Protocol of the Session on August 27, 2020

Wir werden über diesen Antrag abschließend im Verkehrsausschuss beschließen. Auch wenn Sie niemals einem AfD-Antrag zustimmen würden – denn Sie sind die Guten und wir sind die Bösen –, bitte ich Sie, mal darüber nachzudenken, ob Sie sich vielleicht wenigstens mit einer Enthaltung zufriedengeben könnten. Es geht hier um Menschenleben.

Oder bringen Sie einen eigenen Antrag oder einen Änderungsantrag ein. Ich verspreche Ihnen: Wenn wir inhaltsgleich sind, werde ich das nicht ausschlachten, indem ich Interviews gebe oder einen Videoclip mache. Mir geht es wirklich um den Inhalt.

(Vereinzelt Heiterkeit von der CDU)

Sie mögen lachen; ich meine das tatsächlich ernst.

Sie haben noch einige Wochen Zeit, um darüber nachzudenken. Ansonsten werden Sie fast wöchentlich in

Ihren Lokalzeitungen darüber lesen, wie Leute schwer verletzt werden. Ein Vierjähriger ist beispielsweise vor den Augen seines Vaters ums Leben gekommen. Damit müssen Sie umgehen.

Gehen Sie deshalb noch mal in sich, ob Sie nicht über Ihren Schatten springen können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lehne das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag macht schon betroffen; das gilt insbesondere für die Ausführungen, die wir gerade gehört haben. Das ändert nur nichts an der Tatsache.

Wir alle wissen um die täglichen Gefahren im Straßenverkehr. Jedes Opfer, das auf unseren Straßen durch Verkehrsunfälle verletzt oder getötet wird, ist ein Opfer zu viel.

Dennoch ist Ihr Antrag völlig überflüssig. Einen ähnlichen Antrag haben Sie bereits im Januar 2019 gestellt, wie Sie schon selbst ausgeführt haben. Schon damals waren Ihre Forderungen überholt, da sich diese bereits in der Umsetzung durch das Bundesverkehrsministerium befanden. Deshalb wurde Ihr Antrag auch im Verkehrsausschuss abgelehnt.

Bereits 2019 hatte Kollege Voussem Sie in einer Plenardebatte darauf aufmerksam gemacht, dass nicht ein Bundesland allein die Pflicht zur Installierung von Abbiegesystemen einführen kann.

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

Fahrzeugzulassungsrecht ist Europarecht, auch wenn Sie das immer wieder leugnen.

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

Auch wenn Ihrer Partei das nicht passt, muss Europa hier gemeinsam agieren. Bundesverkehrsminister Scheuer hat mehrfach betont, dass auch ihm die europaweite verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenzsystemen für neue Fahrzeugtypen ab 2022 und ab 2024 für neue Fahrzeuge nicht schnell genug geht. Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will er sich im Zuge von Deutschlands EU-Ratspräsidentschaft weiterhin für eine frühere Einführung einsetzen.

Das Bundesverkehrsministerium hat darüber hinaus unter anderem zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Die „Aktion Abbiegeassistent“ hat bereits nach zwei Jahren über 200 Sicherheitspartner.

Sie verpflichten sich dazu, vor dem verbindlichen Einführungsdatum auf EU-Ebene ihren Fuhrpark mit Abbiegeassistenzsystemen nachzurüsten bzw. ausschließlich Neufahrzeuge mit diesen Systemen anzuschaffen. Wer über keine eigene Flotte verfügt, verpflichtet sich dazu, ausschließlich Fahrzeuge zu nutzen, die mit Abbiegeassistenten ausgerüstet sind.

Seit dem 1. Juli 2020 muss in Deutschland zudem ein Fahrerassistenzsystem in neu zugelassenen LangLkws verbaut sein.

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

Bis zum 1. Juli 2020 mussten alle Bestandsfahrzeuge an Lang-Lkws mit blinkenden Seitenmarkierungen und einem Abbiegeassistenten ausgerüstet sein.

(Nic Peter Vogel [AfD]: Das war Augenwische- rei!)

