Protocol of the Session on March 11, 2020

Zweitens – damit möchte ich schließen – ist die Digitalisierung nicht nur Selbstzweck und Nabelschau der öffentlichen Hand, sondern hat einen ganz klaren Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, für die Unternehmen, für den Mittelstand, für alle, die im Land Nordrhein-Westfalen Politik machen.

Meine Damen und Herren, ich danke für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Debatte im Ausschuss und ein spannendes Gesetzgebungsverfahren. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte-Richter.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Was hat uns diese Landesregierung nicht alles versprochen? Was hat uns diese Koalition nicht alles versprochen? – Digital first, alles schneller, alles früher, alles höher, alles weiter.

Was ist dabei herausgekommen? – Wenn wir uns diesen Gesetzentwurf und das Verfahren angucken, dann sehen wir erst einmal drei Jahre Aufschieberitis. Sie legen einen Gesetzentwurf vor, der nichts anderes ist als ein digitalpolitischer Offenbarungseid. Herr Pinkwart und diese Koalition sind als vermeintliche Chefdigitalisierer gestartet und heute, drei Jahre später, sind sie mit diesem E-Government-Gesetz als Digitalisierungsverschieber gelandet.

(Zuruf von Florian Braun [CDU])

Meine Damen und Herren, Sie berufen sich auf Estland. Dort spart jede Bürgerin pro Jahr eine Woche Zeit durch intelligente digitale Verwaltungsdienstleistungen. Inzwischen sind die in Estland sogar schon wieder weiter. Nicht mehr die Bürgerinnen müssen der Verwaltung sagen, welche Leistungen sie gerne hätten, sondern die Verwaltung kann auf Basis von künstlicher Intelligenz von sich aus den Bürgerinnen und Bürgern ihre Dienste anbieten. Also da sind die einfach schon viel weiter als das, was hier in diesem Gesetz steht. Sie sind meilenweit davon entfernt.

Sie sind auch meilenweit von Ihren eigenen Ansprüchen entfernt. Das Wirtschaftsministerium soll Ihre papierlose Modellbehörde – so ähnlich lautet der Begriff – sein. Wir haben mal nachgefragt, was das eigentlich heißt. „Papierloses Ministerium“ heißt bei Schwarz-Gelb 3.700 Seiten Papierverbrauch im Jahr, und zwar pro Mitarbeiterin. Meine Damen und Herren, das ist nicht digital, das ist die Zeit von Wartemarke, Amtsstubenmief und Faxgerät.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ein Ankündigungsminister wie Herr Pinkwart macht noch keine Digitalisierung. Es waren zahlreiche Ankündigungen, die wir bis zum heutigen Tag gehört haben. Am 4. Oktober 2018 wurde das E-Government-Gesetz für Ende 2018 angekündigt, am 20. Dezember 2018 dann für das erste Quartal 2019. Das war dann vorbei. Am 29. Mai 2019 ist es für vor der Sommerpause angekündigt worden. Dann wurde es in der Sommerpause für Ende 2019 angekündigt. Jetzt kommen Sie drei Monate später mit diesem Gesetzentwurf um die Ecke. Das grenzt doch schon an Arbeitsverweigerung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist ja nicht einmal etwas Gescheites dabei herausgekommen trotz dieser ganzen Zeit, die Sie verdaddelt haben. Bei der Einführung der elektronischen Aktenführung hakt es. Das haben Sie selber im Bericht an den Ausschuss zugegeben. Sie schreiben es auch in dieses Gesetz. Sie wollen Behörden von

2022 bis 2024 zusätzlich zwei Jahre Zeit geben. Das Innenministerium kriegt einfach mal pauschal zwei Jahre Digitalisierungsferien. Das Digitalste an Herrn Reul ist weiter der Staatstrojaner.

Meine Damen und Herren, Sie kommen auch bei Open Data nicht voran. Sie legen in Ihrem Gesetzentwurf explizit fest, dass es keinen Rechtsanspruch auf offene Daten gibt. Es ist ein absurder Etikettenschwindel, dass man das dann als Open Data bezeichnet und das darüber schreibt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir uns den einzigen Fortschritt in diesem Gesetzentwurf angucken, die elektronische Prozessoptimierung auf 2025 vorzuziehen – das ist ja ein tolles Ziel –,

(Florian Braun [CDU]: Was ist denn Ihr Ziel?)

muss man sich doch fragen: Was stellen Sie dafür bereit? Welche Möglichkeiten stellen Sie bereit, um das hinzukriegen? Wenn man sich die ganzen Probleme – das sind hausgemachte Probleme bei der EAkte – anschaut, wird das doch nichts anderes sein als ein frommer Wunsch, der vielleicht über den nächsten Wahltermin trägt, aber doch nicht ins digitale Zeitalter für die Verwaltung.

