Protocol of the Session on November 27, 2019

Vielen Dank, Frau Müller-Rech. – Jetzt spricht Herr Seifen für die AfDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan 05 – Schule und Bildung – umfasst mit fast 20 Milliarden Euro den größten Einzelposten im Haushalt des Landes NRW und liegt weit vor den anderen Einzelplänen. Wenn wir noch den Ansatz des Einzelplans 06 – Kultur und Wissenschaft – mit 9,5 Milliarden Euro dazunehmen, müssen wir feststellen, dass das Land NRW immerhin 29,5 Milliarden Euro für den Bereich Bildung, Wissenschaft und Kultur aufwendet, also knapp 37 % des Gesamthaushaltes.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Dann kön- nen Sie auch noch die Kitas dazunehmen!)

Das ist eine stolze Summe. Aber das Geld sollte uns nicht reuen, wenn wir bedenken, dass Investitionen in die Bildung der Kinder und Jugendlichen von entscheidender Bedeutung für die Wohlfahrt eines Gemeinwesens, seine Wirtschaftskraft, die materielle Absicherung seiner Bewohner sowie die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben sind.

Eine gebildete Bevölkerung ist die Voraussetzung für einen hochwertigen wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und geistigen Zustand des jeweiligen Gemeinwesens. Unterentwickelte Staaten haben durchweg ein dysfunktionales Bildungssystem. Der ungeheure Wohlstand in Mitteleuropa, speziell in Deutschland, konnte nur von einer Bevölkerung erwirtschaftet werden, in der bis in die Arbeiterschaft hinein bestimmte Bildungsstandards vorzufinden waren.

Wenn man die finanziellen Aufwendungen des Einzelplans 05 betrachtet, könnte man der schwarz-gelben Regierung also nur voller Hochachtung zugestehen, dass sie scheinbar begriffen hat, wie wichtig Bildung ist und dass ohne Bildung die Zukunft eines Landes nicht zu gestalten ist. Damit wäre diese neue schwarz-gelbe Regierung schon einmal ein ganzes Stückchen weiter als die Vorgängerregierung von Rot-Grün, die gewissenlos den Bildungsbereich vernachlässigt hat.

Ach, es wäre doch so schön, wenn das alles wahr wäre! Aber nur für den oberflächlichen Betrachter ergibt sich das Bild einer treusorgenden Ministerin und eines einsichtigen Landeskabinetts. Denn schaut man sich den Haushalt des Einzelplans 05 genauer an, stellt man fest, dass die schlimmsten Schäden, welche durch die katastrophale Politik der Vorgängerregierung verursacht worden sind, nur ansatzweise beseitigt werden.

Ihre Reparaturen, sehr geehrte Frau Gebauer, bedeuten letztlich nur Flickschusterei. Sie haben nicht verstanden oder wollen einfach nicht akzeptieren,

dass die Schulmisere, die Sie angetroffen haben, nicht durch einzelne Fehlentscheidungen verursacht worden ist, sondern durch eine grundsätzlich falsche Zielsetzung der Schulpolitik, durch eine gewissenlose Zerstörung bewährter institutioneller, fachlicher und erzieherischer Strukturen, kurz gesagt, durch eine sozialistische Politik der Gleichmacherei und der Leistungsfeindlichkeit.

Aber Sie unternehmen hier nichts, um umzusteuern, sondern setzen den alten Weg der rot-grünen Schulphantasten fort. Sie müssten dringend auf die nachlassende Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler reagieren. Wenn NRW in den verschiedenen Leistungstests der Schülerschaft in fast allen Bereichen auf den unteren Plätzen landet, müsste es Ihre vornehmste Sorge sein, Frau Gebauer, dagegen Maßnahmen einzuleiten.

Immerhin gestehe ich Ihnen zu, dass Sie sorgenvoll schauen – im Gegensatz zum Kollegen Ott, der sich über diesen Leistungsabfall noch lustig macht. Aber anstatt die Übel der alten Regierung zu beseitigen, führen Sie die Tradition der sozialistischen Bildungspolitik fort, die überall, wo sie ihre zerstörerische Wirkung entfalten kann, das Schulwesen des jeweiligen Bundeslandes ruiniert.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Schauen Sie doch einfach einmal nach Bremen, Herr Müller. Bayern und Baden-Württemberg haben jetzt die Notbremse gezogen und den Nationalen Bildungsrat verlassen. Warum wohl? Sie haben bemerkt, dass eine Zusammenarbeit mit den Sozialisten von SPD und Grünen in der Bildungspolitik immer zulasten der Qualität und immer zulasten des Wohls von Lehrern und Schülern geht.

