Herr Ministerpräsident Söder sprach sich anlässlich des CSU-Digitalparteitages klar und deutlich für eine Schuldenobergrenze von maximal 100 Milliarden Euro aus, die aber Herr Scholz sofort ablehnte. Zitat Söder: „Wir müssen genau überlegen, welche Maßnahmen sind sinnvoll und welche können wir uns leisten. Deswegen braucht es tatsächlich eine Obergrenze.“
Und der SPD-Antrag? Er folgt dem altbekannten Strickmuster: Verteilen – natürlich mit ideologisch linken Vorgaben –, Kontrolle, und das unter Berücksichtigung von Tariftreue und Mitbestimmung und selbstverständlich im Einvernehmen mit den Gewerkschaften.
Bemerkenswert an dem SPD-Antrag ist: „Wir lehnen das wahllose“ – das ist auch heute schon gesagt worden – „und flächendeckende Ausgießen von Steuergeldern ab.“ Auf den nächsten gut drei Seiten geschieht aber genau das: Die SPD möchte wahllos und flächendeckend Steuergelder rauspulvern, am liebsten natürlich mit der Gießkanne über die vermeintlich eigene Wählerschaft.
Im SPD-Antrag stellen Sie einige Forderungen auf, ohne diese zu konkretisieren. Uns würden Sie an dieser Stelle einen handwerklich schlecht gemacht Antrag vorhalten. Das schaffen Sie aber auch. Wir lehnen beide Anträge ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Strotebeck. – Als nächster Redner hat nun für die Landesregierung Herr Minister Professor Dr. Pinkwart das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute die beiden Anträge, den der Fraktionen von CDU und FDP sowie den der SPD, im Kontext einer außergewöhnlich schwierigen wirtschaftlichen Situation für Nordrhein-Westfalen, für die Bundesrepublik Deutschland, für Europa und weltweit. Wir müssen leider im Moment sagen, dass wir das wahre Ausmaß der Krise noch gar nicht abschätzen können. Auch wenn wir ganz ehrlich sind, wissen wir nicht, wie die Welt aus dieser Krise wieder herausfinden kann.
Wir haben Erfahrung im Umgang mit Krisen. Die letzte war die Finanzkrise. Aber diese ist – und das ist auch schon angesprochen worden – in vielerlei Hinsicht anders als die Finanzkrise. Sie ist viel weitreichender, und sie ergreift vor allen Dingen auch das Rückgrat gerade unserer Gesellschaft hier in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland, nämlich die kleinen und mittleren Betriebe, den Mittelstand, und damit Millionen von Arbeitsplätzen. Wir müssen alles dafür tun, dass dieses Rückgrat über diese Krise weiterhin trägt und nicht zerbricht. Das halte ich für die Kernvoraussetzung, wenn wir die Krise in vernünftiger Weise überstehen wollen.
Natürlich kann man viele Maßnahmen vornehmen. Wir sind dankbar für den Antrag von CDU und FDP. Wir sind auch dankbar für einzelne Forderungen im SPD-Antrag. Aber ich will auch hier sagen: Es kann nicht darum gehen, unsere Parteiprogramme einfach abzuschreiben und eine Art Wünsch-dir-was-Konzert zu machen. Das haben weder CDU noch FDP in ihren Anträgen noch hat das die Landesregierung mit ihren zehn Impulsen gemacht. Vielmehr müssen wir uns sehr konkret mit der derzeitigen Situation und damit auseinandersetzen, welche Antwort wir darauf geben können.
Herr Sundermann, wir haben uns nicht mal eben hingesetzt und irgendwelche beliebigen Forderungen aufgeschrieben, sondern wir haben zunächst den
ökonomischen Sachverstand befragt. Das RWI und das IW in Nordrhein-Westfalen, die Präsidenten mit ihren Mitarbeitern, haben ein Gutachten erstellt – das können Sie nachlesen; das steht öffentlich zur Verfügung – und uns Empfehlungen gegeben, wo man sinnvollerweise jetzt ansetzen und tätig werden könnte.
