Protocol of the Session on November 27, 2019

Auch die Renaturierung des Flussumfeldes bei einer Neugestaltung eines Flussbetts ist wichtig. Dort können spannende Habitate entstehen. Aber – das ist die Krux, und das möchte ich auch betonen – man darf nicht durch die Setzung von FFH-Gebieten an diesen Stellen einen Zugang zum Wasser oder die Nutzung von Wasser für anliegende Industrie oder andere Nutzer unmöglich machen.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielmehr muss man es miteinander vereinbaren können. Sonst werden wir an dieser Stelle scheitern. Nur wenn Nutzung und Schutz im Einklang stehen, kommen wir weiter.

Das Gleiche gilt für die Wasserkraft. Wasserkraft ist ein wichtiger Teil zum Umbau unseres Energiesystems, also für die Energiewende. Aber sie muss vernünftig, sie muss richtig gemacht werden. Man kann sie in einem großen Stil machen, man muss dann aber auch in Fischtreppen, in Umleitungen, in Systeme, die Fische schützen, investieren. Ein Dorn im Auge sind uns viele kleine Wasserkraftanlagen, die sehr wenig Energie erzeugen, aber jeden Tag sehr viele Fische töten. Auch darauf müssen wir dauerhaft einen Blick haben.

Wenn wir das alles in Einklang bringen, werden wir auch in Nordrhein-Westfalen wieder eine vitale Flusslandschaft erhalten. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Diekhoff. – Für die SPD spricht Herr Kollege Schneider.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ehrlich gesagt bin ich aus der letzten Rede nicht ganz schlau geworden. Die müssen wir wahrscheinlich noch mal nachlesen.

(Zuruf von der CDU: Man kann ja auch zuhö- ren! – Zuruf von der FDP: Das kann helfen!)

Gut, ich glaube, da hilft auch Zuhören wenig.

Aber viele Wanderfische wie der Lachs, der Maifisch oder auch der Stör sind in den vergangenen Jahrzehnten in NRW nahezu ausgestorben. Das hatten SPD und Grüne bereits vor einiger Zeit erkannt. Zu den Maßnahmen, die wir damals ergriffen haben, gehörten zum Beispiel die Ansiedlung von Fischen in

geeigneten Gebieten und die Verbesserung der Durchgängigkeit der Gewässer, meine Damen und Herren, um den Fischen eine störungsfreie Wanderung zu ermöglichen.

Die Regierungsfraktionen fordern jetzt mit vielen Worten … – Ja, was fordern sie eigentlich? Sie fordern die Beauftragung der Umsetzung von Maßnahmen, den Dialog zu stärken, die Kosten zu ermitteln, sich auf Bundesebene für Diskussionen mit der EUKommission einzusetzen. Na ja. Von konkreten Maßnahmen oder mehr finanziellen Mitteln ist nirgendwo die Rede. Im Gegenteil. Wie drücken Sie es so schön aus? Es ist – Zitat – „darauf zu achten, dass die Umsetzung innerhalb der bisherigen Finanzierungsstruktur stattfindet“.

Aber Umweltschutz kostet nun einmal Geld, meine Damen und Herren der CDU und der FDP. Waren Sie damals schon vehement gegen unser Schutzprogramm, so sollten Sie heute mindestens in der Lage sein, mehr als einen Antrag voller leerer Phrasen à la „Eine gute Grundlage ist die beste Voraussetzung für eine solide Basis“ zu stellen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Mit Ihrem Antrag wollen Sie den Anschein erwecken, zu handeln. Wir erkennen jedoch keine einzige konkrete Maßnahme. Bei der entscheidenden Frage, ob Querbauwerke nun abgebaut werden sollen oder nicht, kneifen Sie im Antrag gleich komplett, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP. Nicht Fleisch, nicht Fisch, so wird das nischt, möchte ich sagen.

Ganz in diesem Sinne werden wir diesen Antrag ablehnen. – Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Glückauf und Gottes Segen.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Schneider. – Jetzt spricht Herr Rüße für die Grünen. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nolten, eigentlich ist das ein Antrag, der uns von der Zielsetzung her eint. Selbstverständlich wollen wir alle – die SPD sicher auch, die diesen Antrag genauso wie wir ablehnen wird – die Durchgängigkeit der Gewässer. Aber Ihr Antrag ist für mich stellenweise nicht ganz verständlich. Er ging auch nicht ganz mit der Rede des Kollegen Diekhoff zusammen.

