Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Die SPD, aber auch die anderen Parteien sind Parteien der internationalen Solidarität. Wann, wenn nicht jetzt, ist diese Solidarität angezeigt
Ihnen bricht im Moment Ihr Thema weg. Sie merken ganz deutlich, dass Sie in der politischen Debatte keine Rolle spielen.
Darum geht es Ihnen. Sie versuchen, ein Thema zu setzen, das kein Thema ist. Das wird Ihnen nicht gelingen.
Ich kann Ihnen sagen, Kolleginnen und Kollegen: Was wir in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik, aber auch in Europa brauchen, ist gerade jetzt in dieser sehr schwierigen Zeit Solidarität untereinander. Was wir nicht brauchen, sind Anträge wie dieser Antrag von Ihnen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Yetim. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Kollege Lenzen das Wort. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon einiges über die Zustände erfahren, die in diesen Flüchtlingslagern in Griechenland herrschen. Man könnte kurz und knapp sagen: Es ist katastrophal und unmenschlich, wenn in den Camps in Summe 36.000 Menschen leben, während sie nur für 6.000 ausgelegt sind. Wir haben von meinen Vorrednern schon verschiedene Zahlen zu einzelnen Camps gehört.
Dass man gefährdete Personen – an der Zahl 2.380 – auf das griechische Festland verlegt, ist logisch und kann auch nur der Anfang sein. Ich halte eine solche Evakuierung aus humanitären Gründen für geboten, gerade von kranken und unbegleiteten Kindern.
Bleiben wir bei den Fakten: Die Bundesregierung hat im April dieses Jahres entschieden, 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Am 18. April 2020 kamen 47 in Deutschland an. Sie sind natürlich erst einmal in Quarantäne gekommen, zumindest in NRW, wo es sich um genau 2 handelte. Nach dem Königsteiner Schlüssel hätte man uns bei 47 Ankömmlingen 9 Kinder zuweisen müssen.
Dass das nur ein erster Schritt sein kann und dass die Bundesregierung in dieser Hinsicht auch einmal für Klarheit sorgen muss, habe ich bereits heraushört. Das haben auch meine Vorredner so gesehen, egal ob sie einer Fraktion angehören, die im Bund regiert, oder nicht. Zumindest für die hier anwesenden demokratischen Fraktionen kann man wohl festhalten, dass wir da Klarheit brauchen. Dass die Bundesregierung sich nicht weiterhin in Schweigen hüllen kann, ist auch klar.
Natürlich kann Bundesinnenminister Seehofer auf 47 Kinder auch nicht stolz sein. Es war geboten, sie aus diesen miserablen Zuständen zu holen. Man könnte auch sagen: Wenn es dabei bliebe, wäre das ein Armutszeugnis.
Deswegen bin ich froh darüber und unserem Kinder- und Flüchtlingsminister Joachim Stamp dankbar dafür, dass er sich in dieser Hinsicht sehr früh und eindeutig positioniert hat und wir als NRW unserer Verantwortung gerecht werden. Wir werden uns auch nicht davonstehlen und in dieser Hinsicht Verantwortung übernehmen. Würden wir dies nicht tun, hätten wir einen Grund, uns zu schämen.
Eigentlich war es unter vier Fraktionen Konsens, dass wir unbegleitete minderjährige Kinder unter 14 Jahren und ernsthaft erkrankte Kinder mit ihren Eltern in einem geordneten Verfahren unter Beteiligung der entsprechenden EU-Mitgliedsstaaten evakuieren.
Ich war gerade doch etwas irritiert, als die Kollegin Walger-Demolsky allen Ernstes sagte: Ja, Herr Stamp, holen Sie kranke Kinder und ihre Familien nach NRW. – Ich weiß nicht, wer Ihnen das abkaufen soll. Da sprechen Sie weder für Ihre Fraktion noch für Ihre Partei.
Es lohnt sich ein Blick auf den Titel Ihres Antrags. Darin steht zum Beispiel: „Die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Migranten aus Griechenland ist sofort einzustellen“. Allein diese Überschrift widerspricht doch Ihren Ausführungen von gerade.
Ich glaube, dass niemand – weder die hier Anwesenden noch jemand draußen – Ihnen diese Aussage abkauft.
Bei so unwürdigen und unhygienischen Zuständen in diesen Camps ist doch klar, dass Hilfe benötigt wird, gerade in Zeiten des Coronavirus. Man stelle sich nur einmal vor, was in den überfüllten Lagern passiert, wenn dort das Virus ausbricht. Ich will mir die Folgen in Bezug auf vorerkrankte Menschen und kleine Kinder nicht ausmalen.