Darüber hinaus wurde die neue Straßenverkehrsordnung, die seit dem 28. April 2020 in Kraft ist, auf den Weg gebracht. Darin ist für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 t innerorts Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben.

Die bestehende Grünpfeilregelung wurde auf Radfahrende ausgedehnt, die rechtsabbiegen wollen. Zum Beispiel an Engstellen kann ein Überholverbot von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

wie von Fahrrädern eingeführt werden.

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

Für uns sind alle Verkehrsteilnehmer gleichwertig zu schützen. Dass sich ausgerechnet Ihre Fraktion allein plötzlich um die Sicherheit von Radfahrern sorgt, obwohl doch Teile Ihrer Partei mit alternativen Verkehrsmitteln nichts anfangen können und den Klimawandel leugnen, verwundert.

(Andreas Keith [AfD]: Wie schäbig, dieses Thema für so was zu benutzen!)

Bei Ihnen ist sowieso vieles anders und nicht verständlich. So kandidiert für das Spitzenamt des Oberbürgermeisters in Düsseldorf ein bekennender Verschwörungstheoretiker.

Zudem können Sie doch nicht allen Ernstes behaupten, dass Menschen durch Verkehrsunfälle verletzt oder ums Leben gekommen sind, weil Ihr Antrag 2019 abgelehnt wurde. Das ist wirklich albern.

Diese Verdrehung der Tatsachen ist leider typisch für die Art Ihrer Politik; das ist Ihr Stil, Politik zu betreiben. Dies ist der Ernsthaftigkeit des Themas wirklich nicht angemessen.

Sie pauschalisieren, erkennen keine Fakten an und gaukeln den Bürgern einfache Lösungen vor, doch

die Welt ist komplexer, als Sie sie hier darstellen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Nic Peter Vogel [AfD]: Das war armselig!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der SPD

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Kein Applaus bei kei- ner Fraktion festzustellen, kann ich da nur sa- gen! Bei keiner Fraktion! – Gegenruf von Josef Hovenjürgen [CDU]: Doch, ich habe ge- klatscht!)

hat der Abgeordnete Dudas das Wort.

(Andreas Keith [AfD]: Was hat die CDU nicht alles für schäbige Leute in ihrer Partei – von Nazis angefangen über Henker, Richter und andere! Da kommen Sie mit so einer Nummer bei dem Thema!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Das passiert nicht allzu oft, aber ich schließe mich den Ausführungen meines CDUVorredners an.

Die verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenzsystemen ist ein wichtiges Ziel, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer weiter zu steigern; ich glaube, da sind wir uns alle einig. Es wird vermutlich auch niemanden geben, den die Berichte über solche Unfälle nicht erschüttern.

Daher ist es seit Jahren ein wichtiges verkehrspolitisches Ziel, durch Assistenzsysteme die Lkw auf unseren Straßen sicherer zu machen und damit das Leben insbesondere von Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern zu schützen.

Auch wenn diese Technik nicht jeden Unfall verhindern kann, so gehen Experten doch davon aus, dass 40 bis 60 % der entsprechenden Unfälle vermieden werden könnten.

(Nic Peter Vogel [AfD]: Richtig!)

Gleichwohl finde ich es gerade angesichts der Opfer und ihrer Angehörigen mehr als schwierig, diese Zahl wie im vorliegenden Antrag statistisch für die Zukunft hochzurechnen, um damit auf Kosten der Opfer zu instrumentalisieren.

(Zuruf von Nic Peter Vogel [AfD])

Vielmehr ist es wichtig, eine nicht an Ländergrenzen Halt machende, sondern harmonisierte Lösung zu finden.

Die „Aktion Abbiegeassistent“ des Bundesverkehrsministeriums setzt zudem schon seit 2018 erfolgreiche

Anreize, dass unter anderem gewerbliche und öffentlich-rechtlich eingesetzte Fahrzeuge oberhalb von 3,5 t aus- oder auch nachgerüstet werden können.

Daher erwarte ich hierzu eine intensive Diskussion im Ausschuss und hoffe, detaillierte und zielführende Ansätze gerade von der Landesregierung zu erhalten. – Heute danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.