Ein wichtiger Punkt, Herr Minister, ist die Frage: Wer ist am meisten zu schützen? Wir teilen ausdrücklich die Forderung, dass die sogenannten vulnerablen Gruppen zu schützen sind. Da müssen wir in den nächsten Tagen über die Maßnahmen reden. Dass wir das tun müssen, ist das eine, wie es funktioniert, das andere.
Die Empfehlung: „Bringt das Kind nicht zur Oma“, mag abstrakt relativ praktikabel erscheinen, konkret nicht unbedingt. Wenn das Kind betreut werden muss, dann ist das zu regeln. Sie haben es in Ihrem Beitrag angesprochen, aber dazu müssen wir noch etwas liefern. Ich habe jetzt auch kein Rezept dafür,
Ein zweiter Punkt ist mir wichtig. Es geht um das medizinische Personal. Ich weiß, dass Sie Abfragen in den Krankenhäusern machen, was die Frage der Intensivmedizin, der Gerätemedizin betrifft. Wir haben Gott sei Dank eine sehr gute Ausstattung in den Krankenhäusern. Aber wir brauchen auch das Fachpersonal dazu.
(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales: Das kann ich auch nicht herbeizaubern!)
Wir müssen den Krankenhäusern die Sorge nehmen, dass nur das eine gemacht wird und das andere nicht. Ein Vorschlag, Herr Minister, wäre, in dem Zusammenhang klar zu signalisieren: Wir, die öffentliche Hand, wären im Zweifel auch bereit, vorübergehend einen Fonds aufzulegen, der in der Lage ist, intensivmedizinisches Personal zusätzlich zu finanzieren, um bei Corona im Zweifel aus der Finanzierungsstruktur der DRGs rauszukommen. Dann können wir sagen: Macht euch keine Sorgen, wir werden das lösen.
Wir müssen jetzt keine Beträge nennen. Aber ich finde, das Land muss sehr klar signalisieren: Wir sind bereit, im Zweifel bei der Testung, beim öffentlichen Gesundheitsdienst, bei der Beratung, bei der Kommunikation als große schützende Hand vor euch oder hinter euch zu stehen und diese Strukturen zu ermöglichen. Was im Einzelnen passiert, darüber werden wir in den nächsten Tagen diskutieren. Das wäre ein Vorschlag meiner Fraktion, Herr Minister.
Ich möchte aber auch noch auf einen anderen Bereich zu sprechen kommen, weil hier nicht nur das Thema „Schutz“ ansteht, sondern auch das Thema „Wirtschaft“. Einig sind wir uns in der Frage, dass Messen, Großveranstaltungen und andere Geschichten jetzt in besonderer Weise betroffen sind. Es ist sicherlich vernünftig, über Kurzarbeitergeld zu reden.
Quasi aus jeder Ecke höre ich aber aus dem Bundestag reflexartig weitere Dinge. Die FDP – und auch die SPD erstaunlicherweise – kommt mit einer rückwirkenden Senkung des Solidaritätsbeitrages. Andere kommen mit Konjunkturprogrammen um die Ecke, die sie schon vor zehn Jahren vorgestellt haben. Wahrscheinlich will die Automobilindustrie auch noch Abwrackprämien für alte Autos haben, um das Coronavirus zu bekämpfen.
Liebe Landesregierung, da müssten wir einen klaren Kurs fahren und sehr klar sagen: Wir brauchen Binnennachfrage in Europa, weil es die Aufträge Richtung Asien so nicht geben wird. Wir müssen unsere Strukturen in Europa stärken.
Damit komme ich zu einem ganz wichtigen Punkt – da ist jemand sehr aufgeregt –, zur Ausrüstung. Bei den Hygieneartikeln haben wir festgestellt, dass uns das nicht wieder passieren darf. Was spricht denn dagegen, wenn die Landesregierung eine Arbeitsgruppe gründet, die sich genau um das Thema kümmert und auch eigene Kapazitäten – es muss ja nicht in Deutschland sein – in Europa aufbaut? So könnten wir uns unabhängig machen und sagen: Wir bevorraten als Kenngröße mindestens 50 % dessen, was ein Krankenhaus – das kann man nach dem letzten Abschluss machen – für ein Jahr an Hygieneartikeln braucht. Das stellen wir zur Verfügung und machen das zur Maßgabe der Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen.
Das, liebe FDP, hat dann auch etwas mit Bürokratie zu tun. Sie schreien immer nach Bürokratieabbau, nach schlanken Strukturen. Ja, das öffentliche Gesundheitssystem muss auch mal ineffizient sein. Wir müssen vorsorgend sein, Redundanzstrukturen haben, um in der Krise reagieren zu können. Und die haben wir nicht in ausreichendem Maße.
Es ist geradezu lächerlich, wenn keine Mundschutzartikel vorhanden sind, die normalerweise ein paar Cent bis 3 Euro kosten, und so Ärztinnen und Ärzte, die Gott sei Dank ein gutes Gehalt verdienen, am Einsatz gehindert werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie merken an dem Beitrag: Ich habe keine grundsätzlichen Diskussionspunkte mit dieser Landesregierung. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es sehr viel Kommunikationsbedarf gibt, Herr Minister.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das kann ich auch in Ihre Richtung sagen: Michael Müller hat bis heute nicht entschieden, Großveranstaltungen abzusagen. Und Sie stellen sich hierhin und kritisieren, die Kommunikation funktioniere nicht. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Stefan Kämmerling [SPD]: Das ist aber in einem anderen Bundesland! Das weißt du schon?)
zu machen. Vielleicht müssen wir noch einen Schritt weitergehen; vielleicht können wir es demnächst wieder lockern. Das werden wir sehen.
Ich und meine Fraktion setzen alles daran, dafür zu sorgen, dass wir in gewissem Maße eine Organisation etablieren.
Herr Kollege Kutschaty, ich frage Sie: Was ist denn Ihr Vorschlag für den öffentlichen Nahverkehr – fahren oder nicht fahren, sein lassen oder nicht sein lassen? Sie müssen da schon aus dem Quark kommen und sagen, was Sie dazu meinen. Ich meine: fahren lassen und das öffentliche Leben am Leben erhalten, lieber Herr Kollege.
Damit wir nach den Beiträgen der Kolleginnen und Kollegen gleich noch einen Moment Zeit haben, eine letzte Bemerkung, Minister:
Nehmen Sie Ihr Angebot zur Kooperation mit den anderen Fraktionen und auch die Vorschläge ernst. Ich bekomme quasi täglich Hinweise aus den Häusern, die ich im Einzelnen nicht immer beurteilen kann – das sage ich ganz offen. Viele von diesen scheinen mir aber sinnvoll zu sein, insbesondere was die Kommunikation und die Personalverstärkung anbetrifft.
Deswegen: Lassen Sie uns uns weiter zusammensetzen, intensiv an dem Thema arbeiten und die Konsequenz daraus ziehen, dass wir auch innerhalb der Krise schon Strukturen aufbauen, damit wir unabhängiger von den anderen und selbstbewusster werden, selbst den Anspruch haben, solche Krisen lösen und steuern können zu wollen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Erstes möchte ich im Namen meiner FDP-Landtagsfraktion allen Menschen, die im Moment mit Corona infiziert oder daran erkrankt sind, von Herzen gute Besserung und baldige Genesung wünschen.
Wir müssen diese Erkrankung, dieses COVID-19, unbedingt ernst nehmen. Aber es besteht kein Anlass zur Panik oder Hysterie.
Herr Minister hat eben gelobt, dass es bisher nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen genutzt wurde. Vor allem der Redner der SPD hat dies etwas anders geschildert.
Sie kritisieren, dass wir eine Zahl – 1.000 – haben, ab der Großveranstaltungen abgesagt werden. Ihr Herr Müller sagt sie nicht ab. Ihr OB in Düsseldorf schreit: Wir wollen sie weiterhin haben.
(Christian Dahm [SPD]: Das hat keiner ge- sagt! – Stefan Kämmerling [SPD]: Wer hat denn hier geschrien?)
Was Sie hier gemacht haben, ist nicht, besonnen zu argumentieren, sondern Panik zu verbreiten. Das ist das Schlimmste, was diesem Land im Moment passieren kann.
Wir müssen nämlich mit den Herausforderungen einer beginnenden, einer globalen Pandemie besonnen umgehen.
Ich danke ausdrücklich Minister Laumann, Herrn Dr. Heller und dem ganzen Haus für den sachlichen Bericht heute, für die Erläuterungen, für die eingeleiteten Maßnahmen und für die wirklich sehr transparente Kommunikation gegenüber allen Fachpolitikern im Ausschuss in den letzten Wochen.
Ja, natürlich hätte man immer das eine oder andere optimieren können. Wo gearbeitet wird, da passieren auch Fehler. Aber wir lernen aus dieser Geschichte.