Protocol of the Session on December 18, 2019

Ja, ganz vorsichtig.

(Henning Höne [FDP]: Ich sage ja gar nichts!)

Ich könnte Ihnen jetzt Zitate von namhaften Abgeordneten von FDP und CDU aus allen Bundesländern liefern. Dazu gehört unter anderem zuletzt der Gott sei Dank nicht designierte Ministerpräsidentenkandidat Mike Mohring, der eine lange Erklärung abgegeben hat.

(Der Abgeordnete hält ein DIN-A4-Blatt hoch.)

Diese könnte man eins zu eins hinter Ihr Gesetz legen: Warum müsste man die Straßenausbaubeiträge abschaffen?

Also Vorsicht an der Bahnsteigkante, was Populismus oder Populismusunterstellungen anbetrifft.

Wir als grüne Fraktion haben uns, weil wir es grundsätzlich für richtig halten, zu erörtern, ob jemand von einer Maßnahme einen Vorteil hat und dann auch beteiligt werden kann, zu dem Gesetzgebungsverfahren die Mühe gemacht, das Ganze durchzurechnen, anzugucken und zu einem Ergebnis zu kommen. Das Ergebnis lautet, dass das, was Sie im Gesetzgebungsverfahren vorgelegt haben, zu einer Mehrbelastung des Landeshaushalts, einer Teilentlastung der Bürgerinnen und Bürger, aber zu keiner Entlastung der Kommunen, nicht zu Mehreinahmen und nicht zu einer verbesserten Finanzausstattung führt. Am Ende ist es ein Beschäftigungsprogramm für Verwaltungsangestellte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir doch einen Strich darunter. Es ist am Ende doch Quatsch, dieses Gesetz nur durchzusetzen, weil man nicht von seiner Position abweichen kann. Ziehen Sie doch die Kernsequenz daraus und sagen: So, wie es jetzt ist, ist es nicht reformierbar. Wir ziehen das nicht durch. Wir stimmen der Volksinitiative zu und setzen uns unter vier Fraktionen zusammen und machen ein vernünftiges Gesetzgebungsverfahren dazu, wie man die Kompensation hinbekommen kann.

Dazu sind Sie nicht in der Lage, weil Sie sich verrannt haben. Das kann ich Ihnen nur vorwerfen. Ich würde Ihnen dringend empfehlen, vielleicht gleich eine kleine Auszeit zu machen und zu überlegen, wie Sie vorgehen. Wir werden den Gesetzentwurf jedenfalls ablehnen und der Volksinitiative zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Beckamp.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Straßenausbaubeiträge werden nicht abgeschafft. Aber warum ist das so? – Am Geld kann es nicht liegen; denn wenn ich eines in den zweieinhalb Jahren, die ich jetzt hier im Landtag bin, gelernt habe, dann, dass Geld da ist.

Dazu ein Beispiel, bei dem die Bürger im Bereich „Bauen“ ebenfalls seit Jahren geschröpft werden: die Grunderwerbsteuer.

Die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer lagen 2018 bei über 3,2 Milliarden Euro, 2019 bei knapp 3,4 Milliarden Euro und 2020 voraussichtlich bei über 3,7 Milliarden Euro. Allein die Steigerung dieser Einnahmen von Jahr zu Jahr hätte genügt, um die Kosten der Straßenausbaubeiträge, so, wie wir sie kennen – in Höhe von 130 Millionen Euro –, zu decken und sie damit abzuschaffen.

Das ist nur ein Beispiel. Wie gesagt: Geld ist da.

Die Frage ist aber, für was oder wen in NRW Geld von dieser Landesregierung da ist. Wofür wird das Geld ausgegeben? Was sind denn die Planungen dieser Landesregierung für das nächste Jahr?

Wiederum ein Beispiel: Die Ausgaben für sogenannte minderjährige Flüchtlinge im Jahr 2020 sind mit 435 Millionen Euro im Landeshaushalt veranschlagt – 435 Millionen Euro für junge und oft nicht ganz so junge Einwanderer, die vielleicht Asyl erhalten, wahrscheinlich eher nicht. Und – das ist ganz interessant – nach einer kürzlich veröffentlichten Studie aus Münster sind 40 % dieser jungen oder nicht so jungen Leute gar nicht minderjährig. Na sowas! Wer hätte das gedacht? Aber Röntgen von Handwurzeln war in NRW nicht zumutbar.

Was heißt das jetzt? – Dreisatz hilft. Legt man diese Zahlen zugrunde – also 40 % von 435 Millionen Euro –, dann werden 174 Millionen Euro für Minderjährige ausgegeben, die gar keine sind. Das ist ein schönes Beispiel für das, was ich eben sagte.

(Zuruf von der SPD: Kommen Sie mal zur Sa- che!)

Liebe SPD, Geld gefunden; da haben wir es doch. Herr Höne von der FDP hat eben Gegenfinanzierungen angemahnt. Bitte schön, da haben Sie sie; sogar mehrfach, an guten Beispielen.

Daher unser Schluss: Die Volksinitiative ist richtig, und es wäre auch ganz einfach, ihre Anliegen umzusetzen. Geld ist da.