Sie aber, Frau Ministerin – so ist zumindest mein Eindruck –, hängen immer noch dem Schulkonsens von 2010 an, der es der SPD und den Grünen ermöglicht hat, das Bildungssystem in NRW an die Wand zu fahren.

(Michael Hübner [SPD]: Frau Gebauer war schon immer Sozialistin! – Weitere Zurufe von der SPD)

So sorgen Sie, Frau Ministerin, höchstpersönlich dafür, dass die bedeutendste Herzensangelegenheit von Frau Löhrmann, das Landesinstitut QUA-LiS NRW, die notwendige finanzielle Aufmerksamkeit erhält, die Frau Löhrmann und Frau Beer sich gewünscht hätten.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Herr Ott, ich hoffe, die Bevölkerung nimmt wirklich zur Kenntnis, dass Sie sich über all diese Schandtaten, die Ihre Partei zusammen mit den Grünen zu verantworten hat, lustig machen und dass Ihnen das Wohl der Kinder und der Lehrer wirklich – an wem, sage ich jetzt nicht – vorbeigeht.

(Beifall von der AfD)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich finde es eine Chuzpe, hier so zu sitzen und sich über das zu amüsieren, was an den Schulen passiert. Gehen Sie doch einmal in die Schulen hinein! Dort haben die Lehrerinnen und Lehrer wirklich zu kämpfen. Und Sie sitzen hier und grinsen frech vor sich hin.

(Michael Hübner [SPD]: Gut, dass Sie da nicht mehr tätig sind! – Jochen Ott [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit! Darüber muss man la- chen!)

Im Haushaltsplan 2020 der schwarz-gelben Landesregierung erleben wir einen weiteren Zuwachs der Mittel für QUA-Lis NRW. Mittlerweile belastet das Landesinstitut den Haushalt mit rund 14,5 Millionen Euro. Das ist eine Erhöhung um fast 1 Million Euro gegenüber dem vergangenen Haushaltsjahr. Seit der neuen Amtsperiode der schwarz-gelben Landesregierung sind Mehrausgaben in Höhe von 4 Millionen Euro für das entsprechende Kapitel zu verzeichnen.

Dieses Landesinstitut betreibt zum Beispiel das rotgrüne Projekt des offenen Unterrichts in Form des Gemeinsamen Lernens, der kybernetischen Messoperation von Unterricht und der Marginalisierung der Lehrerrolle weiter. Hier müsste dringend umgesteuert werden, anstatt das alte Handwerk sozialistischer Unterrichtsmethodik weiterführen zu lassen.

Eine personelle Entschlackung des Instituts käme auch der Personalversorgung zugute. Gerade in Zeiten der angespannten Situation auf dem Lehrermarkt ist jede mögliche Rückführung von Lehrkräften in den Schuldienst notwendig – insbesondere dann, wenn es sich um Schulleiter handelt.

Wir haben mittlerweile Dutzende Schulen ohne Chef. Über alle Schulformen hinweg sind 707 Chefsessel und 939 Vize-Posten vakant. Bei den allgemeinbildenden Schulformen haben Grund-, Haupt- und Realschulen besonders hohen Bedarf. Nun wollen Sie die Probleme nur mit Geld lösen. Das funktioniert so nicht.

Sie schaffen Talentschulen in NRW und sorgen dort für Unruhe. Hauptsache, der Name stimmt! Mittlerweile hat sich aber auch im Land herumgesprochen, dass „Talentschule“ ein Euphemismus für „Brennpunktschule“ ist. Das hilft in Wahrheit nicht den Kindern, sondern soll höchstens einen Anreiz für Lehrer darstellen, an diese Schule zu wechseln. Damit bringen Sie Unruhe in die Schulen, in denen sich Lehrerinnen und Lehrer seit Jahren bemühen und ihre Nerven aufreiben, um dort mit der Situation fertigzuwerden.

Ich sage Ihnen: Mit Geld alleine werden Sie die Zerstörung der rot-grünen Schulpolitik nicht beseitigen können. Sie müssen radikal umsteuern und das

Schulwesen wieder auf bewährte institutionelle, organisatorische und unterrichtliche Instrumente stützen.

