Protocol of the Session on November 28, 2019

Hier komme ich zu dem, was wir in Nordrhein-Westfalen nicht haben: Wir haben keine Stadtentwicklungspolitik, die auf diese dringenden Herausforderungen der Zukunft irgendeine Antwort gibt. Wir haben business as usual, Heimatprogramme – das ist gut und schön –, aber die Antworten auf die Kernfrage, wie die Herausforderungen der Zukunft mit einer aktiven nordrhein-westfälischen Stadtentwicklungspolitik bewältigt werden sollen, suchen wir vergebens.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es handelt sich um nichts Geringeres als um die Frage, wo die hehren Ziele der Klimapolitik umgesetzt werden sollen, wenn nicht in einer Kommune. Dort läuft doch alles zusammen: Sektorkopplung, die Verbindung von Verkehr und Energie, die Frage, wie unsere Städte sich zukünftig klimaangepasst orientieren, sowie die Frage, wie der Wohnungsbau klimafreundlich organisiert wird. All das muss doch durch eine präventive Landespolitik beantwortet werden. Hier haben wir eine bedeutende Leerstelle.

Nähern wir uns aber konkret dem Wohnungsbau, dann entdecken wir auch dort große Lücken. Die Kommunen sind nicht ertüchtigt, eine aktive Flächenpolitik zu betreiben. Auch da ist wieder die Frage nach den Finanzen und den Altschulden zu stellen. Ohne eine ordentliche finanzielle Grundlage können Kommunen keine aktive Flächenpolitik betreiben. Zur Nachverdichtung müssten sie erst aufgefordert werden. Und wenn es darum geht, den sozialen Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen zu realisieren, dann müssen wir feststellen, dass sie sich aufgrund einer Verzettelung eben nicht darauf konzentrieren.

Auf die Gretchenfrage, wie Sie bei zurückgehenden Sozialraumbindungen und gleichzeitig zu wenig Neubau die Frage nach sozialen Belegungsmöglichkeiten von Wohnungen beantworten wollen, haben Sie auch keine Antwort.

Wir kritisieren nicht, was an Zahlen im Haushalt steht, sondern das, was Sie nicht tun bzw. unterlassen, obwohl es dringender Veränderungen bedürfte. Dazu fordere ich Sie auf. Sie haben gleich Gelegenheit, eine Kehrtwende einzuleiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Michael Hüb- ner [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die FDP hat nun der Abgeordnete Paul das Wort.

Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem Haushalt mit einem Umfang von fast 80 Milliarden Euro macht unser Einzelplan für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen „nur“ 1,4 Milliarden aus. Aber wir verzeichnen einen ordentlichen Aufwuchs von diesem auf das nächste Jahr um 11 %. Das zeigt, wie wichtig unserer Landesregierung diese Bereiche sind. In die politische Betrachtung muss sicherlich auch das milliardenschwere Wohnraumförderprogramm der

NRW.BANK einbezogen werden.

„Versöhnen statt spalten“, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD – Ihr Fraktionsvorsitzender hat es heute Vormittag schon bemüht –, das war einmal das Credo des früheren Ministerpräsidenten Johannes

Rau. Heute bringt die Mehrheit der Mitte, die NRWKoalition aus CDU und FDP, die Menschen im Land zusammen und sorgt für den notwendigen gesellschaftlichen Kitt und den Zusammenhalt.

(Zurufe von der SPD: Och!)

So versöhnen wir Stadt und Land. Einst guckten die Millionen Menschen in den mittleren und kleinen Städten und in den Dörfern neidisch auf die Metropolen in Nordrhein-Westfalen. Sie schüttelten den Kopf und ärgerten sich über eine rot-grüne Landtagsmehrheit, die offensichtlich einseitig das Leben in den großen Städten bevorzugte.

Heute spüren die 18 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen, dass wir das ganze Land brauchen und auf alle Regionen setzen. Das kommt im Förderprogramm „Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen“ zum Ausdruck. Wir fördern mit rund 150 Millionen Euro bis 2022, was Menschen in Nordrhein-Westfalen verbindet.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Allein im kommenden Jahr stellen wir Kommunen und ehrenamtlichen Heimatgestaltern rund 33 Millionen Euro zur Verfügung. Neben unserer Kofinanzierung für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ gibt es insgesamt rund 18 Millionen Euro für das Landesprogramm Dorferneuerung.

Die Städtebauförderung – Herr Remmel, Sie sagten gerade, Sie fänden dazu nichts – erhöhen wir im kommenden Jahr auf rund 390 Millionen Euro. Mit der Städtebauförderung gestalten wir die Zukunft unserer Städte, vor allen Dingen auch unserer Innenstädte. Wir stärken damit die kommunale Selbstbestimmung und die bürgerschaftliche Selbsthilfe überall im Land.

