Der Grat ist hier sehr schmal. Die Politik hat eine schwierige Aufgabe, um die uns draußen keiner beneidet. Wir müssen gleichzeitig aufpassen, dass es zu keinem Neuausbruch kommt. Durch eine zweite Welle würde alles zunichtegemacht. Wir müssen aber auch eine schrittweise Öffnung mit guten Konzepten möglich machen.
Die Konzerte mit Tim Bendzko in Leipzig sind ein guter Ansatz, systematisch herauszubekommen, was geht und was nicht. Die Strandkorb-Konzerte in Mönchengladbach sind ein interessanter und wichtiger Ansatz. Aber der Grat ist schmal.
Ich bin sofort fertig. – Beim Schutz von Gesundheit und Leben der Schwächsten auf der einen Seite und bei der Verhinderung gesundheitlicher, sozialer und gesellschaftlicher Schäden durch den Niedergang von Unternehmen und Arbeitsplätzen auf der anderen Seite muss man einen goldenen Mittelweg finden.
Die Kultur ist die Seele der Gesellschaft. Politik, Künstler und Unternehmen haben große Verantwortung, den goldenen Mittelweg zu finden und gemeinsam gegen eine unkontrollierte Ausbreitung von COVID-19 zulasten der Schwächsten in der Gesellschaft und für ein Überleben von Kultur- und Veranstaltungswirtschaft und damit für die seelische Gesundheit
Wir haben mittlerweile die Anmeldung einer Kurzintervention. Frau Lüders, bitte drücken Sie sich ein. Dann bekommen Sie das Wort. Im Anschluss daran haben wir noch einen Antrag zur Geschäftsordnung durch den Kollegen Dahm.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege, ist Ihnen bewusst, dass die Ausgestaltung von Rettungsschirmpaketen nicht bei demjenigen liegt, der das Geld gibt, also beim Bundesfinanzminister, sondern beim Bundeswirtschaftsminister? Meiner Kenntnis nach ist das Herr Altmaier und nicht Herr Scholz.
Doch abgesehen davon haben Sie gerade in epischer Breite Ihren Erkenntnisgewinn über die Not unter anderem der Schausteller dargelegt. Könnten Sie uns bitte noch einmal in den Antragstext unseres Antrags folgen? Dann sehen Sie, dass wir aus dem Rettungsschirm des Landes etwas fordern, also weder die Bundesregierung noch sonst jemand verantwortlich wäre,
Wenn Sie diesen Erkenntnisgewinn haben, dass sie alle Not leiden, warum stimmen Sie dann nicht unserem Antrag zu? Den Antrag haben Sie anscheinend überhaupt nicht gelesen; denn sonst hätten Sie ihn nicht gerade in epischer Breite zu unserem Vorteil begründet und müssten das nur noch umsetzen.
„Epische Breite“ ist ein schönes Stichwort. Vielen Dank für die Fragen in epischer Breite. – Ich wundere mich über Ihren Hinweis in Sachen „Zuständigkeit“. Bei uns hat der örtliche Bundestagsabgeordnete per Pressemitteilung darüber informiert, er habe sich bei Olaf Scholz für eine Änderung des Abrechnungsverfahrens eingesetzt.
Ansonsten kann man sagen: Die Schaustellerbranche hat in Nordrhein-Westfalen von uns die Möglichkeit erhalten, ihre Veranstaltungsformate auf der grünen Wiese hinzubekommen, und die Überbrückungshilfe ist gerade für die Schaustellerbranche ein Segen.
(Lachen von Rainer Schmeltzer [SPD] – Rai- ner Schmeltzer [SPD]: Das ist jetzt eine Frech- heit, Herr Rehbaum! – Zuruf von Christian Dahm [SPD])
Das ist keine Frechheit. Es ist völlig klar, dass das Programm passt. An dieser Stelle sind noch gar keine Zuwendungsbescheide erfolgt. Aber genau dafür war es gedacht. Es gibt die Möglichkeit, dass die Schaustellerbranche arbeiten kann,
und es gibt die Möglichkeit der Überbrückungshilfe. Damit sind wir noch nicht fertig. Wir müssen immer weiter nachschärfen. Wir müssen diese Instrumente üben und besser machen. Aber ich glaube, dass das ein sehr guter Ansatz ist, den wir hier im Land gemeinsam mit dem Bund entwickelt haben. – Danke.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt kommen wir zu dem Antrag des Kollegen Dahm zur Geschäftsordnung. Ich erteile ihm das Wort. Bitte.
Ich halte es aus Respekt vor dem Parlament für wichtig, bei dieser Debatte auch anwesend zu sein, nachdem fast die Hälfte der Debatte schon gelaufen ist. Insofern hat sich der Antrag erledigt.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Das gesellschaftliche Zusammenleben wurde und wird auch und immer wieder auf Volksfesten und Jahrmärkten zelebriert. Die Feste sind Orte des sozialen Miteinanders, identitätsstiftend und integrativ – genauso wie viele andere Festlichkeiten im Großen wie im Kleinen, für die die Veranstaltungsbranche Verantwortung trägt. Es tut weh, aufgrund der Pandemie bisher auf viele solcher Feste verzichten zu müssen, obwohl wir sie alle dringend haben möchten.
Der vorliegende Antrag macht auf diese besonders von der Pandemie betroffene Branche insofern zu Recht aufmerksam. Unsere Städte und Gemeinden sind ohne solche Volksfeste ein Stück ärmer. Sie fehlen ganz besonders bestimmt den Kindern; aber auch wir Erwachsene vermissen sie sehr.
Mit dem Verbot von solchen Festen ist das Schaustellergewerbe besonders in Bedrängnis geraten – ein sehr traditionsreiches Gewerbe, das Lebensfreude, Vergnügen und angenehme Ablenkung vom Alltag in die Städte und Gemeinden gebracht hat. Die Situation in diesem Gewerbe muss ein dringender Appell an uns sein, uns dafür einzusetzen, dass dieses auch kulturell wichtige Erbe erhalten bleibt.
Wir haben hier auf der einen Seite eine ganze Branche, deren Beschäftigte nicht mehr vernünftig ihrem Beruf nachgehen können. Auf der anderen Seite helfen wir aber niemandem nachhaltig, wenn wir fehlende Erträge im Wirtschaftsgeschehen eins zu eins und immer wieder durch Steuergeld ersetzen. So erzeugen wir auch keinen Mehrwert.
Wir sollten nicht den Eindruck erwecken, dass wir dauerhaft mit kollektiven Rettungsschirmen und teilverstaatlichten Unternehmen als neue Normalität eine Situation und ein Gemeinwesen langfristig finanzieren können.
Die Schausteller und die anderen von Ihnen angesprochenen Branchen an den staatlichen Tropf zu hängen und damit ein Stück weit von staatlicher Hilfe abhängig zu machen, widerspricht dem Unabhängigkeits- und Freiheitsgedanken dieser Branche.
Auch wenn Sie sich gerade mitten im Kommunalwahlkampf befinden, Herr Schmeltzer, sollten Sie diesen Themenbereich hier nicht dazu heranziehen und missbrauchen.
Ich weiß gar nicht, ob ich diese Frage jetzt im Wahlkampf überhaupt noch stellen darf, Herr Kollege Bombis.