Gerade zur Frage der Wasserkraft haben wir die Problematik, dass Sie in Ihrem Antrag nicht zwischen großer und kleiner Wasserkraft differenzieren. Das hat er gesagt. Es steht nur nicht im Antrag. Im Antrag

steht, Sie wollen die Wasserkraft reaktivieren, optimieren. Das ist anders formuliert. Ich kenne es vom Emswehr in Rheine. Seit Jahren ist die Frage, ob an der Stelle nicht endlich was getan werden kann. Es passiert nichts, weil der Eigentümer es verhindert. Weil wir die Problemfälle haben, hätte ich mir gewünscht, dass Sie das in Ihrem Antrag auch so deutlich benennen.

In Ihrem Antrag steht einiges Richtige und auch Wichtige.

Sie sagen aber auch, und das haben Sie eben noch mal deutlich betont, Sie sind auf gar keinen Fall bereit, noch mal Geld nachzulegen. Das kann ich auch nicht nachvollziehen. Wenn man feststellt, dass es nicht reicht, wenn wir uns einig sind, dass wir am Ende die Durchgängigkeit aller Gewässer erreichen wollen, dann müssen wir auch alle zusammen bereit sein, die notwendigen finanziellen Mittel dafür einzusetzen

(Beifall von den GRÜNEN)

und können nicht sagen, dann machen wir nur Stückwerk. Ich habe das eben schon zum Haushalt gesagt.

Ich glaube, wir hinken an der Stelle auch in NRW wirklich ein Stück hinterher. Umweltschutz, Naturschutz und eben auch Gewässerschutz kosten uns Geld, wenn wir es gut machen wollen.

Ich hätte mich gefreut, wenn Sie mit dem Antrag mal auf uns zugekommen wären. Da sind Schnitzer drin, die wir absolut nicht mittragen können. Das betrifft wirklich insbesondere die kleine Wasserkraft. Sie erwähnen überhaupt nicht die Option, dass wir uns an der Stelle anders entwickeln müssen.

Auch die Frage der Mindestwasserführung erwähnen Sie. Auch an der Stelle erwecken Sie Hoffnungen. Es gibt dazu entsprechende Urteile, an die wir gebunden sind. Die kriegen Sie ja nicht weg. Von daher verstehe ich das auch nicht so ganz. Aber ich will noch mal sagen: Wir teilen die Zielsetzung. Es sind einige gute Punkte darin, aber es reicht nicht ganz. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.

Wir sind aber auf die aktuelle Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gespannt. Wie viele Mittel werden nächstes Jahr tatsächlich durch das Land eingesetzt? Darauf bin ich gespannt. Wir haben dazu ja auch eine Kleine Anfrage gestellt. Auf die Antwort bin ich gespannt; denn da wird konkret, was die Landesregierung wirklich konkret tut, um endlich richtige Schritte voranzukommen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Rüße. – Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Herr Dr. Blex.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das NRWWanderfischprogramm wurde vor 20 Jahren aufgesetzt. Das Ziel war, die Durchgängigkeit von Wanderfischen zu ihren Laichgewässern zu ermöglichen.

Jedes Jahr sterben Millionen Fische durch die Wasserkraftwerke in Deutschland. Der Antrag der Laschet-Parteien geht zunächst einmal in die richtige Richtung, sagt aber viel zu wenig über die Hintergründe aus und lässt damit offen, ob auch die EUProblematik verstanden wurde.

Deshalb etwas Grundlegendes zu den Wanderfischen am Beispiel des Lachses: Der Atlantische Lachs lebt größtenteils im Ozean. Er wandert zum Laichen die europäischen Flüsse hinauf. Er folgt seinem Instinkt zurück an seinen Geburtsort. Das heißt, dorthin, wo Lachse im Zuge des Wanderfischprogramms ausgesetzt worden sind, wollen sie wieder zurückkehren.

Deshalb ist eines ganz wichtig: Zuerst muss die Durchgängigkeit hergestellt werden, und dann können die Tiere am oberen Arm des Flusses ausgesetzt werden – und nicht umgekehrt!