Die Probleme sind alle hausgemacht. Sie haben es selbst geschrieben. Geld- und Ressourcenmangel hindern Sie an der Einführung der elektronischen Akte.

Aber wer ist denn für diesen Geld-, Ressourcen- und Personalmangel eigentlich verantwortlich? Ein Landeshaushalt mit Geld-, Ressourcen- und Personalmangel fällt doch nicht einfach vom Himmel, sondern das wird zwischen den Häusern und der Staatskanzlei abgestimmt, und wer sich durchsetzt, der kriegt Personal, und der kriegt Ressourcen. Aber Sie haben sich offensichtlich nicht durchgesetzt mit der digitalen Verwaltung. Das sieht man auch an diesem Gesetzentwurf.

Wenn man sich dann auch noch die Änderungen bei der E-Akte, bei Open Data und Prozessoptimierung anguckt, dass das alles weiterhin auf die Landesbehörden beschränkt bleibt, dann sehen wir auch da ein eklatantes Versagen. Denn natürlich findet ein Großteil der Kontakte zwischen Bürgern und Verwaltung und Wirtschaft auf kommunaler Ebene statt. Sie bleiben da im Zeitalter der Flickenteppiche aus Modellprojekten und von hier einer Modellkommune und dort einer Modellkommune.

Aber wir bräuchten eine flächendeckende Lösung. Wir brauchen Mut und Entschlossenheit bei der Digitalisierung. Aber Schwarz-Gelb liefert Abwarten und Teetrinken. Wir brauchen digitale Verwaltung nicht als Kostensparmodell, sondern als einen Weg, wie wir öffentliche Verwaltung besser, agiler und bürger

näher hinbekommen. Da bringt uns dieser Gesetzentwurf nicht voran. Nutzen Sie die Zeit. Nutzen Sie das Verfahren, um das noch zu ändern. Dann kommen wir vielleicht noch voran. Aber, ehrlich gesagt, nachdem Sie drei Jahre haben ins Land gehen lassen, ohne substanziell etwas vorzulegen, setze ich keine große Hoffnung in diese Regierung. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Bolte-Richter. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Tritschler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommunizieren über das Internet. Wir hören dort Musik, wir schauen Filme. Ja, wir machen dort Politik. Wir kaufen dort immer mehr ein, vom Gemüse bis zum Gebrauchtwagen. Nur wenn wir einen Wagen zulassen wollen, stellen wir uns weiterhin in eine Schlange. Gut, vielleicht können wir vorher online bei der Zulassungsstelle einen Termin machen. Vielleicht würde das irgendwie funktionieren. Aber hinfahren müssen wir dann doch.

Dass es anders gehen kann und auch geht, zeigen uns die Nachbarländer, nicht nur das sprichwörtliche Estonia. Sie zeigen uns, dass man im E-Government schon deutlich weiter sein kann. Nach einer Studie von Eurostat vom Januar dieses Jahres interagierten im Jahr 2019 92 % der Dänen und 81 % der Niederländer, aber nur 59 % der Deutschen online mit ihrer Verwaltung. Über die Breite des Angebots ist damit noch gar nichts gesagt; denn würde man die Finanzbehörden hier weglassen, sähe das Bild noch wesentlich trüber aus.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist in diesem Bereich ein neuerlicher kleiner Schritt in die richtige Richtung. Er weitet vor allem den Geltungsbereich auf fast alle Bereiche der Landesverwaltung aus, insbesondere auf die Hochschulen, wo das schon aufgrund der eher jungen und internetaffinen betroffenen Bürger mehr als sinnvoll erscheint.

Auch werden die dringend notwendigen Anforderungen für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes geschaffen. Das OZG schreibt vor, dass bis Ende 2022 575 Behördendienstleistungen online zugänglich sein müssen. Das war schon bei Verabschiedung des Gesetzes ein sehr ambitioniertes Vorhaben. Schaut man sich allerdings heute, 33 Monate vor dem Stichtag den Umsetzungsstand an, kommen einem ernsthafte Zweifel an der Realisierbarkeit.