Kurz zum Gesetzentwurf der Landesregierung. Der ist nicht hilfreich. Er ist sogar ziemlich verkehrt. Dort wird – relativ verzweifelt – ein Lösungsweg gesucht, um die Bürger zu entlasten. Aber warum das alles?

Die Anhörungen – wir hatten ja mehrere zu dem Thema – haben unmissverständlich klargemacht, dass eine Abschaffung sinnvoll und erforderlich ist. Und der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Beiträge frisst – wie von den Vorrednern gesagt – den Großteil der Einnahmen auf – teilweise bis zu zwei Dritteln. So ist es jedenfalls in Einzelfällen bekannt. Man weiß aber ja nicht wirklich, wie hoch der Aufwand insgesamt ist. Es wird nicht ermittelt. Die Landesregierung tappt im Dunkeln.

Damit nicht genug. Das Gesetz ist auch ein Musterbeispiel für eine Verschlimmbesserung. Wer nämlich glaubt, dass diese Verwaltungsprobleme und der Aufwand, der jetzt schon besteht, irgendwie verbessert werden, wird enttäuscht. Es wird eher schlimmer.

Der Anfang des Ganzen: die Planungsaktivitäten. Das bedeutet, es sollen neuerdings auch ein Straßen- und Wegekonzept erstellt, Anliegerversammlungen durchgeführt und Planungsalternativen zum

Straßenausbau gefertigt werden. Das ist alles gut gemeint, aber damit wird den Anliegern nur vorgegaukelt, sie könnten irgendeinen Einfluss nehmen. Am Ende liegt die Entscheidung darüber, was passiert, nämlich beim Rat der jeweiligen Stadt.

Weil in all diesen Verwaltungsverfahren Fallstricke drohen, wählt das Gesetz eine – nennen wir es – staatstragende Lösung, die sich die Anlieger auf der Zunge zergehen lassen sollten.

Ich zitiere:

„Die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides bleibt von der Erfüllung der Pflicht zur Durchführung einer Anliegerversammlung nach Absatz 3 oder eines anderen Beteiligungsverfahrens unberührt.“

Das heißt, eigentlich ist es egal, was Sie vorher im Beteiligungsverfahren machen. Es ist Augenwischerei.

Fazit: Die Anlieger bleiben die Dummen und müssen weiter zahlen.

Es geht aber noch besser. Bei der Abrechnungsphase wird im neuen Gesetz von einer erheblichen Härte gesprochen. Es heißt – Zitat –: 20 % über Hartz IV, und wenn kein anderes Vermögen da sei, stelle das eine Härte dar. – Warum nicht 25 % oder 30 %? Was ist Vermögen? Was gehört dazu? Wie wird das ermittelt?

Sie sehen, die Aktenordner werden sich bei den Gemeinden weiter stapeln. Das Bonmot für die Ministerin – alles könnte auf einem DIN-A-Blatt beim Ministerium eingereicht werden, wenn Sie seitens der Gemeinden etwas zurückhaben wollen – ist Augenwischerei. Neue Aktenordner werden meterweise angesammelt. Lassen Sie das mit dem Gesetz doch am besten. Das Geld ist da.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Beckamp. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Scharrenbach.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! „Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, sondern mit den Augen die Tür zu finden“, sagte Werner von Siemens. Ich gratuliere insofern den regierungstragenden Fraktionen, dass sie geschafft haben, was Sie zuvor über fünf Jahre hinweg nicht bereit waren, anzugehen.

Sie haben nicht versucht, im Kommunalabgabengesetz mit den Augen die Tür finden,

(Beifall von der CDU und der FDP)

sondern Sie haben aus Ihrer damaligen Perspektive heraus dem Grunde nach gesagt, das Gesetz habe sich bewährt, das Gesetz bleibe, Änderungen würden wir nicht brauchen.

(Christian Dahm [SPD]: Ja, es ging doch um Ihr Gesetz! Es war Ihr Gesetzentwurf!)

Ich zitiere jetzt einfach, Herr Dahm:

„Dies führt dazu, dass im Einzelfall für die betroffenen Grundstückseigentümer, die zu einer Beitragszahlung herangezogen werden, hohe und teilweise erhebliche finanzielle Belastungen folgen, die den Einzelnen auch finanziell überfordern können.“

Das habe ich persönlich im Februar 2013 in einem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU geschrieben.

(Zuruf von der SPD : Aha!)

Das Problem war 2013 genauso da wie das, was wir heute diskutieren; Sie haben es nur nicht gelöst.

(Beifall von der CDU und der FDP – Christian Dahm [SPD]: Ihr Gesetz sah wiederkehrende Straßenausbaubeiträge vor!)

Ihnen waren in diesem Fall die Rentner, die Sie heute anführen, völlig egal. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück, warum Ihnen das heute noch anders egal ist. Also, die Tür gefunden.

Wir haben damals schon gesagt – und Sie zeigten keine Bereitschaft, mit der CDU und der FDP, als sie in der Opposition saßen, darüber zu verhandeln –:

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Die Ratenzahlung ist nur in Ausnahmefällen möglich. – Keine Bereitschaft zur Änderung! Wir haben es geändert; das erste Mal seit fünf Jahrzehnten KAG.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD)