieder das Engagement, den Einsatz und die Kreativität der Kommunen bei der Bewältigung der Pandemie. Tatsächlich ist eine handlungsfähige Kommune in allen Lebensbereichen – zum Beispiel für die Wirtschaft und für Investitionen, aber auch für gleiche Lebensbedingungen von Menschen vor Ort – eine dringend notwendige Voraussetzung.
Häufig wird das Wort „Systemrelevanz“ in den Mund genommen. Ich glaube, es gibt in unserem Land nichts, was für die Menschen relevanter ist als funktionierende Kommunen, meine Damen und Herren.
Wir haben Herrn Professor Junkernheinrich gebeten, einmal zu überlegen, wie sich das auf kommunale Einnahmen und Ausgaben auswirkt. Er hat das Ergebnis in einem Bereich von 5,8 Milliarden Euro bis 7,2 Milliarden Euro berechnet. Die Gewerkschaft ver.di, die sich im Interesse ihrer Beschäftigten auch mit dem Thema beschäftigt hat, kommt ebenfalls auf einen Betrag von über 5,3 Milliarden Euro. Das sind nur die Einnahmeausfälle und, ganz grob berechnet, das, was aufgrund der Pandemie zusätzlich kommen kann. Die mit der Pandemie verbundenen Mehrkosten, zum Beispiel im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich und im Bildungsbereich, lassen sich derzeit so gut wie gar nicht beziffern.
Es ist ganz toll und lobenswert, wenn den Kommunen auf allen Ebenen mit Ratschlägen beigestanden wird. Ich glaube auch, dass 4,832 Milliarden Euro eine Menge Geld sind. In Anbetracht der tatsächlich zu erwartenden Ausfälle relativiert sich die Bedeutung dieser Summe allerdings stark. Das ist zwar mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, aber bei Weitem nicht der notwendige finanzielle Regen, den unsere Kommunen ganz dringend brauchen.
Die Landesregierung hat sich dann einen relativ schlanken Fuß gemacht; denn die Bewässerung – um im Bild zu bleiben – ist relativ ungleich verteilt: 3,05 Milliarden Euro vom Bund und 1,782 Milliarden Euro vom Land. Verfassungsrechtlich ist aber ganz klar das Land in der Verpflichtung.
Am Freitag hatten wir eine Anhörung, bei der es um die COVID-bedingten Belastungen und ihren haushaltstechnischen Ausgleich ging. Ich habe bei allen Stellungnahmen aus der Wissenschaft und aus der kommunalen Familie eine gewisse Skepsis gehört.
Meine Damen und Herren, ich will hier nicht die Worte „Systemwidrigkeit“ und „Luftbuchungen“ in den Mittelpunkt meiner Erwägungen stellen. Aber die Mehrbelastungen sind vorhanden. Das erhöht Kassenkredite und erschwert den Haushaltsausgleich.
Frau Ministerin, wenn da nicht etwas Materielles folgt, sind das zwar gute Ratschläge, die aber im Interesse der Kommunen auch Schläge sein können – um im Bild von Johannes Rau zu bleiben –; denn ohne Bares wird für die Kommunen aus der Angelegenheit nichts Wahres.
Es wäre auch schön, wenn man die coronabedingten Steuerausfälle tatsächlich ausgleichen und eine ordentliche Regelung schaffen würde.
Ich kann das Eigenlob und die Selbstbeweihräucherung beim Thema „KdU“ kaum noch hören. Ich kann Ihnen nämlich sagen, wer es erfunden hat – das könnte ich zur Not auch mit Zitatstellen belegen –: Das ist eine uralte Forderung der Sozialdemokratie.
Auf diesen gemeinsamen Lorbeeren darf man sich aber nicht ausruhen. Die Kommunen brauchen tatkräftige Unterstützung. Sie brauchen Hilfe. Das geht nur auf eine Art und Weise: „Stadt und Land – Hand in Hand“. – Ich ende mit diesem Zitat von Johannes Rau.
Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Da Herr Kollege Körfges seine Redezeit doch erheblich überzogen hat, bekommen alle anderen natürlich auch diese eine Minute zusätzlich. Das Einvernehmen meiner beiden Schriftführer darf ich feststellen. – Der nächste Redner ist für die CDU-Fraktion Herr Kollege Déus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich trotzdem bemühen, die ursprüngliche Redezeit einzuhalten.
Und täglich grüßt das Murmeltier, Teil 2! Wir hatten es ja heute schon bei dem Thema „KAG“. Der Kommunalwahlkampf lässt grüßen. Die SPD versucht leider, mit Tricksen und Täuschen den Eindruck zu erwecken, die Landesregierung handele nicht oder nur unzureichend.
Sie können Ihren Anträgen zwar immer neue und andere Namen geben. Unsere Antwort bleibt aber gleich und eindeutig: Nein, wir lassen unsere Städte und Kommunen nicht im Stich. Wir unterstützen und sichern die kommunale Handlungsfähigkeit jeden Tag – vor, während und nach der Krise.
Unsere Landesregierung hat seit Regierungsantritt im Sommer 2017 und ganz besonders in der andauernden Coronasituation gezeigt, dass wir an der Seite unserer Städte und Gemeinden stehen. Denn sie bilden das Fundament für ein starkes NordrheinWestfalen. Solide Finanzen sichern unsere Zukunft. Deshalb war und ist eines unserer wichtigsten Anliegen, die Finanzausstattung unserer Kreise, Städte und Gemeinden zu verbessern.
Wir stellen den Kommunen mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2020 die Rekordsumme von 12,8 Milliarden Euro zur Verfügung.
Auch die Reform des Neuen Kommunalen Finanzmanagements sorgt für eine grundlegende und nachhaltige Verbesserung der finanziellen Situation der kommunalen Familie.
Die Landesregierung hat bereits vor Corona viele weitere Investitionen, Initiativen und Programme beschlossen und auf den Weg gebracht, um die Kommunen zu unterstützen und zu entlasten.
Hervorheben möchte ich zum Beispiel das Heimatförderprogramm mit einem Volumen von 150 Millionen Euro
Herr Kollege Déus, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Zimkeit würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Das ist ja schon System. Da ich versuche, mich an meine Redezeit zu halten, kann er gerne am Ende fragen, aber nicht jetzt mittendrin.
Das unterstreicht: Entgegen den Unkenrufen von der Oppositionsbank zeigt die Landesregierung substanzielles finanzielles Engagement. Wir bessern das aus, was Sie in Ihrer Regierungszeit vernachlässigt und versäumt haben. Wo waren Sie bis Mai 2017 in Sachen „KAG“, „Flüchtlingskosten“, „Altschulden“ und „Heimatförderung“, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Die nordrhein-westfälischen Kommunen tragen in dieser schwierigen Zeit eine immense Verantwortung an vorderster Front – in wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Hinsicht.