So versöhnen wir zweitens Eigentümer und Mieter, damit immer mehr Menschen in unserem Land so wohnen können, wie sie es brauchen und sich wünschen. Dafür brauchen wir ein gutes gesellschaftliches Klima für das Vermieten. Wenn nämlich mehr als jeder Zweite in unserem Land zur Miete wohnt, dann ist es für verantwortungsvolle Politik eine Pflicht, das Miteinander von Mietern und Vermietern zu pflegen und zu fördern. Stattdessen erleben die Anbieter von Wohnraum in unserem Land aber ständig politische Misstrauensbekundungen und Attacken auf die von Ihnen so genannte Vemieterlobby.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Oder wie nennen Sie sie noch? – „Miethaie“ haben wir hier im Landtag schon gehört und anderes, was die kleinen privaten Vermietern in Nordrhein-Westfalen sich sonst noch so von Ihnen anhören müssen.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Wir haben angestoßen, dass die Auswirkungen der Landesverordnung auf die Wohnungsmärkte in NRW begutachtet werden. Was machen Sie? – Sie wollen das nicht. Das haben Sie auch im Ausschuss schon oft gesagt. Es ist, als hätten Sie Angst vor den Ergebnissen dieser Begutachtung, weil dadurch ihr gesamtes wohnideologisches Kartenhaus zusammenbrechen könnte. Wenn man das Wohnen in NordrheinWestfalen bereits zum Kampagnenthema für die nächsten Wahlen auserkoren hat, dann kann eine unabhängige Expertenmeinung nur noch stören, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und Fabian Schrumpf [CDU])

Wir dagegen tun alles für ein gutes Miteinander an den Wohnungsmärkten – mit der landesweiten Allianz für mehr Wohnungsbau und ähnlichen Foren. Aber auch an diesem Haushalt, über den wir heute beraten, ist das ablesbar – beispielsweise an der Steigerung des Ansatzes für das Wohngeld um rund 28 Millionen Euro auf bedarfsorientierte rund 318 Millionen Euro für die Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Wir unterstützen die Eigentümer denkmalgeschützter Objekte, nehmen sie endlich wieder ernst und geben Ihnen echte Zuschüsse. Für die Denkmalpflege gibt es rund 13 Millionen Euro.

Vor allem zu nennen ist da auch unsere großzügige Wohnraumförderung in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro jährlich, die bundesweit ihresgleichen sucht. Nächstes Jahr sind es sogar 1,28 Milliarden Euro, weil wir noch Reste aus diesem Jahr übertragen können. Im Haushalt selbst sind Bundes- und Landesmittel in Höhe von 307 Millionen Euro für die Wohnraumförderung veranschlagt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, leider hat der Bund die Mittel für die Wohnraumförderung um 86 Millionen Euro gekürzt. Diese stehen uns in Nordrhein-Westfalen nächstes Jahr weniger zur Verfügung. Wir ersetzen diese fehlenden Bundesgelder durch Landesmittel in Höhe von über 97 Millionen Euro und tun damit sogar noch etwas mehr.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Da bin ich schon beim nächsten Punkt: Wir versöhnen drittens auch unser Ziel, mehr preisgünstigen Wohnraum in Nordrhein-Westfalen zu erreichen, mit unserem Ziel, umwelt- und klimaschonend zu bauen; etwa indem wir in den Städten und Gemeinden viel enger zusammenarbeiten, um eine flächenschonende Baulandentwicklung zu fördern – denken Sie an unsere Landesinitiative „Bau.Land.Leben“ –, aber auch, indem wir die Forschung und die Anwendung von 3D-Druck für Häuser in Nordrhein-Westfalen fördern und dem Holzbau mehr Freiheit geben. Damit versöhnen wir weiter.

Sie sehen, das alles steckt hinter den Zahlen dieses Einzelplans im Landeshaushalt. Stimmen Sie mit, werden auch Sie Versöhner statt Spalter!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die AfD spricht nun der Abgeordnete Herr Beckamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem obersten Brückenbauer der FDP zu sprechen ist gar nicht so einfach. Da muss ich auch etwas Schönes sagen.

Herr Paul, Heimat – wie schön. Heimat ist in diesem Ministerium mit fünf Bausteinen angesiedelt. Das heißt, dass Sie Geld für verschiedene Projekte verteilen, die Sie für Heimat halten. Die Gelder werden im nächsten Jahr noch mal um und rund 4 Millionen Euro auf dann etwa 33 Millionen steigen.

Heimat ist ja sozusagen die DNA der AfD. Insofern müssten wir das, was Sie tun, ja eigentlich gut finden. Nicht kleckern, sondern klotzen bei der Heimat – das wäre gut. Wir finden es aber nicht so toll – nicht so, wie Sie das machen; denn für Sie, Frau Ministerin, ist Heimat schließlich ein grenzenloser, völlig offener Begriff. Ich zitiere Sie: Heimat ist, was für jeden Menschen da ist, weil jeder Mensch Heimat in sich trägt, egal wo er herkommt, egal wo er hinkommt. – Das ist irgendwie ein Zirkelschluss. Heimat ist alles – aha. Man könnte auch sagen: „Zwei mal drei macht vier und drei macht neune. Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ – Das Pippilotta-Prinzip. Es hört sich nett an, ist aber leider Quatsch.

