Protocol of the Session on May 28, 2020

Uns ist es wichtig, dass die Hilfen schnell und zielgerichtet ankommen, weil die Unternehmen in dieser Krise Sicherheit und Orientierung brauchen. Das ist keine ideologische, sondern eine glasklare Haltung, zu der die Sozialdemokraten stehen.

(Beifall von der SPD – Ralph Bombis [FDP]: Aber nicht der Finanzminister! – Regina Kopp- Herr [SPD]: Meine Güte, hören Sie doch mal zu!)

Ich will ein zweites steuerpolitisches Beispiel geben, bei dem es um Sicherheit und Orientierung geht, die gerade mit Füßen getreten werden. Nehmen Sie den Solidaritätsbeitrag: Finanzminister Scholz hat den Vorschlag gemacht, zur Stärkung der Binnenkonjunktur – die wir gerade dringend brauchen – 95 % der Menschen um 10 Milliarden Euro zu entlasten.

Dazu müsste die FDP, die gerade Steuerentlastungen gefordert hat, sagen: Das ist doch ein super Vorschlag. – Die Antwort der FDP aber ist, dass die anderen 3,5 %, die 10 Milliarden Euro einzahlen, auch diese Entlastung bekommen sollten. Das stärkt nicht die Binnenkonjunktur, sondern macht die Reichen nur noch reicher. Das ist mit den Sozialdemokraten hier in diesem Land steuerpolitisch nicht zu machen.

(Beifall von der SPD – Ralph Bombis [FDP]: Was hat das mit Glaubwürdigkeit in der Politik zu tun? – Weitere Zurufe von Ralph Bombis [FDP])

Lieber Kollege Ralph Bombis, bei einem dritten Punkt, mit dem durch diese Koalition Sicherheit und Orientierung in Nordrhein-Westfalen gefährdet werden, steht gar nicht die FDP im Vordergrund: Die Debatten zur Senkung des Mindestlohns

(Zuruf von der CDU)

sind in einer solchen Situation ekelhaft; das will ich ganz deutlich sagen.

(Beifall von der SPD)

Wenn die Binnennachfrage – auch das hat Minister Pinkwart gerade gesagt – angestoßen werden soll, brauchen wir keinen geringeren Mindestlohn, sondern einen höheren Mindestlohn. Deshalb begrüße ich es außerordentlich, dass wir uns klar positionieren und deutschlandweit 12 Euro Mindestlohn durchsetzen wollen.

(Christian Loose [AfD]: Warum 12? Warum nicht 20 oder 30 Euro?)

Sicherheit und Orientierung, Herr Minister, muss es auch geben, wenn wir über Konjunkturprogramme reden. Natürlich debattieren wir das Thema „Wasserstoff“.

Ich bin ein bisschen erschrocken, dass Sie das nur im Rheinischen Revier debattieren wollen. Ich komme aus dem Ruhrgebiet. Wie Sie vielleicht wissen, gibt es neben thyssenkrupp auch noch einige andere großindustrielle Anlagen.

Übrigens sollen dort von den Unternehmen 3 Milliarden Euro investiert werden; damit wird dieses Gebiet die erfolgreichste und attraktivste Region des Landes Nordrhein-Westfalen, weil dort die größten Unternehmensinvestitionen stattfinden werden.

Die Wasserstoffinfrastruktur dort ist aber nicht 2 Jahre und auch nicht 10 Jahre, sondern 90 Jahre alt. Es handelt sich um grauen Wasserstoff.

Wenn Sie etwas Innovatives mit einem Konjunkturprogramm machen wollen, müssen wir gemeinsam auf allen Ebenen fordern, dort zu investieren, wo wir schon stark sind, und daraus grünen Wasserstoff machen, indem man die Elektrolyse befördert. Das sind attraktive Ideen, die wir hier auf den Weg bringen wollen. Dafür brauchen wir eine große Einigkeit, Herr Minister.