Da brauchen wir auch – und das ist wichtig – eine europäische Lösung. Wir dürfen nicht in die Kleinstaaterei zurückfallen und dürfen die europäische Solidarität, die auch mein Vorredner noch einmal ansprach,
nicht vergessen. Wenn Griechenland das nicht alleine hinbekommt, müssen wir die Griechen bei der Registrierung und bei der Bearbeitung der Anträge unterstützen. Wer schutzberechtigt ist, sollte auf die
europäischen Länder verteilt werden. Und damit das klar ist: Wer nicht schutzberechtigt ist, muss natürlich auch zurück.
Logisch: Das Coronavirus und dessen Bekämpfung bindet wirklich viele Kräfte. Wir sehen ja im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben, dass das alles nicht einfach ist. Mir als Heinsberger Abgeordnetem muss das bestimmt niemand erklären.
Die Worte „Verantwortung“ und „Solidarität“ haben eine viel größere Bedeutung – nicht nur in guten Zeiten. Gerade in Krisenzeiten sind Verantwortung und Solidarität wichtig und gefragt. Hier zeigt sich der wahre Charakter eines Menschen, eines Landes oder einer Fraktion.
NRW und seine Menschen, unsere Städte und Gemeinden und die demokratischen Fraktionen zeigen Verantwortung und Solidarität. Darauf können wir stolz sein, und dabei sollte es auch bleiben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lenzen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Kollegin Schäffer das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der hier vorliegende Antrag ist mal wieder ein typischer Antrag der AfD-Fraktion. Er zeigt, wofür die AfD steht, und zwar für nationalistische Abschottung statt einer Flüchtlingspolitik, die sich an Humanität und Menschenrechten orientiert.
Die Lage in den griechischen Flüchtlingslagern ist schon seit Langem katastrophal, auch ohne Coronakrise. Eine ausreichende medizinische Versorgung der Geflüchteten in den griechischen Lagern war schon vor Corona nicht gegeben. Jetzt kommt die Gefahr durch dieses Virus noch hinzu.
Während wir in Deutschland über Hygieneregeln reden, wie regelmäßiges und gründliches Händewaschen oder Abstandhalten, um das Infektionsrisiko zu senken, besteht dazu in diesen Camps überhaupt keine Möglichkeit. Es gibt keine ausreichende Versorgung mit fließendem Wasser – ganz abgesehen davon, dass man diesen überfüllten Camps überhaupt nicht richtig Abstand halten kann.
Wir Grüne haben schon seit Langem auf diese Probleme in den Lagern hingewiesen. Ich will noch einmal betonen, dass diese wirklich katastrophalen Zu
stände mehrere Gruppen besonders schutzbedürftiger Menschen betreffen: schwangere Frauen, Menschen mit Behinderung und über 5.300 unbegleitete Minderjährige.
Es gibt den Beschluss der Großen Koalition, insgesamt 1.000 bis 1.500 unbegleitete Minderjährige aus diesen griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Das bleibt hinter unseren Erwartungen und auch hinter den Erwartungen, die viele Organisationen – von Kirchen bis hin zu Flüchtlingsorganisationen – geäußert haben, zurück.
Die Hilfs- und Aufnahmebereitschaft der Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist aus meiner Sicht auch wesentlich größer als das, was die Große Koalition in Berlin beschlossen hat.
Aber immerhin: Vor einer Woche sind die ersten 47 Minderjährigen in Deutschland gelandet. Ich muss Ihnen jedoch ehrlich sagen, dass mich der AfD-Antrag an dieser Stelle einfach nur fassungslos macht. Da kann ich mich Ibo Yetim wirklich anschließen. Davon zu sprechen, dass die Öffentlichkeit getäuscht worden sei, weil keine – Zitat – „kleinen, hilfsbedürftigen Mädchen“ gekommen seien, sondern zu einem Großteil Jungen … Ich muss Ihnen ganz klar sagen, dass Kinderrechte sowohl für Mädchen als auch für Jungen gelten und auch Jungen schutzbedürftig sein können.
Wir wollen, dass diese Kinder eine Zukunft bekommen. Wir Grüne haben im März 2020 einen Antrag in den Landtag eingebracht, der hier leider keine Mehrheit gefunden hat. Natürlich bleiben wir aber bei unseren Forderungen, die wir darin aufgestellt haben. Aus unserer Sicht muss es ein bundesweites Aufnahmeprogramm geben, und es muss ein bestimmtes Kontingent vornehmlich für unbegleitete minderjährige Schutzbedürftige, aber auch für weitere schutzbedürftige Personengruppen aus Griechenland in NRW geben.
Der Antrag der AfD-Fraktion ist, ehrlich gesagt, einfach nur schäbig. Wir reden über Kinder. Dass Sie noch nicht einmal Kindern eine Chance geben wollen, der katastrophalen Situation in den Flüchtlingslagern zu entkommen,