Auf der Grundlage haben wir die zehn Impulse entwickelt und vorgestellt. Es ist kein Konjunktur- und Wachstumsprogramm für Nordrhein-Westfalen. Wir haben uns vorbehalten, das dann vorzulegen, wenn der Bund seine Maßnahmen der Öffentlichkeit vorstellt. Dann werden wir passgenau auf die zehn Impulse für Nordrhein-Westfalen aufsetzen und ein Konjunktur- und Wachstumsprogramm vorlegen. Darin fließen natürlich die vorliegenden wichtigen Anregungen mit ein.
Aber wir müssen es mit Sinn und Verstand machen. Wir müssen uns sehr gut überlegen, wofür wir das Geld einsetzen, denn wir können es nur einmal ausgeben.
Wir werden sehr viel Geld in die Hand nehmen müssen – das ist unabweisbar –, um sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite die richtigen Impulse zu setzen. Das Sondervermögen in Nordrhein-Westfalen, 25 Milliarden Euro, 3,5 % des BIP, soll auf 50 Jahre verteilt getilgt werden. Das heißt, unsere Kinder und Enkelkinder werden das mit zurückzuzahlen haben.
Deswegen wollen wir für Nordrhein-Westfalen und für Deutschland erreichen: Wenn kostbares Geld in die Hand genommen wird, dann sollte es wo immer möglich kurzfristig helfen, damit wir wieder Fahrt aufnehmen können, aber vor allen Dingen auch nachhaltig wirksam sein. Das muss die Messlatte sein.
Das Entscheidende wird sein – das bitte ich zu bedenken –, dass wir im globalen Wettbewerb auch Sorge dafür tragen, dass die notwendigen Investitionen am Standort Nordrhein-Westfalen oder Deutschland nachhaltig stattfinden können, dass wir für Investitionen hinreichend attraktiv bleiben. Investitionen werden der knappe Faktor sein, denn diese Krise vernichtet unglaublich viel Kapital in den Unternehmen, weil sie jetzt enorme Umsatzeinbrüche haben und Verluste schreiben müssen.
Dies muss in Zukunft erst wieder verdient werden. Wir können steuerliche Rahmenbedingungen so setzen, damit es erleichtert wird. Dafür schlagen wir Verlustrückträge, -vorträge und andere ertragsbegünstigende Maßnahmen bei Abschreibungen oder FuEFörderung vor, damit wir den Unternehmen die Möglichkeit geben, sich in Zukunft über Innovation zu differenzieren und die höheren Löhne und Sozial
Machen wir uns aber keine Illusionen: Wir haben zig Millionen Arbeitslose in China, in den USA, in anderen Ländern. Die Ökonomien insgesamt müssen wieder Fahrt aufnehmen. Die Standorte werden um den knapperen Faktor Investitionskapital konkurrieren müssen. Deswegen müssen wir auch in dieser Krise unsere Hausaufgaben machen. Wir blicken in Deutschland auf gute Jahre zurück, aber die guten Jahre haben uns als Politik eher dazu verleitet, uns immer wieder was Neues, Schönes zu wünschen, statt zu fragen, wie wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Das muss wieder ein Thema für Deutschland werden, auch für Nordrhein-Westfalen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Sundermann sagt, es gab eine Seitwärtsentwicklung. Ja klar, das war für Deutschland eine Seitwärtsentwicklung, und es gab bereits in 2019 Einbrüche; das ist völlig richtig. Wir hatten eher die Erwartung, es ginge 2020 wieder leicht hoch. Der erste und der zweite Monat waren ja gar nicht schlecht. Aber dann kam die Krise mit ihren negativen Auswirkungen.