Diese Beliebigkeit schafft Begehrlichkeiten. Sie fördern ohne wirkliche Kriterien und lassen diese irgendwie im Genehmigungsverfahren entwickeln. Davon sprechen auch die hohen Ablehnungszahlen. 758 Anträge wurden bisher abgelehnt. Das wundert nicht. Das eine Mal werden Anschaffungen mangels Heimatbezug nicht gefördert, das andere Mal wird genau die gleiche Anschaffung aber sehr wohl gefördert. Das eine Mal ist ein Treffpunkt heimatrelevant und wird gefördert, das andere Mal nicht. Eine schlüssige Behandlung von Anträgen liegt also nicht vor. Ihre Vergabepraxis ist gewissermaßen ein ironischer Kommentar zum Zustand der Großen Koalition im Bund. Alles kann mit allem kombiniert werden und mit etwas Glück kommt dabei sogar ein recht vernünftiges Ergebnis heraus. Ein tieferer Sinn ist aber nicht erkennbar.

Heimat ist für Sie beliebige Verfügungsmasse. Dazu ein Beispiel: Auf meine Frage an Sie, ob Sie auch die finanzielle Förderung von Moscheevereinen unter den Heimatbegriff fallen lassen, sagten Sie: Ja, natürlich. – Moscheevereine sind förderungsfähig unter dem Heimatbegriff NRW. Herzlichen Glückwunsch!

Bisher haben es anscheinend die Moscheevereine noch nicht richtig verstanden. Bisher gibt es wohl keine Förderung, vielleicht noch nicht. Es bleibt abzuwarten, wundern sollte uns das nicht.

Genau deswegen, weil Sie beliebig mit dem Begriff als Verfügungsmasse umgehen, sind wir gegen eine Aufstockung des Titels, nicht weil wir gegen, sondern weil wir für Heimat sind; denn für uns ist Heimat nicht irgendetwas, sondern konkreter, da, wo ich mich nicht erklären muss, wo ich mich wiedererkenne und nicht das, was Heimat bedrängt, verdrängt und verschwinden lässt. Genau unter Ihrem Heimatbegriff müssen wir das immer mehr befürchten.

Zum Thema „Bauen“. In das Bauen ist viel Geld geflossen, fließt immer noch viel Geld, Bauland wird mobilisiert, Wohnbau wird gefördert, alles ist gut. Die Genehmigungszahlen steigen nicht, das ist so, dafür können Sie nicht unbedingt etwas.

Sie müssen eingestehen, wir haben kein Geldproblem, wir haben Engpässe an anderen Stellen, insbesondere im Planungs- und Baubereich und natürlich viel zu wenige und viel zu teure Flächen. Aber auch dafür können Sie nichts. Die Politik baut keine Wohnungen, und die von Ihnen beeinflussbaren Rahmenbedingungen sind gut hergestellt. Sie tun an der Stelle, was Sie können.

Aber Sie tun an anderer Stelle, was Sie nicht sollten. Sie schaffen nämlich Nachfrage am Wohnungsmarkt. Das trifft jetzt nicht Sie als Ministerin, das betrifft Sie als Kabinett und die ganze Regenbogenfraktion, die hier vor mir sitzt. Sie schaffen Nachfrage am Wohnungsmarkt. Ich meine damit Hunderttausende Fernwanderungsgewinne, ja, genau, das alte Thema, die alte Leier: über 200.000 Personen mit dem Status von Schutzberechtigten, über 70.000 Geduldete allein in NRW. Das sind diejenigen, die den Wohnungsmarkt verengen. Das ist der Druck auf Sozialwohnungen und so weiter.

Dann erklären Sie uns bitte, wie viele Ihrer Zuwanderer ein Wohnungsmarkt verträgt. Wie viele verträgt denn auch Heimat, ohne dass beides Schaden nimmt? – Diese Antworten bleiben Sie schuldig. Sie schaffen also die Probleme an der einen Stelle, die Sie an der anderen gar nicht lösen können. Das ist Politik, die zu kurz springt, und daher können wir der Sache nicht zustimmen.

(Beifall von der AfD)

Nach dem Abgeordneten Beckamp spricht nun für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Landesregierung ist stolz darauf, Heimat in

Nordrhein-Westfalen zu haben, und diese Heimat in Nordrhein-Westfalen ist bunt, und sie ist offen. Das sind wir, seitdem es dieses wunderbare Bundesland gibt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist unsere Heimat, und die verteidigen wir auch. Die verteidigen wir auch gegen Parteien und Menschen, wie Sie es sind, die

(Roger Beckamp [AfD]: Aussatz! – Helmut Seifen [AfD]: Das ist doch alles!)