Die Landesregierung schließt hier nun einige Lücken. Das wird aber kaum etwas daran ändern; denn 75 % der Verwaltungsinteraktionen finden mit Kommunalbehörden statt. Das Land spielt da eher eine

untergeordnete Rolle. Kreise, Städte und Gemeinden sind aber häufig mit der Digitalisierung hoffnungslos überfordert. Man mag da zuerst an das platte Land denken. Aber auch in meiner Heimatstadt Köln, immerhin der größten Kommune des Landes, beschränkt sich digitale Verwaltung in der Regel auf herunterladbare Formulare zum Ausdrucken.

Voraussetzung für eine digitale Verwaltung und die Verwirklichung der damit verbundenen Einsparpotenziale ist aber noch ein ganz anderer Faktor: die Akzeptanz aufseiten der Bürger.

Und dafür wiederum sind zwei Dinge entscheidend: einerseits die Nutzerfreundlichkeit der Angebote und andererseits die Sicherheit und das damit verbundene Vertrauen in die neue Technik. Nutzerfreundlich ist es beispielsweise nicht, wenn die Bürger bei allen möglichen Behörden individuelle Benutzerkonten benötigen und jeweils einzeln dort ihre Daten hinterlegen müssen.

Vielversprechend erscheint da der Ansatz des Servicekonto.NRW, von wo aus eine Vielzahl von Verwaltungsdienstleistungen bei unterschiedlichen Behörden nach dem Once-Only-Prinzip gebündelt werden können. Hier werden an einer Stelle alle relevanten Daten gesammelt.

Damit verbunden ist unter Datenschutzgesichtspunkten natürlich auch ein großes Risiko. Böswillige brauchen dann nur einen Zugang zu knacken und haben unter Umständen eine große Fülle an Informationen über den betroffenen Bürger. Es wird also unumgänglich sein, diese Daten besonders intensiv zu schützen, womit natürlich auf der anderen Seite wieder Einbußen bei der Nutzerfreundlichkeit einhergehen.

Das Thema E-Government und seine Umsetzung wird uns also sicher noch einige Jahre beschäftigen. Der Entwurf der Landesregierung ist da ein Schritt in die richtige Richtung, den wir gerne im Ausschuss beraten werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Tritschler. – Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 12.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/8795 , über den wir gerade debattiert haben, an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation. Der bekommt die Federführung, und es soll drei mitberatende Ausschüsse geben, nämlich den Innenausschuss, den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen sowie den Wissenschaftsausschuss. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? – Sich enthalten? – Beides war nicht der Fall. Dann haben wir so überwiesen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

13 Der Dortmunder Hafen braucht eine nachhal

tige Zukunftsperspektive! – Die Landesregierung muss den Bau einer zweiten Schleuse gegenüber dem Bundesverkehrsminister mit Nachdruck einfordern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/8782

Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Jahl das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um das Thema: Binnenschifffahrt stärken, Wasserwege leistungsfähig erhalten. Die Landesregierung muss den Bau einer zweiten Schleuse für den Dortmunder Hafen mit Nachdruck gegenüber dem Bundesverkehrsminister einfordern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Thematik ist Ihnen bekannt, da Anträge mit ähnlichem Inhalt in diesem Hohen Hause schon im Juli und November letzten Jahres debattiert wurden.

Die erneute Dringlichkeit dieser Thematik ergibt sich aus folgendem Grund: In einem gemeinsamen Änderungsantrag vom November letzten Jahres einigten sich die Fraktionen von CDU, SPD und FDP darauf, die Binnenschifffahrt in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Anlass hierfür war eine Anhörung von Sachverständigen im Verkehrsausschuss, die einstimmig dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich der Wasserwege geäußert haben und auch die besondere Problemlage des Dortmunder Hafens betonten.

So bildet die dortige Schleuse den einzigen Zugang zu Europas größtem Kanalhafen. Aus gutem Grund gab es zwischen 1914 und 2005 parallele Schleusungsmöglichkeiten. Zu dieser Sicherheitsredundanz müssen wir wieder zurück. Aus besagtem Grund resultierte lediglich die Zielsetzung, die Sperrzeiten an der Schleuse Henrichenburg nach Möglichkeit zu minimieren. Jedoch kann dies keine dauerhafte Lösung sein. Darauf hat auch mein Fraktionskollege Carsten Löcker im Plenum im November letzten Jahres ausdrücklich hingewiesen.

Übrigens bleibt der Bau einer zweiten Schleuse in Henrichenburg richtig und wichtig. Dortmunds Hafen ist unverzichtbare Logistikdrehscheibe für das östliche Ruhrgebiet.

(Beifall von der SPD und Arndt Klocke [GRÜNE])

Für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit in der Region benötigt diese eine Anbindung an die