(Beifall von der SPD)

Ein zweiter Aspekt war mir schon immer wichtig – auch bei der Verabschiedung des Rettungsschirms von 25 Milliarden Euro. Wir müssen – das haben wir auch in unseren Antrag aufgenommen – endlich wieder in Gesundheit investieren. Die Ökonomisierung der letzten Jahre – Sie wissen das selber am besten, lieber Herr Bombis – müssen wir ein Stück weit zurückfahren.

Deshalb ist es gut und richtig, in das Gesundheitssystem, in Alten- und Pflegeheime, in Krankenhäuser, in die Kliniklandschaft, die wir im Ruhrgebiet und entlang des Rheins haben, wieder richtig zu investieren. Wir müssen dies als volkswirtschaftlichen Bestandteil ernst nehmen und dürfen es nicht als Kostenfaktor sehen, denn dort wird ganz viel Wachstum generiert. Dadurch sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen worden. Das müssen wir zur Stärkung weiter ausbauen.

Auch für diesen Bereich reicht es nicht aus, einmal aufzustehen und zu klatschen. Deshalb wollen wir die Sicherheit und die Orientierung geben, das zielgerichtet für die Zukunft zu tun ist und es auch zu machen.

Dazu habe ich von Ihnen überhaupt nichts gehört. Was Sie hier gesagt haben, war völlig belanglos, Herr Kollege Rehbaum.

Ein drittes für Nordrhein-Westfalen wichtiges Thema ist die Mobilität. Ich sehe es schon kommen, dass der Ministerpräsident hier demnächst freudestrahlend verkündet, im Land Nordrhein-Westfalen seien die Staus kürzer geworden.

Minister Pinkwart wird dann assistieren und sagen: Das hat gar nichts mit Corona zu tun. Wir haben die Autobahnen ganz toll ausgebaut. Deshalb gab es weniger Staus.

Ich will uns nur davor warnen und deutlich machen, dass das nicht so zu betrachten ist. Auch das führt nicht zu mehr Sicherheit und Orientierung. Selbstverständlich muss in den öffentlichen Bereich wie in Straßen investiert werden.

Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, weil Frau Plonsker mit dem Hinweis geschlossen hat, die Kommunen müssten endlich Unternehmer werden: Das ist ja super.

(Zuruf von Romina Plonsker [CDU] – Ralph Bombis [FDP]: Das hat sie gar nicht gesagt!)

Schauen Sie sich doch einmal die Steuerausfälle an, die die Kommunen in Nordrhein-Westfalen jetzt wahrscheinlich zu ertragen haben. Diese Kommunen sollen nun Unternehmer werden? – Sie werden bei der Gewerbesteuer ein Minus von 9, 10 oder 11 Milliarden Euro in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen zu verkraften haben.

Es gibt den Vorschlag eines klugen Finanzministers, dass diese Kommunen gestützt werden müssen. Der Vorschlag lag übrigens auch in der letzten Plenarwoche schon auf dem Tisch. Die Antwort der zuständigen Kommunalministerin lautet allerdings: Ich weiß nicht ganz genau, ob ich dem zustimmen und ob ich so helfen will.

Einen Tagesordnungspunkt später sollen die Kommunen kluge Unternehmer werden – im Rheinischen Revier und auch im Ruhrgebiet. Diese Möglichkeit können Sie ihnen geben.

Dann erwarte ich aber mehr von Ihnen, auch von dem hier im Raum anwesenden Generalsekretär der CDU. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie ein solches Angebot annehmen, damit das realisiert werden kann.

Die Kommunen sind nämlich diejenigen, die als Erste investieren. Diese Nachfrage brauchen wir. Das finden Sie alles in unserem Antrag. Deshalb können Sie ihm gerne zustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Gerade noch rechtzeitig hat es die AfD geschafft, während der Redezeit eine Kurzintervention zu beantragen, weil Herr Hübner ein bisschen überzogen hat. Herr Loose, da

haben Sie aber Schwein gehabt. Bitte schön. Auf geht’s.