Eines will ich für uns in Anspruch nehmen: Ich empfehle Ihnen sehr das Gutachten der Institute. Da können Sie nämlich mal sehen, wie hoch in NordrheinWestfalen das jährliche durchschnittliche Wachstum für das verarbeitende Gewerbe war. Zwischen 2010 und 2017 lag es bei minus 1,7 %, zwischen 2017 und 2020 bei plus 0,1 % pro Jahr im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Das Jahr 2018 ist seit zehn Jahren das erste Jahr, in dem das BIP-Wachstum in Nordrhein-Westfalen wieder über dem Bundesdurchschnitt lag. Das wollen wir uns als Koalition und als Landesregierung nicht alles gutschreiben, aber wenn Sie uns vorhalten, wir hätten hier nichts bewirkt, dann müssen Sie uns Zahlen vorlegen können, die das beweisen. Ich sehe die jedenfalls nicht.
Herr Becker, Sie haben auf Herrn Papke und die damalige Koalition hingewiesen. Als wir damals angetreten sind – ich kann mich noch sehr gut daran erinnern –, lag die Neuverschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen bei 6,6 Milliarden Euro. Das war die Neuverschuldung im Jahr 2005.
Vor der Finanzkrise im Jahr 2008 lag die Neuverschuldung bei 1,1 Milliarden Euro. Die damalige Landesregierung hat das Land so weit wieder fit gemacht, dass wir der Finanzkrise einigermaßen gewachsen waren.
Genauso haben wir auch in den letzten drei Jahren hier wichtige Weichen gestellt, um die Wirtschaft und
die Umwelt wieder miteinander zu versöhnen und nicht gegeneinander auszuspielen, damit der Standort Nordrhein-Westfalen für die Unternehmen wieder ein guter Investitionsstandort ist. Diese Vorarbeiten müssen wir jetzt fortsetzen, damit dieses Land eine Chance hat, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Herr Minister, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Klocke.
Danke, Frau Präsidentin. – Danke, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Herr Minister, können Sie aus Ihrer Erinnerung das Plenum und die Zuhörerinnen und Zuhörer darüber informieren, wie der Schuldenstand des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 war, als Sie damals als schwarz-gelbe Landesregierung abgetreten sind und Sie als Minister Nordrhein-Westfalen verlassen haben und nach Leipzig gewechselt sind?
Also, wie war der Schuldenstand im Jahre 2010, und wie war der Schuldenstand des Landes NordrheinWestfalen im Jahre 2017, als Rot-Grün abgewählt wurde, als Sie die Landesregierung wieder übernommen haben? Beide Zahlen würden, glaube ich, nicht nur mich, sondern auch zahlreiche Anwesende, darunter auch den Kollegen Bombis, sehr interessieren: Schuldenstand des Landes Nordrhein-Westfalen 2010 und Schuldenstand 2017 bei der Nettoneuverschuldung.
Das kann ich Ihnen sehr gerne sagen, wenn Sie mich jetzt nicht auf jede Nachkommastelle festlegen, weil ich es extemporiere. Wir hatten 2010 eine Neuverschuldung von etwa 4,5 Milliarden Euro.
Nein, nein, das können wir gerne einmal nachlesen. 6,6 Milliarden waren es 2005. Bedingt durch die Finanzkrise 2009/2010 …
Moment! Es ist doch so, Herr Klocke – da sitzt KarlJosef Laumann; er kann sich nicht nur daran erinnern, sondern war mitverantwortlich, auch der Finanzminister –:
Wir mussten damals doch alleine 15.000 Stellen in der Landesverwaltung umorganisieren; da gab es auch Betroffenheiten. Wir haben versucht, das so sozialverträglich wie möglich zu organisieren, aber wir haben der Landesverwaltung damals viel zumuten müssen, um diesen Haushalt im Kern wieder in Ordnung zu bringen.
Das hat geholfen, denn die Neuverschuldung ist vor der Krise deutlich zurückgegangen. Darüber hinaus haben wir für Sie die Vorarbeiten geleistet, damit man die Konsolidierung des Landeshaushalts weiter vorantreiben konnte.
(Beifall von der CDU und der FDP – Michael Hübner [SPD]: Ihr habt ja keine Polizisten mehr eingestellt!)
Herr Klocke, nicht dass Sie jetzt meinen, wie schwunghaft Sie das vorangetrieben hätten. Fakt ist, dass der erste Haushalt …