Der Lachs nimmt praktisch keine Nahrung auf seinem Weg zum Laichgrund auf. Er stirbt häufig an Erschöpfung, bevor er den Ozean wieder erreicht. Wird der Lachs ausgerechnet von Menschen in den entlegensten Nebenflüssen am Oberrhein ausgesetzt, so verlängert der Mensch diesen Leidensweg. Je länger die Laichwanderung, umso mehr Passagen müssen für den Lachs geschaffen werden. Die ökonomischen Kosten steigen mit größerer Ausweisung der Habitate entsprechend an.

Vorsichtige Schätzungen gehen von Investitionen von mehr als 350 Millionen Euro aus. Und wofür? – Damit Kormorane und andere Vögel seelenruhig ihre Beute an den sehr engen Schiffspassagen aufpicken können; Bären haben wir nicht in Deutschland. Das ist ein Eingriff des Menschen in die natürliche Verhaltensbiologie der Tiere.

Besser wäre es, Laichgebiete am Niederrhein zu prüfen als am Oberrhein. Die Überlebenswahrscheinlichkeit wird erhöht, und die ökonomischen Kosten werden massiv gesenkt.

Aber kommen wir zu der EU-Kritik, die ich vorhin angesprochen habe. Die EU fordert die Ausweisung von Zielartengewässern meist in Verbindung mit der Ausweisung von FFH- und Wasserschutzgebieten.

Warum ist das eigentlich so? Was passiert, wenn Nordrhein-Westfalen seine Anstrengungen bei den Wanderfischen zurückfährt? Werden wir wieder von einer EU-Klagewelle überrollt wie beim Thema „Nitrat im Grundwasser“? Hat sich die Landesregierung unter der grünen Umweltministerin Heinen-Esser eigentlich auch Gedanken darüber gemacht?

Wegen des Nitrats im Grundwasser droht Deutschland bekanntlich eine Klage in Höhe von 850.000 Euro pro Tag für willkürlich festgelegte Grenzwerte. Vor diesem Hintergrund hätten wir uns in diesem Antrag mehr EU-Kritik gewünscht.

Wir werden uns enthalten, weil die Stoßrichtung zwar richtig ist, die Gefahren aber nicht erkannt wurden und viel zu viel Eigenlob in dem Antrag steckt.

(Beifall von der AfD)

Nach der Rede von Dr. Blex spricht nun für die Landesregierung Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung unterstützt im Grundsatz die Forderung des Antrags. Auf die wesentlichen Forderungen wird im Folgenden eingegangen.

Die Landesregierung verfolgt grundsätzlich eine zügige Herstellung der Durchgängigkeit der Gewässer in Nordrhein-Westfalen und eine Priorisierung von Maßnahmen im Bereich der Zielartengewässer für den Lachs.

Ziel ist es, die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gemeinsam weiter voranzubringen und die Bemühungen für die Ansiedlung einer sich selbst reproduzierenden Population von Lachsen weiter zu intensivieren. Die gemeinsame Priorisierung von Maßnahmen ist die sinnvollste Möglichkeit zur Erreichung der Ziele.

Gerade die Herstellung der Durchgängigkeit in Gewässersystemen fördert die Erreichbarkeit der im Gewässerlauf oben liegenden Laichhabitate für die Wanderfische. Diese Erreichbarkeit ist zwingende Voraussetzung für die Ansiedlung einer stabilen, sich selbst reproduzierenden Population.

Die Landesregierung wird gemeinsame Lösungen mit den zuständigen Wasserverbänden erarbeiten und dabei die Verhältnismäßigkeit der Kosten betrachten. Diese Vorgehensweise ist angesichts der wasserwirtschaftlichen Verantwortung der sondergesetzlichen Wasserverbände für die Gewässer im Verbandsgebiet zwingend. Sie wurde daher bereits in der Vergangenheit praktiziert.

Dabei werden auch die Nutzungserfordernisse zum Beispiel von Siedlungs- und industriell genutzten Bereichen betrachtet. Sollte es zu einem Konflikt zwischen Nutzungsanforderungen und Wiederansiedlung des Lachses kommen, ist dieser Konflikt unter den Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und der Bewirtschaftungsziele für das konkrete Gewässer zu lösen.