Danke schön. – Herr Präsident! Herr Hübner war ja so frei, ein bisschen länger zu sprechen. Am Ende seiner Ausführungen hat er in Abrede gestellt, dass die Kommunen Unternehmer sein sollen. Was machen denn die Kommunen im Ruhrgebiet? Sie kaufen für mehr als 1 Milliarde Euro die STEAG und versenken damit mehrere Hundert Millionen Euro Steuergeld.

Die Kommunen im Ruhrgebiet gründen eine GmbH nach der anderen. Da werden eine WasserWelten GmbH und anderes mehr gegründet, um Ihren Parteikollegen Geschäftsführerposten zu verschaffen.

Die Unternehmen werden in den Kommunen doch schon längst gegründet oder gekauft. Die Kommunen, zumindest die SPD-regierten, zeigen eine nach der anderen, dass sie damit ausschließlich eines machen, nämlich Geld verbrennen, Herr Hübner.

(Beifall von der AfD)

Herr Hübner, Sie haben eine Minute und dreißig Sekunden für die Antwort. Bitte.

Dass Kommunen mit ihrem Engagement in Kommunalversorgungsbereichen richtig liegen, haben sie schon lange bewiesen – übrigens auch das Unternehmen, aus dem Sie nach meiner Kenntnis Ihres Lebenslaufes kommen: RWE ist eine kommunale Gründung –, um die Struktur der Versorgung der Menschen mit Energie zu organisieren, weil es gar keine marktwirtschaftlichen Überlegungen gab, dies auf den Weg zu bringen.

(Christian Loose [AfD]: Sie wissen schon, wo- rum es hier geht?)

Das können Sie nicht negieren. Deshalb ist das wirtschaftliche Engagement der Kommunen in solchen Fragen richtig, um die Daseinsvorsorge für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen zu sichern.

Die Energieversorgung, die Sie gerade angeführt haben, ist das beste Beispiel. Der Wettbewerb – ansonsten sind ja nur vier große Unternehmen in Deutschland tätig – wird erst dadurch erzeugt, dass Kommunen energiewirtschaftlich auf dem Weg sind.

Ich darf an dieser Stelle an das Jahr 2011 erinnern, als wir das energiewirtschaftliche Engagement der Kommunen gestärkt haben. Damit haben wir dafür gesorgt, dass der Wettbewerbsgedanke überhaupt in diesen Marktbereich Einzug gehalten hat.

Dieses Engagement der Kommunen ist richtig, und das bleibt auch so. Ohne Stadtwerke und ohne

unternehmerisches Engagement würden zahlreiche Städte sehr viel trister aussehen.

Die Ergebnisse dieser neoliberalen Fantasien können Sie in Großbritannien und in größeren Teilen von Nordamerika sehen. Das ist das Ergebnis, wenn man die Kommunen kaputtmacht.

Offensichtlich wollen Sie sich daran beteiligen; so habe ich Ihren Wortbeitrag gerade verstanden. Sie wollen die Kommunen kaputtmachen und nicht stärken; das haben wir zur Kenntnis genommen.

(Beifall von der SPD)

Jetzt sind die eine Minute dreißig Sekunden vorbei. Danke schön, Herr Hübner. – Wir rufen den nächsten Redner auf. Nach der mir vorliegenden Liste ist das Herr Becker, der noch eine Minute fünfunddreißig Sekunden Redezeit für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat. Diese Zeit soll er auch nutzen. Sie haben das Wort, Herr Kollege Becker.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal will ich einen Punkt ansprechen, Herr Minister, der uns ausdrücklich eint, nämlich Ihre Replik in Bezug auf Europa. Ich und meine gesamte Fraktion sind ausdrücklich der gleichen Meinung: Wenn wir nicht Europa helfen und nicht alle zusammenhalten, haben wir auch selbst ein großes Problem.