Dazu gehört in erster Linie die Stärkung des gegliederten Schulsystems mit der Schaffung von Lerngruppen, in denen zielgleich unterrichtet wird.

Sie haben einfach nicht den Mut gehabt, völlig umzusteuern und das völlig verrückte zieldifferente Unterrichten nicht mehr zu unterstützen. Sie müssen die Förderschulen stärken und das Experiment von zieldifferentem Unterricht beenden.

Sie aber setzen weiter Mittel für das unsinnige Inklusionsexperiment mit zieldifferenten Lerngruppen ein. Darüber hinaus sehen Sie im Haushalt auch Mittel für den Modellversuch „Längeres Gemeinsames Lernen“ vor.

(Michael Hübner [SPD]: Die Sozialisten haben dafür gesorgt, dass er Schulleiter wird!)

Merken Sie sich das, Frau Gebauer: Diese Form des Unterrichtens ist einfach gescheitert.

Fragen Sie einmal diejenigen, die bei der Beratung 2008/2009 – da war es auch eine schwarz-gelbe Regierung – im Hintergrund mit beraten haben. Alle Experten haben damals davon abgeraten, zieldifferent zu unterrichten.

(Zuruf: Das ist einfach falsch!)

Es ist trotzdem gegen den Rat dieser Experten rücksichtslos durchgesetzt worden.

(Widerspruch von der SPD)

Hören Sie damit auf. Ich weiß, wovon ich rede – Sie nicht.

(Lachen von Jochen Ott [SPD] – Zuruf: Fal- sche Selbstwahrnehmung! – Weitere Zurufe)

Das verdeutlichen nicht nur die Testergebnisse der Schüler. Das offenbaren nicht nur die Studienabbrecherquoten. Das sagen auch die Studien aus, welche die Effizienz unterschiedlich zusammengesetzter Lerngruppen untersucht haben.

(Jochen Ott [SPD]: Wer Herrn Witzel als Sozi- alisten beschimpft, hat keine Ahnung!)

Und vor allem: Das spiegelt auch das Verhalten von immer mehr Eltern, die ihre Kinder an Privatschulen anmelden, um der Unordnung zu entgehen, die es zumindest partiell an den öffentlichen Schulen gibt.

Im vergangenen Schuljahr haben über 1 Million Schülerinnen und Schüler eine Schule in freier Trägerschaft besucht. Damit wurde zum ersten Mal die Millionenschwelle überschritten – so der Verband Deutscher Privatschulen NRW.

Das ist eine Entwicklung, die wir nicht gutheißen. Wir wollen ein gut funktionierendes öffentliches Schulwesen haben.

Ihre neueste Idee zur Attraktivitätssteigerung des Lehrerberufs wird ebenfalls schnell verpuffen und birgt ein gewaltiges Spaltungspotenzial. Was die Lehrerinnen und Lehrer anderer Schulstufen stört, ist nicht das niedrige Gehalt; es sind die unsäglichen Arbeitsbedingungen, die durch die Politik der vergangenen 20 Jahre erst geschaffen worden sind und die von dieser schwarz-gelben Landesregierung aus Gründen der falsch verstandenen Toleranz nicht angepackt werden.

Ich sage Ihnen: Mit diesem Haushalt in diesem Einzelplan werden Sie keine grundlegende Änderung herbeiführen. Sie müssen weitere Operationen durchführen, damit das, was unter Rot-Grün schiefgelaufen ist, wieder einigermaßen gerade gerichtet werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Seifen. – Jetzt spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Gebauer.

(Michael Hübner [SPD]: Die Sozialistin von der FDP! – Gegenruf: Tun Sie den Sozialisten kein Unrecht! – Heiterkeit von der CDU, der SPD und der FDP – Weitere Zurufe – Helmut Seifen [AfD]: Lachen Sie ruhig alle!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben bereits einiges zum Einzelplan 05 gesagt. Ich könnte jetzt auf vieles eingehen. Aber lassen Sie mich nur einige Aspekte nennen.

Lieber Herr Seifen, Sie haben gesagt, dass Sie wissen, wovon Sie reden. Dem muss ich leider widersprechen – und nicht nur beim Thema „Inklusion“.